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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 07.06.2002
Aktenzeichen: 6 U 15/02
Rechtsgebiete: UWG, HG NW, ZPO, EGZPO


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 3
HG NW § 119 Abs. 3
HG NW § 119 Abs. 2
ZPO § 108
ZPO § 711
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 269 Abs. 3
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 543 Abs. 2
ZPO § 543 Abs. 1 Nr. 1
EGZPO § 26 Nr. 7
EGZPO § 26 Nr. 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 15/02

Anlage zum Protokoll vom 07.06.2002

Verkündet am 07.06.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 03.05.2002 unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, von Hellfeld und Schütze

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 22.11.2001 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn - 14 O 155/01 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung des Unterlassungsausspruchs gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 25.000,00 €, diejenige des Kostenausspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor jeweils Sicherheit in derselben Höhe erbringt.

Die Klägerin darf die Vollstreckung des erstinstanzlichen Kostenausspruchs durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 € abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Den Parteien wird nachgelassen, die von ihnen jeweils zu leistende Sicherheit in Form der unbedingten, unbefristeten, unwiderruflichen und selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Die mit diesem Urteil für den Beklagten verbundene Beschwer übersteigt die Summe von 20.000,00 €.

Tatbestand:

Die Parteien sind Fachärzte für Gynäkologie, die ihre Praxen jeweils in B.-G. betreiben. Der Beklagte unterhält eine sog. Praxis-Homepage, auf der die von ihm geführten akademischen Grade - wie aus der Anlage Bl. 5 d.A. ersichtlich - mit "Prof. Dr. med. ..." angegeben sind; unter dem in die erwähnte Homepage eingestellten Abschnitt "Beruflicher Werdegang" wird darauf hingewiesen, dass die Erteilung der Lehrbefähigung ("venia legendi") und die Wahl zum Professor seitens der medizinischen Akademie Kemerovo erfolgt sei. Der Beklagte hat bei dem Kultusministerium des Landes Nordrhein-Westfalen die Zustimmung beantragt, den ihm angeblich ordnungsgemäß durch die staatliche medizinische Hochschule Kemerovo/Russische Föderation verliehenen Professorentitel im Inland zu führen. Die Erteilung dieser Genehmigung wurde indessen abgelehnt, wogegen der Beklagte sich im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreits wendet, in dem bisher noch keine Entscheidung ergangen ist.

Die Verwendung des Professorentitels durch den Beklagten ist nunmehr Gegenstand der wettbewerbsrechtlichen Beanstandung der Klägerin, die darin eine nach Maßgabe von § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsvorsprungs durch Rechtsbruch unzulässige Titelführung sieht.

Die Klägerin hat den Beklagten schon deshalb nicht für befugt gehalten, diesen Titel zu führen, weil die Anerkennung des Kultusministeriums nicht vorliege. Im übrigen hat die Klägerin in Abrede gestellt, dass dem Beklagten der wissenschaftliche Titel eines Professors durch die staatliche medizinische Hochschule in Kemerovo verliehen worden sei und er einen Lehrauftrag erhalten habe, den er unter Eingliederung in den dortigen Lehrbetrieb auch mit Leben erfülle.

Die Klägerin, die vom Beklagten zunächst räumlich unbeschränkt die Unterlassung verlangt hat, den Titel Professor im geschäftlichen Verkehr zu führen, hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

es zwecks Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung durch das Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000,00 DM, ersatzweise - für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann - Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten zu unterlassen,

1.

den Titel Professor in Nordrhein-Westfalen zu führen,

2.

mit dem Titel "Professor" im Internet aufzutreten.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, die staatliche medizinische Hochschule in Kemerovo/Russische Föderation, die einer deutschen Hochschule in jeder Hinsicht gleichwertig sei, habe ihm nicht nur ordnungsgemäß die venia legendi erteilt und ihn zum Professor berufen, sondern er habe sich auch zur Übernahme einer Lehrtätigkeit vor Ort verpflichtet, die ihn als in den dortigen Lehrbetrieb eingegliedert ansehen lasse. Schließlich sei der Klageantrag unter Ziff. 1) in seiner ursprünglichen, nicht auf das Gebiet Nordrhein-Westfalens beschränkten Form aber jedenfalls viel zu weit gefasst gewesen.

Mit Urteil vom 22.11.2001, auf welches zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage stattgegeben, die Klägerin jedoch nach Maßgabe von §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO mit einem Viertel der Kosten belastet. Der Beklagte verhalte sich im Sinne von § 1 UWG unter dem Aspekt des Wettbewerbsvorsprungs durch Rechtsbruch und Berufsstandesvergessenheit wettbewerbswidrig, wenn er den Titel eines Professors in Nordhein-Westfalen führe und damit im Internet auftrete. Dafür bedürfe es nicht der Entscheidung, ob die staatliche medizinische Hochschule Kemerovo die Qualitätsmerkmale aufweise, die nach dem Verständnis der inländischen Verkehrskreise Voraussetzung für die Verleihung eines Professorentitels seien, und ob der Beklagte in einer Weise in den dortigen Lehrbetrieb eingegliedert sei, die der Verpflichtung zur Übernahme der regelmäßigen Lehrtätigkeit an einer deutschen Hochschule vergleichbar sei. Das alles könne dahinstehen, weil der Beklagte entgegen lit. D. Nr. 2 und 6 der Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte eine Bezeichnung verwendet habe, die dem öffentlichen Recht nicht entspreche. Denn er habe den Professorentitel geführt, obwohl die nach Maßgabe von § 119 Abs. 3 Hochschulgesetz Nordrhein-Westfalen erforderliche Zustimmung des Ministeriums nicht vorliege.

Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Berufung macht der Beklagte geltend, dass das Landgericht die Klageansprüche zu Unrecht aus § 1 UWG zugesprochen habe. Für die Anwendung von § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs bzw. der Berufsstandesvergessenheit bleibe in der gegebenen Fallkonstellation kein Raum, wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu vergleichbaren Sachverhalten ergebe, in denen der auf das Verbot der Titelführung gerichtete Anspruch allein aus § 3 UWG zugesprochen worden sei. Das Klagepetitum habe daher ausschließlich nach § 3 UWG beurteilt werden dürfen; die Voraussetzungen einer Irreführung lägen indessen nicht vor, hätten zumindest aber nicht ohne Durchführung einer Beweisaufnahme über die Merkmale festgestellt werden können, welche die Ordnungsgemäßheit der Titelverleihung und deren qualitative Grundlagen betreffen. Schließlich sei auch die durch das Landgericht vorgenommene Kostenverteilung zu beanstanden, weil die mit der räumlichen Beschränkung des Unterlassungsantrags unter Ziff. 1. verbundene Teilklagerücknahme eine ganz erhebliche Reduktion des ursprünglich weit gefassten Klagebegehrens bewirke, die mit einer Kostenquote von 1/4 zu Lasten der Klägerin nicht angemessen zum Ausdruck gebracht sei.

Der Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des angefochtenen landgerichtlichen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil, welches die zuerkannten Unterlassungsansprüche zu Recht - ohne Beweiserhebung - schon wegen der unstreitig fehlenden Zustimmung des Ministeriums zur Titelführung aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des Normbruchs zuerkannt habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird auf ihre in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die in formeller Hinsicht einwandfreie, insgesamt zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht den Beklagten, wie in dem angefochtenen Urteil geschehen, aus § 1 UWG zur Unterlassung verurteilt, den Titel eines Professors zu führen. Der Beklagte verhält sich nach den Maßstäben des § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsvorsprungs durch Rechtsbruch wettbewerbswidrig, wenn er im Rahmen seiner Berufstätigkeit bzw. "im geschäftlichen Verkehr" in Nordrhein-Westfalen (NRW) und im Rahmen seines Internetauftritts den Titel "Professor" als Berufsbezeichnung verwendet. Auch die erstinstanzliche Kostenentscheidung ist mit der zu Lasten der Klägerin in Ansatz gebrachten Quote zutreffend, nachdem der ursprünglich angekündigte Unterlassungsantrag regional auf NRW begrenzt worden ist.

Im Einzelnen begründet sich das dargestellte Ergebnis wie folgt:

I.

Die Unterlassungsbegehren sind in der Sache aus § 1 UWG begründet. Der Beklagte hat sich mit dem Führen des ihm angeblich an der medizinischen Akademie Kemerovo/Russische Föderation verliehenen Titels eines Professors unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsvorsprungs durch Rechtsbruch wettbewerbswidrig verhalten.

1.

Soweit der Beklagte mit Blick auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in WRP 1998, 172 ff -" Professorenwerbung in der Arztwerbung III"-; GRUR 1992, 525 ff -"Professorenwerbung in der Arztwerbung II"-; GRUR 1989, 445 -"Professorenbezeichnung in der Arztwerbung I"- und GRUR 1987 -"Professorentitel in der Arzneimittelwerbung"- einwendet, die etwaige wettbewerbliche Unlauterkeit des Führens eines im Ausland verliehenen Professorentitels sei allein nach § 3 UWG zu beurteilen, auf andere Gesichtspunkte, beispielsweise die fehlende Anerkennung eines ausländischen Titels im Inland könne der Vorwurf der Wettbewerbswidrigkeit nicht gestützt werden, so dass § 1 UWG als Beurteilungsgrundlage ausscheide, überzeugt das von vornherein nicht. Mit Ausnahme der Entscheidung - "Professorenbezeichnung in der Arztwerbung I" - war bei allen erwähnten BGH-Entscheidungen allein ein Verstoß gegen die wettbewerbsrechtliche Bestimmung des § 3 UWG geltend gemacht; diese bestimmte daher den zu beurteilenden Streitgegenstand. Wenn der BGH sich vor diesem Hintergrund ausschließlich mit § 3 UWG befasst hat, zieht das keinerlei Auswirkungen für eine Würdigung der entschiedenen Sachverhalte gemäß § 1 UWG nach sich und lässt das nicht die vom Beklagten verfochtene Annahme zu, die Beurteilung der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit der Führung eines ausländischen akademischen Grades im Inland sei ausschließlich nach § 3 UWG vorzunehmen. In der Entscheidung "Professorenbezeichnung in der Arztwerbung I"- hat der BGH den Verstoß gegen § 1 UWG ausdrücklich offen gelassen, weil jedenfalls § 3 UWG das Verbot trage. Auch hier lässt sich der Befassung ausschließlich mit § 3 UWG daher nicht entnehmen, dass die Würdigung bzw. konkret die Wettbewerbswidrigkeit des Führens ausländischer Professorentitel im Inland nicht nach § 1 UWG, sondern ausschließlich nach § 3 UWG vorzunehmen sei.

2.

Gemäß §119 Abs. 3 Hochschulgesetz Nordrhein-Westfalen (im folgenden: HG NW) bedarf die Führung ausländischer Grade, wozu die Bezeichnung als "Professor" zweifellos zählt, der Zustimmung des Ministeriums. Diese setzt voraus, dass die ausländische Hochschule nach dem Recht des Sitzlandes zur Verleihung des Grades berechtigt und einer deutschen Hochschule gleichwertig ist. Der Beklagte hat eine solche Zustimmung unstreitig nicht erreicht. Sie wurde vielmehr durch das Ministerium verweigert und nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten auch im Rahmen des von ihm eingeleiteten verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens bislang nicht erwirkt.

3.

Die damit zweifellos verletzte Bestimmung des § 119 Abs. 3 HG NW begründet im Streitfall den Vorwurf eines im Sinne von § 1 UWG wettbewerbswidrigen Verhaltens des Beklagten.

a)

Der Beklagte ist Normadressat der Bestimmung, die u.a. das Führen akademischer Grade regelt und sich daher an denjenigen wendet, der diese als Bezeichnung im Verkehr gebrauchen will und gebraucht.

b)

Es handelt sich bei der Vorschrift des § 119 Abs. 3 HG NW zwar nicht um eine sog. wertbezogene Norm, die dem Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter - wie beispielsweise der menschlichen Gesundheit - dient oder die unmittelbar wettbewerbsbezogen ist, und deren zu Wettbewerbszwecken erfolgte Verletzung regelmäßig den Vorwurf eines im Sinne von § 1 UWG wettbewerbswidrigen Verhaltens trägt, ohne dass es des Hinzutretens besonderer wettbewerblicher Unlauterkeitsmomente bedarf. § 119 Abs. 3 HG NW ist vielmehr als eine sog. wertneutrale Bestimmung einzuordnen, die in erster Linie aus Gründen ordnender Zweckmäßigkeit erlassen ist, um zu gewährleisten, dass akademische Grade und Titel unter möglichst gleichmäßigen Voraussetzungen geführt werden. Verletzt ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs eine solche wertneutrale Norm, so ist das Verhalten regelmäßig erst dann als wettbewerbswidrig einzuordnen, wenn der Handelnde dabei bewusst und planmäßig vorgeht, obwohl für ihn erkennbar ist, dass er dadurch einen sachlich ungerechtfertigten Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern erlangen kann (vgl. BGH GRUR 1996, 786/788 -"Blumenverkauf an Tankstellen"-; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, § 1 UWG Rdn. 646; Köhler/Piper, UWG, 2. Auflage, § 1 UWG Rdn. 659 - jeweils mit weiteren Nachweisen). So liegt der Fall hier.

Der Beklagte hat sich nicht nur bewusst, sondern auch planmäßig über das Verbot hinweggesetzt, den ihm angeblich seitens der staatlichen medizinischen Hochschule in Kemerovo/Russische Föderation verliehenen Professorentitel ohne Zustimmung des Ministeriums in Nordrhein-Westfalen zu führen. Dem Beklagten ist die von ihm beantragte Zustimmung ausdrücklich verweigert worden. Ihm war und ist daher das Zustimmungserfordernis nicht nur als solches bekannt, sondern er setzt sich auch zielbewusst darüber hinweg. Dabei ist es für ihn auch zwanglos erkennbar, dass er sich damit einen sachlich nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorsprung vor seinen gesetzestreuen Mitbewerbern, also solchen Gynäkologen verschafft, die zwar ebenfalls einen ausländischen Professorentitel verliehen bekommen haben, diesen jedoch nicht in NRW führen, weil und solange die erforderliche Zustimmung des Ministeriums fehlt.

Der Verstoß gegen das erwähnte Zustimmungserfordernis ist auch - wie dies der Unlauterkeitstatbestand des Wettbewerbsvorsprungs durch Rechtsbruch bei Verletzung wertneutraler Bestimmungen fordert - geeignet, die Wettbewerbslage relevant zu beeinflussen (vgl. Köhler/Piper, a.a.O., § 1 UWG Rdn. 660 f; Baumbach/Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG Rdn. 655, 656 - jeweils mit weiteren Nachweisen). Dem akademischen Titel "Professor" kommt als Berufsbezeichnung im medizinischen Bereich noch immer eine hohe Wertschätzung zu. Er indiziert nicht nur die Eingliederung in den Lehrbetrieb einer Hochschule, sondern auch die Nähe zu wissenschaftlichen Fort- und Weiterentwicklungen des betroffenen medizinischen Fachgebiets. Das alles ist geeignet, das Vertrauen in die Sachkompetenz desjenigen, der den Titel führt, in hohem Maße zu stärken. Gerade im medizinischen Bereich, der vom Vertrauen in die Weiterbildung und Aktualisierung des fachspezifischen Wissenstandes einschließlich moderner Anwendungsmethoden lebt, kann die Erwartung, einem "Behandler" gegenüberzutreten, der über im theoretischen und/oder klinischen Betrieb fortlaufend aktualisierte Kenntnisse verfügt, ganz maßgeblich die Entscheidung beeinflussen, sich der Behandlung anzuvertrauen. Hinzu kommt die Erwartung, dass generell Professorentitel nur dann verliehen werden, wenn der/die Betroffene auf dem jeweiligen Gebiet hervorragende Leistungen erbracht, sich den Titel daher "verdient" hat. Das (unbefugte) Führen des Professorentitels durch den Beklagten ist vor diesem Hintergrund geeignet, seine wettbewerbliche Position gegenüber anderen Ärzten, die diesen Titel nicht angeben, spürbar zu beeinflussen. Dieser greifbare wettbewerbliche Vorteil des Antragsgegners beruht dabei auch gerade auf dem Gesetzesverstoß, weil ihm andernfalls die die fragliche werbliche Attraktionskraft entfaltende Titelführung in NRW nicht möglich ist.

Entgegen der Ansicht des Beklagten kommt es nicht darauf an, ob sachlich die Voraussetzungen einer Zustimmung vorliegen bzw. ob das Ministerium die Zustimmung zu Unrecht versagt hat. Der sich wettbewerblich auswirkende Verstoß liegt hier vielmehr gerade im Fehlen des formalen Aktes der Zustimmung, die notwendige Voraussetzung dafür ist, dass der ausländische Titel in NRW geführt werden darf. Dass eine solche Zustimmung - beispielsweise nach § 119 Abs. 2 HG NW - entbehrlich sei, ist nicht ersichtlich und macht der Antragsgegner, der die Zustimmung beim Ministerium ja beantragt hat, selbst nicht geltend.

II.

Stellt sich das Führen des Titels wegen des Verstoßes gegen § 119 Abs. 3 HG NW unter dem Aspekt des Wettbewerbsvorsprungs durch Rechtsbruch als wettbewerbswidrig i.S. von § 1 UWG dar, kommt es auf den Gesichtspunkt der "Standesvergessenheit" nicht an, so dass es offen bleiben kann, ob der Antragsgegner auch gegen die Berufsordnung verstößt.

III.

Dem Beklagten ist nach alledem nicht nur die Führung des Titels im Land Nordrhein-Westfalen, sondern auch im Internet zu untersagen, soweit - und nur darauf erstreckt sich erkennbar das Unterlassungspetitum der Klägerin - diese in einer der begangenen Verletzungshandlung (Anlage zur Klageschrift, Bl. 5 d.A.) im Charakteristischen gleichkommenden Weise geschieht. Da der Beklagte für sich in Anspruch nimmt, generell zur Führung des Professorentitels im Beruf berechtigt zu sein, besteht eine weitgehende Begehungsgefahr, dass er sich im geschäftlichen Verkehr des Professorentitels in einer Art und Weise bedienen wird, die den hier zu beurteilenden Verwendungsformen entspricht. Die Homepage (vgl. links unten) lässt erkennen, dass der Beklagte den Titel als typischen Bestandteil seiner Praxisanschrift, wie sie üblicherweise in der ärztlichen Berufsausübung - z.B. auf Rezeptblöcken, Briefköpfen u.ä. - Verwendung findet, gebraucht, was indiziert, dass künftig weitreichende ebensolche beruflichen Verwendungsformen der Titelführung zu erwarten sind, die der geschehenen im Charakteristischen entsprechen.

IV.

Was die erstinstanzliche Kostenentscheidung angeht, so hat das Landgericht die Klägerin zu Recht gemäß §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO (lediglich) mit einer Kostenquote von 1/4 belastet. Der Klägerin ging es von Anfang an maßgeblich darum, dem Beklagten die Führung des Titels innerhalb des Raums zu untersagen, in dem sich die Parteien als Wettbewerber begegnen, so dass sich das begehrte Verbot schon nach dem Antrag in seiner ursprünglich formulierten Fassung schwerpunktmäßig in B. bzw. NRW auswirken sollte.

V.

Die das Berufungsverfahren betreffende Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 97 Abs. 1 ZPO.

VI.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß den §§ 108, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

VII.

Der Senat sah schließlich keinen Anlass für die vom Beklagten nach Maßgabe des § 543 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 ZPO i.V. mit § 26 Nr. 7 EGZPO angeregte Zulassung der Revision. Die Rechtssache weist weder grundsätzliche Bedeutung auf, noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung es, die Sache einer Entscheidung durch den Bundesgerichtshof zuzuführen. Im Streitfall sind vielmehr allein Fragen der Rechtsanwendung betroffen, die ihren Voraussetzungen nach in höchstrichterlicher Rechtsprechung bereits eine Klärung erfahren haben.

Die mit Blick auf die Übergangsvorschrift des § 26 Nr. 8 EGZPO festgesetzte Beschwer orientiert sich am Wert des Unterliegens des Beklagten gegenüber den Unterlassungsbegehren der Klägerin.

Ende der Entscheidung

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