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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 24.02.2006
Aktenzeichen: 6 U 213/05
Rechtsgebiete: UWG, PAngV, BGB-InfoV, ZPO


Vorschriften:

UWG § 3
UWG § 4 Nr. 1
UWG § 4 Nr. 4
PAngV § 1
BGB-InfoV § 1 Abs. 1 Nr. 4
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 213/05

Anlage zum Protokoll vom 24.02.2006

Verkündet am 24.02.2006

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 3. Februar 2006 unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, Wagner und Dr. Theisen

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragstellerin gegen das am 14. Oktober 2005 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 98/05 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin auf Unterlassung mehrerer Werbeaussagen betreffend die Bewerbung von Leistungsangeboten der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit DSL-Internetzugängen in Anspruch genommen. Wegen des zugrunde liegenden Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Gegenstand des Berufungsverfahrens sind noch die Verfügungsanträge zu 2.b) und 3.a), in Bezug auf die das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil seine am 25. Februar 2005 erlassene einstweilige Verfügung aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag abgelehnt hat.

Die Antragstellerin beantragt insoweit, wie schon erstinstanzlich, es der Antragsgegnerin bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an ihren Vorständen, zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

2.b) bei Koppelungsangeboten oder Zugaben unter Angabe von Preisen oder Ersparnissen für Waren oder Dienstleistungen zu werben, ohne über die verkehrswesentlichen Leistungsmerkmale der verbundenen Waren oder Dienstleistungen aufzuklären, insbesondere Hardware für die Nutzung von DSL-Internetzugängen mit der Aussage:

"€ 0,- statt UVP € 189,-"

zu bewerben, wenn weitere Voraussetzung der Vergünstigung die Bestellung eines "DSL Plus-Paketes" für € 2,90 monatlich ist und die Verbraucher über dessen Leistungen keine Information erhalten,

3.a) DSL-Tarife im Zusammenhang mit einem "V.-D. M. Action-Paket", das mit Preisen beworben wird, zu bewerben, ohne auf die bei gleichzeitiger Bestellung eines DSL-Zugangstarifes anfallenden Kosten hinzuweisen und nimmt hilfsweise in dem Antrag zu 3.a) die nachfolgend in schwarz-weiß wiedergegebene konkrete Verletzungsform in Bezug:

hier: Darstellung der Werbung

Die Antragsgegnerin begehrt die Zurückweisung der Berufung. Sie widerspricht dem in der Berufungsinstanz erstmals gestellten Hilfsantrag zu 3.a) mit der Begründung, es handele sich insoweit um einen neuen Antrag, der nicht als Minus in dem ursprünglichen Antrag enthalten sei.

II.

Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg.

1. a) Der Antrag zu 2.b) ist mit dem abstrakt formulierten ersten Teil - vor dem "insbesondere"-Zusatz - schon mangels Bestimmtheit unzulässig. Um dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu genügen, muss der Verbotsantrag so deutlich gefasst sein, dass sich aus ihm ergibt, was dem Antragsgegner verboten ist, und die Entscheidung hierüber nicht dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (Köhler in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht 24. Aufl. § 12 UWG Rdn. 2.35 m.w.Nachw.). Diesen Anforderungen genügt der formulierte Antrag deshalb nicht, weil er mit den "verkehrswesentlichen Leistungsmerkmalen der verbundenen Waren" einen unbestimmten Rechtsbegriff benutzt, der Raum für erhebliche Zweifel darüber lässt, was im konkreten Fall darunter zu verstehen ist. An der Unzulässigkeit eines unbestimmten Klageantrags ändert auch ein für sich genommen ausreichend bestimmter "insbesondere"-Zusatz nichts (BGH GRUR 1993, 565, 566 - Faltenglätter; Köhler aaO Rdn. 2.46).

b) Der mit dem "insbesondere"-Zusatz formulierte Antrag, der seinerseits nicht die konkrete Verletzungsform in Bezug nimmt, sondern ebenfalls in abstrakten Worten eine allerdings konkretere Wettbewerbshandlung formuliert, ist ausreichend bestimmt und für sich genommen zulässig, in der Sache aber ohne Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die Bewerbung von Hardware für die Nutzung von DSL-Internetzugängen mit der Aussage: "€ 0,- statt UVP € 189,-", wenn weitere Voraussetzung der Vergünstigung die Bestellung eines "DSL Plus-Paketes" für € 2,90 monatlich ist und die Verbraucher über dessen Leistungen keine Information erhalten, nicht wettbewerbswidrig ist.

aa) Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich bei Koppelungsangeboten, bei denen ein Teil der gekoppelten Waren oder Leistungen ohne gesondertes Entgelt abgegeben wird, eine Pflicht zur Bezeichnung der Leistungsmerkmale bzw. Produkteigenschaften der entgeltlich abgegebenen Waren oder Leistungen nicht aus § 4 Nr. 4 UWG. Gemäß § 4 Nr. 4 UWG sind die Bedingungen für die Inanspruchnahme der Zugabe klar und eindeutig anzugeben. Das sind die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der Kunde die Vergünstigung erhalten kann (Köhler, aaO § 4 UWG Rdn. 4.9). Dazu gehört der in der angegriffenen Werbung eindeutig angegebene Umstand, dass der Kunde eine andere - entgeltliche - Ware erwerben und welche Kosten er dafür aufwenden muss. Nähere Angaben zu der zu erwerbenden entgeltlichen Ware sind dagegen nicht erforderlich, um dem Kunden aufzuzeigen, welche Voraussetzungen er erfüllen muss, um die Vergünstigung zu erhalten.

bb) Ein Wettbewerbsverstoß der mit dem Antrag zu 2.b) angegriffenen Werbung ergibt sich auch nicht aus § 4 Abs. 1 UWG bzw. - soweit ein Rückgriff auf diese Vorschrift neben § 4 Nr. 1 UWG möglich ist (dazu Köhler, aaO § 3 UWG Rdn. 20, 23) - aus § 3 UWG. Sie beeinflusst den Verbraucher nicht in unangemessener Weise.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Koppelungsangebote und die Werbung für diese grundsätzlich zulässig. Es ist dem Kaufmann grundsätzlich - und unabhängig davon, ob ein Funktionszusammenhang zwischen den Waren oder Dienstleistungen besteht - gestattet, verschiedene Angebote miteinander zu verbinden; dies gilt auch dann, wenn ein Teil der auf diese Weise gekoppelten Waren oder Leistungen ohne gesondertes Entgelt abgegeben wird (BGH GRUR 2002, 976, 978 - Koppelungsangebot I; BGH GRUR 2002, 979, 981 - Koppelungsangebot II; BGH GRUR 2003, 538, 539 - Gesamtpreisangebot; BGH GRUR 2003, 890, 891 - Buchclub-Kopplungsangebot; BGH GRUR 2004, 343 - Playstation). Begrenzt wird die Zulässigkeit derartiger Koppelungsangebote durch eine auf die Vorschriften des UWG und der PAngV gestützte Missbrauchskontrolle, bei der sich die wettbewerbsrechtlichen Anforderungen an die Zulässigkeit der Koppelungsangebote an den Gefahren orientieren, die von derartigen Geschäften ausgehen (BGH GRUR 2002, 976, 978 - Koppelungsangebot I), den Gefahren der unrichtigen Information, der unzureichenden Information (dazu BGH GRUR 2006, 164, 166 - Aktivierungskosten II), der unangemessenen unsachlichen Beeinflussung und der gezielten Behinderung von Mitbewerbern sowie der allgemeinen Marktbehinderung (Köhler aaO § 4 UWG Rdn. 1.61 m.w.Nachw.).

Solche Gefahren ergeben sich daraus, dass der Verbraucher im Zusammenhang mit der Bewerbung von Hardware für die Nutzung von DSL-Internetzugängen mit der Aussage: "€ 0,- statt UVP € 189,-", wenn weitere Voraussetzung der Vergünstigung die Bestellung eines "DSL Plus-Paketes" für € 2,90 monatlich ist, über dessen Leistungen keine Informationen erhält, nicht. Eine Pflicht zur Bezeichnung der Leistungsmerkmale bzw. Produkteigenschaften der entgeltlich abgegebenen Waren oder Leistungen in der Bewerbung eines Koppelungsangebots bzw. einer Zugabe folgt insbesondere nicht aus dem Transparenzgebot (dazu BGH GRUR 2002, 976, 978 - Koppelungsangebot I; Köhler aaO § 4 UWG Rdn. 1.67). Denn der Unternehmer muss angesichts des Leitbildes des durchschnittlich informierten, (situationsadäquat) aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers jedenfalls nicht solche Informationen geben, deren Kenntnis bei einem Durchschnittsverbraucher vorausgesetzt werden darf. So wie der Werbende in Einzelangeboten über Leistungsmerkmale und Produkteigenschaften der angebotenen Ware nur die gesetzlich vorgeschriebenen Informationen zu erteilen braucht, weil von dem Verbraucher erwartet werden kann, dass er sich die für seine Kaufentscheidung relevanten Informationen über die Ware im Übrigen selbst beschafft, bevor er den verlangten Preis für die beworbene Ware zahlt, so braucht er auch bei einem echten, aus mehreren entgeltlichen Waren oder Dienstleistungen bestehenden Gesamtpreisangebot über die einzelnen Bestandteile des Angebots nur die gesetzlich vorgeschriebenen Informationen zu erteilen (vgl. dazu BGH GRUR 2003, 538, 540 - Gesamtpreisangebot; Köhler aaO § 4 UWG Rdn. 1.76). Nichts Anderes kann bei einem Koppelungsangebot, bei dem ein Teil der gekoppelten Waren oder Leistungen ohne gesondertes Entgelt abgegeben wird, für den entgeltlichen Angebotsteil gelten. Insoweit sind die Informationsmöglichkeiten des Kunden nicht anders als bei einem echten Gesamtpreisangebot. Ob etwas Anderes in bezug auf den unentgeltlichen Teil des Angebots gilt, ob der Werbende insoweit - wenn nicht zu einer Wertangabe (BGH GRUR 2002, 976, 978 - Koppelungsangebot I) - so doch zu einer genauen Beschreibung der unentgeltlich angebotenen Ware oder Dienstleistung verpflichtet ist (so Köhler, aaO § 4 UWG Rdn. 1.76), bedarf keiner Entscheidung, weil die Antragstellerin die fehlende Angabe von Leistungsmerkmalen in bezug auf den entgeltlichen Teil des Angebots beanstandet.

cc) Eine Pflicht zur Bezeichnung der Leistungsmerkmale bzw. Produkteigenschaften der entgeltlich abgegebenen Waren oder Leistungen in der Bewerbung eines Koppelungsangebots bzw. einer Zugabe ergibt sich entgegen der Annahme der Antragstellerin schließlich nicht aus § 1 Abs. 1 Nr. 4 BGB-InfoV. Diese Vorschriften regeln die Informationen, die dem Verbraucher im Falle des Abschlusses eines Fernabsatzvertrages zur Verfügung zu stellen sind. Diese Informationen sind aber zum Einen nur bei Fernabsatzverträgen und zum Anderen nicht zwingend schon in der Werbung zu erteilen (Palandt/Grüneberg, BGB 65. Aufl. § 312 c Rdn. 10).

2. a) Der zu 3.a) gestellte Hauptantrag ist schon mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig, weil nicht zweifelsfrei ist, wann eine "Bewerbung von DSL-Tarifen im Zusammenhang mit einem "V.-D. M. Action-Paket"" anzunehmen ist. Unter einer "Bewerbung von DSL-Tarifen" dürfte eine Werbung für konkrete Angebote mit bestimmter Nutzungsintensität und Preisstruktur für die Nutzung eines DSL-Anschlusses zu verstehen sein, wie sie etwa als "DSL f. 2 GB", "DSL p. 5 GB", "DSL g. inkl. 15 GB" und "DSL h. 2000" von der Antragsgegnerin an anderer Stelle beworben werden. In der Werbung für das "V.-D. M. Action-Paket", die Auslöser für den Antrag zu 3.a) ist, wird aber kein solches konkretes Angebot erwähnt. Erwähnt wird dort lediglich "g.DSL". Wenn die Antragstellerin darunter die Bewerbung eines "DSL-Tarifs" versteht, ist der Begriff zumindest missverständlich und der Antrag damit zu unbestimmt.

b) Der Senat geht davon aus, dass der in der Berufungsinstanz zu 3.a) gestellte der auf die konkrete Verletzungsform abstellt, bereits in dem zuvor gestellten Antrag als Minus enthalten war und deshalb auch insoweit die gebotene Dringlichkeit zu bejahen ist. Dieser Antrag ist indessen nicht begründet.

Soweit die Antragstellerin zur Begründung dieses Antrags darauf hinweist, der beanstandeten Werbung der Antragsgegnerin sei nicht zu entnehmen, dass die Bestellmöglichkeit der Inklusivleistung eines DSL-Tarifs sich nur auf DSL-Neukunden erstreckt und DSL-Bestandskunden diese Leistung nicht erhalten, rechtfertigt ihr Vortrag den formulierten Antrag nicht. Denn eine dadurch verursachte Irreführungsgefahr würde durch den Hinweis auf die bei gleichzeitiger Bestellung eines DSL-Zugangstarifes anfallenden Kosten nicht beseitigt.

Soweit die Antragstellerin die Notwendigkeit, auf die bei gleichzeitiger Bestellung eines DSL-Zugangstarifes anfallenden Kosten hinzuweisen, aus der Preisangabenverordnung herleiten will, hat ihr Begehren schon deshalb keinen Erfolg, weil es bei einer Bewerbung von "g.DSL" im Zusammenhang mit dem V.-D. M. Action-Paket in Bezug auf "g.DSL" an einem "Anbieten" oder einem "Werben unter Angabe von Preisen" im Sinne des § 1 PAngV fehlt. Für die Annahme eines "Anbietens" von "g.DSL" fehlt es an einer ausreichend konkreten Bezeichnung eines zu erwerbenden Gegenstands; dazu müsste der jeweilige Tarif genannt werden. Der Kunde erwirbt nämlich nicht "g.DSL"; er schließt den DSL-Tarif x oder y oder z ab. Ein "Werben unter Angabe von Preisen" liegt in Bezug auf "g.DSL" für sich genommen nicht vor. Gegenstand der dem Antrag zu 3.a) zugrunde liegenden Werbung ist auch kein Koppelungsangebot, das wegen der Preisangabe in Bezug auf das V.-D. M. Action-Paket auch zur Preisangabe in Bezug auf "g.DSL" verpflichten würde (dazu Köhler aaO § 1 PAngV Rdn. 12). Mit dieser Werbung wird vielmehr das V.-D. M. Action-Paket beworben, das durchaus ohne g.DSL erworben werden kann und dann 39,95 € kostet und mit g.DSL kostenlos ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Das Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 S. 1 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.

Ende der Entscheidung

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