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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 24.02.2005
Aktenzeichen: 7 U 118/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 249 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 28.07.2004 - 4 O 167/03 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Das Verfahren betrifft die Schadensabwicklung nach einem Verkehrsunfallereignis am 15.04.2003 in B. auf der Kreuzung L. Straße/F. weg/Q. Ring mit den daraus resultierenden wechselseitigen Ersatzansprüchen der Parteien. Gegenstand des Berufungsverfahren sind auf die Berufung des beklagten Landes hin allein nur noch die durch das insoweit angefochtene Urteil nicht zuerkannte Nutzungsausfallentschädigung und die bei der Schadensberechnung betreffend den Wiederbeschaffungswert in Abzug gebrachte Umsatzsteuer für das bei dem Unfall beschädigte Polizeifahrzeug.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten erst- und zweitinstanzlichen Schriftsätze nebst den dazu überreichten Anlagen und das angefochtene Urteil Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des beklagten Landes ist unbegründet, denn hinsichtlich der allein noch den Gegenstand des Berufungsverfahrens darstellenden beiden Schadenspositionen - Umsatzsteuer und Nutzungsausfallentschädigung - ist die Widerklage des Landes nicht begründet. Im Einzelnen ist hierzu auszuführen:

Umsatzsteuer

Insoweit ist die Widerklage gemäß § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB unbegründet, da danach Umsatzsteuer nur ersatzfähig ist, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Unstreitig und auch nach der nunmehrigen Erklärung der Prozessbevollmächtigten des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung vom 20.01.2005 ist es bisher nicht zu einer Ersatzbeschaffung gekommen, weshalb Umsatzsteuer nicht angefallen sein kann.

Soweit sich das beklagte Land in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung OLG Köln DAR 2004, 148 beruft, liegt dieser Hinweis neben der Sache. Das Land trägt selbst vor, dass - jedenfalls für das Land - es für (gebrauchte) Polizeifahrzeuge keinen Gebrauchtwagenmarkt gebe; Anschaffungen vom Land werden immer nur im Wege des Neufahrzeugkaufs oder -leasing getätigt. Die in der genannten Entscheidung erörterte Frage ist somit für das vorliegenden Verfahren nicht relevant.

Bei Neu-Ersatzbeschaffung ist, da das Land nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist, gemäß § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB die Umsatzsteuer - allerdings nur hinsichtlich der Höhe des Bruttowiederbeschaffungswertes - ersatzfähig, weshalb die Klage nur derzeit unbegründet ist; zur entsprechenden Nachforderungsbefugnis vgl. BGH NJW 2004, 1943. Der vom beklagten Land vorgetragenen Ansicht, aus Gründen der Prozessökonomie könne und müsse dieser Umsatzsteueranteil auch jetzt schon zuerkannt werden, da es sich um den Sonderfall eines Behördenschadens handele, vermag der Senat nicht zu folgen. Zu Recht wenden die Widerbeklagten insoweit ein, dass ein solches Sonderrecht für Behörden angesichts der allgemeinen und für Behörden keine Ausnahme zulassenden Regelung in § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht in Betracht kommen kann. Zudem ist es eben entgegen der Ansicht des Landes auch nicht zweifelsfrei, dass wirklich für das hier konkret beschädigte Fahrzeug Ersatz angeschafft wird. Angesichts der allgemeinen Finanzlage des Landes besteht durchaus auch die Möglichkeit, dass die Entscheidungsträger zu dem Ergebnis gelangen, das Polizeipräsidium B. verfüge ohnehin über genügend Fahrzeuge und eine Ersatzbeschaffung sei nicht nötig, oder aber dass jedenfalls für das hier fragliche Fahrzeug eine Ersatzbeschaffung unterbleibt.

Nutzungsausfallentschädigung

In der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 1985, 2471) war ausgeführt, dass eine Nutzungsentschädigung nicht nur für private Kraftfahrzeuge, sondern eine solche Entschädigung für zeitweise entzogene Gebrauchsvorteile durchaus auch nach der Beschädigung von Behördenfahrzeugen oder Fahrzeugen gemeinnütziger Einrichtungen in Betracht komme, falls die Voraussetzungen im Übrigen vorliegen würden. Seit einer späteren Entscheidung des Großen Senats (BGH NJW 1987, 50) wird die Frage, ob für Behördenfahrzeuge eine solche Nutzungsausfallentschädigung noch gewährt werden könne, in der jüngeren Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt, wobei sich beide Auffassungen auf die genannte Entscheidung des Großen Senats berufen (bejahend OLG München NZV 1990, 348; VGH BW NWvZ 2001, 344; verneinend OLG Hamm NJW-RR 2004, 1094; jeweils m.w.N. zum Stand der Meinungen). Die Befürworter einer Entschädigung knüpfen deren Gewährung jedoch jedenfalls an die Voraussetzung, dass es zu einer spürbaren Beeinträchtigung des Dienstbetriebes gekommen sein muss.

Welcher Ansicht zu folgen ist, kann hier offen bleiben. Denn die Gewährung einer Nutzungsausfallentschädigung für das streitgegenständliche Behördenfahrzeug kommt im vorliegenden Fall schon aus folgenden Gründen nicht in Betracht:

Bei Privatfahrzeugen wird eine Nutzungsausfallentschädigung gewährt im Falle der fühlbaren (wirtschaftlichen) Beeinträchtigung durch den Entzug des für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung vorgehaltenen Fahrzeugs, bei gewerblichen Fahrzeugen in Form des durch den Entzug entgangenen Gewinns. Beides kommt bei einem Behördenfahrzeug qua natur der Sache nicht in Betracht. Es kann jedoch nicht verkannt werden, dass auch eine Behörde entsprechende Einbußen erleidet, soweit sie auf den Gebrauch eines Fahrzeuges zur Erfüllung ihrer Aufgaben angewiesen ist; teilweise dürften die Beeinträchtigungen sogar schwerwiegender sein als etwa bei Privatleuten. Benötigt eine Behörde ein Fahrzeug für ihren Dienstbetrieb, wird sie im Falle des Entzugs in ihrer Aufgabenerfüllung gestört und im Regelfall genötigt, die daraus resultierenden Beeinträchtigungen zu kompensieren, falls nicht entsprechende Ersatzfahrzeuge vorgehalten werden.

Insoweit mag manches dafür sprechen, eine Nutzungsausfallentschädigung anzuerkennen, wenn es - vergleichbar wie bei privat und gewerblich genutzten Fahrzeugen - zu spür- und fühlbaren Beeinträchtigungen des Dienstbetriebs kommt, weil ein dafür sonst eingesetztes Fahrzeug beschädigt wurde. Zu diesen Beeinträchtigungen ist jedoch zu verlangen (vgl. dazu auch VGH BW a.a.O.), dass diese einen zusätzlichen Arbeits- und Verwaltungsaufwand oberhalb der Schwelle der Unerheblichkeit verursachen, und dass diese spürbaren Beeinträchtigungen des Dienstbetriebs vor allem konkret dargelegt und im Zweifel auch nachgewiesen werden müssen.

Daran fehlt es im vorliegenden Fall, denn der ohne jede nähere Darlegung, lediglich ganz pauschale Vortrag des Landes, dass das Fahrzeug ohne Beschädigung eingesetzt worden wäre und die polizeilichen Aufgaben nur unter erschwerten Bedingungen bzw. Einschränkungen hätten durchgeführt werden können, ist nicht geeignet, eine ''fühlbare'' Beeinträchtigung des Dienstbetriebs konkret durch die eingetretene Nutzungseinbuße an dem Unfallfahrzeug erkennen zu lassen. Dies gilt insbesondere angesichts der Tatsache, dass eine Nutzungsausfallentschädigung hier nur für zwei Wochen geltend gemacht wird, obwohl bis heute noch kein Ersatzfahrzeug angeschafft wurde.

III.

Die prozessualen Nebenfolgen bestimmen sich nach § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer für das beklagte Land: 790,66 € ( die - inzwischen auch korrigierte - Abrechnung S. 9 der Berufungsbegründung auf 1.280,31 € war und ist belanglos, da sie auf einem offenkundigen Versehen beruhte).

Ende der Entscheidung

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