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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 05.07.2000
Aktenzeichen: 6 W 48/00
Rechtsgebiete: ZPO, UWG


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 545 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
UWG § 1
UWG § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 W 48/00 31 O 307/00 (LG Köln)

Anlage zum Protokoll vom 05.07.2000

Verkündet am 05.07.2000

Berghaus, JS z.A. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

pp.

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.06.2000 unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, Pietsch und Schütze

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 26.04.2000 - 31 O 307/00 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die gegen die Ablehnung der von ihr beantragten einstweiligen Verfügung gerichtete (einfache) Beschwerde der Antragstellerin ist zwar statthaft und insgesamt zulässig (§§ 567 ff ZPO). In der Sache bleibt der Rechtsbehelf indessen ohne Erfolg, wobei diese Entscheidung des Senats nach der von ihm durchgeführten mündlichen Verhandlung durch nach Maßgabe von § 545 Abs. 2 ZPO unanfechtbares Endurteil zu ergehen hat (vgl. OLG Koblenz NJW RR 1993, 697; OLG Zweibrücken FamRZ 1985, 928; Zöller-Vollkommer, ZPO, 21. Auflage, Rdn. 14 zu § 922; Heinze in Münchener Kommentar, ZPO, Rdn. 9 zu § 922; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 58. Auflage 2000, Rdn. 25 zu § 922).

Zu Recht hat das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss den Erlaß der von der Antragstellerin begehrten einstweiligen Verfügung abgelehnt. Der Verfügungsantrag der Antragstellerin ist - auch soweit sie diesen in ihrer Beschwerdeschrift sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat umstrukturiert und umformuliert hat - unbegründet. Der Antragstellerin steht der gegen die beanstandete Hörfunkwerbung der Antragsgegnerin unter den Gesichtspunkten der unzulässigen vergleichenden Werbung und/oder der Alleinstellungsbehauptung geltend gemachte wettbewerbliche Verfügungsanspruch weder aus § 1 UWG noch aus § 3 UWG zu.

I. Mit dem auf den Aspekt der vergleichenden Werbung gestützten Unterlassungsbegehren vermag die Antragstellerin nicht durchzudringen. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob - wie dies das Landgericht in dem erstinstanzlichen Beschluss angenommen hat - allein der Umstand, dass eine vergleichende Werbung nicht die in Artikel 3 a Abs. 1 der Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06.10.1997 genannten Zulässigkeitskriterien erfüllt, für sich genommen nicht ausreicht, um den Vorwurf der Wettbewerbswidrigkeit begründen zu können, oder ob bereits die Nichterfüllung der in der genannten Richtlinie erwähnten Zulässigkeitsbedingungen per se die Wettbewerbswidrigkeit indiziert. Das ist hier deshalb nicht von streitentscheidender Bedeutung, weil die in Rede stehende Hörfunkwerbung der Antragsgegnerin jedenfalls nicht die Voraussetzungen eines den Maßstäben der §§ 1, 3 UWG unterworfenen Werbevergleichs erfüllt.

1. Vergleichende Werbung ist jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die Erzeugnisse oder Dienstleistungen, die von einem Mitbewerber angeboten werden, erkennbar macht. Im Rahmen des Irreführungstatbestandes des § 3 UWG ist indessen über die erwähnte Erkennbarkeit eines oder mehrerer Mitbewerber und/oder deren Angebot hinaus weiter vorauszusetzen, dass der angesprochenen Verkehr, auf dessen Verständnis es entscheidend ankommt, der Werbung eine "Angabe" über geschäftliche Verhältnisse, konkret eine nachprüfbare Aussage entnimmt, mit welcher der werbende Unternehmer sein Unternehmen oder Angebot in einen objektiv nachvollziehbaren Bezug zu dem konkurrierenden Umfeld setzt (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Auflage, Rdn. 12/13 zu § 3 UWG). Das aber ist bei solchen Aussagen nicht der Fall, die erkennbar als nicht ernstgemeinte Übertreibungen oder offenkundig scherzhafte Wendungen angeblich vorteilhafte Eigenschaften des beworbenen Produkts im Verhältnis gegenüber anderen Produkten hervorheben (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Auflage, Rdn. 14 ff -m.w.N.). Die angesprochenen Werbeadressaten messen einer solchen Werbeaussage keine Aussagekraft in bezug auf - selbst erkennbar gemachte - Wettbewerber bzw. deren Angebote zu, so daß in Wirklichkeit aus der Sicht des Verkehrs keine inhaltlich überprüfbare Aussage über geschäftliche Verhältnisse irgendwelcher Art, mithin kein als Werbevergleich dem Anwendungsbereich des § 3 UWG unterfallende "Angabe" vorliegt. So liegt der Fall hier:

Nach dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat durch mehrfaches Anhören der Bandmitschnitte der streitbefangenen Rundfunkwerbung, wie sie aus den Mitschriften Bl. 17 (oben) und Bl. 18 (unten) d.A. ersichtlich ist, gewonnenen persönlichen Eindruck handelt es sich bei den in diese Werbung eingestellten Aussagen, die nach Ansicht der Antragstellerin gerade den vergleichenden Effekt bewirken sollen ("Faszinierend dieser Unterschied"; "Was für ein Unterschied"; "Ein Riesenunterschied"; "Unglaublich - dazwischen liegen Welten") um ganz offenkundig von Ironie getragene Überzeichnungen, mit denen letztlich auf die Unmöglichkeit hingewiesen werden soll, den angeblich unterschiedlichen Geschmack eines Bieres anhand akustischer Signale festzustellen. Denn diese akustischen Signale, anhand deren sich das beworbene Bier der Antragsgegnerin unterscheiden und positiv von einem Konkurrenzprodukt abheben soll, ist bei beiden Bieren in jeder Hinsicht identisch. Vor diesem Hintergrund steht der verbale Hinweis auf den angeblichen Unterschied bzw. "Riesenunterschied" in ganz offenkundigem Widerspruch zu den erwähnten Geräuschen, was den unverkennbar scherzhaften und nicht ernstgemeinten Charakter der sprachlichen, auf den Unterschied beider Produkte hinweisenden Werbeaussagen ergibt. Wird aber der "vergleichende" Effekt der streitbefangenen Werbung gerade - wie dargestellt - durch Wendungen ironisch übertreibenden Charakters hervorgerufen, so liegt kein durch "Angaben" über geschäftliche Verhältnisse i.S. des Irreführungstatbestandes § 3 UWG bewirkter Werbevergleich vor, so dass die Antragstellerin ihr Unterlassungsbegehren auf diese Vorschrift nicht zu gründen vermag. Selbst wenn man aber in den erwähnten Aussagen eine dem Anwendungsbereich des § 3 UWG unterfallende "Angabe" sehen will, so führen diese vor dem erwähnten humoristisch übertreibenden und ironischen Charakter jedenfalls nicht zu einer Irreführung des Verkehrs, dem die Mitglieder des erkennenden Senats ebenso wie diejenigen der erstinstanzlich entscheidenden Kammer zugehörig sind. Denn der Verkehr wird die in Frage stehende Werbung angesichts ihres unverkennbar scherzhaft übertreibenden Charakters nicht wörtlich, sondern ebenso "unernst" nehmen, und daher durch sie nicht zu (Fehl-) Vorstellungen über das solcherart beworbene Produkt veranlasst werden.

2. Aus dem genannten Grund stellt sich die Werbung auch nicht etwa als eine nach den Maßstäben des § 1 UWG unlautere vergleichende Werbung dar. Da der scherzhafte Charakter der verfahrensbefangenen Hörfunkwerbung - soweit sie mit den vorerwähnten akustischen Signalen und sprachlichen Wendungen auf einen Unterschied der Biere hinweist - unverkennbar ist, versteht der Verkehr sie weder als Verunglimpfung, noch als sonstige Herabsetzung des anderen, mit dem Produkt der Antragsgegnerin verglichenen alkoholfreien Bier.

II. Der Antragstellerin ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aber auch nicht unter dem Aspekt einer unzulässigen Alleinstellungsbehauptung aus § 3 UWG zuzuerkennen, weil die Antragsgegnerin mit den in der Rundfunkwerbung enthaltenen Formulierungen "Es heißt ja, B. alkoholfrei ist das, das am besten schmeckt" und "B. alkoholfrei - Testen Sie vom Besten" für ihr Bier in geschmacklicher Hinsicht die Spitzenstellung unter den alkoholfreien Bieren in Anspruch nehme. Die Verbraucher sind in der Bierwerbung an die Benutzung von Superlativen gewöhnt, wie dies die Mitglieder des erkennenden Senats als von der Werbung ebenfalls angesprochene Verbraucher aus eigener Anschauung beurteilen können (vgl.schon OLG Köln GRUR 1983, 135/136 -"König-Pilsener"-; Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Rdn. 79 zu § 3 UWG). Vor dem Hintergrund dieser dem Verbraucher im Bereich der Bierwerbung vertrauten Werbetradition scheint es aber fernliegend, dass der Verkehr aufgrund der hier zu beurteilenden Werbeaussagen die Vorstellung entwickelt, das beworbene alkoholfreie Bier zeichne unter seinesgleichen objektiv der beste Geschmack aus. Das gilt namentlich auch deshalb, weil nach dem Verständnis der von der Werbung angesprochenen Adressaten die Einordnung des Geschmacks eines Bieres von individuell divergierenden Kriterien abhängt, so dass es schon an der Vorstellung fehlt, es gebe einen objektiven Maßstab für die Einordnung des Geschmacks eines Bieres. Spricht nach diesen Maßstäben aber alles dagegen, daß der Verkehr der Werbung eine Alleinstellungsbehauptung in bezug auf den Geschmack des beworbenen alkoholfreien Bieres entnimmt, wäre es Sache der Antragstellerin gewesen, Gründe vorzutragen, daß hier ausnahmsweise dennoch ein mehr als nur unbeachtlicher Teil des angesprochenen Verkehrs den fraglichen Werbeaussagen die Behauptung entnimmt, das alkoholfreie Bier der Antragsgegnerin stehe in Bezug auf seinen Geschmack allein an der Spitze. Derartige konkrete Anhaltspunkte, dass ein erheblicher Teil der Werbeadressaten die Werbeaussagen in diesem Sinne verstehe, hat die Antragstellerin indessen nicht vorgebracht. Sie trifft dabei auch die Darlegungslast für diesen die Wirkung der Werbeanzeige auf den Verkehr betreffenden Umstand, für dessen Beurteilung es nicht etwa auf interne Geschäftsvorgänge im Betrieb der Antragsgegnerin ankommt.

Da die Antragstellerin mit ihrem auf den Gesichtspunkt der unzulässigen Alleinstellungsbehauptung gestützen Unterlassungsbegehren bereits aus dem dargestellten Grund nicht durchzudringen vermag, kann es schließlich offenbleiben, ob sie - wie das allerdings aus der Antragsschrift (dort S. 10 = Bl. 10 d.A.) hervorgeht - diesen Unlauterkeitsaspekt bereits in der Antragsschrift geltend gemacht hat und ihr daher insoweit der Verfügungsgrund der Dringlichkeit zur Seite steht.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO analog.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 500.000,00 DM

Ende der Entscheidung

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