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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 28.11.2008
Aktenzeichen: 6 U 132/08
Rechtsgebiete: ZPO, UWG, UKlaG, PAngV


Vorschriften:

ZPO § 313 a Abs. 1 S. 1
ZPO § 540 Abs. 2
ZPO § 542 Abs. 2 S. 1
UWG § 8
UWG § 3
UWG § 4 Nr. 11
UWG § 5 Abs. 1
UWG § 5 Abs. 2 Nr. 2
UKlaG § 2 Abs. 1
PAngV § 1 Abs. 1 Satz
PAngV § 1 Abs. 6 Satz 1
PAngV § 1 Abs. 6 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 3. Juni 2008 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn - 11 O 30/08 - abgeändert.

2. Die Antragsgegnerin wird verurteilt, es zur Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, die an den Geschäftsführern zu vollziehen ist, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr

a) Telekommunikationsendgeräte, insbesondere das Mobiltelefon "Nokia 1208", zu bewerben mit der Angabe "29,95 €", sofern das Gerät zu diesem Preis nicht einschränkungslos eingesetzt werden kann, sondern ausschließlich mittels einer speziellen Telefonkarte, beispielsweise der "X-Card von U Deutschland", oder zu dem genannten Preis ein weiterer Betrag, beispielsweise 99,50 €, zu zahlen ist, um einen einschränkungslosen Einsatz zu ermöglichen, oder 24 Monate verstrichen sein müssen und die Freischaltung sodann über einen Telefonanruf durchgeführt werden muss und wenn die obenstehenden Einschränkungen des Angebots derart dargestellt sind, wie nachstehend wiedergegeben:

pp.

b) für Telekommunikationsdienstleistungen, insbesondere im Tarif "X Nonstop", zu werben mit der Aussage "Für 0 Cent ab der 2. Minute telefonieren - mit X Nonstop!", sofern jede Verbindung netzseitig nach der zweiten Stunde getrennt wird und für die sofortige Wiederherstellung der Verbindung ein erneutes Entgelt, beispielsweise 0,29 €, berechnet wird und/oder monatliche Kosten in Höhe von 0,99 € anfallen und/oder Telefongespräche in andere Mobilfunknetze auch in der zweiten und in den folgenden Minuten gesondert berechnet werden und/oder das Angebot auf die rein private Nutzung beschränkt ist und wenn die obenstehenden Einschränkungen des Angebots derart dargestellt sind, wie nachstehend wiedergegeben:

pp.

3. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Antragsgegnerin.

Gründe:

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1, 542 Abs. 2 S. 1 ZPO abgesehen. Die Berufung, mit der der Antragsteller seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt mit der Einschränkung, dass im Antrag zu 1 die dort aufgeführten Einschränkungen statt mit "und/oder" lediglich mit "oder" verbunden sein sollen, ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

1. Die Bedenken des Landgerichts gegen die Zulässigkeit des Verfügungsantrags teilt der Senat nicht. Der Antrag lässt deutlich erkennen, dass der Antragsgegnerin untersagt werden soll, die antragsgegenständlichen Angebote zu bewerben, wenn die diese Angebote einschränkenden Bedingungen derart unlesbar dargestellt sind, wie dies in der streitgegenständlichen Anzeige geschehen ist.

2. Dieser Antrag ist begründet.

Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Unterlassung im tenorierten Umfang aus §§ 8, 3, 5 Abs. 1, 2 Nr. 2 UWG und § 2 Abs. 1 UKlaG, §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG jeweils in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz , Abs. 6 Sätze 1 und 2 PAngV. Die Antragsgegnerin hat gegen das Gebot der Preiswahrheit und -klarheit verstoßen und irreführend geworben, indem sie in der streitgegenständlichen Anzeige das Mobiltelefon mit der Preisangabe "29,98 €" und den Tarif "X Nonstop" beworben hat, ohne die diese Angebote einschränkenden Bedingungen lesbar anzugeben.

a) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ergibt sich nicht bereits aus dem Gesamtkontext der Anzeige mit hinreichender Klarheit, dass das Mobiltelefon ohne weitere Einschränkungen nur mittels einer speziellen Telefonkarte betrieben werden kann. Zwar trifft es zu, dass die Anzeige deutlich erkennbar für einen Telefontarif wirbt. Ebenso deutlich wird aber in der Anzeige zusätzlich für ein Mobiltelefon geworben. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass das Mobiltelefon im Vordergrund und besonders groß abgebildet ist. Zudem ist der Preis für das Mobiltelefon unter Verwendung des größten Schriftgrades in der Anzeige ebenfalls optisch deutlich herausgestellt. Damit beinhaltet die Anzeige das typische Erscheinungsbild der Werbung für den Kauf des abgebildeten bestimmten Gegenstandes zu dem daneben angegebenen Preis. Dass mehrere eigenständige Produkte in einer Anzeige beworben werden, ist dem Verkehr geläufig, so dass er nicht davon ausgehen muss, dass zwischen beiden Angeboten eine Verbindung derart besteht, dass das Mobiltelefon zu dem herausgestellten Preis nur bei Abschluss eines bestimmten Telefonkartenvertrages erworben werden kann.

Die weiteren in der Anzeige herausgestellten Angaben vermögen nicht dem Gesamteindruck entgegenzuwirken, dass die Antragsgegnerin (auch) für den gesonderten Kauf eines Mobiltelefons wirbt:

Der herausgestellte Slogan "Deutschland quatscht sich leer" muss nicht zwingend auf den Tarif, sondern kann auch auf das Telefongerät bezogen werden, etwa in dem Sinne, dass Telefonieren mit diesem Gerät besonders angenehm und erfreulich ist.

Der Text in der gelben Box "Für 0 Cent2 ab der 2. Minute telefonieren - mit X Nonstop!" ist optisch klar von dem Angebot des Telefongeräts getrennt, so dass er als zweites eigenständiges Angebot wahrgenommen wird. Dieser Eindruck wird durch die Verwendung der Fußnotennummern "1" für das Angebot des Mobiltelefons und "2" für den Tarif verstärkt.

Aus der Werbeaussage "Jetzt im V-Shop: Flatrate-günstig telefonieren!" ergibt sich nichts anderes. Zwar liegt es nahe, diese Angabe aufgrund ihrer Anordnung auf beide Angebote zu beziehen, und sie ist inhaltlich besser als Werbung für ein Tarifangebot verständlich. Diese Angabe kann aber nicht isoliert betrachtet werden und ist im Gesamterscheinungsbild der Anzeige nicht so hervorstechend, dass sie den ersten Eindruck, den die Herausstellung des Telefons mit der Preisangabe "29,95 €" hervorruft, nämlich die Bewerbung eines Telefongeräts, entscheidend abmildern oder gar gänzlich verändern könnte. Es liegt daher nicht fern, dass ein Verbraucher die fragliche Werbeaussage trotz ihrer Plazierung nur auf das Tarifangebot bezieht. Zudem liegt es nicht fern, den Slogan als allgemeine Anpreisung eines günstigen Preises ohne Beschreibung des Gegenstandes dieses Angebots anzusehen. Sprachlich kann "Flatrate-günstig" unschwer als bildhafte Beschreibung eines besonders günstigen Angebots verstanden werden, so wie ein Baumarkt mit "Hammer-Preisen" oder ein Autohaus mit einem "Turbo-Angebot" werben mag, ohne dass der beworbene Artikel gegenständlich etwas mit dem Begriff zu tun hätte.

Nach alledem musste die Antragsgegnerin, um dem Gebot von Preiswahrheit und Preisklarheit zu entsprechen und eine Irreführung der Verbraucher über die Vertragsbedingungen zu vermeiden, in der streitgegenständlichen Anzeige darauf hinweisen, dass sie das Mobiltelefon nur bei Wahl eines bestimmten Tarifs zu dem herausgestellten Preis von 29,95 € anbot und anderenfalls entweder einmalig 99,50 € zu zahlen oder 24 Monaten abzuwarten waren, damit das Telefongerät mit einer anderen Telekarte benutzt werden konnte.

b) Hinsichtlich des angebotenen Tarifs hat die Antragsgegnerin - zu Recht - nicht in Frage gestellt, dass in der Anzeige auf die weiteren Bedingungen der Inanspruchnahme dieses Tarifs, wie sie im Tenor angeführt sind, hingewiesen werden musste.

c) Die im Fußnotentext der Anzeige dargestellten Bedingungen der beworbenen Angebote sind unlesbar - wie das Landgericht dies angenommen hat - oder zumindest kaum lesbar, so dass die Anforderungen des § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV nicht erfüllt sind und die durch das herausgestellte, scheinbar uneingeschränkte Angebot begründete Irreführungsgefahr nicht beseitigt wird.

2. Einen Verfügungsgrund hat der Antragsteller hinreichend glaubhaft gemacht. Soweit die Antragsgegnerin auf Verzögerungen zwischen der fünf Tage nach der Veröffentlichung der Anzeige erfolgten Abmahnung und dem Eingang des Antrags bei Gericht hinweist, hat der Antragsteller dargelegt, dass diese darauf zurückzuführen sind, dass die Antragsgegnerin zunächst um Fristverlängerung gebeten und dann eine modifizierte Unterlassungserklärung angekündigt, aber nicht abgegeben habe. Dem ist die Antragsgegnerin nicht entgegengetreten.

3. Die Kostenentscheidung beruht - im Hinblick auf die geringfügige Einschränkung des Verfügungsantrags - auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

4. Das Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.

Ende der Entscheidung

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