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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 05.05.2000
Aktenzeichen: 6 U 157/99
Rechtsgebiete: UWG, ZPO


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 3
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 157/99 31 O 29/99 LG Köln

Anlage zum Verkündungsprotokoll vom 5.5.2000

verkündet am 5.5.2000

Berghaus, JS'in z. A. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 7.4.2000 unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, Pietsch und von Hellfeld

für Recht erkannt:

Tenor:

1.) Die Berufung der Klägerin gegen das am 5.8.1999 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 31 O 29/99 - wird zurückgewiesen.

2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 16.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheiten auch durch Stellung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.

4.) Die Beschwer der Klägerin wird auf 250.000 DM festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien sind Wettbewerber als Herausgeber von Fachzeitschriften für die Textilbranche, die beide ganz wesentlich von auf die Leserschaft abgestimmten Anzeigen getragen werden. Während die Klägerin die Zeitschrift "TextilWirtschaft" herausgibt, verlegt die Beklagte die Zeitschrift "TextilMitteilungen" (im Folgenden "TM"). Die Beklagte veröffentlicht bezüglich der TM regelmäßig (einmal im Jahr) sog. "Mediadaten", die neben der aktuellen Preisliste auch Daten zur Auflage und zur Verbreitung der Zeitschrift enthalten. Mit diesen Daten bewirbt sie - wie dies allgemein üblich ist - ihrerseits das Anzeigengeschäft in ihrer Zeitschrift.

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist eine angebliche Irreführungsgefahr, die von bestimmten Angaben der Beklagten auf Blatt 7 der Mediadaten für das Jahr 1999, deren Vorder- und Rückseite in Kopie als Seite 5 in dieses Urteil eingeblendet ist, ausgehen soll. Wegen der Einzelheiten der aus neun einzelnen Blättern in einer Umhüllung bestehenden "Mediadaten '99" insgesamt wird auf das als Anlage B 1 überreichte, in Hülle Bl.44 bei den Akten befindliche Exemplar Bezug genommen. Die beanstandeten Daten weichen von denjenigen für das Jahr 1998, die sich aus der Anlage K 3 (Bl.21) ergeben, trotz nahezu gleichgebliebener Auflagenhöhe - teils erheblich - ab. Sie basieren auf der Ausgabe Nr. 35/98 der wöchentlich erscheinenden Zeitschrift. Diese als Anlage B 3 in Hülle Bl.46 bei den Akten befindliche Ausgabe war mit einer Beilage "TM Special" zu einer als "Follow Up" bezeichneten Messe ausgestattet, die vom 6. bis zum 8.9.99 in Düsseldorf stattgefunden hat.

Die Klägerin hat unter Bezugnahme auf die Gegenüberstellung Bl.6 im einzelnen folgende Beanstandungen erhoben:

1.) Die Beklagte habe die erwähnte Abweichung gegenüber den Daten für 1998 nicht hinreichend erläutert.

2.) Die von der Beklagten angesprochenen "Einzelhandelsgeschäfte ohne eindeutigen Schwerpunkt" hätten nicht der - ersten - Kategorie "Warenhäuser/Sortimenter DOB (= Damenoberbekleidung) und HAKA (= Herrenbekleidung) zugeordnet werden dürfen, sondern den "Sonstigen" zugerechnet werden müssen.

3.) Die Beklagte habe ihren Daten nicht die erwähnte Ausgabe 35/98 zugrundelegen dürfen, weil diese als spezielle Messeausgabe redaktionell aufgewertet worden sei und für sie besondere Vertriebsregeln angewendet, nämlich insbesondere 37,4 % der Auflage kostenlos abgegeben worden seien.

4.) Weiter habe die Beklagte auf der Rückseite von Bl.7 unter der Rubrik "Struktur der Empfängerschaft nach Vertriebsform" nicht sämtliche 12.197 Empfänger "wechselnder Freistücke" aufführen dürfen, weil tatsächlich von der jeweiligen Ausgabe immer nur ein Teil dieser Gesamtanzahl ein Freiexemplar der TM erhalte.

5.) Im übrigen geböten die im "AMF-Standard für Media-Informationen in Fachzeitschriften" festgeschriebenen Richtlinien (Anlage K 4 = Bl.22) die gesonderte Ausweisung sowohl der Gesamtzahl der wechselnden Empfänger, als auch der Zahl der tatsächlichen Empfänger der Freistücke.

6.) Schließlich sei die Wiedergabe der Empfängerstrukturanalyse auch deswegen unzulässig und verstoße sie gegen das als Anlage K 5 (= Bl.24 ff) vorgelegte ZAW-Rahmenschema, weil die Beklagte es unterlassen habe darzulegen, wie sichergestellt werde, dass die ausgewiesene Empfängerstruktur auch unter der Notwendigkeit der Ermittlung der jeweiligen Empfänger der "wechselnden Freistücke" erhalten bleibe.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen,

die Preisliste Nr.13 vom 1.1.1999 "MEDIADATEN '99" der Zeitschrift "TextilMitteilungen" zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, soweit darin das Blatt 7 "Auflage und Verbreitung"/"Verbreitungsanalyse" - wie nachstehend eingespiegelt - enthalten ist:

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die unter 1.) beanstandeten Abweichungen mit Entwicklungen in der Leserschaft und insbesondere Konzentrationsprozessen erklärt und auf die Verwendung eines verbesserten Computersystems bei der Erfassung der Daten zurückgeführt.

Die unter 2.) beanstandete Zuordnung entspreche ihren Angaben unter Ziffer 6 auf der Rückseite von Bl.7 ("Selektion der Branche") und sei daher zutreffend.

Bei der den Daten zugrundegelegten Ausgabe 35/98 habe es sich - abgesehen von der Beilage - entgegen der oben unter Ziff.3 aufgeführten Beanstandung der Klägerin nicht um eine von den üblichen Ausgaben abweichende "Messeausgabe" gehandelt. Die Veranstaltung "Follow Up" habe auch keine weitreichende Bedeutung gehabt, was die Klägerin selbst durch den Umstand indirekt bestätigt habe, dass sie ihrerseits diese Veranstaltung in ihrer Zeitschrift "Textilwirtschaft" nicht erwähnt habe. Die für die Ausgabe 35/98 ermittelten Empfängerzahlen hätten - wie sich aus dem als Anlage B 4 (= Bl.47) vorgelegten "Auflagenstrukturvergleich mit Abweichungsanalyse" ergebe - bei einer Abweichungstoleranz von zwischen 0,1 % und 1,0 % Aussagewert auch für das gesamte zweite Halbjahr 1998.

Entgegen der den obigen Ausführungen zu Ziff.4 zugrundeliegenden Annahme der Klägerin stelle die Zahl 12.197 auch lediglich die Menge der wechselnden Empfänger dar, die tatsächlich ein Freiexemplar erhalten habe.

Im übrigen seien die von der Klägerin oben unter 5.) erwähnten Richtlinien keine anerkannten Standesrichtlinien und stelle ein Verstoß gegen diese verbandsinternen Empfehlungen kein wettbewerbswidriges Handeln im Sinne des § 1 UWG dar. Überdies sei die Nichtnennung auch der Gesamtzahl der potentiellen Empfänger eines Freiexemplars auch nicht zur Irreführung der Adressaten geeignet.

Schließlich bestehe eine Verpflichtung, die ausgewiesene Empfängerstruktur weitergehend darzustellen, als dies durch die von ihr veröffentlichte Methodenbeschreibung geschehen sei, nicht, weswegen auch die oben unter Ziff.6 dargestellte Beanstandung unberechtigt sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil zu keiner der Beanstandungen eine Irreführung im Sinne des § 3 UWG oder ein im Sinne des § 1 UWG wettbewerbswidriges Handeln ersichtlich sei.

Zur Begründung ihrer Berufung gegen dieses Urteil führt die Klägerin an:

Zur oben unter Ziff.1 aufgeworfenen Frage der Richtigkeit der Daten mit Blick auf die Abweichungen zu den Angaben für 1998, die im übrigen den aus Bl.124 ff ersichtlichen Angaben aus den Vorjahren seit Beginn der Veröffentlichung durch die Beklagte im Jahre 1995 entsprochen hätten, habe das Landgericht die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Da allein die Beklagte über die erforderlichen Daten verfüge, obliege es ihr, diese vorzutragen. Ihre Angabe, ein neues EDV-System eingesetzt zu haben, vermöge die Abweichungen nicht zu erklären, weil die EDV die tatsächlichen Verhältnisse nur darstellen, nicht aber verändern könne.

In Erweiterung des oben zu Ziffer 2 aufgeführten Gesichtspunktes führt die Klägerin an, die auf der Vorderseite angegebenen Kategorien des Textil- und Bekleidungseinzelhandels seien unvollständig, weil z.B. Einzelhändler, die sowohl Damen- als auch Herrenoberbekleidung führten, von keiner der Kategorien erfasst würden.

Die oben unter Ziff.3 aufgeführte Beanstandung, dass die Beklagte nur die das Heft 35/98 betreffenden Daten zugrundegelegt habe, greift die Klägerin nicht mehr auf. Dasselbe gilt für die Beanstandung zu 4).

Zu Punkt 5 und 6 wiederholt die Klägerin ihre Auffassung, die Beklagte sei verpflichtet, auch die Gesamtzahl der potenziellen Empfänger eines Freiexemplares aufzuführen. Auch müsse diese Gesamtzahl so groß sein, dass trotz des Wechsels die angegebene Empfängerstruktur erreicht werde. Die Beklagte verschweige schließlich auch, in welchem Rhythmus die Empfänger gewechselt würden.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 5.8.1999 - 31 O 29/99 - die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an dem Geschäftsführer ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin, zu unterlassen,

Mediadaten zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, die ein mit "Auflage und Verbreitung Preisliste ... vom ..." überschriebenes Blatt enthalten, wie beispielhaft nachstehend wiedergegeben:

(es folgt die aus Seite 5 dieses Urteils ersichtliche Kopie von Vorder- und Rückseite des Blattes 7 der "Mediadaten'99")

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, für die Richtigkeit ihrer Angaben nicht darlegungs- und beweispflichtig zu sein. Eine derartige Beweislastumkehr werde in Einzelfällen der vergleichenden Werbung angenommen, ein solcher Fall liege indes nicht vor. Sie könne überdies nicht gezwungen sein, ihre komplette Kundenkartei im einzelnen preiszugeben. Im übrigen erlaube die neu eingesetzte EDV-Software Selektionen, die gegenüber den früheren Angaben zu größeren Differenzierungen führten. Zudem seien die Strukturen durch tiefgreifende Konzentrations- und Umstrukturierungsprozesse im Mode- und Bekleidungseinzelhandel insgesamt verändert worden.

Hinsichtlich der auf der Vorderseite unter "Verbreitungsstruktur" aufgeführten verschiedenen Branchen ergebe sich die Eingruppierung aus der auf der Rückseite dargestellten "Kurzfassung Erhebungsmethode". Dabei gebe es keine Doppelzählungen. Einzelhändler mit ausgewiesenem Sortimentsschwerpunkt seien in der Rubrik für Damenoberbekleidung bzw. Herrenkleidung aufgeführt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin sei sie schließlich aus Rechtsgründen auch nicht zur Angabe der Gesamtzahl der Empfänger unentgeltlicher Exemplare verpflichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Die Klage ist zunächst nicht deswegen aus § 3 UWG begründet, weil die auf der Vorderseite von Blatt 7 unter der Überschrift "Verbreitungsstruktur (Verlagseigene Erhebung)" angegebenen Daten unzutreffend wären. Die Klägerin hat ihre diesbezügliche Behauptung schon nicht hinreichend substantiiert dargelegt und auch nicht unter Beweis gestellt. Der bloße - allerdings zutreffende - Hinweis, dass die Angaben in der Struktur, also insbesondere der Zuordnung zu den einzelnen Sparten, teils deutlich von den Angaben der Vorjahre abweichen, besagt nicht, dass die Angaben unzutreffend wären, weil die Verhältnisse sich geändert haben können.

Entgegen der Auffassung der Klägerin obliegt es auch nicht etwa der Beklagten, die Zuordnung im einzelnen zu begründen und so die Richtigkeit der Aufstellung darzulegen. Allerdings entspricht es gefestigter Rechtsprechung zu § 3 UWG, dass es in bestimmten Fällen dem Beklagten obliegen kann, die Richtigkeit seiner Behauptungen darzulegen und unter Beweis zu stellen (grundlegend BGH GRUR 63,270 f - "Bärenfang", vgl. auch die weiteren Nachweise bei Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21.Aufl., § 3 RZ 120). Es trifft auch nicht zu, dass es sich dabei ausschließlich oder auch nur in erster Linien um Fälle der hier nicht vorliegenden vergleichenden Werbung handeln würde. Die Voraussetzungen einer derartigen Obliegenheit der Beklagten liegen aber gleichwohl nicht vor.

Allerdings ist die Situation gegeben, dass die Klägerin tatsächlich die Richtigkeit der Aufstellung nicht überprüfen und damit ihre Unrichtigkeit nicht näher darlegen kann, weil diese davon abhängt, ob die Kundenstruktur der Beklagten zutreffend dargelegt ist, und die Klägerin diese Kundenstruktur der Beklagten nicht kennt. Dies allein führt jedoch noch nicht zur Verlagerung der Darlegungs- und Beweislast auf die Beklagte. Vielmehr müßten diese Angaben der Beklagten auch zumutbar sein. Das ist indes nicht der Fall.

Die Richtigkeit der Zuordnung läßt sich nur durch Vorlage einer namentlichen Liste sämtlicher 24.595 angeblichen Kunden darlegen und beweisen, die die Beklagte als solche des anschließend in der beanstandeten Weise weiter spezifizierten Textil- und Bekleidungseinzelhandels aufgeführt hat. Dies ist schon deswegen nicht zumutbar, weil für jeden einzelnen Abnehmer zu prüfen wäre, ob er in die betreffende Kategorie gehört, und dies allein wegen der Anzahl von fast 25.000 Lesern mit zumutbarem Aufwand nicht möglich ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin würde es demgegenüber nicht genügen, wenn die Beklagte ohne diese Einzelangaben lediglich ein geschlossenes Zuordnungssystem näher darlegen würde. Denn zum einen sind nach dem Vortrag der Beklagten ihre Kunden den auf Bl.7 der Mediadaten aufgeführten Kategorien zutreffend zugeordnet, - so dass danach ein intaktes Zuordnungssystem bereits bestünde - und zum anderen könnte eine etwa noch detailliertere Darlegung des Systems kein Beleg dafür sein, dass dieses auch tatsächlich eingehalten wird. Dementsprechend sehen die als Anlage B 7 (Bl.50 ff) bei den Akten befindlichen "IVW-Richtlinien für die Meldung, Veröffentlichung und Prüfung von Fachzeitschriften-Empfängerdatei-Analysen" (auf ihrer vierten Seite unter "Prüfung der Quellen und Zuordnungen") ausdrücklich nicht nur ein stichprobenartiges, sondern auch ein vollständiges Einsichtsrecht des IVW-Prüfers u.a. in die Gesamt-Empfängerdatei und in "die für die Struktur-Merkmale in den Empfängerdaten herangezogenen Quellen" vor.

Es kommt hinzu, dass es der Beklagten auch wegen ihres Interesses an der Geheimhaltung der Identität ihrer Kunden nicht zumutbar ist, diese zu offenbaren. Dem könnte auch nicht etwa damit begegnet werden, daß sie das Recht erhielte, die Angaben nur gegenüber einem zur Verschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer zu machen. Denn dies würde nicht ausreichen, weil es die angesprochene inhaltliche Überprüfung der Einhaltung des Systems nicht ermöglichen würde, weil ein Wirtschaftsprüfer aus seinen Fachkenntnissen heraus nicht zu beurteilen vermag, ob die einzelnen Kunden schwerpunktmäßig (etwa HAKA oder KOB) richtig eingruppiert worden sind. Das Geheimhaltungsinteresse ist auch schützenswert, weil es sich bei den Kundendaten um elementare Interna handelt und die Beklagte mit den Zahlen zwar geworben, sich damit aber nicht irgendwelcher Besonderheiten berühmt, sondern lediglich sachlich die - angebliche - Struktur ihrer Leserschaft angegebenen hat.

Außerdem hat die Beklagte plausible Erklärungen für die - zum Teil allerdings recht erheblichen - Verschiebungen gegenüber den früheren Jahren gegeben. So ist zunächst - wie z.B. aus der auf Bl.6 dargestellten Gegenüberstellung hervorgeht - die Unterteilung neu vorgenommen worden und hat die Beklagte dargelegt, dass Einzelhändler ohne Schwerpunkt auf Damen- und Herrenoberbekleidung mit einer erstmalig eingesetzten neuen software, die im übrigen auf der Rückseite von Bl.7 auch angegeben ist, hätten eliminiert und der ersten Gruppe zugeordnet werden können. Diese Ausführungen stellen bereits eine nachvollziehbare Begründung für die Verschiebungen dar. Überdies ist die Klägerin auch der Behauptung der Beklagten nicht entgegengetreten, dass durch Umstrukturierungen und Konzentrationen erhebliche Veränderungen innerhalb der Textilbranche eingetreten seien. Diese haben indes notwendigerweise Auswirkungen auf die Leserstruktur. Schließlich ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit zu berücksichtigen, dass die Irreführung nicht von besonders großer Bedeutung wäre, weil die Klägerin nicht etwa die Gesamtzahl der Leser, sondern lediglich deren Aufteilung auf die einzelnen Sparten rügt, wenn auch unzutreffende Angaben auch in diesem Bereich - insbesondere mit Blick auf die von der Klägerin im Verhandlungstermin angesprochene besondere Bedeutung der von der Verschiebung betroffenen Damenoberbekleidung - von wettbewerblicher Relevanz wären.

Eine Irreführungsgefahr ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die angebliche Unvollständigkeit der einzelnen Sparten, in die die Unternehmen des Textil- und Einzelhandels unterteilt sind. Es kann dahinstehen, ob durch die vorgenommene Unterteilung - wie die Klägerin meint - z.B. Einzelhändler, die sowohl Damen- als auch Herrenoberbekleidung führen, von keiner der Kategorien erfasst werden. Denn dies allein führt nicht zu einer Irreführung, weil die Zuordnung zu einer (jedenfalls auch) passenden Kategorie - im Beispiel etwa für Damenoberbekleidung - möglich ist und die Angabe dadurch nicht unrichtig wird, zumal die Beklagte unwidersprochen dargelegt hat, dass Doppelzählungen nicht vorgenommen worden seien. Das gilt auch für die weiteren von der Klägerin auf Bl.120 aufgeführten Beispiele.

Schließlich besteht auch eine Verpflichtung der Beklagten nicht, die Gesamtzahl der potenziellen Empfänger eines unentgeltlichen Exemplars der TM zu nennen. Ein Irreführungspotenzial steckt - worauf bereits das Landgericht abgestellt hat - in dem bloßen Fehlen der Angabe als solcher ersichtlich nicht. Es kann im übrigen dahinstehen, inwieweit die Gesamtzahl und die Zusammensetzung der potenziellen Empfänger einer unentgeltlichen Zeitschrift Einfluss auf die Richtigkeit der Strukturanalyse haben. Denn aus den oben dargelegten Gründen, die auch im vorliegenden Zusammenhang gelten, ist die Beklagte nicht zur Angabe dieser Daten verpflichtet. Das mag für die bloße Angabe der Gesamtzahl zweifelhaft sein, dies kann aber auf sich beruhen. Denn ohne detaillierte Angaben der Struktur wiederum dieser Leser könnte die Unrichtigkeit nicht festgestellt werden und zumindest diese sind aus den dargestellten Gründen der Beklagten nicht zumutbar, zumal die Klägerin keine Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass die Beklagte nicht über Empfänger in hinreichender Zahl und Zusammensetzung verfüge und die Angabe von 12.197 Empfängern "wechselnder Freistücke" deswegen unzutreffend sein könnte.

Die Klage ist wegen der nicht vorhandenen Angabe der Gesamtzahl der wechselnden Empfänger auch nicht unter dem Gesichtspunkt des unlauteren Wettbewerbsvorteils durch Rechtsbruch aus § 1 UWG begründet. Es mag zwar sein, dass die aus der Anlage K 4 (Bl.22 f) ersichtlichen "AMF - Richtlinien und Empfehlungen für Media-Informationen" bezüglich Fachzeitschriften eine derartige Angabe vorsehen. Dies allein begründet einen Unterlassungsanspruch indes nicht. Denn abgesehen davon, dass die Richtlinien eine Verpflichtung zur Angabe auch dieser Größe nicht ausdrücklich vorsehen, handelt es sich bei ihnen vor allem nicht um in der Branche akzeptiertes Standesrecht, dessen Nichteinhaltung den Unlauterkeitsvorwurf möglicherweise begründen könnte. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten hat sich nämlich die Verfasserin der erwähnten Richtlinien, die Deutsche Fachpresse, selbst mit anderen Beteiligten nunmehr auf die oben bereits erwähnten "IVW-Richtlinien für die Meldung, Veröffentlichung und Prüfung von Fachzeitschriften-Empfängerdatei-Analysen" geeinigt. Diese sehen indes - abgesehen davon, dass sie sich in der Branche auch noch nicht durchgesetzt haben - die Veröffentlichung der Gesamtzahl der wechselnden Empfänger nicht vor.

Der ihr nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 28.4.00 gibt zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keinen Anlass. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, tragen die dort nochmals betonten Gesichtspunkte die Berufung nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festgesetzte Beschwer der Klägerin entspricht dem Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 250.000 DM.

Ende der Entscheidung

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