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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 02.06.2005
Aktenzeichen: 7 U 29/04
Rechtsgebiete: EG-Vertrag


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 28
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 U 29/04

Anlage zum Protokoll vom 02.06.2005

Verkündet am 02.06.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 28. Oktober 2004

durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Prior, die Richterin am Oberlandesgericht Zakosek-Röhling und den Richter am Oberlandesgericht Ring

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 30.01.2004 - 1 O 459/00 - wird unter teilweiser Abänderung dieses Urteils der Klageanspruch dem Grunde nach insgesamt für gerechtfertigt erklärt.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über die Schadenshöhe wird der Rechtsstreit an das Landgericht Bonn zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten - einschließlich der zweitinstanzlichen Kosten - des Rechtsstreits vorbehalten bleibt.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht der dänischen Schweinezüchter und Schlachthofgesellschaften von der Beklagten Schadensersatz wegen Verletzung europäischen Gemeinschaftsrechts. Gegenstand des Verfahrens ist der von der Klägerin erhobene Vorwurf, die Beklagte habe von Anfang 1993 bis 1999 entgegen geltendem Gemeinschaftsrecht faktisch ein Importverbot für Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen aus Dänemark verhängt, wodurch den dänischen Bauern bzw. Schlachthofgesellschaften ein Schaden von mindestens 280.000.000 DM entstanden sei. Dem liegt kurz gefasst folgender Sachverhalt zugrunde:

Der ganz überwiegende Teil der dänischen Schweinefleischproduktion ist für den Export bestimmt, vor allem auch in die Bundesrepublik Deutschland, wobei neben Fleischzuschnitten von weiblichen Schweinen ursprünglich im Wesentlichen das Fleisch von kastrierten männlichen Schweinen zur Ausfuhr gelangte. Aufgrund entsprechender Forschungsergebnisse gelangte man in Dänemark zu der Auffassung, dass die Aufzucht von nicht kastrierten männlichen Schweinen erhebliche - neben Tierschutzaspekten vor allem wirtschaftliche - Vorteile biete, weshalb spätestens Anfang der 90er Jahre das sog. Male-Pig-Projekt zur Produktion von nicht kastrierten männlichen Schweinen ins Leben gerufen wurde. Da das Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen die Gefahr mit sich bringt, beim Erhitzen den zwar gesundheitlich unbedenklichen, von Verbrauchern aber teilweise als sehr beeinträchtigend empfundenen sog. starken Geschlechtsgeruch zu entwickeln, wurde in Dänemark durch die dortige Forschung eine Methode entwickelt, mit der im Rahmen der Schlachtung festgestellt werden soll, ob das Fleisch der geschlachteten Schweine den starken Geschlechtsgeruch aufweist. Bei dieser als Massenverfahren kostengünstig einsetzbaren Methode wird der Skatolgehalt geprüft, um so geruchsbelastetes Fleisch schon während des Schlachtvorgangs auszusortieren. Bei Skatol handelt es sich um ein im Darm gebildetes Abbauprodukt des Verdauungsprozesses, welches sich auch im Gewebe einlagert und nach dänischer Auffassung für den starken Geschlechtsgeruch verantwortlich ist. Demgegenüber wird in Deutschland - im vorliegenden Rechtstreit auch durch die Beklagte - unter Berufung auf Forschungen von Prof. D. die Auffassung vertreten, der starke Geschlechtsgeruch werde durch das männliche Hormon Androstenon verursacht, weshalb die Skatolmethode zur Feststellung des starken Geschlechtsgeruchs ungeeignet sei. Relevant sei vielmehr der Androstenonwert, wobei bei Überschreitung bestimmter Werte von einer Geruchsbelastung auszugehen sei. Die Einzelheiten zum Ursprung des starken Geschlechtsgeruchs sind wissenschaftlich umstritten und zwischen den Parteien streitig ebenso wie die Frage, mit welchen Testverfahren sich dazu Feststellungen treffen lassen.

In Dänemark wurden im Rahmen des Male-Pig-Projekt's unter zentraler Steuerung durch die Klägerin und die Schlachthofgesellschaften die erforderlichen Maßnahmen getroffen, um den dänischen Schweinezüchtern die Aufzucht von nicht kastrierten männlichen Schweinen zu ermöglichen. Dabei wurden insbesondere unter erheblichen Investitionen in den Schlachthöfen in sämtlichen Schlachtlinien Skatolmesseinrichtungen installiert, um geruchsbelastetes Fleisch feststellen zu können. Die Umstellung auf die Aufzucht und die Schlachtung von nicht kastrierten männlichen Schweinen erfolgte vor dem Hintergrund des Europäischen Gemeinschaftsrechts, welches hinsichtlich der hier interessierenden Fragen in Form der Veterinärkontrollrichtlinie (89/662/EWG) und der Frischfleischrichtlinie (91/497/EWG mit einer Neufassung der Richtlinie 64/433/EWG) seinen Ausdruck gefunden hatte. Im Zusammenspiel dieser beiden Richtlinien war die gemeinschaftsrechtliche Rechtslage ab dem 01.01.1993 - kurz zusammengefasst - so, dass veterinärrechtliche Kontrollen von für den Export vorgesehenem Schweinefleisch auf starken Geschlechtsgeruch grundsätzlich nur im Ursprungsland nach einer dort anerkannten Methode durchgeführt werden sollten und im Bestimmungsland nur noch Kontrollen im Stichprobenverfahren zulässig waren. Wegen der Einzelheiten dazu wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die zu den Akten gereichten Fassungen der genannten Richtlinien Bezug genommen.

Unter Bezugnahme auf die ab 01.01.1993 geltende Regelung in Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe b) der Frischfleischrichtlinie, die nicht kastrierte männliche Schweine betrifft, richtete der Bundesminister für Gesundheit am 18.01.1993 und 26.01.1993 zwei inhaltlich im Wesentlichen gleichlautende Schreiben an die obersten Veterinärbehören der Mitgliedstaaten (und nachrichtlich an die innerdeutschen obersten Landesveterinärbehörden und Lebensmittelüberwachungsbehörden) mit der Erklärung, dass diese Regelung nicht in der vom Rat beschlossenen Form bzw. in der Weise in nationales deutsches Recht umgesetzt werde, dass für die Feststellung von starkem Geschlechtsgeruch ein bestimmter Androstenonwert maßgeblich sei, wobei nur eine bestimmte Nachweismethode (modifizierter Immunoenzymtest nach Prof. D.) als spezifisch anerkannt würde; bei Überschreiten dieses Wertes dürfe das Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen nicht als frisches Fleisch in die Bundesrepublik verbracht werden. Weiter heißt es in den Schreiben, auf deren Wortlaut Bezug genommen wird, dass Schweinefleischsendungen am Bestimmungsort unabhängig von ihrer Genusstauglichkeitskennzeichnung des Ursprungslandes auf die Einhaltung des Grenzwertes überprüft und bei Überschreitung beanstandet würden.

Die am 01.01.1993 geltende Fassung des § 17 der Fleischhygieneverordnung (FlHV), der Verbote und Beschränkungen für den Import von Fleisch regelt und der hinsichtlich nicht kastrierter männlicher Schweine im Widerspruch zu der ab 01.01.1993 gegebenen gemeinschaftsrechtlichen Rechtslage stand, wurde zunächst nicht geändert. In der Folgezeit erfuhr die Vorschrift mehrfache Änderungen, die jedoch sämtlich nicht den Vorgaben der gemeinschaftsrechtlichen Rechtslage entsprachen. Erst die ab 01.04.1999 gültige Fassung stand in Einklang mit Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe b) der Frischfleischrichtlinie. Auf die verschiedenen zwischenzeitlichen Fassungen wird Bezug genommen.

In der Folgezeit ab 1993 wurden zahlreiche Lieferungen von Schweinefleisch aus Dänemark von den zuständigen deutschen Behörden überprüft, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob es sich dabei um systematische Kontrollen oder nur um Stichproben handelte. Bei Überschreiten des Androstenongrenzwerts wurden diese Lieferung jedenfalls beanstandet und zurückgewiesen, weshalb erhebliche Lieferungen, deren Umfang ebenfalls streitig ist, zurückgewiesen wurden.

In der Zeit ab Februar 1993 wurde in Dänemark die Produktion nicht kastrierter männlicher Schweine zurückgefahren und im Oktober 1993 nahezu eingestellt, nach Behauptung der Klägerin wegen des Verhaltens der Beklagten und der deshalb nicht gegebenen Vermarktungsmöglichkeiten in Deutschland. Unter Bezugnahme auf das Schreiben des Bundesministers für Gesundheit vom 26.01.1993 wandte sich der Landwirtschaftsminister Dänemarks mit Schreiben vom 19.02.1993 an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften und wies auf die mit dem Gemeinschaftsrecht nicht in Einklang stehenden vorgegebenen Maßgaben der Beklagten hin. Im Rahmen des folgenden, sich über einen längeren Zeitraum hinziehenden Vertragsverletzungsverfahrens versuchte die Kommission die Beklagte vergeblich zu einer Änderung der innerdeutschen Rechtslage und zur Anpassung an das Gemeinschaftsrecht zu bewegen. Die Kommission erhob daher am 26.03.1996 gegen die Beklagte Klage beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), der mit Urteil vom 12.11.1998 einen Verstoß der Beklagten gegen Gemeinschaftsrecht feststellte; auf das ergangene Urteil des EuGH (Rechtsache C-102/96) wird Bezug genommen.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin den Ersatz des Schadens, der den dänischen Schweinezüchtern bzw. Schlachthofgesellschaften dadurch entstanden ist, dass sie sich ab dem Jahre 1993 bis zum Jahre 1999 gehindert sahen, das Male-Pig-Projekt weiterzuverfolgen. Nach Behauptung der Klägerin erfolgte die Drosselung der Aufzucht nicht kastrierter Schweine ab Februar 1993 nur aufgrund des Verhaltens der Beklagten, wodurch eine Vermarktung in Deutschland unmöglich geworden sei; es habe faktisch ein Importverbot bestanden, da die von der Beklagten aufgestellten, dem Gemeinschaftsrecht widersprechenden Maßgaben betreffend den Androstenonwert in einem Massenverfahren bei der Schlachtung wirtschaftlich vertretbar nicht hätten beachtet werden können. Durch die daher wieder notwendig gewordene Rückkehr zur Aufzucht von kastrierten männlichen Schweinen seien erheblich höhere Kosten angefallen als bei der Aufzucht nicht kastrierter Schweine, weshalb sich der erzielte Erlös je Schwein vermindert habe. Wegen der Berechnung dieses entgangenen Gewinns wird auf das Vorbringen der Klägerin dazu Bezug genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 143.161.726,73 € (entsprechend 280.000.000 DM) nebst Zinsen in Höhe von 4 % aus 130.600.675,93 € (255.432.720 DM) seit dem 04.09.1999 und aus weiteren 12.561.050,80 € (24.567.280 DM) seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, es fehle schon an einer Anspruchsgrundlage für den verfolgten Ersatzanspruch, insbesondere seien die Voraussetzungen eines gemeinschaftsrechtlichen Schadensersatzanspruchs nicht gegeben. Zudem seien mögliche Rechtsmittel gegenüber dem gemeinschaftswidrigen Verhalten der Beklagten nicht ergriffen worden, weshalb nunmehr auch ein Ersatzanspruch ausscheide; jedenfalls seien etwaige Ersatzansprüche verjährt. Unabhängig von diesen rechtlichen Gesichtspunkten fehle es aber auch an dem erforderlichen Zusammenhang zwischen der Drosselung bzw. Einstellung des Male-Pig-Projekt's und dem Verhalten der Beklagten; die Rückkehr zur Aufzucht kastrierter Schweine sei allein aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt, da sich "Eberfleisch" in Deutschland nicht habe vermarkten lassen. Schließlich bestreitet die Beklagte die Grundlagen der klägerischen Schadensberechnung und den entstandenen Schaden.

Das Landgericht hat durch Grund- und Teilurteil vom 30.01.2004, auf dessen Gründe verwiesen wird, den Klageanspruch für den Zeitraum ab dem 07.12.1996 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Klage im Übrigen wegen Verjährung abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien form- und fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingelegt und begründet. Sie wiederholen und vertiefen ihre jeweiligen Auffassungen und setzen sich dabei insbesondere mit den Voraussetzungen des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch sowie der Frage der Verjährung auseinander.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte entsprechend dem erstinstanzlich gestellten Zahlungsantrag zu verurteilen,

hilfsweise den geltend gemachten Klageanspruch auch für die Zeit vor dem 07.12.1996 dem Grund nach für gerechtfertigt zu erklären, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den ausführlichen Tatbestand des angefochtenen Urteils (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und die zwischen den Parteien gewechselten erst- und zweitinstanzlichen Schriftsätze nebst den dazu überreichten Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist insoweit vorläufig erfolgreich, als der geltend gemachte Schadensersatzanspruch der Klägerin dem Grunde nach insgesamt zusteht (§ 304 ZPO). Wegen der Gründe kann zunächst auf die zutreffenden, umfangreich und sorgfältig ausgeführten Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen werden, soweit hierdurch der Klageanspruch für die Zeit ab dem 07.12.1996 dem Grund nach für gerechtfertigt erklärt worden ist. Dies gilt insbesondere für die vom Landgericht dargelegten Gegebenheiten des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs, der - entwickelt im Rahmen der vom Landgericht zutreffend zitierten Rechtsprechung des EuGH - seine Grundlage unmittelbar im Gemeinschaftsrecht findet. Dieser Entschädigungsanspruch, dessen Geltendmachung im Rahmen des nationalen Haftungsrechts zu erfolgen hat, steht unter den vom Landgericht zutreffend benannten Voraussetzungen, dass gegen eine gemeinschaftsrechtliche Norm verstoßen wurde, die dem Einzelnen unmittelbare Rechte verleiht, dass dieser Verstoß hinreichend qualifiziert ist, und dass zwischen dem Verstoß und dem Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht. Diese Voraussetzungen sind vorliegend, wie auch schon vom Landgericht ausgeführt, zu bejahen. Im Einzelnen:

1.

Es kann dahinstehen, ob es sich - wie die Klägerin meint - bei den hier einschlägigen Regelungen der Veterinärkontrollrichtlinie und der Frischfleischrichtlinie, die im Rahmen der Regelungen des innergemeinschaftlichen freien Warenverkehrs vor allem dem Gesundheitsschutz dienen, (auch) um individualschutzrechtliche Normen handelt, die dem Einzelnen unmittelbare Rechte verleihen. Denn ein solches - hier verletztes - Recht ergibt sich unmittelbar aus Artikel 28 des EG-Vertrages.

Es unterliegt keinen Zweifeln, dass die Regelung in Artikel 28 des EG-Vertrages (ex-Artikel 30) grundsätzlich unmittelbare Wirkung in dem Sinne hat, dass sie dem Einzelnen Rechte verleiht, die er unmittelbar vor den nationalen Gerichten geltend machen kann, und deren Verletzung zu einer Entschädigung führen kann (EuGH "Brasserie" NJW 1996, 1267). Diese Rechte werden entgegen der Ansicht der Beklagten nicht gegenstandslos, wenn wie im vorliegenden Fall Bereiche in Rede stehen, die durch sekundäres Gemeinschaftsrecht in Form von Richtlinien eine konkrete Regelung erfahren haben und damit harmonisiert worden sind. Diese Harmonisierung hat vielmehr zur Folge, dass alle mitgliedstaatlichen nationalen Maßnahmen diesem harmonisierten Recht unterworfen sind und sich deren Zulässigkeit sowie Rechtmäßigkeit allein anhand des harmonisierten Sekundärrechts beurteilt (EuGH "DaimlerChrysler" EuR 2001, 881); ein inhaltlicher Rückgriff auf den allgemeinen Prüfungsmaßstab des Artikels 28 des EG-Vertrages verbietet sich insoweit, als diese allgemeine und grundsätzliche Regelung durch Richtlinien ihre konkrete, harmonisierte Ausgestaltung erfahren hat.

Es verbleibt jedoch dabei, dass ein Verstoß gegen harmonisiertes Sekundärrecht zugleich auch immer einen Verstoß gegen Artikel 28 des EG-Vertrages darstellt, sofern der darin grundsätzlich geregelte Bereich des freien Warenverkehrs betroffen ist, der eben nur für die jeweils in Rede stehende Materie seine harmonisierte konkrete Ausprägung erfahren hat. Im Ergebnis ändert sich im Fall der Harmonisierung wie hier somit nur der Beurteilungs- und Prüfungsmaßstab für etwaig entgegenstehende nationale Maßnahmen, die konkret im Einklang mit dem harmonisierten Recht stehen und nicht nur der Grundsatznorm des Artikel 28 des EG-Vertrages genügen müssen.

Die Harmonisierung hat somit aber nicht zur Folge, dass sich der Einzelne nicht mehr auf seine ohne Harmonisierung bestehenden Rechte aus Artikel 28 des EG-Vertrages berufen könnte, ein solches Ergebnis wäre widersinnig. Die Harmonisierung dient der konkreten Ausgestaltung des Gemeinschaftsrechts und will für die Mitgliedstaaten sowie für den Einzelnen eine sich ständig fortentwickelnde Rechtsklarheit und -sicherheit schaffen, nicht aber gerade für den jeweils zu harmonisierenden Bereich den Einzelnen seiner Rechte aus Artikel 28 des EG-Vertrages berauben. Jedenfalls solange sich - hier nicht erkennbar - aus dem harmonisierten Sekundärrecht nicht ein Ausschluss oder eine Einschränkung der im Grundsatz aus Artikel 28 des EG-Vertrages rührenden subjektiven Rechte ergibt, verbleibt es damit bei der Möglichkeit der Berufung auf diese Rechte.

2.

Die dänischen Schweinezüchter und Schlachthofgesellschaften, deren Ansprüche die Klägerin verfolgt, gehören zum Kreis der durch Artikel 28 des EG-Vertrages geschützten und damit anspruchsberechtigten Personen, der alle Marktteilnehmer erfasst, die am innergemeinschaftlichen freien Warenverkehr teilnehmen und die durch Artikel 28 des EG-Vertrages widersprechende Maßnahmen behindert werden können. Dies sind nicht nur die den grenzüberschreitenden innergemeinschaftlichen Warenverkehr unmittelbar betreibenden Personen oder Gesellschaften wie hier die dänische "F. G.", die überwiegend den Export dänischen Schweinefleischs in die Bundesrepublik Deutschland abwickelte, sondern auch die Produzenten der grenzüberschreitend gehandelten Waren. Von freiem Warenverkehr könnte keine Rede mehr sein, würden nur die unmittelbar am Ex- und Import Beteiligten als geschützte Marktteilnehmer angesehen und nicht auch die Produzenten, die ihre Waren von vornherein (auch) für den Export herstellen. Freier Warenverkehr setzt denknotwendig die Produktion von Waren voraus; würde man deren Herstellung den Schutz des Artikels 28 des EG-Vertrages versagen, geriete der Grundsatz des freien Warenverkehrs zur Farce.

3.

Gegen den in Artikel 28 des EG-Vertrages festgeschriebenen Grundsatz des freien Warenverkehrs, der betreffend den Handel mit frischem Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen in den entsprechenden Regelungen der Frischfleischrichtlinie in Verbindung mit der Veterinärkontrollrichtlinie ab dem 01.01.1993 seine harmonisierte Ausprägung erhalten hatte, wurde von der Beklagten verstoßen. Dieser Verstoß ergibt sich schon aus dem in dieser Sache ergangenen Urteil des EuGH vom 12.11.1998, in dem ein solcher Verstoß ausdrücklich festgestellt wird und auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Dieser Verstoß manifestiert sich in folgenden Maßnahmen der Beklagten:

Durch die beiden Schreiben des Bundesministers für Gesundheit vom 18.01.1993 und 26.01.1993 erklärte die Beklagte, dass sie die nicht kastrierte männliche Schweine betreffende Regelung des Artikels 6 Abs. 1 Buchstabe b) der Frischfleischrichtlinie nicht in der vorgesehenen Form in nationales deutsches Recht umsetzen werde. Durch diese Schreiben wurde ausdrücklich festgestellt, dass Fleisch, welches nicht den in den Schreiben vorgegebenen Maßgaben genüge, nicht als frisches Fleisch in die Bundesrepublik Deutschland verbracht werden dürfe. Als Maßgabe wurde festgeschrieben, dass unabhängig von der in der Frischfleischrichtlinie enthaltenen Gewichtsgrenze ein bestimmter Grenzwert von Androstenon festgesetzt werde, bei dessen Überschreitung das Fleisch einen starken Geschlechtsgeruch aufweise und für den menschlichen Genuss untauglich sei. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass Schweinefleischsendungen am Bestimmungsort unabhängig von ihrer im Ursprungsland erstellten Genusstauglichkeitskennzeichnung auf die Einhaltung des Grenzwertes überprüft und bei Überschreitung beanstandet würden.

Diese Schreiben standen in offenkundigem Widerspruch zu der ab dem 01.01.1993 geltenden gemeinschaftsrechtlichen Lage. Diese stellte sich so dar, dass gemäß Artikel 3, 4 der Veterinärkontrollrichtlinie bei grenzüberschreitendem Fleischverkehr die veterinärrechtlichen Kontrollen grundsätzlich im Ursprungsland stattfinden sollten und gemäß Artikel 5 der Veterinärkontrollrichtlinie am Bestimmungsort nur noch nichtdiskriminierende Kontrollen im Stichprobenverfahren durchgeführt werden durften. Die veterinärrechtlichen Kontrollen und die damit einhergehende Genusstauglichkeitskennzeichnung - bzw. soweit erforderlich anderweitige Kennzeichnung - für in Dänemark produziertes Schweinefleisch oblag somit grundsätzlich den zuständigen dänischen Behörden. Dabei oblag es gemäß Artikel 5 Abs. 1 Buchstabe o) der Frischfleischrichtlinie diesen dänischen Behörden auch, solches Fleisch, das einen starken Geschlechtgeruch aufweist, für genussuntauglich zu erklären.

Hinsichtlich nicht kastrierter männlicher Schweine bestimmte unbeschadet davon Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe b) der Frischfleischrichtlinie, das Fleisch solcher Schweine mit einem Tierkörpergewicht von mehr als 80 kg einer besonderen Kennzeichnung und Hitzebehandlung zu unterziehen; für Schweine unterhalb dieser Gewichtsgrenze waren keine Maßnahmen vorgesehen. Eine Ausnahme für über der Gewichtsgrenze liegende Schlachttiere galt darüber hinaus für den Fall, dass der Betrieb (Art. 6 Abs. 1 Buchstabe g) der Frischfleischrichtlinie durch eine anerkannte Methode sicherstellen konnte, dass Schlachtkörper mit einem starken Geschlechtsgeruch festgestellt werden können. Anerkannt ist eine Methode, wenn sie gemeinschaftsweit nach Artikel 16 der Frischfleischrichtlinie anerkannt ist - eine solche Methode existiert bis heute aber nicht - oder bei Fehlen einer solchen gemeinschaftsweiten Regelung die Methode von den zuständigen (hier dänischen) Behörden anerkannt ist. In Dänemark war in den hier fraglichen Zeiträumen die Skatolmessmethode zur Feststellung des starken Geschlechtsgeruchs behördlich anerkannt.

Im Ergebnis war es daher betreffend das Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen so, dass überhaupt nur Schweine mit einem Tierkörpergewicht von mehr als 80 kg als möglicherweise mit starkem Geschlechtsgeruch belastet anzusehen und daher zu kennzeichnen sowie hitzebehandeln waren, falls nicht durch die in Dänemark anerkannte Methode der Skatolmessung starker Geschlechtsgeruch ausgeschlossen und Genusstauglichkeit festgestellt wurde. An diese in Dänemark getroffenen veterinärrechtlichen Feststellungen war die Beklagte gemeinschaftsrechtlich gebunden und durfte diese nur durch Stichproben überprüfen.

Gegen diese gemeinschaftsrechtliche Rechtslage verstießen die beiden genannten Schreiben in mehrfacher Hinsicht, indem sie unabhängig von der Gewichtsgrenze für alle Schlachttiere eine Maßgabe bestimmten, eine andere Methode als die in Dänemark anerkannte Methode zur Feststellung des starken Geschlechtsgeruchs vorschrieben, für den danach einzuhaltenden Androstenongrenzwert nur eine einzige Nachweismethode als spezifisch anerkannten und unabhängig von der dänischen Genusstauglichkeitskennzeichnung aus dem Ursprungsland die Überprüfung des Grenzwertes und bei dessen Überschreitung die Beanstandung der Sendungen am Bestimmungsort ankündigten. Die beiden Schreiben enthielten ein ausdrückliches Importverbot für Fleisch, welches nicht den in diesen Schreiben enthaltene Maßgaben entsprach, da solches Fleisch danach nicht als frisches Fleisch in die Bundesrepublik Deutschland verbracht werden durfte.

Dementsprechend wurde die durch die beiden Richtlinien bestimmte gemeinschaftsrechtliche Lage auch nicht in deutsches nationales Recht umgesetzt. Die am 01.01.1993 geltende einschlägige Regelung des § 17 FlHV, der Importverbote von Frischfleisch regelt und der betreffend das Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen ab diesem Zeitpunkt nicht mehr den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben entsprach, wurde zunächst nicht geändert. In der Folgezeit - erstmalig mit Wirkung zum 01.01.1994 - erfuhr die Vorschrift des § 17 FlHV bis zum 01.04.1999 insgesamt fünf Änderungen, die jedoch sämtlich nicht der gemeinschaftsrechtlich vorgegebenen Lage entsprachen; auf die jeweiligen Fassungen wird Bezug genommen. Auch nach den drei letzten gemeinschaftswidrigen Fassungen, die insgesamt vom 31.12.1996 bis zum 31.03.1999 galten und die hinsichtlich des Importverbotes frischen Fleisches von nicht kastrierten männlichen Schweinen identisch waren, war es verboten, das Fleisch solcher Schweine in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen, wenn der Grenzwert von Androstenon überschritten wurde. Die deutsche Rechtslage, die für alle geschlachteten Schweine unabhängig vom Gewicht allein die am Bestimmungsort relevante Einhaltung des Androstenongrenzwertes für maßgeblich erklärte, verstieß damit bis zum 31.03.1999 eindeutig gegen die der Europäischen Gemeinschaft, wonach es auf die im Ursprungsland anerkannte Methode - hier in Dänemark die Skaltolmessung - ankam, wobei nur Tiere mit einem Tierkörpergewicht von über 80 kg überhaupt entsprechender Untersuchung bedurften.

Selbst wenn man der Auffassung der Beklagten folgen wollte, wonach es zulässig gewesen sei, Schlachttiere mit einem Tierkörpergewicht von unter 80 kg am Bestimmungsort stichprobenhaft zu untersuchen, ist dennoch ein erheblicher Verstoß gegen die gemeinschaftsrechtliche Lage gegeben, da die Beklagte hierfür einseitig eine bestimmte Methode und den einzuhaltenden Androstenongrenzwert zur Feststellung des starken Geschlechtsgeruchs verbindlich vorschrieb, ohne den vorgesehenen Weg des Streitschlichtungsverfahren zu gehen, sondern stattdessen die fraglichen Lieferungen beanstandete und entsprechend dem Importverbot zurückwies.

4.

Der Verstoß ist auch hinreichend qualifiziert.

Die zuständigen Stellen und Vertreter der Beklagten waren im Rahmen der entsprechenden Verfahren der Europäischen Gemeinschaften an der innergemeinschaftlichen Harmonisierung der Regelungen für frisches Fleisch und am Zustandekommen der Frischfleischrichtlinie beteiligt. Schon während des Verfahrens machte die Beklagte betreffend nicht kastrierte männliche Schweine Vorbehalte geltend und standen Vertreter der Beklagten im Austausch insbesondere mit dänischen Stellen mit schriftlichen und persönlichen Kontakten, bei denen es um die unterschiedlichen Auffassungen zur Herkunft und Feststellung des starken Geschlechtsgeruchs ging. Im Rahmen der Verhandlungen der Frischfleischrichtlinie vermochte die Beklagte sich aber nicht durchzusetzen und Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe b) der Frischfleischrichtlinie erhielt schließlich die Fassung, wonach bei Fehlen einer gemeinschaftsweiten Regelung die Methode zur Feststellung des starken Geschlechtsgeruchs maßgeblich ist, die von den zuständigen Behörden des Ursprungslandes anerkannt ist. Bei der entscheidenden Abstimmung zur Frischfleischrichtlinie enthielt sich die Bundesrepublik Deutschland der Stimme.

Unmittelbar nach Ablauf der Umsetzungsfrist für die Frischfleischrichtlinie zum 01.01.1993 richtete der Bundesminister für Gesundheit am 18.01.1993 und 26.01.1993 die beiden genannten, inhaltlich im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben an die obersten Veterinärbehören der Mitgliedstaaten (und nachrichtlich an die innerdeutschen obersten Landesveterinärbehörden und Lebensmittelüberwachungsbehörden). Im Schreiben vom 18.01.1993 heißt es noch ausdrücklich, der nicht kastrierte männliche Schweine betreffende Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe b) der Frischfleischrichtlinie werde "...nicht in der vom Rat beschlossenen Form in nationales deutsches Recht umgesetzt. Es werde vielmehr ...". In dem folgenden Schreiben vom 26.01.1993 wird diese Formulierung zwar abgemildert und ausgeführt, es werde "...die vorgenannte Regelung in der Weise in nationales deutsches Recht umgesetzt, dass ..."; im Übrigen aber sind die beiden Schreiben inhaltlich identisch.

In Anbetracht der der Beklagten bekannten, unmittelbar zuvor in Kraft getretenen innergemeinschaftlichen Rechtslage mit ihren klaren, anders lautenden Regelungen handelte es sich bei diesen beiden Schreiben um ein bewusstes und gewolltes Abweichen von den einzuhaltenden Vorgaben der Richtlinie, die den freien Warenverkehr unter den darin enthaltenen Voraussetzungen ermöglichen will. Dem stehen die Maßgaben in den beiden Schreiben, die ein ausdrückliches Importverbot für frisches Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen für den Fall der Abweichung von diesen Maßgaben enthalten, in offenkundiger und eklatanter Weise entgegen. Der zeitliche Zusammenhang und die Formulierungen in den beiden Schreiben lassen keinen Zweifel daran, dass in bewusster Absicht die in Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe b) der Frischfleischrichtlinie enthaltenen und die damit in Zusammenhang zu sehenden Regelungen der Veterinärkontrollrichtlinie missachtet und nicht in nationales deutsches Recht umgesetzt werden sollten; insbesondere die ursprüngliche Formulierung in dem Schreiben vom 18.01.1993 spricht für sich.

Ein hinreichend qualifizierter Verstoß ist erst recht für die Folgezeit zu bejahen. Kurze Zeit nach den beiden Schreiben wandte sich der Landwirtschaftsminister Dänemarks mit Schreiben vom 19.02.1993 an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die daraufhin gegen die Beklagte das Vertragsverletzungsverfahren einleitete. Auf die in dem Vertragsverletzungsverfahren und dem anschließenden Klageverfahren vor dem EuGH gewechselten Stellungnahmen, die zu den Akten gereicht wurden, wird Bezug genommen. Es ist demnach so, dass der Beklagten in der Folgezeit intensiv, ständig und wiederholt vor Augen geführt wurde, in welcher erheblichen Weise sie gegen die gemeinschaftsrechtliche Lage verstieß, ohne dass die Beklagte dies zum Anlass nahm, sich gemeinschaftskonform zu verhalten. Auch durch das nachfolgende Klageverfahren ließ sich die Beklagte nicht beeindrucken; erst nach der entsprechenden Verurteilung durch den EuGH wurde dem § 17 FlHV eine gemeinschaftskonforme Fassung gegeben.

Auf die Frage, ob die Beklagte - unzutreffend - davon ausgehen durfte, dass durch die Frischfleischrichtlinie noch keine vollständige Harmonisierung des innergemeinschaftlichen Rechts herbeigeführt wurde, kommt es dabei nicht an. Im Ergebnis erscheint zwar eine solche Fehleinschätzung nicht nachvollziehbar, da schon in den Erwägungsgründen der Frischfleischrichtlinie ausdrücklich ausgeführt wird: "Zu diesem Zweck erscheint eine Harmonisierung der Bedingungen erforderlich, unter denen bestimmte Fleischarten für genussuntauglich erklärt werden können." Doch auch wenn man zu Gunsten der Beklagten einen solchen Irrtum unterstellt, stellt sich der Verstoß aufgrund der ausgeführten Gesamtumstände mit seiner bewussten Abweichung von der gerade erst in Kraft getretenen Frischfleischrichtlinie als so erheblich, offenkundig und schwerwiegend dar, dass er als hinreichend qualifiziert anzusehen ist.

5.

Zwischen diesem hinreichend qualifizierten Verstoß und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden besteht auch ein unmittelbarer Kausalzusammenhang.

Derzeit spricht alles dafür, dass die dänischen Schweinezüchter bzw. Schlachthofgesellschaften ihr über einen längeren Zeitraum vorbereitetes und aufgebautes Male-Pig-Projekt ab Februar 1993 zunächst zurückgefahren und im Herbst 1993 sodann nahezu ganz eingestellt haben, da sie sich aufgrund der beiden Schreiben des Bundesministers für Gesundheit vom 18.01.1993 und 26.01.1993 sowie der Regelung in § 17 FlHV gehindert sahen, das von ihnen produzierte Frischfleisch von nicht kastrierten männlichen Schweine in die Bundesrepublik Deutschland zu importieren. Für das von den Dänen gemeinschaftskonform produzierte Fleisch bestand aufgrund der gemeinschaftsrechtswidrigen nationalen Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland praktisch ein Importverbot, da die Dänen das von ihnen produzierte Fleisch mit wirtschaftlich vertretbaren und als Massenverfahren einsetzbaren Messmethoden nicht auf den von der Beklagten für den Import vorgeschriebenen Androstenongrenzwert testen konnten, nach den gemeinschaftsrechtlichen Regelungen auch nicht testen mussten. Angesichts dieser faktisch eingetretenen Lage machte die weitere Aufzucht von nicht kastrierten männlichen Schweinen keinen Sinn mehr, da daraus produzierte Fleischzuschnitte nicht in die Bundesrepublik Deutschland exportiert werden konnten. Da nach Behauptung der Klägerin aber der ganz wesentliche Teil - mindestens 85 % - der in Dänemark geschlachteten Schweine für den Export nach Deutschland benötigt werden, weil die Nachfrage des deutschen Marktes nur auf bestimmte Fleischzuschnitte gerichtet ist - so soll etwa der größte Teil aller Vorderteile dänischer Schlachtschweine in den Export nach Deutschland gehen -, und mithin eine Differenzierung und Sortierung zwischen männlichen und weiblichen Schweinen nicht möglich sei, erscheint ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Beklagten und der Reduzierung bzw. Einstellung des Male-Pig-Projekt's mehr als naheliegend.

Soweit die Beklagte dazu geltend macht, die Dänen hätten das Male-Pig-Projekt aus rein wirtschaftlichen Gründen zurückgefahren bzw. nahezu eingestellt, da das Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen am Markt nicht angenommen worden sei und sich dafür nicht die erhofften Vermarktungsmöglichkeiten ergeben hätten, ist darauf hinzuweisen, dass für die Dänen der für sie wichtige Exportmarkt Deutschland aufgrund des Verhaltens der Beklagten nicht mehr zugänglich war, jedenfalls nicht für das von Ihnen unter den eigenen, gemeinschaftskonformen Bedingungen produzierte Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen. Insoweit mag es durchaus zutreffen, dass die Einstellung des Male-Pig-Projekt's aus wirtschaftlichen Gründen wegen fehlender Vermarktungsmöglichkeiten erfolgte, allerdings eben aufgrund und in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Verhalten der Beklagten, die den Zugang zum deutschen Markt aufgrund des faktischen Importverbots unmöglich gemacht hatte.

Die damit in Zusammenhang stehenden Fragen können jedoch derzeit dahinstehen, da es für den Erlass eines Grundurteils wie hier ausreichend ist, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen kausal eingetretenen Schaden besteht. Eine solche hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Schaden und den erforderlichen Kausalzusammenhang ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen. Unabhängig davon ist aber festzustellen, dass ein unmittelbar kausal verursachter Schaden auch heute schon feststeht, weshalb auch unter diesem Gesichtspunkt der Erlass eines Grundurteils gerechtfertigt ist.

Zwischen den Parteien ist nämlich unstreitig, dass es ab dem Jahre 1993 in der Folgezeit in der Bundesrepublik Deutschland zu zahlreichen Kontrollen von Schweinefleischsendungen aus Dänemark gekommen ist und dabei in einer Vielzahl von Fällen diese Sendungen wegen Überschreitung des festgesetzten Androstenonwertes beanstandet und zurückgewiesen wurden. Zwischen den Parteien herrscht zwar Streit darüber, ob es sich dabei lediglich um stichprobenhafte oder systematische Kontrollen, ggf. sogar aller Schweinefleischsendungen aus Dänemark handelte, und in wie vielen Fällen tatsächlich Beanstandungen erfolgten. Hinsichtlich dieser Beanstandungen, die jedenfalls in einer erheblichen Anzahl erfolgten, steht aber ein Schaden dem Grunde nach schon heute mit Sicherheit fest, da diese Sendungen in die Bundesrepublik nicht eingeführt und vermarktet werden durften.

Ersatzansprüche aufgrund zurückgewiesener Sendungen bilden zwar nicht unmittelbar den Gegenstand der Klage und der verfolgten Schadensersatzansprüche. Die Klage ist vielmehr gerichtet auf den Ersatz des entgangenen Gewinns, den die dänischen Schweinezüchter bzw. Schlachthofgesellschaften dadurch erlitten haben, dass sie insgesamt die Kostenvorteile der Aufzucht nicht kastrierter männlicher Schweine aufgrund des Verhaltens der Beklagten nicht nutzen konnten. Diese Kostenvorteile sind ihnen aber auch entgangen bei den beanstandeten und zurückgewiesenen Schweinefleischsendungen und sind damit insoweit auch Teil der Klage. Für diesen - wenngleich kleinen Teil - der Klage steht ein Schaden schon heute fest, denn dieser Schaden ist bereits eingetreten und beruht unmittelbar auf dem von der Beklagten gemeinschaftswidrig festgesetzten Androstenongrenzwert. Ein Schadensersatzanspruch ist somit auch von daher dem Grunde nach zu bejahen.

6.

Die Klägerin bzw. die dänischen Schweinezüchter bzw. Schlachthofgesellschaften haben - jedenfalls nicht schuldhaft - keine ihnen mögliche Rechtsmittel zur Schadensabwendung unterlassen, weshalb eine Ersatzpflicht nicht gemäß § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen ist.

Hierzu ist zunächst festzustellen, dass es nunmehr höchstrichterlicher Rechtsprechung entspricht, dass unter den Voraussetzungen des § 839 Abs. 3 BGB auch eine Ersatzpflicht nach dem gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht eintritt, die Vorschrift mithin auch auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch anzuwenden ist (BGH NJW 2004, 1241). Ein erfolgversprechendes Rechtsmittel, durch den der Schaden hätte abgewendet werden können, ist aber nicht ersichtlich.

Soweit die Beklagte meint, die Klägerin bzw. die dänischen Schweinezüchter bzw. Schlachthofgesellschaften hätten im Rahmen von bei den Verwaltungs- oder Strafgerichten anhängigen oder anhängig zu machenden Rechtsmitteln wegen Ordnungsverfügungen oder Bußgeldbescheiden den gemeinschaftswidrigen Zustand geltend machen müssen, handelt es sich - unbeschadet der Tatsache, dass soweit ersichtlich die Klägerin bzw. die dänischen Schweinezüchter bzw. Schlachthofgesellschaften nicht Betroffene solcher Verfahren waren - schon nicht um Rechtsmittel i.S.v. § 839 Abs. 3 BGB, da diese nicht auf Beseitigung der damaligen gemeinschaftswidrigen nationalen deutschen Rechtslage und des Verhaltens der Beklagten gerichtet sein konnten. Verwaltungs- oder Strafgerichte hätten die nicht gegebene Übereinstimmung zwischen den gemeinschaftsrechtlichen Regelungen und der innerdeutschen Rechtslage nur inzidenter prüfen, nicht aber auf deren Beseitigung hinwirken können. Von inzident getroffenen Feststellungen zur Gemeinschaftswidrigkeit durch einzelne Straf- und Verwaltungsgerichte aber hätte sich die Beklagte sicherlich nicht in ihrem Verhalten beeindrucken lassen; dies zeigt schon ihre Beharrlichkeit bei Vertretung des eingenommenen Standpunktes im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens und des nachfolgenden Verfahrens vor dem EuGH.

Bezüglich anhängiger Verfahren bei den Straf- und Verwaltungsgerichten in Betracht gekommen wäre allenfalls noch eine Vorlage an den EuGH durch ein solches Gericht, die aber zunächst an der innerdeutschen Rechtslage auch nichts geändert hätte. Es ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass im Falle einer solchen Vorlage der EuGH früher entschieden hätte, als er im Vertragsverletzungsverfahren tatsächlich entschieden hat. Gleiches gilt für eine Feststellungsklage vor den Verwaltungsgerichten, gerichtet auf die Feststellung des gemeinschaftswidrigen Verhaltens der Beklagten oder der zuständigen ausführenden Behörden in den Ländern - eine solche Klage hätte im Zweifel bei einer Vielzahl von Verwaltungsgerichten eingereicht werden müssen - oder der Gemeinschaftswidrigkeit der Regelung in § 17 FlHV; auch in diesem Fall hätten die angerufenen Verwaltungsgerichte bei realistischer Betrachtung nicht ohne vorherige Vorlage an den EuGH zu Lasten der Beklagten entschieden. Eine Verpflichtungsklage auf Erlass einer der gemeinschaftsrechtlichen Rechtslage entsprechenden Fassung des § 17 FlHV wäre unzulässig gewesen.

Allein sinnvoll aus Sicht der Klägerin bzw. der dänischen Schweinezüchter bzw. Schlachthofgesellschaften war der beschrittene Weg, über die Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegenüber der Beklagten ein Vertragsverletzungsverfahren zu initiieren und, nachdem sich die Kommission der dänischen Auffassung angeschlossen und das Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hatte, den Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten. Jedenfalls konnten die Klägerin bzw. die dänischen Schweinezüchter bzw. Schlachthofgesellschaften berechtigt den den obigen Ausführungen zugrunde liegenden Standpunkt einnehmen, weshalb ein Unterlassen von Rechtmitteln nicht schuldhaft war.

7.

Die von der Klägerin geltend gemachten Ersatzansprüche sind insgesamt nicht verjährt.

Es spricht alles dafür, hinsichtlich der Verjährung auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch die - gemäß den damaligen Verjährungsvorschriften - Regelung des § 852 Abs. 1 BGB a.F. anzuwenden, da nach den vom EuGH entwickelten Grundsätzen die Schadensersatzfolgen im Rahmen des jeweiligen nationalen Haftungsrechts zu beurteilen sind. Es liegt daher nahe, auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch die Verjährungsregelungen des nationalen deutschen Amtshaftungsanspruchs anzuwenden, für die hier in Rede stehende Zeit somit den § 852 Abs. 1 BGB a.F. mit seiner Verjährungsfrist von 3 Jahren ab Kenntniserlangung von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen. Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift kann jedoch vorliegend dahinstehen, da jedenfalls auch nach dieser Regelung eine Verjährung nicht eingetreten ist und eine kürzere Verjährungsfrist nicht in Betracht kommt.

Bei dem hier schädigenden Verhalten der Beklagten handelte sich um eine Dauerhandlung, die bis zur Herstellung einer gemeinschaftskonformen inner-deutschen Rechtslage andauerte. Die Beklagte war ab dem 01.01.1993 fortlaufend verpflichtet, die nationale Rechtslage den einschlägigen Richtlinien anzupassen. Das schädigende Verhalten der Beklagten manifestierte sich zwar hier darüber hinaus in bestimmten konkreten Verhaltensweisen wie etwa zu Beginn in den beiden Schreiben des Bundesministers für Gesundheit vom 18.01.1993 und 26.01.1993 und - soweit man für die Folgezeit nach weiteren konkreten Anknüpfungspunkten sucht - in der Beibehaltung bzw. Verabschiedung der dem Gemeinschaftsrecht widersprechenden Fassungen des § 17 FlHV jeweils anlässlich der fünf Änderungen der Vorschrift. Darüber hinaus sind auch in der innerdeutschen Behördenpraxis der zuständigen Länderbehörden zur Durchsetzung der bestehenden gemeinschaftswidrigen Lage mittels Kontrolle und Beanstandung von Schweinefleischsendungen aus Dänemark einzelne schädigende Akte der Verletzungshandlung zu sehen.

Diesen einzelnen Verletzungsakten ist jedoch insgesamt gemein, dass es sich dabei nicht um die Schwerpunkte des Verhaltens handelt, welches zu der hier in Rede stehenden Schädigung führte, sondern es sich dabei nur um einzelne Ausprägungen und Verkörperungen der Dauerhandlung handelt, die mit dem 01.01.1993 begann und erst mit dem 31.03.1999 durch Inkrafttreten der gemeinschaftskonformen Fassung des § 17 FlHV ihr Ende fand. Während dieses gesamten Zeitraums widersprach das Verhalten der Beklagten ohne jede konkrete zeitliche Zäsur durch Entstehenlassen und Aufrechterhaltung des gemeinschaftswidrigen Zustands der herzustellenden Rechtslage. Der geltend gemachte Schaden - entgangener Gewinn je Schwein wegen Abstandnahme von den Produktionsbedingungen des Male-Pig-Projekt's - beruhte nicht etwa auf einer abgeschlossenen Verletzungshandlung im Jahre 1993 mit sich fortlaufend oder wiederholt (weiter) entwickelnden Schadensfolgen; es handelte sich auch nicht um wiederholte oder fortgesetzte Handlungen, bei der die Verjährung mit der Beendigung jeder einzelnen schadensstiftenden Handlung beginnt (vgl. dazu etwa BGH NJW 1985, 1023). Das Verhalten der Beklagten, mag es auch in verschiedenen Teilhandlungen seinen Ausdruck gefunden haben, stellt sich vielmehr als (nur) eine Dauerhandlung dar, für deren Folgen die Verjährung erst mit dem Ende der Verletzungshandlung beginnt. Diese eine Dauerhandlung bestand in der Nichtumsetzung der entsprechenden Richtlinien und der damit einhergehenden Entstehung bzw. Aufrechterhaltung des gemeinschaftswidrigen Zustands im Zeitraum vom 01.01.1993 bis zum 31.03.1999. Die Unterbrechung der Verjährung durch den im Jahre 1999 beantragten Mahnbescheid erfolgte somit in nicht verjährter Zeit.

Nichts anderes gilt, stellt man wie das Landgericht in dem angefochtenen Urteil nicht auf den Charakter der schädigenden Handlung als Dauerhandlung, sondern auf den Eintritt der (einzelnen) Schadensfolgen ab, mit der Folge, dass sich die Frage stellt, ab wann der Klägerin bzw. den dänischen Schweinezüchtern bzw. Schlachthofgesellschaften zwecks Verjährungsunterbrechung eine Klage zumutbar war.

Die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB beginnt, sobald der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Bei Ansprüchen aus § 839 BGB kann also die Verjährung erst beginnen, wenn der Geschädigte weiß, dass die in Rede stehende Amtshandlung widerrechtlich und schuldhaft war und deshalb eine zum Schadensersatz verpflichtende Amtspflichtverletzung darstellt. Dabei genügt allerdings im Allgemeinen, dass der Verletzte die tatsächlichen Umstände kennt, die eine schuldhafte Amtspflichtverletzung als naheliegend, eine Amtshaftungsklage - sei es auch nur als Feststellungsklage - mithin als so aussichtsreich erscheinen lassen, dass dem Verletzten die Erhebung der Klage zugemutet werden kann. Dagegen setzt § 852 Abs. 1 BGB aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit grundsätzlich nicht voraus, dass der Geschädigte aus den ihm bekannten Tatsachen auch die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Allerdings kann Rechtsunkenntnis im Einzelfall bei unsicherer oder zweifelhafter Rechtslage den Verjährungsbeginn hinausschieben (BGH NJW 1994, 3162). So ist es im Streitfall.

Für das Jahr 1993 ist davon auszugehen, dass die Klägerin bzw. die dänischen Schweinezüchter bzw. Schlachthofgesellschaften von der Person des aus damaliger Sicht potentiell Ersatzpflichtigen - der Beklagten - und von den beginnenden und absehbaren Schadensfolgen Kenntnis hatten. Es ist weiterhin davon auszugehen, dass nach der Entscheidung des EuGH in der Sache "H." vom 19.11.1991 (NJW 1992, 165) jedenfalls die richterrechtliche Begründung und die Grundzüge des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs als bekannt vorausgesetzt werden konnten und die Klägerin bzw. die dänischen Schweinezüchter und Schlachthofgesellschaften somit von der grundsätzlich in Betracht kommenden Haftung der Beklagten Kenntnis hatten. Eine Klage - auch nur Feststellungsklage - war der Klägerin bzw. den dänischen Schweinezüchtern und Schlachthofgesellschaften im damaligen Zeitraum aber nicht zumutbar, da zahlreiche, vorliegend relevante und entscheidungserhebliche Fragen des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs betreffend der im Rahmen des nationalen Haftungsrechts zu beurteilenden Schadensfolgen vollständig ungeklärt waren. Allein aufgrund der Entscheidung in der in vieler Hinsicht tatsächlich und rechtlich anders gelagerten Sache "H." war nicht ansatzweise ersichtlich, ob und unter welchen Voraussetzungen der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch für Fälle wie den vorliegenden einen Ausgleichsanspruch gewährt.

Im damaligen Zeitraum nämlich hatte der Bundesgerichtshof in seinem Vorlagebeschluss vom 28.01.1993 "Brasserie" (WM 1993, 707) dem EuGH u.a. die Fragen vorgelegt, ob der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch im Rahmen der nationalen Rechtsordnung den gleichen Beschränkungen unterliege wie bei einem Verstoß eines innerstaatlichen Gesetzes gegen höherrangiges innerstaatliches Recht, ob ein Entschädigungsanspruch davon abhängig sei, dass die verantwortlichen Amtsträger ein Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) treffe, ob der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch nur den Ersatz für die Verletzung von bestimmten Individualrechtsgütern oder aber auch den entgangenen Gewinn erfasse und ob schließlich die Entschädigungspflicht von der Feststellung des EuGH abhängig sei, dass das nationale Recht gegen höherrangiges Gemeinschaftsrecht verstoßen habe.

Aufgrund dieser offenen, damals aus Sicht des Bundesgerichtshofs ungeklärten Rechtsfragen, die die Ansprüche der Klägerin bzw. der dänischen Schweinezüchter bzw. Schlachthofgesellschaften in hohem Maße unmittelbar berühren, war es unzumutbar, auf der Grundlage dieser unsicheren, ungeklärten und zweifelhaften Rechtslage eine (Feststellungs-) Klage zu erheben.

Eine Zumutbarkeit kann mithin zunächst frühestens für den Zeitpunkt angenommen werden, in dem der EuGH durch Urteil vom 05.03.1996 "Brasserie" (NJW 1996, 1267) die vorgelegten Fragen wie aus dieser Entscheidung ersichtlich beantwortet und damit die Voraussetzungen für eine hier erfolgversprechende Klage bejaht hatte; erst ab diesem Urteil durften die dänischen Schweinezüchter bzw. Schlachthofgesellschaften überhaupt davon ausgehen, für die von ihnen geltend gemachten Schäden einen Ersatzanspruch aufgrund des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs haben zu können. Allerdings war den dänischen Schweinezüchtern bzw. Schlachthofgesellschaften eine angemessene Prüfungs- und Überlegungsfrist einzuräumen, um die sich aus der Entscheidung des EuGH erstmalig ergebenden Grundsätze zu prüfen. Zum Zeitpunkt des Ablaufs einer solchen angemessenen Frist von jedenfalls einem Monat aber war das von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften geführte Vertragsverletzungsverfahren bereits gescheitert und hatte die Kommission am 26.03.1996 gegen die Beklagte die Klage zum EuGH wegen der hier in Rede stehenden gemeinschaftswidrigen Verhaltensweisen erhoben. Es war demnach aus Sicht der dänischen Schweinezüchter bzw. Schlachthofgesellschaften mehr als vernünftig, den Ausgang dieses Klageverfahrens abzuwarten, hingegen unzumutbar, parallel zum anhängigen EuGH-Verfahren darüber hinaus eine (Feststellungs-) Klage zu erheben, weil das mit einer Schadensersatzklage befasste Gericht - jedenfalls in II. Instanz wäre das auch damals der jetzt mit der Sache befasste Senat gewesen - das Verfahren ausgesetzt hätte, da der konkrete Gegenstand eines solchen Verfahrens - Verstoß der Beklagten gegen Gemeinschaftsrecht - bereits bei dem EuGH anhängig war. Tatsächlich kann von der Zumutbarkeit einer Klage somit erst für den Zeitpunkt der Entscheidung des EuGH in der vorliegenden Sache am 12.11.1998 ausgegangen werden mit der Folge, dass eine Verjährungsfrist nicht vor diesem Zeitpunkt zu laufen begann. Auch dann aber erfolgte die Unterbrechung der Verjährung durch den im Jahre 1999 beantragten Mahnbescheid in nicht verjährter Zeit.

III.

Aus den vorstehenden Ausführungen unter II. ergibt sich, dass die Berufung der Beklagten unbegründet ist.

IV.

Wegen der streitigen Schadenshöhe bedarf die Sache weiterer Aufklärung, weshalb der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen war. Zwar hat keine der Parteien einen ent-sprechenden Antrag gestellt, wie es nunmehr nach § 538 Abs. 2 ZPO grundsätzlich erforderlich ist. Auch handelt es sich bei dem angefochtenen Urteil nicht um ein unzulässiges Teilurteil i.S.v. § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO, bei dem es keines Antrags bedarf, denn es entspricht den Voraussetzungen des § 301 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Es besteht aber die Möglichkeit abweichender Entscheidungen im Instanzenzug mit der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, es sei denn, der Senat würde den weiteren Rechtsstreit insgesamt entscheiden. Eine solche Vorgehensweise aber hält der Senat im Interesse der Parteien wegen der Komplexität der Sache nicht für angezeigt, um den Parteien betreffend die Schadenshöhe die eigentlich zuständige I. Instanz mit einer Überprüfungsmöglichkeit deren Feststellungen in II. Instanz nicht zu nehmen. Wegen der insoweit mit der in § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO geregelten vergleichbaren Lage ist in entsprechender Anwendung die Zurückverweisung geboten.

V.

Die Entscheidung über die prozessualen Nebenfolgen bleibt dem Landgericht vorbehalten.

Die Revision war zuzulassen, da über verschiedene berührte Fragen des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs, insbesondere dessen Verjährung, soweit ersichtlich bisher höchstrichterlich nicht entschieden wurde.

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens und Wert der Beschwer für die Parteien: 143.161.726,73 Euro

Ende der Entscheidung

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