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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 07.08.2002
Aktenzeichen: 6 U 70/02
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 70/02

Verkündet am 07.08.2002

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07.08.2002 unter Mitwirkung seiner Mitlieder Dr. Schwippert, Pietsch und Schütze

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung wird das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 14.03.2002 (84 O 160/01) abgeändert.

Die einstweilige Verfügung der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 12. November 2001 (33 O 367/01) wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfügungsverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die formell einwandfreie, insgesamt zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin führt zu der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Der Antragstellerin steht der in der darin bestätigten Beschlussverfügung titulierte, gegen den Gebrauch der Bezeichnung "R-Aktie" für Wertpapiere gerichtete Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerin nicht zu.

I.

Auf die zu ihren Gunsten mit Priorität zum 04.05.2000 u.a. für "Druckereierzeugnisse;....Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; ...Finanzanalysen; Vermittlung von Vermögensanlagen in Fonds..." eingetragene Wortmarke "R-Aktie" ... kann die Antragstellerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht stützen.

Die Voraussetzungen der hier allein in Betracht zu ziehenden markenrechtlichen Unterlassungstatbestände des § 14 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG liegen nicht vor.

Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist es Dritten untersagt, ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt. Das von der Antragsgegnerin benutzte Zeichen ist zwar mit der Marke der Antragstellerin identisch. Indessen benutzt die Antragsgegnerin es überhaupt nicht für Waren oder Dienstleistungen i. S. der erwähnten markenrechtlichen Bestimmung. Aus diesem Grund scheitert ebenfalls ein Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Denn auch der danach vorauszusetzende Verletzungstatbestand der Verwechslungsgefahr erfordert, dass der Verletzer das beanstandete, mit der Marke identische oder ihr ähnliche Zeichen in bezug auf Waren oder Dienstleistungen verwendet. Im Streitfall nutzt die Antragsgegnerin das in Frage stehende Zeichen "R-Aktie" indessen weder zur Bezeichnung einer Dienstleistung noch für eine Ware.

1.

Unter einer dem Markenschutz zugänglichen "Dienstleistung" ist die Erbringung von Diensten zu verstehen; es handelt sich dabei um wirtschaftliche Tätigkeiten, die am Markt für andere erbracht werden, ohne Herstellung oder Vertrieb von Waren zu sein (vgl. BPatG GRUR 1998, 397/398 -"SUMMIT"-; BGH GRUR 1986, 893/894 "STELZER MOTOR"-; Fezer, a.a.O., § 3 Rdn. 123). So liegt der Fall hier nicht. Die Antragsgegnerin verwendet das Zeichen "R-Aktie" zur Bezeichnung der von ihr zum Zwecke der Kapitalbeschaffung für ihre Gesellschaft emittierten und an der Börse platzierten Aktien. Zwar kann die Emission von Aktien und/oder deren Platzierung an der Börse als Dienstleistung betrieben werden, wenn es sich dabei z.B. um eine von Fachleuten (Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer u.ä.) für die betroffenen Unternehmen entfaltete Tätigkeit handelt. Aus der Sicht des die Aktien zum Zwecke der Kapitalbeschaffung herausgebenden Unternehmens selbst handelt es sich jedoch nicht um eine dem Markenschutz unterfallende Dienstleistung im vorbezeichneten Sinne, sondern um eine ausschließlich im eigenen Interesse durchgeführte Maßnahme unternehmerischen Handelns, welches die eigentliche wirtschaftliche Betätigung des Unternehmens im Rahmen seines Geschäftsgegenstandes ermöglichen, zumindest fördern soll (vgl. auch OLG Frankfurt am Main GRUR 2000, 517/518 -"Jost"-). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass diese Aktien anderen zum Erwerb als Vermögensanlage angeboten werden. Hierbei handelt es sich nicht um eine als unternehmerische Betätigung gegenüber Dritten erbrachte selbständige Dienstleistung beispielsweise des Finanzwesens oder der Vermittlung von Vermögensanlagen, sondern um die den Zweck der Aktienemission erst realisierende Beschaffung des Grundkapitals. Aus diesem Grund vermag der in der Berufung in den Vordergrund der Argumentation gestellte Standpunkt der Antragstellerin nicht zu überzeugen, die Antragsgegnerin erbringe mit dem Bemühen, Interessenten für die Kapitalanlage in Aktien ihres Betriebs zu werben, eine Dienstleistung im Bereich des Finanzwesens. Das werbliche Bemühen des emittierenden Unternehmens um Abnehmer seiner Aktien ist nicht Gegenstand eines für Dritte erbrachten oder zu erbringenden Dienstes.

Ist die von der Antragsgegnerin vorgenommene Emission und/oder Platzierung von Aktien aus den dargestellten Gründen schon nicht als "Dienstleistung" i.S. der oben genannten markenrechtlichen Bestimmungen einzuordnen, so scheitert der Unterlassungsanspruch der Antragstellerin weiter aber auch jedenfalls deshalb, weil die Antragsgegnerin das Zeichen "R-Aktie" nicht zur Kennzeichnung von in bezug auf die Ausgabe und/oder Platzierung ihrer Aktien entfalteten Dienste oder des werblichen Bemühens um Abnehmer dieser Aktien gebraucht, sondern damit den Gegenstandes der Emission selbst, konkret ihre Aktien bezeichnet hat.

2.

Auch insoweit liegt jedoch keine nach Maßgabe der Verletzungstatbestände der §§ 14 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG relevante Benutzungshandlung vor. Denn die Aktien der Beklagten sind nicht als "Waren" i.S. dieser Bestimmungen anzusehen. "Waren" im markenrechtlichen Sinne sind körperliche Erzeugnisse, die Gegenstand des Handelsverkehrs sein können (vgl. Fezer, Markenrecht, 3. Auflage, § 3 Rdn. 111 f; 115 m.w.N.). Nach dieser Definition verbietet es sich, Wertpapiere markenrechtlich als "Waren" einzuordnen (vgl. Fezer, a.a.O., Rdn. 116). Sie können zwar - beispielsweise wenn sie aus Gründen ihrer graphischen Gestaltung oder aus historischem Interesse als Sammlerobjekte begehrt sind - als körperliche Objekte selbst Gegenstand des Handels sein. Ein solcher Fall liegt hier indessen nicht vor. Vorliegend geht es um die Verwendung der Bezeichnung für ein Wertpapier in seiner üblichen Funktion, die in der Verbriefung eines Rechts - bei der Aktie konkret der Beteiligung am Grundkapital einer AG (oder KGaA) bzw. der insoweit erworbenen Rechte - besteht. Diese "Verbriefung" liegt zwar in schriftlicher, in aller Regel gedruckter Form vor. Soweit die Aktie als Wertpapier gehandelt wird, ist sie indessen nicht als körperliches Objekt Gegenstand des Handelsverkehrs. Handelsobjekt ist vielmehr das in ihr verkörperte Recht - bei Aktien der Kapitalanteil bzw. das verbriefte Recht, welches durch Übernahme eines Anteils am Grundkapital erworben worden ist. In eben diesem Sinne hat die Antragsgegnerin die Bezeichnung "R-Aktie" in bezug auf ihre Aktien gebraucht, so dass es sich nicht um die Zeichenbenutzung für eine "Ware" handelt.

II.

Das geltend gemachte Unterlassungsbegehren ist schließlich auch nicht aus wettbewerbsrechtlichen Aspekten - etwa wegen einer vermeintlichen Behinderung durch Kennzeichenübernahme - zuzusprechen. Unabhängig von den mit Blick auf die zeitlich frühere Benutzung des Zeichens durch die Antragsgegnerin in hohem Maß zweifelhaften sachlichen Erfolgsaussichten eines solchen Petitums, hat die Antragstellerin ihr Unterlassungsbegehren nicht hierauf gestützt. Die Antragstellerin hat zwar eingangs ihrer Antragsschrift (vgl. Bl. 1 d.A.) angegeben, dass der Antrag "...wegen Unterlassung von Verstößen gegen das MarkenG und gegen den unlauteren Wettbewerb..." eingereicht wird. Weder in der nachfolgenden Begründung in der Antragsschrift noch in den weiteren Schriftsätzen der Antragstellerin ist jedoch ausgeführt, dass und inwiefern sie auch aus dem UWG vorgehen will und welchen insoweit maßgeblichen Aspekt sie in dem Handeln der Antragsgegnerin verwirklicht sieht.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Gemäß § 542 Abs. 2 ZPO ist das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig.

Ende der Entscheidung

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