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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 30.11.2001
Aktenzeichen: 6 U 27/01
Rechtsgebiete: UWG, PAngV, WoVermittG, ZPO


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 13 Abs. 2 Ziff. 2
PAngV § 1 Abs. 1
WoVermittG § 6 Abs. 2
ZPO § 713
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 546 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 27/01

Anlage zum Verkündungsprotokoll vom 30.11.2001

verkündet am 30.11.2001

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 2.11.2001 unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, Pietsch und von Hellfeld

für Recht erkannt:

Tenor:

1.) Das Versäumnisurteil des Senats vom 1.6.2001 wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass der Tenor der Verurteilung durch das Landgericht wie folgt neu gefasst wird:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen,

in Zeitungsanzeigen mit dem nachstehend wiedergegebenen Inseratstext Wohnraum anzubieten, ohne dabei den Mietpreis für die mit anzumietende Garage anzugeben:

"Niederkassel-Mondorf, top ausgestattetes EFH, Bj. 1998, 5 Z., KDB, Gäste-WC, 142 m2 Wohnfläche + Keller, schöner Garten, familienfreundlich, 1.940,- DM + Garage + NK., GS Immobilien GmbH, .../......".

2.) Die Beklagte hat auch die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.) Die Beschwer der Beklagten wird auf 20.000 DM festgesetzt.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs.1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Das Versäumnisurteil des Senats vom 1.6.2001, durch den die zulässige Berufung der Beklagten zurückgewiesen worden ist, ist auf den statthaften und zulässigen Einspruch der Beklagten aufrechtzuerhalten, weil die Berufung auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten und der durchgeführten Beweisaufnahme nicht begründet ist. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht antragsgemäß verurteilt. Soweit der Senat den Verbotstenor gleichwohl umformuliert hat, handelt es sich um eine lediglich klarstellende redaktionelle Anpassung an die konkrete Verletzungsform, die einen (Teil-) Erfolg der Berufung nicht darstellt.

Die Klage ist entgegen der Auffassung der Beklagten zulässig. Der Kläger hat durch Vorlage seiner Mitgliederlisten und die Bekundungen der Zeugin L. bewiesen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG, soweit sie die Klagebefugnis betreffen, erfüllt sind.

Die Klage ist auch begründet. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt in der angegriffenen Anzeige ein Verstoß gegen § 6 Abs.2 WoVermittG. Dieser begründet den geltendgemachten Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG .

Gemäß § 6 Abs. 2 WoVermittG darf der Wohnungsvermittler unter anderem in Zeitungsanzeigen Wohnräume nur anbieten, wenn er den Mietpreis der Wohnräume angibt und darauf hinweist, ob Nebenleistungen besonders zu vergüten sind. Die beanstandete Kleinanzeige verstößt gegen diese Bestimmung, weil der Mietpreis für die Garage nicht angegeben worden ist. Die Kleinanzeige ist dahin zu verstehen, dass das Haus nur obligatorisch mit der auf demselben Grundstück stehenden Garage zur Anmietung angeboten wird. Denn dies ist der Regelfall und die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Anzeige ausnahmsweise so zu verstehen gewesen sei, dass die Garage nicht auch habe angemietet werden müssen. War aber die Anmietung auch der Garage Bestandteil des Angebotes, so war auch der auf die Garage entfallende Mietzins aufzuführen. Das gilt auch angesichts des Umstandes, dass Garagen keine Wohnräume sind. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass der Verbraucher - und zwar im vollen Umfange - Klarheit darüber gewinnt, welche festen Kosten auf ihn zukommen. Er muss daher auch darauf hingewiesen werden, welche zusätzlichen Kosten die Garage verursacht. Dem steht nicht entgegen, dass bei der Anmietung noch Nebenkosten anfallen, und diese nicht angegeben werden müssen. Denn die Nebenkosten müssen deswegen nicht angegeben werden, weil sie als verbrauchsabhängige Kosten nicht angegeben werden können, während der Angabe des Mietzinses für die Garage nichts entgegensteht.

Der hiernach gegebene Verstoß gegen § 6 Abs.2 WoVermittG stellt zugleich einen Verstoß gegen § 1 UWG dar. Denn bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine wertbezogene Norm, deren Verletzung grundsätzlich zugleich das Unwerturteil aus § 1 UWG nach sich zieht. Das entspricht sowohl der Rechtsprechung des Senats als auch der anderer Oberlandesgerichte (vgl. Senat, GRUR 1993, 685, 686 und Urteil vom 7.9.2001 im Verfahren 6 U 129/01; OLG Düsseldorf, GRUR 1993, 838 und Kammergericht, WuM 1994, 621, 623; ebenso: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage 2001, § 1 UWG Rdnr. 614). Denn die Regelung legt die Grenzen des zulässigen Wettbewerbs auf dem Gebiet der Vermittlung von Mietwohnungen fest und will den Mietinteressenten im allgemeinen Interesse vor unlauteren Geschäftsmethoden schützen. Vorrangiges Ziel des Gesetzes ist es damit, dem Vermittler bei der Werbung insbesondere in Zeitungsanzeigen im Interesse dieses Schutzes Beschränkungen aufzuerlegen und dabei den Wettbewerb der Wohnungsvermittler untereinander zu regeln. Daraus folgt zugleich, dass die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach ein Verstoß gegen eine wertbezogene Norm nicht zwangsläufig und ausnahmslos die wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit der entsprechenden Handlung zur Folge hat, namentlich dann nicht, wenn ihr der wettbewerbsregelnde Bezug fehlt (vgl. BGHZ 140, 134, 138 f. "Hormonpräparate"; BGH GRUR 2000, 237, 238 = WRP 2000, 170 "Giftnotruf-Box"; WRP 2000,1116,1119 "Abgasemissionen" und WRP 2001, 255, 257 "Verbandsklage gegen Vielfachabmahner"), im Streitfall eine abweichende Beurteilung nicht gebietet.

Die Anzeige verstößt im übrigen auch gegen § 1 Abs.1 PAngV, weil der Endpreis nicht angegeben ist. Ob auch dies für sich genommen bereits einen Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG begründet und insbesondere das hierfür erforderliche bewusste und planmäßige Vorgehen gegen diese wertneutrale Norm zu bejahen ist, lässt der Senat offen, weil der geltendgemachte Anspruch bereits aus den vorstehenden Gründen besteht. Gegenstand des Klagevorwurfs ist der Sache nach die fehlende Angabe des Mietpreises für die Garage in dem Inserat. Die Wiederholung eines derartig formulierten Inserates wird der Beklagten indes durch das auf die Verletzung von § 6 Abs.2 WoVermittG gestützte Verbot untersagt. Soweit der Kläger sich zusätzlich auf den Verstoß gegen § 1 Abs.1 PAngV beruft, rügt er kein weitergehendes, von dem auf § 6 Abs.2 WoVermittG gestützten Verbot nicht erfasstes Verhalten, sondern lediglich eine weitere Gesetzesverletzung, die ebenfalls in der Nichtangabe des Preises für die Garage ihren Grund hat. Insbesondere ist der Beklagten nicht der - auch nicht begründete - Vorwurf gemacht worden, sie habe zwar mehrere Einzelpreise, aber nicht auch den Endpreis angegeben.

Vor diesem Hintergrund trifft die auf die fehlende Angabe des Endpreises und nicht des Preises für die Garage abstellende Antrags- und Urteilsfassung die konkrete Verletzungsform nicht, weswegen der Senat abweichend tenoriert hat.

Die mithin bestehende Wiederholungsgefahr ist durch die Unterlassungserklärung der Beklagten vom 7.2. 2000 nicht beseitigt worden. Eine bestehende Wiederholungsgefahr fällt durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung nur dann weg, wenn diese auf dem ernsthaften Willen des Schuldners beruht, die betreffende wettbewerbswidrige Handlung zukünftig auch tatsächlich zu unterlassen (h.M. vgl. für alle: Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Auflage, Kap. 8 RZ 33). Es bestehen indes erhebliche Zweifel an dieser Voraussetzung. Die Umstände des Falles legen es vielmehr nahe, dass die Unterwerfungserklärung nicht ernsthaft erfolgt ist und es sich bei ihr um eine nur zum Schein auf eine Gefälligkeitsabmahnung hin erfolgte Erklärung handelt.

Die Beklagte hat in einer früheren Auseinandersetzung der Parteien ebenfalls eingewandt, sich bereits gegenüber einem Dritten unterworfen zu haben, und sich dazu u.a. auf die als Anlage 15 (Bl.92) bei den Akten befindliche Abmahnung eines Herrn B. S. vom 2.11.1998 berufen. Dieses unüblich und unbeholfen formulierte Abmahnschreiben stimmt in seinen wesentlichen Passagen mit der Abmahnung überein, die der nunmehr unter dem 7.2.2000 gegenüber der Fa. R. Immobilien abgegebenen Unterlassungserklärung zugrunde liegt. Der Kernsatz "hier ist unbedingt erforderlich, den tatsächlichen Preis der Wohnung anzugeben und nicht mit einem Grundpreis und einem versteckten Zusatzpreis zu werben" ist identisch. Auch im übrigen sind die Abweichungen gering, insbesondere ist in beiden Abmahnungen - juristisch unzutreffend - die Einleitung eines "Bußgeldverfahrens" angedroht worden. Es ist nach der Lebenserfahrung indes kaum vorstellbar, dass zwei unterschiedliche Abmahnende unabhängig voneinander für das Abmahnschreiben und die Unterwerfungserklärung auf einen ungewöhnlichen Text verfallen, der in seinem wesentlichen Bestandteil identisch und im übrigen sehr ähnlich ist.

Die Beklagte hat die mithin bestehenden erheblichen Zweifel an der Ernsthaftigkeit ihrer Erklärung nicht auszuräumen vermocht. Sie behauptet, ihr sei bekannt geworden, dass der Inhaber der Erklärungsempfängerin R. Immobilien, ein Herr M. B., früher in dem Unternehmen von Herrn S. praktiziert habe. Möglicherweise habe er sich damals ein Textformular angeeignet. Es kann indes schon nicht von der behaupteten Tätigkeit von Herrn B. bei Herrn S. ausgegangen werden, weil sie von dem Kläger bestritten ist und es an einem Beweisantritt fehlt. Soweit die Beklagte sich - im übrigen wenig substantiiert - weiter darauf beruft, zwischen ihr und der abmahnenden R. Immobilien bestehe eine erbitterte Konkurrenz und es schwebe derzeit vor dem Landgericht Bonn ein Rechtsstreit über Maklerhonoraransprüche, kann dies dahinstehen. Der angebliche Umstand, dass die Beklagte sich derzeit in Auseinandersetzungen mit Abmahnenden befindet, schließt nicht aus, dass die R. Immobilien vor inzwischen nahezu 1 3/4 Jahren eine Gefälligkeitsabmahnung ausgesprochen hat. Im übrigen wäre, wenn die erste Unterlassungserklärung ernst gemeint gewesen wäre, aufgrund der im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Werbung die angeblich vereinbarte Vertragsstrafe von 5.000 DM verwirkt worden. Die Beklagte hat indes, obwohl der Kläger diesbezüglich ausdrücklich Zweifel angemeldet hat, nicht vorgetragen, dass die Vertragsstrafe bezahlt worden sei.

Es kommt hinzu, dass - wie sich aus dem schon erstinstanzlich vorgelegten Anlagenkonvolut 13 (= Anlagen 17 ff zum Schriftsatz des Klägers vom 14.8.2001 im Berufungsrechtszug) ergibt - der angebliche Erklärungsempfänger M. B. in einem gegen ihn selbst gerichteten Verfahren, das auch einen Verstoß gegen § 6 Abs.2 WoVermittG zum Gegenstand hatte, sich inzwischen ebenfalls auf eine gegenüber Herrn B. S. abgegebene Unterlassungserklärung berufen hat und diese wiederum die beschriebenen Formulierungen enthält.

Es ist nach allem davon auszugehen, dass Verbindungen und Absprachen zwischen den Beteiligten bestehen. Diese stehen indes der Annahme entgegen, die Unterlassungserklärung der Beklagten vom 7.2.2000 könnte von der Absicht getragen sein, zukünftig tatsächlich den Mietpreis auch von Nebenräumen anzugeben. Aus diesem Grunde besteht die Wiederholungsgefahr fort.

Es handelt sich schließlich nicht nur um einen Bagatellverstoß, der für das Wettbewerbsgeschehen insgesamt und auch für die Interessen der Verbraucher allenfalls eine marginale Bedeutung hätte und deshalb gem. § 13 Abs.2 Ziff. UWG von der wettbewerbsrechtlichen Verfolgung durch den Kläger ausgeschlossen wäre. Denn entgegen dem Sinn und Zweck der Bestimmung des § 6 Abs. 2 des Wohnungsvermittlungsgesetzes wird dem angesprochenen Verbraucher durch die Angabe nur eines Teils des Gesamtpreises die Möglichkeit des Preisvergleichs mit anderen Immobilienangeboten nicht unerheblich erschwert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 713 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festgesetzte Beschwer der Beklagten entspricht dem Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 20.000 DM.

Ende der Entscheidung

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