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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 26.09.2008
Aktenzeichen: 6 U 104/08
Rechtsgebiete: ZPO, StVG


Vorschriften:

ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1
StVG § 7 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1.) Die Berufung des Klägers gegen das am 2.5.2008 verkündete Urteil einer Einzelrichterin der 15. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 15 O 467/07 - wird zurückgewiesen.

2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann jedoch die Vollstreckung des Kostenerstattungsanspruches durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4.) Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I

Wegen des Sachverhaltes wird gem. § 540 Abs.1 S.1 Ziff.1 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Im Berufungsverfahren verfolgt der Kläger die Klageanträge weiter. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und beanstandet, das Landgericht habe seinen Vortrag in dem ihm nachgelassenen Schriftsatz vom 29.04.08 nicht berücksichtigt. Es hätte insbesondere erneut den Sachverständigen K. befragen bzw. ein Obergutachten einholen müssen. Die Beklagten verteidigen das Urteil. Die Bußgeldakten 556 Js 2270/06 STA Bonn waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Für eine erneute Befragung des Sachverständigen K. oder die Einholung eines Obergutachtens besteht kein Anlass.

Das Landgericht ist in seiner sehr sorgfältig und ausführlich begründeten Entscheidung, in der entgegen der Darstellung des Klägers auch dessen Vorbringen in dem ihm nachgelassenen Schriftsatz berücksichtigt worden ist, zu dem Schluss gelangt, dass der Kläger infolge einer Notbremsung in den Bereich der Fahrbahn des Beklagten zu 1) gelangt sei, wo es zu der Kollision gekommen sei. Angesichts dessen treffe ihn das alleinige Verschulden an dem Unfall und trete die von dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) gem. § 7 Abs. 1 StVG ausgehende Betriebsgefahr zurück, weswegen eine Haftung der Beklagten ausscheide. Diese Auffassung trifft auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens zu, das Rechtsmittel kann daher keinen Erfolg haben.

Der Senat hat seiner Entscheidung gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die Feststellungen des Landgerichts zugrunde zu legen, weil sich konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an deren Richtigkeit oder Vollständigkeit nicht ergeben haben. Er nimmt zur Begründung in vollem Umfange zustimmend auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug und fasst nachfolgend kurz zusammen, weswegen beide Rekonstruktionsversuche des Klägers, der eine eigene Erinnerung an das unmittelbare Unfallgeschehen nicht mehr hat, sich mit den vorhandenen Beweismitteln nicht in Einklang bringen lassen und der Unfall sich vielmehr so ereignet haben muss, dass er trotz Rotlichts auf den Fahrstreifen des Beklagten zu 1) gelangt und (erst) dort mit dem von diesem gesteuerten Gespann von Pkw und Anhänger kollidiert ist.

Die erste, im OWI-Verfahren und vorprozessual abgegebene Darstellung des Klägers, wonach die Ampel für ihn grün gezeigt und der Beklagte zu 1) ihm durch einen Rotlichtverstoß die Vorfahrt genommen hat, trifft nicht zu, weil auf Grund der Bekundungen des Zeugen S. feststeht, dass die Ampel nicht für den Kläger, sondern für den Beklagten zu 1) und den Zeugen auf Grün stand. Sie wird auch von dem Kläger selbst nicht mehr aufrechterhalten.

Seine zweite Darstellung, wonach er an dem rechtsseitigen Ampelmast gestanden und sich während des Wartens auf Grünlicht dort festgehalten hat, als der Beklagte zu 1) äußerst links fahrend das noch an der Haltelinie befindliche Vorderrad seines Fahrrades erfasst hat, kann nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ebenfalls nicht zutreffen, weil dann wesentlich stärkere Beschädigungen an dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) hätten entstanden sein müssen. Überdies ist diese Vermutung des Klägers auch nicht mit den Bekundungen des Zeugen S. vereinbar, der als Fahrer des nächsten Fahrzeugs hinter dem Beklagten zu 1) fuhr und daher über eine gute Sichtposition verfügte. Der Zeuge hat ausgesagt, er sei sicher, dass der Beklagte zu 1) mittig auf dem Fahrstreifen vor ihm hergefahren sei, und könne ausschließen, dass er stattdessen den linken Begrenzungsstreifen be- oder gar überfahren habe. Auch wäre nicht erklärlich, wie auf diese Weise das Fahrrad so hochgeschleudert worden sein könnte, dass der Zeuge das Fahrrad - wie er bekundet hat - sehen konnte, wie es durch die Luft flog und sich dabei beide Laufräder in der Luft befanden. Ein nach links weggeschleudertes Fahrrad, auf dem bei dem Anstoß noch eine Person mit 115 kg Körpergewicht gesessen hat, wird nicht als "durch die Luft fliegend" wahrgenommen. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge dieses Geschehen, das sich unmittelbar vor seinen Augen abspielte, unrichtig wiedergegeben haben könnte, bestehen nicht.

Der Senat teilt die Auffassung des Sachverständigen und der Einzelrichterin des Landgerichts, wonach der Unfall sich dadurch ereignet haben muss, dass der Kläger zwar noch eine Notbremsung eingeleitet, dabei aber das Fahrrad überbremst und sich überschlagen hat und so über die Haltelinie in den Raum der von dem Beklagten zu 1) benutzen Fahrspur und dort zunächst zwischen PKW und Anhänger geraten und sodann von dem Anhänger überfahren worden ist. Die hiergegen erhobenen Einwände greifen nicht durch:

Der Kläger wird zugleich mit der Notbremsung, die zu dem Überschlag des Klägers und seinem Lösen von dem Fahrrad geführt hat, eine Lenkbewegung nach links gemacht haben, um der drohenden Kollision auszuweichen. Das liegt nach der Lebenserfahrung sogar nahe und erklärt die Endposition des Fahrrades links von der Fahrbahn, die zugleich die ohnehin ganz fernliegende Möglichkeit ausschließt, er könnte versucht haben, sich in Fortsetzung des Verlaufs des Radweges nach rechts zu wenden, wo er dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) noch näher gekommen wäre. Nach den Bekundungen des Sachverständigen kann sich bei dem abrupten Lenkmanöver das Pedal am Boden kurzfristig verhakt und dies zu einem Überschlagen geführt haben, das der Zeuge als "durch die Luft Fliegen" des Rades wahrnehmen konnte. Dass die Kollision dann nicht unmittelbar an dem Radweg, sondern ein gewisses (geringfügiges) Stück weiter in Fahrtrichtung des Beklagten zu 1) erfolgt sein muss, ist entgegen der Auffassung des Klägers mit den Bekundungen des Zeugen S. vereinbar, weil dieser die in Frage kommende geringe Verschiebung des Geschehens in seiner eigenen Fahrtrichtung - sofern sie für ihn überhaupt wahrnehmbar war - ohne weiteres übersehen haben kann.

Es steht auch nicht fest, dass der Beklagte zu 1) noch hätte reagieren und den Unfall verhindern können. Die hierzu von dem Kläger angestellten Kalkulationen leiden daran, dass die von dem Beklagten zu 1) gefahrene Geschwindigkeit nicht bekannt ist. Nach den Berechnungen des Sachverständigen hatte dieser schon dann keine Möglichkeit mehr zu reagieren, wenn er - was nicht gegen vorhandene Geschwindigkeitsbeschränkung verstoßen hätte - mit 50,17 km/h gefahren ist. Ebenso lässt sich aus dem Umstand, dass der Zeuge noch rechtzeitig hat bremsen können und nicht auch noch den Kläger überrollt hat, nicht der Schluss ziehen, tatsächlich müsse der Beklagte zu 1) den Kläger so rechtzeitig gesehen und sein Bremsmanöver eingeleitet haben, dass ein Verhindern des Unfalles durch Ausweichen noch möglich gewesen wäre. Wegen der Einzelheiten wird auf die zutreffenden Ausführungen auf S. 23 f der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Die vorstehenden, die Entscheidung des Landgerichts bestätigenden Feststellungen begründen ein Verschulden des Beklagten zu 1) nicht. Es steht nicht fest, dass dieser durch Ausweichen oder Abbremsen die Kollision noch hätte verhindern können, nachdem er den Kläger wahrgenommen hatte. Soweit gleichwohl gem. § 7 Abs.1 StVG eine Haftung der Beklagten aus der Betriebsgefahr des von dem Beklagten zu 1) gelenkten Fahrzeugs in Betracht kommt, tritt diese angesichts des Verschuldens des Klägers zurück, der trotz Rotlichts der Ampel in den Bereich der von dem Beklagten zu 1) benutzten Fahrbahn geraten ist und so den Unfall verursacht hat (§ 9 StVG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gem. § 543 ZPO liegen nicht vor. Die Entscheidung betrifft die rein tatsächliche Frage des Unfallhergangs. Die ihr zugrundeliegenden Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt und nicht von grundsätzlicher Bedeutung .

Streitwert für das Berufungsverfahren: 184.179,95 €.

Ende der Entscheidung

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