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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 21.06.2002
Aktenzeichen: 6 U 47/02
Rechtsgebiete: EGBGB, UWG, ZPO, LMBG


Vorschriften:

EGBGB § 26 Ziff. 5
UWG § 25
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 542 Abs. 2
ZPO § 543 Abs. 1 a.F.
LMBG § 17 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 2. Alt.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 47/02

Anlage zum Verkündungsprotokoll vom 21.06.2002

Verkündet am 21.06.2002

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 15.5.2002 unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, Pietsch und von Hellfeld

für Recht erkannt:

Tenor:

1.) Die Berufung der Antragstellerin gegen das am 18.1.2002 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 194/01 - wird zurückgewiesen.

2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs.1 ZPO a.F. i.V. m. § 26 Ziff. 5 EGBGB abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, weil die Kammer im Ergebnis zu Recht die von der 31. Zivilkammer des Landgerichts durch Beschluss vom 19.10.2001 - 31 O 692/01 - erlassene einstweilige Verfügung auf den Widerspruch der Antragsgegnerin aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückgewiesen hat. Dem Antrag fehlt allerdings nicht die Dringlichkeit. Er ist aber nicht begründet, weil die behauptete Gefahr der Irreführung nicht glaubhaft gemacht ist.

A

Der Antrag ist zulässig, insbesondere besteht der Verfügungsgrund der Dringlichkeit. Diese wird gem. § 25 UWG vermutet und die Dringlichkeitsvermutung ist nicht widerlegt. Der Antrag ist - was die Antragsgegnerin und das Landgericht auch nicht in Zweifel ziehen - nach Bekanntwerden der erst im Oktober 2001 geschalteten Werbung in nicht dringlichkeitsschädlicher Frist gestellt worden.

Entgegen der Auffassung der Kammer steht der Dringlichkeit nicht entgegen, dass führende, die Verbrauchergewohnheiten auf dem Süßwarenmarkt erforschende Institute seit rund 10 Jahren in ihren veröffentlichten Statistiken und Tabellen Mischprodukte, die - wie das verfahrensgegenständliche C.-R. der Antragsgegnerin - neben reinen Lakritzstücken auch Süßwaren enthalten, die nur teilweise oder gar nicht aus Lakritz bestehen, den Lakritzprodukten zurechnen. Die Antragstellerin beanstandet eine konkrete Werbung, in der das Mischprodukt C.-R. den Lakritzprodukten zugerechnet worden ist. Dass die Antragsgegnerin eine derartige oder vergleichbare Werbung, in der C.-R. ebenfalls als Lakritzprodukten aufgeführt worden wäre, in der Vergangenheit bereits geschaltet hätte, ergibt sich aus ihrem Vortrag nicht. Aktenkundig ist jedenfalls keine Verlautbarung, in der die Antragsgegnerin ihr Produkt "C.-R." konkret als Lakritzprodukt auch beworben hätte. Eine solche liegt auch nicht darin, dass sie zur Erstellung der KVA-Analyse die Bildvorlagen zur Verfügung gestellt hat. Das ändert nämlich nichts daran, dass die Antragsgegnerin mit der verfahrensgegenständlichen Werbung erstmals in der Form nach außen aufgetreten ist, dass sie auch die Mischprodukte zu den Lakritzen zählt.

Vor diesem Hintergrund ist die Vermutung der Dringlichkeit nicht widerlegt. Es kann nämlich aus der Hinnahme der rein statistischen Zuordnung nicht entnommen werden, der Antragstellerin sei es bei der Verfolgung eines von ihr in der konkreten Werbung gesehenen Wettbewerbsverstoßes nicht eilig.

B

Der mithin zulässige Antrag ist nicht begründet. Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass die - allein - angesprochenen Fachkreise tatsächlich auf die beanstandete Weise im Sinne von § 17 Abs.1 Nr.5 Satz 1 2.Alt. LMBG irregeführt werden. Hierfür reicht es nicht aus, daß das Lebensmittel unrichtig bzw. in unzulässiger Weise bezeichnet wird, sondern es ist weiter erforderlich, daß die angesprochenen Verkehrskreise auf diese Weise auch tatsächlich Gefahr laufen, sich über die Eigenschaft von C.-R. zu täuschen. Das ist indes nicht glaubhaft gemacht.

Es entsteht zunächst nicht der Eindruck, bei C.-R. handele es sich um ein reines Lakritzprodukt. Die angesprochenen Fachverkäufer kennen zumindest ganz überwiegend das erfolgreiche Produkt "C.-R." der Antragsgegnerin und wissen, dass sich in der Tüte nicht ausschließlich reine Lakritzprodukte befinden. Eine Täuschung ist aber auch bezüglich der wenigen Fachverkäufer nicht glaubhaft gemacht, die das Produkt nicht oder hinsichtlich seiner Zusammensetzung nicht genau kennen. Denn die Werbung selbst macht deutlich, dass es sich nicht ausschließlich um Lakritz handelt. Auf dem Werbeblatt sind groß und deutlich die Produktverpackung und einzelne der in der Tüte angebotenen Süßwaren abgebildet. Schon auf der Abbildung der teils durchsichtigen Tüte ist aber leicht zu erkennen, dass in dem Beutel nicht ausschließlich Lakritzprodukte enthalten sind. Überdies handelt es sich bei keiner einzigen der neben der Tüte abgebildeten einzelnen Süßwaren um reines Lakritz und enthalten vier von ihnen ausweislich der bildlichen Darstellung sogar überhaupt kein Lakritz.

Ebenso ist nicht glaubhaft gemacht, daß die angesprochenen Fachkreise der Gefahr von Fehlvorstellungen über die in der Werbung dargestellten Umsatzzahlen unterliegen. Es ist nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragstellerin allerdings davon auszugehen, daß in die Prozentangabe in der mittleren gelben Säule ("H. + 4,4 %") auch die Umsatzzahlen von C.-R. eingeflossen sind. Damit ist das Mischprodukt C.-R. den Lakritzprodukten zugeordnet worden. Eine Irreführung liegt darin gleichwohl nicht, weil der angesprochene Fachverkäufer diese Zusammenhänge erkennt.

Die leicht zu verstehende Grafik erfasst mit der mittleren Säule zweifelsfrei alle Produkte der Antragsgegnerin, die Lakritz enthalten. Anhaltspunkte dafür, dass irgendein Lakritzprodukt der Antragsgegnerin ausgenommen sein könnte, enthält die Werbung nicht. Im Gegenteil macht die Darstellung einen Sinn sogar nur dahingehend, dass einerseits ein besonders erfolgreiches Produkt der Antragsgegnerin, nämlich C.-R., einzeln aufgeführt wird und andererseits daneben alle Produkte, die die Antragsgegnerin auf dem Lakritzmarkt anbietet, also einschließlich des zunächst isoliert herausgestellten C.-R., dargestellt sind. Es kommt hinzu, dass derartige Mischprodukte in der Branche tatsächlich üblicherweise den Lakritzprodukten zugeordnet werden. Diese Behauptung der Antragsgegnerin stellt die Antragstellerin nicht in Abrede, überdies räumt sie ausdrücklich ein, selbst ihr Mischprodukt "P." als Lakritzprodukt zu führen. Besteht indes eine Übung, mangels einer speziellen anderen Bezeichnung auch derartige Mischprodukte ungeachtet der von der Antragstellerin angeführten kennzeichenrechtlichen Vorschriften zu den Lakritzprodukten zu zählen, dann ist erst recht nicht glaubhaft gemacht, daß die angesprochenen Fachkreise die überdies klar und verständlich aufgemachte grafische Darstellung unrichtig verstehen könnten. Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin in diesem Zusammenhang darauf, daß der Einwand der unclean hands regelmäßig nicht mit Erfolg geltendgemacht werden könne. Der Antrag ist nicht deswegen unbegründet, weil die Antragstellerin selbst so verfährt, sondern u.a. deswegen, weil - wovon jedenfalls nach dem Sach- und Streitstand des vorliegenden Eilverfahrens auszugehen ist - die Branche, und zwar auch die Antragstellerin selbst, üblicherweise Mischprodukte zu den Lakritzprodukten zählt und deswegen die angesprochenen Fachverkäufer nicht in die Irre geführt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.

Das Urteil ist gemäß § 542 Abs.2 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.

Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 250.000 €

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