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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 26.09.2008
Aktenzeichen: 6 U 39/08
Rechtsgebiete: GeschmMG, Richtlinie 98/71/EG, BGB


Vorschriften:

GeschmMG § 1 Abs. 2 a.F.
GeschmMG § 4 n.F.
GeschmMG § 38 Abs. 1
GeschmMG § 38 Abs. 2
GeschmMG § 42 Abs. 1
GeschmMG § 42 Abs. 2
GeschmMG § 46 Abs. 1
GeschmMG § 46 Abs. 2
GeschmMG § 66 Abs. 2 S. 1
Richtlinie 98/71/EG Art. 3 Abs. 3
BGB § 242
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

A) Auf die Berufung der Klägerin wird das am 11. Januar 2008 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 204/06 - abgeändert.

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € zu unterlassen, die nachstehend bezeichneten (Bodeneinbau-) Leuchten in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen:

a) die Leuchte Q. D1 gemäß folgender Abbildung:

(Abbildung wurde entfernt)

und/oder

b) die Leuchte Q. D2 gemäß folgender Abbildung:

(Abbildung wurde entfernt)

2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die oben zu Nr. I 1 bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar (bezogen auf die vorbezeichneten Leuchten) unter Angabe

a) der jeweiligen Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreise sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen gewerblichen Abnehmer,

b) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

c) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten, Gemeinkosten, Vertriebskosten und des erzielten Gewinns.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu Nr. I 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

B) Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat die Beklagte zu tragen.

C) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

D) Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin meldete am 01.09.1989 als Teil des deutschen (Sammel-) Geschmacksmusters XXX die nachfolgend wiedergegebenen Muster überrollbarer Bodeneinbau-Leuchten für den Außenbereich an (Anlage K 1, Bl. 1 ff. d. Anl.-H., und Anlage MBP 3, Bl. 36 f. d. Anl.-H.):

...

Die zu Grunde liegenden Erzeugnisse der Klägerin (C.X und XX) wurden 1989/1990 mit mehreren Design-Preisen ausgezeichnet (Anlage K 4, Bl. 11 ff. d. Anl.H.). Inzwischen vertreibt die Klägerin die den Klagegeschmacksmustern nachempfundenen Leuchten XXXX und X XXXX (vgl. Anlage K 16, Bl. 202 ff. d.A. und das vorgelegte Anschauungsstück der Leuchte C. XXXX). Im April 2004 wurde die Aufrechterhaltung des Geschmacksmusterschutzes für das 15.-20. Jahr bekannt gemacht.

Die Beklagte vertreibt in Deutschland für ihre amerikanische Muttergesellschaft die Leuchten Q. D1 und D2, die sie im April 2006 auf der Frankfurter Messe ausstellte. Die in die Urteilsformel eingeblendeten Abbildungen zeigen die nach dem Bodeneinbau sichtbaren Teile dieser Leuchten (vgl. Anlagen K 10 und 12, Bl. 24 und 26 d. Anl.-H., sowie das vorgelegte Anschauungsstück der Leuchte Q. D2).

Die Klägerin hat die Beklagte wegen unzulässiger Nachbildung ihrer Geschmacksmuster und wettbewerbsrechtlich unlauterer Nachahmung ihrer Produkte auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der Beurteilung durch den Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen verwiesen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter und beantragt sinngemäß,

wie erkannt.

Sie vertieft und ergänzt mit der Berufungsbegründung (Bl. 186 ff. d.A.) ihr Vorbringen zur Entwicklung und zum Gesamterscheinungsbild der streitbefangenen Leuchten, zu ihrem Werbeaufwand und Umsatz, zum wettbewerblichen Umfeld und zur Verteidigung der Klagegeschmacksmuster gegenüber Dritten. Die Beklagte verteidigt mit der Berufungserwiderung (Bl. 256 ff. d.A.) das angefochtene Urteil und trägt (unter Verweis auf eine Internetrecherche vom 19.06.2008, Anlage MBP 11, Bl. 277 ff. d.A.) ergänzend zum wettbewerblichen Umfeld vor. Zur Darlegung der Klägerin, ihre Erzeugnisse seit 1989 umfangreich und erfolgreich beworben zu haben, erklärt sie sich nunmehr mit Nichtwissen.

II.

Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Nach dem unstreitigen Sachverhalt kann der Klägerin im Ergebnis der beanspruchte Sonderrechtsschutz nicht versagt werden, weil den für den Schutzumfang maßgeblichen Teilen der Klagegeschmacksmuster von Hause aus hohe Eigentümlichkeit zukommt und die angegriffenen Leuchten insoweit keinen erheblich anderen Gesamteindruck erwecken.

1. Der Klägerin steht der Unterlassungsanspruch aus §§ 38 Abs. 1 und 2, 42 Abs. 1 GeschmMG gegen die Beklagte zu.

a) Die Geschmacksmuster <2> und <3> aus der vor dem 28.10.2001 erfolgten Sammelanmeldung der Klägerin sind schutzfähig, nämlich neu und eigentümlich (§ 66 Abs. 2 S. 1 GeschmMG i.V.m. § 1 Abs. 2 GeschmMG a.F.). Selbständigen Schutz genießen - wovon zu Recht schon das Landgericht ausgegangen ist - insbesondere die oberen Bestandteile der Geschmacksmuster, so dass es auf die den jeweils unteren Teil betreffenden Merkmale (vgl. S. 5 der Klageerwiderung) nicht ankommt.

aa) Ein in sich geschlossener Teil eines eingetragenen Geschmacksmusters nimmt selbständig am Musterschutz teil, sofern er als Bestandteil des Gesamtmusters geeignet ist, für sich in besonderer Weise gestaltet zu werden und den Erfordernissen der Neuheit und Eigentümlichkeit genügt (BGH, GRUR 1962, 258 [260] - Moped-Modell; GRUR 1977, 602 [605] - Trockenrasierer; GRUR 1981, 273 [274] - Leuchtenglas; GRUR 1998, 379 [381] - Lunette; Eichmann / von Falckenstein, GeschmMG, 3. Aufl., § 38 Rn. 36 f. m.w.N.). Im Streitfall zeigen die hinterlegten Lichtbilder, die den Schutzgegenstand der Geschmacksmuster bestimmen (§ 37 Abs. 1 GeschmMG; vgl. BGH, GRUR 2008, 153 = WRP 2008, 241 [Tz. 22] - Dacheindeckungsplatten; Eichmann / von Falckenstein, a.a.O., § 1 Rdnr. 20; § 37 Rn. 7 m.w.N.), nach Art einer Explosionszeichnung neben einem unteren (zylindrischen) und einem inneren (die Lichtquelle wiedergebenden) Teil jeweils einen davon abgesetzten oberen (kuppelförmigen) Teil, dessen Erscheinungsmerkmale nach bestimmungsgemäßem Einbau der dem Muster entsprechenden Bodeneinbau-Leuchten allein sichtbar bleiben. Es liegt auf der Hand, dass gerade dieser Teil dazu bestimmt und geeignet ist, auf den Formensinn des Betrachters zu wirken, so dass er unabhängig von seiner Zuordnung zu einem komplexen Produkt auch selbst musterfähig ist (vgl. BGH, GRUR 2008, 790 = WRP 2008, 1234 [Rn. 17] - Baugruppe; das ebd. [Rn. 26 ff.] erörterte Problem des Musterschutzes für nach dem Einbau unsichtbare Merkmale eines Bauelements nach § 1 Abs. 2 GeschmMG a.F. im Unterschied zu § 4 GeschmMG n.F. und Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 98/71/EG stellt sich im Streitfall nicht).

bb) Neu und eigentümlich ist ein Muster, das eigenschöpferisch gestaltet ist, nämlich zum Prioritätszeitpunkt in seiner Gesamtwirkung - auch wenn es bekannte Elemente kombiniert - hinreichenden Abstand vom vorbekannten Formenschatz wahrt und eine Gestaltungshöhe aufweist, die über das Landläufige und Alltägliche, dem Durchschnittskönnen eines mit der Kenntnis des Fachgebiets vertrauten Mustergestalters Entsprechende und rein Handwerksmäßige hinausgeht (BGH, GRUR 2001, 503 [505 f.] - Sitz-Liegemöbel; GRUR 2008, 153 = WRP 2008, 241 [Tz. 25 ff.] - Dacheindeckungsplatten; Senat, NJOZ 2003, 3311 [3312] - Kinderfahrradhelm m.w.N.). Auf die "oberirdischen" Bestandteile der Klagemuster treffen diese Voraussetzungen in besonderem Maße zu.

(1) Die Klagegeschmacksmuster waren bei ihrer Anmeldung im Jahr 1989 neu. Zum einen sind die aktenkundigen Design- und Innovationspreise für die zu Grunde liegenden Bodeneinbau-Leuchten C.X und XX ein Indiz dafür, dass sich das derart ausgezeichnete Design vom bisher Bekannten abhebt (vgl. Senat, GRUR-RR 2003, 183 [184] - Designerbrille; MD 2005, 1393 [1395 f.] = OLGR 2006, 319 - Büroschreibtisch). Zum anderen fällt gegenüber der einzigen prioritätsälteren Entgegenhaltung der Beklagten - den S.-Bodenleuchten A. 116-118, 210 und 212 aus der Produktserie H.B.F.. (Anlagen MBP 4-6, Bl. 38-71 d. Anl.H.) - weniger die vorhandene Übereinstimmung in Einzelelementen (soweit solche bei einem Vergleich der Geschmacksmusterabbildungen mit den entgegengehaltenen Katalogabbildungen überhaupt erkennbar sind) als die insgesamt stark abweichende Farb- und Formgebung ins Auge.

Während die in zwei auffälligen (Komplementär-) Farben gehaltenen Flughafen-Leuchten verschiedene formale Elemente wie Versatzstücke fast beliebig miteinander kombinieren, zeigen die Klagemuster eine konsequent auf wenige geometrische Körper und Linien reduzierte äußere Form und eine einheitliche Farb- und Oberflächengestaltung. Weder die das Gesamterscheinungsbild der Klagemuster prägende, kaum abgewandelte und praktisch unverzierte Kugelsegmentform (in der Größe von nicht mehr als einem Drittel der vollen Kugel) noch die geometrisch klaren Linien der seitlich aus dem Kugelsegment "ausgestanzten" Lichtaustrittsöffnungen finden sich so bei der Entgegenhaltung.

(2) Die vorbeschriebenen, innovativen und von einem starken Formwillen zeugenden Designmerkmale verleihen den "oberirdischen" Teilen der Klagegeschmacksmuster zugleich ihre besondere Eigentümlichkeit, für die es maßgeblich auf die durch die Formgestaltung des Musters hervorgerufene ästhetische Wirkung ankommt (BGH, GRUR 2008, 790 = WRP 2008, 1234 [Rn. 28] - Baugruppe m.w.N.). Dabei können zwar objektiv ausschließlich technisch bedingte Formgestaltungen die Schutzfähigkeit nicht begründen (BGH, GRUR 1981, 269 [271] - Haushaltsschneidemaschine II; GRUR 2005, 600 [603] = WRP 2005, 878 - Handtuchklemmen; GRUR 2008, 790 = WRP 2008, 1234 [Rn. 22] - Baugruppe). Der Geschmacksmusterfähigkeit steht jedoch bei einem Gebrauchszwecken dienenden Erzeugnis nicht entgegen, dass seine Gestaltung in dem maßgeblichen Merkmal zugleich oder sogar in erster Linie dem Gebrauchszweck dient und ihn fördert, der ästhetische Gehalt demnach in die ihrem Zweck gemäß gestaltete Gebrauchsform eingegangen ist (BGH, GRUR 2005, 600 [603] = WRP 2005, 878 - Handtuchklemmen; GRUR 2008, 153 = WRP 2008, 241 [Tz. 30] - Dacheindeckungsplatten). In diesem Fall kann die Harmonie zwischen technischer Funktion und nicht ausschließlich notwendiger Formgebung das ästhetische Empfinden sogar in besonderem Maße ansprechen (BGH, GRUR 1966, 97 [99] - Zündaufsatz; GRUR 1981, 269 [271 f.] - Haushaltsschneidemaschine II). So liegt es hier:

Form und Konstruktion der den Klagemustern entsprechenden, als stabile, überrollbare Orientierungsleuchten für den Außenbereich konzipierten Bodeneinbau-Leuchten sind zwar - wie von der Klägerin selbst in ihren Werbeschriften (Anlage K 5, Bl. 15 [S. 5], Bl. 17 [S. 67] d. Anl.-H.) hervorgehoben - wesentlich von ihrer Funktion bestimmt. Bei dem anzustellenden Gesamtvergleich des Musters und seiner prägenden Gestaltungsmerkmale mit dem vorbekannten Formenschatz (BGH, GRUR 1996, 767 [769] - Holzstühle; GRUR 2008, 153 = WRP 2008, 241 [Tz. 26] - Dacheindeckungsplatten) zeigt sich jedoch, dass es sich bei den Klagemustern um alles andere als dessen bloß handwerksmäßige Fortentwicklung handelt. Während nämlich die vorbekannten S.-Bodenleuchten ihre rein technisch-funktionelle Herkunft und Zweckbestimmung nicht verleugnen können und ein eher herbes Industriedesign ohne ästhetischen Anspruch bieten, sprechen die Klagemuster gerade in ihrer betonten Schlichtheit und harmonischen Formstrenge unmittelbar den Schönheitssinn des Betrachters an.

Während die Existenz der den Musterabbildungen zu entnehmenden, in der Seitenansicht rechteckig wirkenden Lichtaustrittsöffnungen als solche weitgehend vorbekannt oder jedenfalls technisch vorgegeben sein dürfte, wird das Gesamterscheinungsbild des oberen Teils der Klagegeschmacksmuster vor dem Hintergrund des vorbekannten Formenschatzes vor allem durch die auf wenige geometrische Grundelemente reduzierte und ohne jede auffällige Verzierung oder Veränderung aus dem Kugelsegment entwickelte, klare Formsprache charakterisiert. Soweit die Abbildungen Einzelheiten der "Ausstanzungen" aus dem Leuchtenkorpus erkennen lassen, treten diese im Gesamteindruck hinter dem Bild eines streng kugelsegmentförmigen Gehäuses mit relativ begrenzten (knapp die Hälfte des sichtbaren Gehäuseteils ausmachenden) flach rechteckigen Lichtaustrittsöffnungen eher zurück. Stärker als die vom Landgericht im Anschluss an das erstinstanzliche Vorbringen der Klägerin hervorgehobene "martialische" Anmutung eines Bunkers mit Schießscharten und vermeintlichen Hinweisen auf einen erheblich größeren unterirdischen Korpus prägt nach Auffassung des Senats die - durch die Gestaltung der Lichtaustrittsöffnungen kaum beeinträchtigte - deutlich "aus der Kugel geschnittene" harmonische Grundform des "oberirdischen" Teils den durch die Geschmacksmusterabbildungen hervorgerufenen Gesamteindruck.

Dass es technisch notwendig sein könnte, der Orientierung im Außenbereich dienende überrollbare Bodeneinbau-Leuchten gerade so - in der die Klagemuster charakterisierenden konsequenten Kugelsegmentform - und nicht anders zu gestalten, so dass daran jeder befristete Sonderrechtsschutz ausgeschlossen wäre, ist (auch unter Berücksichtigung der Entgegenhaltungen des Beklagten einschließlich seines Vorbringens zur späteren Entwicklung des einschlägigen Formenschatzes gemäß den Anlagen MBP 7, 9 und 10) weder dargetan noch ersichtlich. Da ein Geschmacksmusterschutz nur bei Formgestaltungen ausscheidet, die objektiv ausschließlich technisch bedingt sind, genügt es insoweit (anders als beim ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz) nicht, dass deren Gestaltungsmerkmale dem freizuhaltenden Stand der Technik angehören und unter Berücksichtigung des Gebrauchszwecks, der Verkäuflichkeit der Ware sowie der Verbrauchererwartung der angemessenen Lösung einer technischen Aufgabe dienen (BGH, GRUR 2005, 600 [603] = WRP 2005, 878 - Handtuchklemmen).

Soweit die Beklagte nach der Berufungsverhandlung mit ihren nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 22.08. und 12.09.2008 weiter zu den technischen Bedingungen der Formgestaltung ihrer eigenen Leuchten vorgetragen hat, folgt daraus für die Eigentümlichkeit der Klagemuster nichts anderes. Selbst wenn man ungeachtet der von der Beklagten dargestellten unterschiedlichen konstruktiven Möglichkeiten (Glasglocke oder transparenter Ring, Verwendung von Reflektorspiegeln oder Verzicht auf eine Spiegelwirkung, Leistung und Anordnung der Leuchtmittel), von denen die Parteien nach ihrem eigenen Vorbringen in unterschiedlicher Weise Gebrauch gemacht haben, zu Gunsten der Beklagten in Rechnung stellt, dass es für die technische Funktion derartiger Leuchten auf die räumliche Lage der Lichtquelle im Innern der Leuchte sowie im Hinblick auf Stabilität und statische Belastbarkeit außer auf Art und Stärke des verwendeten Materials auch auf die Form des Gehäuses ankommt, ergibt sich daraus nicht etwa, dass die schlichte Kugelsegmentform der Klagemuster in ihrer konkreten Ausgestaltung und Anmutung eine objektiv ausschließlich technisch bedingte Lösung darstellt, sondern nur, dass sich in ihr technische Funktion und ästhetische Wirkung in besonders geglückter Weise harmonisch verbinden, was in der Sache keinen technischen, sondern einen ästhetischen Vorteil darstellt (vgl. zur Abgrenzung BGH, GRUR 2008, 153 = WRP 2008, 241 [Tz. 31] - Dacheindeckungsplatten).

b) Dem nach alledem zu Gunsten der Klägerin in Bezug auf den jeweils oberen Teil der streitbefangenen Muster begründeten Geschmacksmusterschutz muss von Hause aus ein vergleichsweise großer Schutzumfang beigemessen werden. Denn der Schutzumfang eines Musters wird durch dessen Eigentümlichkeitsgrad bestimmt, ist also grundsätzlich um so größer, je mehr sich das Muster in eigenschöpferischer Weise von dem vorbekannten Formenschatz abhebt, während eine geringe Eigenart zu einem engen Schutzumfang führt (BGH, GRUR 1978, 168 [169] - Haushaltsschneidemaschine I; GRUR 1988, 369 [370] - Messergriff; GRUR 1996, 767 [769] - Holzstühle; GRUR 2004, 939 [940] - Klemmhebel; GRUR 2008, 153 [Tz. 26] - Dacheindeckungsplatten). Dass der Klägerin - wie auch die erhaltenen Designpreise belegen - mit ihren der Geschmacksmusteranmeldung vom 01.09.1989 zu Grunde liegenden überrollbaren Bodeneinbau-Leuchten eine bedeutende ästhetische Innovation gelungen ist, macht der Vergleich mit den vorbekannten S.-Leuchten auf eindrucksvolle Weise deutlich.

c) In diesen Schutzumfang der Klagegeschmacksmuster hat die Beklagte rechtsverletzend eingegriffen. Denn ihre beiden angegriffenen Leuchten Q. D1 und D 2 erwecken in ihrem oberen Teil unter Berücksichtigung des Grades der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers dieser Leuchten beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck als die selbständig geschützten oberen Bestandteile der Klagemuster (§ 38 Abs. 2 GeschmMG).

Dies kann der Senat ohne sachverständige Hilfe beurteilen (vgl. BGH, GRUR 2001, 503 [505] - Sitz-Liegemöbel; Eichmann / von Falckenstein, GeschmMG, 3. Aufl., § 42 Rn. 33 m.w.N.), wobei weder auf das besondere Erfahrungswissen eines Designfachmanns noch auf das undeutliche Erinnerungsbild eines Durchschnittsverbrauchers, sondern auf die Sicht eines potentiellen Abnehmers abzustellen ist, dem der Designbestand in der maßgeblichen Produktgruppe bekannt und in gewissem Maße gegenwärtig ist und der deshalb auch Unterschiede und Übereinstimmungen festzustellen vermag, die der Aufmerksamkeit eines gewöhnlichen Verbrauchers entgehen würden (vgl. OLG Hamburg, NJOZ 2007, 3055 - Handydesign; Eichmann / von Falckenstein, a.a.O., § 38 Rn. 24 m.w.N.). Entscheidend ist insoweit - wie schon das Landgericht im Ansatz zutreffend ausgeführt hat - die unmittelbare Gegenüberstellung der mit den Registerabbildungen offenbarten Mustergestaltung und der beanstandeten Erzeugnisse (nicht nur der in die Urteilsformel eingeblendeten Abbildungen dieser Erzeugnisse) sowie der sich daraus ergebende ästhetische Gesamteindruck. Dabei bestimmt sich die Betrachtungsweise nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Erzeugnisses, so dass kleinere Details der Gestaltung - die bei der Feststellung des Gesamteindrucks ohnehin regelmäßig in den Hintergrund treten werden - bei einem vom Betrachter nach seiner Zweckbestimmung räumlich entfernten Gegenstand (wie bei Beleuchtungskörpern für den Außenbereich) außer acht zu bleiben haben (BGH, GRUR 1961, 640 [542] - Straßenleuchte; GRUR 1981, 273 [275] - Leuchtenglas; zum Ganzen vgl. Eichmann / von Falckenstein, a.a.O., § 38 Rn. 27).

In den Schutzbereich eines Geschmacksmusters fällt damit nicht nur eine identische Nachbildung, sondern auch eine abhängige Bearbeitung, die mit dem geschützten Muster gerade in Bezug auf denjenigen Zusammenklang von konkreten ästhetischen Merkmalen übereinstimmt, der den schutzfähigen Inhalt des Musters darstellt (vgl. Senat, NJOZ 2003, 3311 [3314] - Kinderfahrradhelm; Eichmann / von Falckenstein, a.a.O., § 38 Rn. 26 und 38; jeweils m.w.N.).

aa) Bei den angegriffenen Leuchten ist dies der Fall, ohne dass sich die Beklagte darauf berufen könnte, bis zum Zeitpunkt der maßgeblichen Verletzungshandlung - nämlich bis zum Entwurf ihrer beanstandeten Erzeugnisse (vor deren Ausstellung bei der Messe im April 2006) - seien neben den Klagegeschmacksmusters weitere Gestaltungen offenbart worden, durch die ihre Gestaltungsfreiheit und damit (gemäß § 38 Abs. 2 S. 2 GeschmMG) der Schutzumfang der Klagemuster zusätzlich eingeengt worden sei (Eichmann / von Falckenstein, a.a.O., § 38, Rn. 28). Denn auf der Grundlage ihres eigenen Vorbringens sind solche den Schutzumfang der Klagemuster einengenden, daher von ihr darzulegenden (vgl. Eichmann / von Falckenstein, a.a.O., § 42, Rn. 30) Gestaltungen nicht feststellbar. Soweit sie mit den Anlagen MBP 7, 9 und 10 weitere - von ihr selbst und von dritten Mitbewerbern - am Markt angebotene Bodeneinbau-Leuchten angeführt hat, steht zum einen nicht fest, dass die Gestaltung dieser - im Internet seit dem 07.11.2006 angebotenen - Leuchten überhaupt schon vor April 2006 offenbart worden war. Zum anderen kommt zumal nach der von einem Mitbewerber am 30.10.2007 gegenüber der Klägerin abgegebenen Unterlassungserklärung (Anlage K 17, Bl. 216) auch in Betracht, dass es sich bei den angeführten Gestaltungen selbst um rechtsverletzende Benutzungen der Klagemuster handelt, was bei mehr oder weniger gleichzeitig auf den Markt kommenden Nachahmern schon im Ansatz nicht zu einer Entwertung des verletzten Schutzrechtes führen kann, weil dem Rechtsinhaber sonst jede Möglichkeit der rechtlichen Gegenwehr genommen würde (vgl. BGH, GRUR 2005, 600 [602] = WRP 2005, 878 - Handtuchklemmen; GRUR 2007, 984 = WRP 2007, 1455 [Rn. 27] - Gartenliege zur Berufung auf den Wegfall der wettbewerblichen Eigenart bei § 4 Nr. 9 UWG).

bb) Im Vergleich mit den Klagemustern erwecken die angegriffenen Leuchten aus der Sicht eines informierten Betrachters, der sie bestimmungsgemäß (nicht wie ein Mobiltelefon oder Schreibgerät aus nächster Nähe, sondern) aus einiger Entfernung wahrnimmt, keinen anderen Gesamteindruck.

Unterschiede bestehen allerdings insoweit, als sich die Leuchten der Beklagten in ihren Proportionen geringfügig flacher darstellen als die den Geschmacksmusterabbildungen entsprechenden Leuchten der Klägerin (tatsächlich dürfte das als Grundform dienende Kugelsegment bei den Leuchten C.X und XX etwa ein Drittel, bei den Nachfolgeerzeugnissen C. XXXX und X XXXX ebenso wie bei den Leuchten Q. D1 und C 2 nur etwa ein Viertel der vollen Kugel ausmachen - vgl. den mit der Klage vorgelegten Katalog 2004-2006 Teil 2 S. 27 einerseits, Anlage K 16, Bl. 208 d.A. andererseits). Auch sind die "Ausstanzungen" im Bereich der Lichtaustrittsöffnungen insoweit abweichend gestaltet, als das obere Gehäuse um wenige Millimeter in den Bereich der Lichtaustrittsöffnung hinein gezogen ist und die seitlichen vertikalen Begrenzungsflächen sich - im Vergleich mit den Geschmacksmusterabbildungen allerdings kaum erkennbar - etwas weiter öffnen, ohne dass der Senat hier einen entscheidenden ästhetischen Unterschied (wie zwischen "Panoramaterrasse" und "Bunker") festzustellen vermag. Weitere Unterschiede wie die bei den Beklagtenprodukten vorhandene Verschraubung vor der Lichtaustrittsöffnung und der in gleicher Farbe wie das Gehäuse gehaltene, in erhabenen Lettern ausgeführte Schriftzug "T." über einer von mehreren Lichtaustrittsöffnungen treten völlig in den Hintergrund. Nichts anderes gilt bei den angegriffenen Erzeugnissen (ob für die Leuchte Q D4 anderes gilt, war nicht zu beurteilen) auch für die nur durch eine winzige Materialerhöhung gebildete Verzierung auf der Oberfläche des Gehäuses in der Form einer stumpfen Parabel oberhalb der Lichtaustrittsöffnungen, die sich in deren seitlicher Begrenzung fortsetzt.

All diese - im ästhetischen Gesamteindruck letztlich marginalen - Unterschiede führen nicht dazu, dass sich die angegriffenen Leuchten der Beklagten hinreichend deutlich von den Klagemustern absetzen (zumal die angeführten konkurrierenden Gestaltungen Anlage K 10 insoweit durchweg einen größeren Abstand wahren). Übernommen worden sind von der Beklagten nämlich gerade die wesentlichen, eigentümlichkeitsbegründenden Gestaltungsmerkmale der Klagemuster: die ohne auffällige Verzierungen in schlichten, klaren Linien konsequent aus dem Kugelsegment entwickelte geometrisch harmonische Anmutung einer Leuchte mit von der Seite gesehen flach rechteckigen und etwa die Hälfte des Gehäuses (von oben gesehen etwa je ein Viertel des Kugelsegments) ausmachenden Lichtaustrittsöffnungen. Diese starke und im Gesamterscheinungsbild praktisch vollständige Annäherung an die den Klagemustern zu Grunde liegende Gestaltung kann - wie sich aus den Erwägungen zur Eigentümlichkeit der Klagemuster (oben zu lit. a bb Ziff. 2) ergibt - auch nicht etwa damit gerechtfertigt werden, dass die von der Beklagten gewählte Form eine dem freizuhaltenden Stand der Technik entsprechende angemessene Lösung der Aufgabe darstellt, eine stabile Bodeneinbau-Leuchte mit optimaler Lichtausbeute zu konstruieren. Die möglichen Kosten einer notwendigen Neukonstruktion hat die Beklagte insoweit dem Umstand zuzuschreiben, dass sie sich in ästhetischer Hinsicht nicht deutlich genug von den registrierten Geschmacksmustern der Klägerin abgesetzt hat.

2. War der Klägerin nach alledem ein aus ihren 1989 angemeldeten, in Kraft stehenden Geschmacksmustern folgendes Verbietungsrecht gegenüber den angegriffenen Leuchten der Beklagten nicht zu versagen, so stehen ihr auch die geltend gemachten Annexansprüche aus § 46 Abs. 1 und 2 GeschmMG und - da dieser in Bezug auf die Benutzung der Klagemuster wenigstens Fahrlässigkeit zur Last zu legen ist - aus § 42 Abs. 2 GeschmMG, § 242 BGB zu.

3. Ob die Klägerin im Streitfall auf Grund außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestands liegender Umstände auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche wegen unlauterer Nachahmung ihrer Produkte insbesondere unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung (§ 4 Nr. 9 lit. a UWG) geltend machen könnte, kann dahingestellt bleiben.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Sache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof. Es handelt sich vielmehr um eine maßgeblich auf tatrichterlichem Gebiet liegende Entscheidung im Einzelfall, so dass gemäß § 543 Abs. 2 ZPO kein Anlass bestand, die Revision zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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