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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 03.03.2005
Aktenzeichen: 7 U 132/04
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 12.08.2004 - 5 O 87/04 - wird die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abgewiesen.

Die Kosten des Rechtstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt aus übergegangenem Recht Schadensersatz betreffend ein bei ihr krankenversichertes Mitglied - den Zeugen K I -, welcher sich bei einem Sturz auf Glatteis am 17.12.2000 gegen 11.00 Uhr auf einer Holzbrücke einen Armbruch zuzog. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, weil die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt habe. Wegen der Gründe und aller weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Die Beklagte verfolgt mit der Berufung ihr Ziel der Klageabweisung weiter mit der Begründung, sie habe die ihr obliegende Streupflicht nicht schuldhaft verletzt. Sie beantragt,

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, und tritt der Auffassung der Beklagten im Einzelnen entgegen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten erst- und zweitinstanzlichen Schriftsätze nebst den dazu überreichten Anlagen sowie das angefochtene Urteil Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet, denn von einer schuldhaften Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten kann nicht ausgegangen werden, weshalb die Klage abzuweisen war.

Der Verkehrssicherungs- bzw. Streupflichtige darf sich, wenn die meteorologischen Verhältnisse eine Glatteisbildung nicht dringlich nahe legen, mit der Prüfung neuralgischer Punkte begnügen, da eine flächendeckende Kontrolle bei nur entfernt möglicher Glatteisbildung unzumutbar ist. Zu den insoweit zu berücksichtigenden Wetterverhältnissen gehören neben der Temperatur auch die Luft- und Bodenfeuchtigkeitsbedingungen.

Unstreitig herrschte am Unfalltag, dem 17.12.2000, bis zu dem streitgegenständlichen Unfallereignis keine allgemeine Straßenglätte, und hat die Beklagte dementsprechend an keiner Stelle des Stadtgebietes Abstreuungen vorgenommen. Dies entspricht auch den Angaben des Zeugen I, der während seines Spaziergangs "bei schönem Wetter" auf einer Wegstrecke von ca. zwei Kilometern keinerlei Glätte auf Wegen festgestellt hatte; sämtliche Wege seien völlig glättefrei und normal begehbar gewesen. Es handelte sich bei der hier fraglichen Unfallstelle auf der Brücke somit um eine vereinzelte Glatteisstelle; nach den Angaben des Zeugen I war auch die Brücke selbst im Übrigen glättefrei. Weiterhin ist unstreitig, dass die Beklagte am Morgen des Unfalltages die Brücken über die B 229 ohne jeden Glättebefund kontrolliert hatte.

Ausweislich des von der Beklagten geführten Streubuchs legten die meteorologischen Verhältnisse eine Glatteisbildung auch nicht nahe. Am Unfalltag war es den ganzen Tag über ohne Niederschlag leicht bewölkt; am Morgen herrschten -10 und am Mittag +/-00. Feuchtigkeit mit der bei diesen Temperaturen relativ geringen Gefahr von Glättebildung konnte also nur vom Vortag stammen. An dem Vortag herrschte um 6.00 Uhr bei +/-00 leichter Schneefall, um 12.00 Uhr bei +10 ebenfalls leichter Schneefall und um 18.00 Uhr war es bei +20 bewölkt. Mithin hatte es seit mindestens 17 Stunden vom 16.12.2000, 18.00 Uhr, bis zum Unfallereignis am 17.12.2000 um 11.00 Uhr keinen Niederschlag gegeben; nach dem am Vortag vorangegangenen leichten Schneefall waren die Temperaturen zunächst geringfügig angestiegen.

Angesichts dieser Umstände ist die Frage, ob die hier in Rede stehende Holzbrücke zur fraglichen Zeit ein neuralgischer Punkt war und am Morgen des 17.12.2000 hätte gesondert kontrolliert werden müssen, obwohl die Brücken über die B 229 glatteisfrei waren, zu verneinen. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass eine Holzbrücke wie die streitgegenständliche eine höhere Glätteanfälligkeit aufweisen mag, da sich dort Feuchtigkeit mit der Gefahr einer Eisbildung länger hält als etwa auf Asphalt-, Stein- oder Betonbelag. Andererseits verläuft die fragliche Holzbrücke ausweislich der vorgelegten Fotos nahezu höhengleich mit der danebenliegenden Straße und nur in relativ geringer Höhe über dem Erdboden, wohingegen die von der Beklagten kontrollierten Brücken über die B 229 führen, also mit einem ungleich größeren Abstand vom Boden. Gerade wegen ihrer hinsichtlich der Wetterverhältnisse exponierten Lage sind solche Brücken besonders glatteisgefährdet, da insbesondere durch Wind die Temperaturverhältnisse anders sein können als bei ebenerdigen Straßen und Wegen, und Brückenbauwerke - insbesondere solche aus Stein und Beton - schneller auskühlen. Es war daher zumindest vertretbar, dass sich die Beklagte auf die Prüfung und Kontrolle der über die B 229 führenden Brücken beschränkt, und die wegen der baulichen Situation weniger exponierte Lage der Holzbrücke nicht gesondert überprüft hat, ohne dass es auf die von der Beklagten dazu behaupteten Erfahrungswerte ankommt. Denn es sind jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass ihr Glatteisbildung auf der hier in Rede stehenden Holzbrücke bei vergleichbaren Witterungsverhältnissen bekannt war oder sie jedenfalls damit rechnen musste. Dies gilt insbesondere angesichts des Umstandes, dass es sich auch nach den Angaben des Zeugen I auf der Brücke selbst lediglich um eine vereinzelte Glatteisstelle bei im Übrigen glättefreier Brücke handelte, mithin für diese eine Stelle auch zufällige Bedingungen und Umstände für die Glatteisbildung nicht auszuschließen sind.

III.

Die prozessualen Nebenfolgen bestimmen sich nach § 91 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer für die Klägerin: 3.154,25 Euro

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