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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 28.06.2007
Aktenzeichen: 8 U 6/07
Rechtsgebiete: EStG, BGB, EGBGB, ZPO, AO


Vorschriften:

EStG § 23
EStG § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b
BGB § 166 Abs. 1
BGB § 195 a.F.
BGB § 196 a.F.
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 15 a.F.
BGB § 198 a.F.
BGB § 199 Abs. 1 n.F.
BGB § 242
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt.
EGBGB Art. 229 § 6
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
AO § 363 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Kläger gegen das am 08.12.2006 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 15 O 277/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Klägern auferlegt.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

5. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Kläger nehmen den beklagten Steuerberater und die Steuerberatungsgesellschaft bürgerlichen Rechts, der er angehört, wegen angeblicher Verletzung vertraglicher Beratungspflichten auf Schadensersatz in Höhe von 11.362,84 € sowie Rückzahlung von Steuerberaterhonoraren in Höhe von 5.344,88 € in Anspruch.

Die Kläger, die sich aufgrund der beruflichen Tätigkeit der Klägerin zu 1) für das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland u.a. von 1995 bis 1999 in Bangladesh aufhielten und dort ihren ersten Wohnsitz hatten, legten ihr Geld überwiegend in ausländischen Aktien an. Nachdem sie erfahren hatten, dass ihre Einkünfte aus Spekulationsgewinnen trotz ihres tatsächlichen Wohnsitzes im Ausland einkommensteuerlich erfasst würden, weil sie deutsche Staatsangehörige sind, wandte sich der Kläger zu 2) mit Telefaxschreiben vom 28.07.1999 an den Beklagten zu 1). Unter Hinweis auf die Besonderheiten der Angelegenheit teilte er ihm mit, dass er an einer langfristigen Zusammenarbeit mit einem qualifizierten Steuerberater zur Erledigung der Einkommensteuer der Kläger interessiert sei.; wegen der Einzelheiten wird auf Anlage B 1 Bezug genommen (BL. 79 GA). Der Beklagte zu 1) erklärte mit Schreiben vom selben Tag für die Beklagte zu 2) die Bereitschaft zur Annahme des Mandats. Mit Schreiben vom 09.08.1999 (Anlage B 2 Bl. 80 ff. GA) legte der Kläger zu 2) den Beklagten den steuerlich relevanten Sachverhalt im Einzelnen dar und stellte rund 20 Einzelfragen zur steuerlichen Behandlung seiner Aktienhändlertätigkeit. Ferner übersandte er ihnen die steuerlich relevanten Unterlagen und erteilte einen Auftrag zur Überprüfung und Korrektur der von ihm selbst erstellten Einkommensteuererklärung für das Jahr 1997. Am 12.11.1999 fand in den Räumlichkeiten der Beklagten zu 2) ein persönliches Beratungsgespräch zwischen den Klägern und dem Beklagten zu 1) statt, in dem die Kläger die Beklagten mit der Wahrnehmung ihrer steuerlichen Angelegenheiten beauftragten, eine Vollmacht unterzeichneten (Anlage B 3, Bl. 85 GA) und den Beklagten ihre Belege und Unterlagen für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1997 und 1998 übergaben. Die Beklagten wiesen darauf hin, dass die zu fertigenden Steuererklärungen nebst der Einkünfteermittlung gemäß der Steuerberatergebührenverordnung abgerechnet würden und für zusätzliche Beratungsleistungen zu steuerlichen Fragen eine Honorierung nach Zeitaufwand erfolge, wobei für Tätigkeiten des Beklagten zu 1) ein Stundensatz von 220,00 DM/Std. und für Beratungsleistungen eines Steuerberaters der Beklagten zu 2) ein Stundensatz von 160,00 DM/Std. verlangt werde. Eine schriftliche Honorarvereinbarung wurde zwischen den Parteien nicht getroffen.

In der Folgezeit erstellte eine Steuerberaterin der Beklagten zu 2) für die Klägerin die Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1997 und 1998. Unter dem 29.12.1999 erließ das Finanzamt C.-Innenstadt einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1997, wonach die Kläger aufgrund ihrer Spekulationsgewinne von 52.029,00 DM Steuern in Höhe von 17.492,50 DM nachzuzahlen gehabt hätten. Gegen diesen Bescheid legten die Beklagten namens der Kläger Einspruch ein, den sie damit begründeten, dass die Einkünfte der Kläger aus Spekulationsgewinnen in Deutschland nur mit dem Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG) zu versteuern seien. Daraufhin reduzierte das Finanzamt mit Bescheid vom 12.05.2000 unter teilweiser Abhilfe des Einspruchs die nachzuzahlende Steuer auf 4.725,50 DM (2.439,16 €). Da die Beklagten gegen diesen Bescheid keinen weiteren Einspruch mehr einlegten, wurde der Bescheid bestandskräftig.

Auf die entsprechende von den Beklagten für die Kläger eingereichte Steuererklärung erließ das Finanzamt C.-Innenstadt unter dem 16.06.2000 einen Einkommensteuerbescheid für das Veranlagungsjahr 1998, der einschließlich 53,00 DM Zinsen einen Nachzahlungsbetrag von 5.715,18 DM (2.922,13 €) auswies. Die Beklagten legten auch gegen diesen Bescheid keinen Einspruch ein, so dass er bestandskräftig wurde.

Auf der Grundlage der von den Klägern mit Schreiben vom 22.08.2000 übersandten Unterlagen erstellten die Beklagten für diese auch für das Veranlagungsjahr 1999 eine Steuererklärung und reichten sie bei dem zuständigen Finanzamt C.-Innenstadt ein. Dieses erließ am 19.12.2000 einen Einkommensteuerbescheid für das Veranlagungsjahr 1999, der einen Nachzahlungsbetrag von 6.001,51 DM (3.068,52 €) auswies. Auch gegen diesen Bescheid legten die Beklagten keinen Einspruch ein, so dass auch er bestandskräftig wurde.

Mit Urteil vom 23.09.1999 - V 7/99 - hatte das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht erkannt, dass die einkommensteuerliche Erfassung von Spekulationsgewinnen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG ungeachtet der Vollzugsmängel bei der Erfassung dieser Gewinne und der hierdurch bedingten Belastungsgleichheit nicht verfassungswidrig sei, da die Vollzugsmängel vornehmlich auf der angespannten Personallage der Finanzämter und der Praxis des sog. maßvollen Gesetzesvollzugs beruhten und kein strukturelles Erhebungsdefizit vorliege, das sich der Gesetzgeber infolge einer lückenhaften Ausgestaltung der Besteuerung der Spekulationsgeschäfte zurechnen lassen müsse. Die Entscheidung, gegen die Revision eingelegt worden war, wurde unter Hinweis auf des Aktenzeichens des Bundesfinanzhofs in Nr. 4/2000 (S. 178) der Entscheidungssammlung "Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG)" veröffentlicht. Das Revisionsverfahren selbst war mit seinem Gegenstand - einkommensteuerliche Erfassung von Spekulationsgewinnen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG - überdies im April 2000 in der vierteljährlich zum Bundessteuerblatt Teil II erscheinenden Beilage aufgeführt (S. 93). Mit Beschluss vom 16.7.2002 (NJW 2003, 83) legte der Bundesfinanzhof die Rechtsfrage der Verfassungsmäßigkeit der vorbezeichneten Norm dem Bundesverfassungsgericht vor. Dieses erklärte mit Urteil vom 09.03.2004 (NJW 2004, 1022) die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG in der für die Veranlagungszeiträume 1997 und 1998 geltenden Neufassung für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG und nichtig, soweit sie Veräußerungsgeschäfte bei Wertpapieren betrifft. Die Besteuerung von privaten Spekulationsgeschäften bei Wertpapieren verstoße in den Veranlagungszeiträumen 1997 und 1998 wegen mangelhafter Durchsetzung der materiellen Steuerpflicht gegen das verfassungsrechtliche Gebot tatsächlich gleicher Steuerbelastung. In den Veranlagungszeiträumen 1997 und 1998 habe ein strukturelles Erhebungsdefizit bestanden. Hinsichtlich des Veranlagungszeitraums 1999 ist über die Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG noch nicht entschieden. Insoweit ist noch ein Verfahren bei dem Bundesverfassungsgericht anhängig (2 BvL 194/06), nachdem der Bundesfinanzhof die Regelung für das Veranlagungsjahr 1999 für verfassungsgemäß erachtet hatte.

Die Beklagten stellten den Klägern für ihre Tätigkeiten in den Jahren 1999 bis 2001 Honorare von rund 14.300,00 DM (7.300,00 €) in Rechnung, die die Kläger bis auf die Rechnung vom 06.04.2001 vollständig und vorbehaltlos zahlten. Anwaltlich beraten wandten die Kläger im Mai 2001 gegenüber der Rechnung vom 06.04.2001 ein, dass es an einer schriftlichen Honorarvereinbarung fehle, woraufhin die Beklagten eine korrigierte Kostennote überreichten. Nachdem die Kläger auch hiergegen Einwendungen erhoben hatten, unterbreiteten die Beklagten ihnen ein Vergleichangebot, auf das die Kläger schließlich 2.000,00 DM Zug um Zug gegen die Herausgabe von Unterlagen zahlten.

Die Kläger haben behauptet, die Beklagten seien ausschließlich wegen der aufgetretenen Spekulationssteuerproblematik betreffend die Jahre 1997 bis 1999 mandatiert worden und hätten nur deshalb die entsprechenden Steuererklärungen abgeben sollen. Sie hätten im Beratungsgespräch vom 12.11.1999 verdeutlicht, dass sie in besonderer Weise gegen den Steuerbescheid vorgehen wollten. Es sei jedoch nur über das Doppelbesteuerungsabkommen und den Progressionsvorbehalt gesprochen worden; eine steuerrechtliche Beratung durch die Beklagten habe nicht stattgefunden. Die Kläger sind der Ansicht gewesen, die Beklagten hätten gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1997 bis 1999 Einspruch einlegen oder sie zumindest entsprechend beraten müssen, denn die Verfassungsmäßigkeit der Spekulationssteuer sei bereits 1999 in den Medien angezweifelt worden. Indem sie dies nicht getan hätten, hätten sie schuldhaft ihre vertraglichen Pflichten verletzt, wodurch den Klägern - wie diese behaupten - ein Schaden in Höhe von 11.362,84 € in Gestalt vermeidbarer Mehrsteuern entstanden sei.

Was den Vortrag der Kläger zu den von den Beklagten in den Jahren 1999 bis 2001 erstellten Honorarrechnungen anbelangt, wird auf die Darstellung im angefochtenen Urteil Bezug genommen (Bl. 247 bis 248 GA).

Die Beklagten haben wegen aller geltend gemachten Ansprüche die Einrede der Verjährung erhoben.

Nach teilweiser Klagerücknahme in Höhe von 670,84 € haben die Kläger beantragt,

die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 16.707,72 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.09.2006 zu zahlen.

Die Beklagte haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Ansicht gewesen, für die Einlegung von Rechtsmitteln gegen die Steuerbescheide für die Jahre 1997 bis 1999 habe ihrerseits mangels Auftrags der Kläger keine Veranlassung bestanden. Überdies sei die Besteuerung der Spekulationsgewinne nach der geltenden Rechtslage im Jahr 2000 nicht unzulässig gewesen. Eine solche Rechtsauffassung hätten die Kläger ihnen gegenüber - unstreitig - weder vertreten, noch hätten sie ihnen einen konkreten Auftrag zur Überprüfung der rechtlichen Grundlage der Spekulationssteuer erteilt. Für sie - die Beklagten - selbst habe nach Erlass der Steuerbescheide für die Jahre 1997 bis 1999 im Jahr 2000 keine Veranlassung zu deren Offenhaltung bestanden, weil sie nach der damaligen Rechtslage davon hätten ausgehen müssen, dass der Einwand der Verfassungswidrigkeit der Spekulationssteuer nicht durchgreifen würde, nachdem das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht in seinem Urteil die Verfassungsmäßigkeit der entscheidenden Norm festgestellt habe. Die spätere Änderung der Rechtsprechung sei nicht vorhersehbar gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts, insbesondere wegen der Vortrags der Beklagten zu den Honorarforderungen wird auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (Bl. 240 bis 251 GA, insbesondere Bl. 249 bis 250 GA).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil ein Schadensersatzanspruch der Kläger gegen die Beklagten aus positiver Vertragsverletzung schon mangels Pflichtverletzung nicht bestehe und eventuelle Rückzahlungsansprüche jedenfalls verjährt seien.

Den Beklagten könne im Zusammenhang mit der Erstellung der Steuererklärungen der Kläger für die Jahre 1997 bis 1999 eine Vertragsverletzung nicht vorgeworfen werden. Zwar gehöre es zu den Pflichten eines Steuerberaters, den Auftraggeber von sich aus ungefragt über alle steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen "nach jeder Richtung" erschöpfend zu belehren und ihn über das Ergebnis seiner Sach- und Rechtsprüfung aufzuklären. Jedoch dürfe der Steuerberater auf die Verfassungsmäßigkeit der Steuergesetze vertrauen. Etwas anderes gelte regelmäßig erst ab dem Zeitpunkt, in dem ein Gericht eine Norm für verfassungswidrig hält und die Sache deshalb dem Bundesverfassungsgericht vorlegt. Hiernach könne eine Rechtspflicht der Beklagten, die Kläger über die Möglichkeiten eines Einspruchs gegen die im Jahr 2000 ergangenen Steuerbescheide für die Jahre 1997 bis 1999 aufzuklären bzw. die tatsächlich Einsprüche zu erheben, in den Jahren 2000 und 2001 nicht bejaht werden. Nach dem damaligen Erkenntnisstand in Rechtsprechung und Literatur hätten die Beklagten auf die Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG vertrauen dürfen. Sie hätten die Kläger auch nicht über das beim Bundesfinanzhof anhängige Revisionsverfahren informieren und auch nicht wegen dieses Verfahrens vorsorglich Einsprüche gegen die Einkommessteuerbescheide der Kläger einlegen oder die Kläger auf eine solche theoretisch bestehende Möglichkeit hinweisen müssen. Zum einen gingen die Informationspflichten der Beklagten als Steuerberater nicht so weit, dass ihnen sämtliche beim Bundesfinanzhof anhängige Revisionsverfahren hätten bekannt sein müssen und sie eine Prognose hinsichtlich des Ausgangs dieser Verfahren zu treffen gehabt hätten. Zum anderen hätten sich weder aus dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts noch aus sonstigen Quellen wie z.B. den einschlägigen Standardkommentaren oder der übrigen Fachliteratur für die Kläger Hinweise auf die Verfassungswidrigkeit des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG ergeben. Die Beklagten hätten bei Erlass aller in Rede stehenden Steuerbescheide in den Jahren 2000 und 2001 noch von der Verfassungsmäßigkeit der darin vorgenommenen Besteuerung der Zinseinkünfte der Kläger ausgehen dürfen.

Entgegen der Ansicht der Kläger habe sich eine weitergehende Aufklärungspflicht des Beklagten zu 1) auch nicht aus deren angeblichem Hinweis im ersten Beratungsgespräch ergeben, wonach sie in besonderer Weise gegen den Steuerbescheid bzw. die Besteuerung ihrer Zinseinkünfte hätten vorgehen wollen. Auch unter Berücksichtigung dieses allgemein gehaltenen Begehrens habe sich die Mandatierung für den Beklagten zu 1) so dargestellt, dass er für die Kläger im Zusammenhang mit der beauftragten Erstellung der Einkommensteuererklärungen die nach der geltenden Gesetzeslage geringst mögliche Besteuerung erreichen und dabei den für die Kläger sichersten und zugleich günstigsten Weg habe wählen sollen. Da die Kläger auch nicht etwa selbst eine etwaige Verfassungswidrigkeit des § 23 EStG angesprochen hätten, habe für den Beklagten zu 1) unter Berücksichtigung der im Jahr 2000 geltenden Rechtslage keine Veranlassung bestanden, an der Verfassungsmäßigkeit zu zweifeln und die Kläger auf die Möglichkeit einer aus damaliger Sicht aussichtslosen Einspruchseinlegung gegen die ergangenen Einkommensteuerbescheide hinzuweisen.

Auch Ansprüche auf Rückzahlung der Beraterhonorare bestünden nicht. Eventuell in Betracht kommende Rückforderungsansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB seien jedenfalls verjährt. Es könne deshalb offen bleiben, ob die Beklagten mit den Tätigkeiten beauftragt worden seien, die den streitgegenständlichen Honorarrechnungen zugrunde liegen, ob sie die abgerechneten Leistungen vollumfänglich erbracht und die Gebühren richtig berechnet hätten. Auch könne offen bleiben, ob die Verjährung sich nach § 195 BGB a.F. oder nach § 196 Abs. 1 Nr. 15 BGB a.F. richte, weil unter Berücksichtigung der Übergangsreglung des Art. 229 § 6 EGBGB nach beiden Vorschriften Verjährung eingetreten sei. Bezüglich der letzten Honorarrechnung vom 12.07.2001 bestehe ein Anspruch im Übrigen auch deshalb nicht, weil diese Rechnung im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleichs beglichen worden sei.

Wegen der Urteilsbegründung im Weiteren wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen (Bl. 250 bis 258 GA).

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgen die Kläger ihr Begehren in vollem Umfang weiter.

Ausgehend von dem Grundsatz, dass der Steuerberater im Rahmen seines Auftrags den Mandanten umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten habe, vertreten sie die Ansicht, dass die Beklagten eine ihnen gegenüber obliegende Aufklärungspflicht verletzt haben, indem sie sie nicht über das bei dem Bundesfinanzhof anhängige Revisionsverfahren gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts aufgeklärt haben. Die Beklagten hätten erkennen müssen, dass die Kläger sich unbedingt der Spekulationssteuer hätten entledigen wollen. Deshalb hätte es ihnen oblegen, sie über die Möglichkeit aufzuklären, gegen die Steuerbescheide mit der Begründung Einspruch einzulegen, die Spekulationssteuer sei verfassungswidrig, und zwar auch dann, wenn sie selbst der Auffassung gewesen sein sollten, dass die entscheidenden Normen verfassungsgemäß seien. Auch darüber hätten sie gegebenenfalls aufklären müssen. Die Kläger behaupten, die Beklagten hätten das Revisionsverfahren gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts gekannt. Jedenfalls hätten sie es - wie sie meinen - kennen müssen, seit es im Frühjahr 2000 im Bundessteuerblatt veröffentlicht gewesen und die Frage der eventuellen Verfassungswidrigkeit der Spekulationssteuer spätestens seit Januar 2001 breit diskutiert worden sei.

Erstmals in zweiter Instanz äußern die Kläger die Ansicht, dass eine weitere Pflichtverletzung die Beklagten darin liege, sie - die Kläger - nicht über die einfache Möglichkeit der Einzelveranlagung aufgeklärt zu haben, bei deren Durchführung - wie die Kläger meinen - der Anfall von Spekulationssteuer vollständig vermieden und das Begehren der Kläger auf leichtem Wege vollständig erfüllt worden wäre.

Die Kläger sind schließlich der Ansicht, die Rückforderungsansprüche seien nicht verjährt, weil die Verjährungsfrist erst mit Kenntnis der Verletzung der Aufklärungspflicht, also Anfang des Jahres 2004, zu laufen begonnen und sodann drei Jahre betragen habe. Verjährung wäre also erst mit Ablauf des Jahres 2007 eingetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Klägervorbringens wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 15.02.2007 sowie auf die Klägerschriftsätze vom 23.05.2007 und 25.06.2007 Bezug genommen (Bl. 292 bis 303, 325 bis 329, 364 bis 365 GA).

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung des Urteils der 15. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 08.12.2006 - 15 O 277/06 - die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 16.707,72 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.09.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragen

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung. Die Beklagten bestreiten - erstmals in zweiter Instanz ausdrücklich -, dass ihnen das Verfahren vor dem Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht bekannt gewesen sei. Sie meinen, sie hätten die Kläger über die grundsätzliche Möglichkeit, Einspruch einzulegen, nicht aufklären müssen, da sich diese Möglichkeit schon aus der Rechtsmittelbelehrung der Bescheide ergebe. Im Übrigen seien sie nicht verpflichtet gewesen, rein prophylaktisch über die Möglichkeit aufzuklären, wegen eventueller Verfassungswidrigkeit Einspruch einzulegen. Bei ihrer Beratung hätten sie auch die Erfolgsaussichten eines Einspruchs mit berücksichtigen müssen und diese seien nicht gegeben gewesen. Selbst wenn sie die Kläger aufgeklärt hätten, hätte im Übrigen das einzige aufklärungsgerechte Verhalten der Kläger darin bestanden, keinen Einspruch einzulegen, weshalb es jedenfalls an einem Schaden fehle. In jedem Fall wäre der Einspruch zurückgewiesen worden.

Soweit die Kläger den Beklagten vorwerfen, sie auch nicht über die Möglichkeit der Einzelveranlagung aufgeklärt zu haben, halten die Beklagten diesen Vortrag zum einen für verspätet, weil er erstmals in der Berufungsinstanz vorgebracht worden sei, zum anderen aus Rechtsgründen für unbeachtlich. Denn wäre bei der Einzelveranlagung tatsächlich eine günstigere Besteuerung der Kläger entstanden als bei der Zusammenveranlagung, so wäre ihres Erachtens die erstinstanzlich gerügte Versäumung der Einspruchsfrist gegen die Steuerbescheide nicht mehr schadensursächlich. Abgesehen davon treffe es auch nicht zu, dass eine Einzelveranlagung der Kläger steuerlich günstiger gewesen wäre.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beklagtenvorbringens wird auf die Berufungserwiderung vom 16.04.2007 und den Beklagtenschriftsatz vom 18.06.2007 Bezug genommen (Bl. 316-322, 359-363 GA).

II.

Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht sowohl einen Schadensersatzanspruch als auch Rückforderungsansprüche der Kläger bezüglich der gezahlten Honorare verneint. Das Vorbringen der Kläger in der Berufungsinstanz führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn die Entscheidung des Landgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zugrunde zu legenden Tatsachen (§§ 529, 531 ZPO) eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

1. Auf das Rechtsverhältnis der Parteien sind die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden, weil es vor dem 01.01.2002 entstanden ist (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Ein Schadensersatzanspruch der Kläger gegen die Beklagten nach den seinerzeit noch nicht kodifizierten Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung besteht indessen nicht. Es fehlt bereits an einer objektiven Pflichtverletzung der Beklagten.

a) Allerdings ist im Grundsatz mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der Senat in ständiger Rechtsprechung angeschlossen hat, davon auszugehen, dass der Steuerberater im Rahmen seines Auftrages verpflichtet ist, seinen Mandanten umfassend zu beraten und ungefragt über alle steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten. Er hat seinen Mandanten möglichst vor Schaden zu schützen. Hierzu hat er den relativ sichersten Weg zu dem angestrebten steuerlichen Ziel aufzuzeigen und die für den Erfolg notwendigen Schritte vorzuschlagen (BGH, NJW 2004, 3487; BGHZ 128, 358, 361 = NJW 1995, 958; BGH, NJW-RR 2003, 1064, 1065; Senat, OLGR 2003, 69; Urteil vom 26.04.2007 - 8 U 49/06). Der Steuerberater hat den Mandanten in die Lage zu versetzen, eigenverantwortlich seine Rechte und Interessen zu wahren und eine Fehlentscheidung vermeiden zu können (BGH, NJW-RR 2003, 1064, 1065). Er muss ihn daher grundsätzlich auch ungefragt nach jeder Richtung über alle steuerrechtlichen Einzelfragen und deren Folgen erschöpfend belehren und ihn über das Ergebnis seiner Sach- und Rechtsprüfung aufklären. Dabei hat der Steuerberater für die Kenntnis des Steuerrechts einzustehen. Die mandatsbezogen erheblichen Gesetzes- und Rechtskenntnisse muss er besitzen oder sich ungesäumt verschaffen. Neue oder geänderte Rechtsnormen hat er in diesem Rahmen zu ermitteln (BGH, NJW 2004, 3487 m.w.N.; KG Berlin, DStR 2007, 453, 454). Insbesondere kann von einem Steuerberater erwartet werden, dass er die im Einzelfall einschlägigen Steuergesetze, Verordnungen und Erlasse, die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in gleich gelagerten Fällen und die ständige Verwaltungspraxis der Finanzämter kennt (Senat, Urteil v. 26.04.2007 - 8 U 49/06; Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 4. Aufl., 2006, Rn. 234 ff.). Um dem Auftraggeber eine eigenverantwortliche Entscheidung zu ermöglichen, muss der Steuerberater ihn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls grundsätzlichen sogar dann über eine Anfechtung des Steuerbescheids belehren, wenn er die Anfechtung selbst für aussichtslos hält (BGH, NJW 1999, 2435, 2436).

Dies kann jedoch nicht unbeschränkt gelten. Der Steuerberater kann nur dann verpflichtet sein, die Anfechtung eines Bescheides zumindest theoretisch in Betracht zu ziehen, wenn der Sachverhalt hierzu Veranlassung gibt. Denn dem Mandanten wäre mit einer formularmäßigen Wiederholung der behördlichen Rechtsbehelfsbelehrung durch seinen Steuerberater in keiner Weise gedient. Der grundlose Hinweis auf die Möglichkeit, Einspruch einzulegen, würde ihm nicht nur nichts nutzen, sondern ihn möglicherweise verunsichern oder ihm gar schaden, wenn nämlich sein wohlverstandenes Interesse dahin gehen muss, den Bescheid schlicht bestandskräftig werden zu lassen, z.B. wenn sich das Finanzamt nach längeren Verhandlungen der eigenen Rechtsansicht angeschlossen hat. Da der Steuerberater gemäß § 242 BGB verpflichtet ist, seine Leistung so zu erbringen, wie Treu und Glauben es unter Berücksichtigung der Verkehrssitte erfordern, kann er sinnvollerweise nur dann für aufklärungspflichtig erachtet werden, wenn er Anlass haben muss, die Anfechtung des Bescheides zumindest theoretisch in Erwägung zu ziehen. Dies wiederum ist zu bejahen, wenn Grund zu der Annahme besteht, der Bescheid könne gesetz- oder rechtswidrig sein und den Mandanten in seinen Rechten verletzen. Gesetz- oder rechtswidrig ist ein Bescheid unproblematisch dann, wenn er gegen geltendes Recht, eine ständige höchstrichterliche Rechtsprechung oder ständige Verwaltungspraxis der Finanzämter verstößt. Dass ein Steuerberater in diesen Fällen - vorausgesetzt der Mandat erleidet ansonsten einen Nachteil - Einspruch eingelegt, versteht sich von selbst. Problematisch sind indes die Fälle, in denen der Steuerberater auf den Fortbestand der Gesetzeslage oder die Fortsetzung einer bestimmten höchstrichterlichen Rechtsprechung vertraut, obwohl eine Gesetzesänderung, eine Änderung in der Rechtsprechung oder - wie möglicherweise hier - die Feststellung der Nichtigkeit eines Gesetzes bevorsteht.

Wegen der richtungsweisenden Bedeutung, die höchstrichterlichen Entscheidungen für die Rechtswirklichkeit zukommt, hat sich ein Rechtsanwalt - und nichts anderes kann für einen Steuerberater gelten - bei der Wahrnehmung eines Mandats grundsätzlich an dieser Rechtsprechung auszurichten (BGH, NJW 2001, 675, 678; BGH, NJW 1993, 3323, 3324 m.w.N.; ebenso KG, DStRE 2007, 453, 454). Er darf in der Regel auf ihren Fortbestand vertrauen. Das gilt insbesondere in den Fällen einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung, weil von einer solchen nur in besonderen Ausnahmefällen abgegangen zu werden pflegt. Entgegenstehende Judikatur von Instanzgerichten und abweichende Stimmen im Schrifttum verpflichten den Rechtsanwalt regelmäßig nicht, bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben die abweichende Meinung zu berücksichtigen. Gleichwohl darf sich der Anwalt nicht blind auf die Fortdauer einer höchstrichterlichen Rechtsprechung verlassen, sondern hat die Auswirkungen neuer Gesetze, Hinweise eines obersten Gerichts auf die Möglichkeit einer Rechtsprechungsänderung und neue Entwicklungen in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft zu berücksichtigen (BGH, NJW 1993, 3323, 3324 f., KG Berlin, DStR 2007, 453, 454). Eine Pflicht des Rechtsanwalts, die Instanzrechtsprechung und das Schrifttum, insbesondere die Aufsatzliteratur heranzuziehen, besteht grundsätzlich nur in beschränktem Maße; strengere Anforderungen sind jedoch zu stellen, wenn ein Rechtsgebiet ersichtlich in der Entwicklung begriffen und (weitere) höchstrichterliche Rechtsprechung zu erwarten ist. Ihm muss aber auch dabei insgesamt ein "realistischer Toleranzrahmen" zugebilligt werden (BGH, NJW 2001, 675, 678; KG, DStRE 2007, 453, 454). Im Ergebnis kann dies dazu führen, dass der Anwalt wegen seiner Pflicht zur Wahl des relativ sichersten Weges gehalten ist, eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Rechnung zu stellen. Allgemeine Regeln lassen sich insoweit kaum finden. Entscheidend sind stets die besonderen Umstände des Einzelfalls. Grundsätzlich wird darauf abzustellen sein, mit welchem Grad an Deutlichkeit (Evidenz) eine neue Rechtsentwicklung in eine bestimmte Richtung weist und eine neue Antwort auf eine bisher anders entschiedene Frage nahe legt (BGH, NJW 1993, 3323, 3325; KG Berlin, DStR 2007, 453, 454). Regelmäßig wird es sich um besonders zu begründende, eng umgrenzte Ausnahmefälle handeln, in denen es als schuldhafte Pflichtverletzung des Anwalts zu werten ist, dass er seiner Beratung die Möglichkeit einer Änderung der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zugrunde gelegt hat (BGH, NJW 1993, 3323, 3325). Bei hinreichend deutlichen Anzeichen im Beratungszeitpunkt ist der Steuerberater verpflichtet auf eine bereits absehbare bestimmte Entwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinzuweisen (BGH, NJW-RR 2006, 273; KG, DStRE 2007, 453-455).

Wird schließlich in der Tages- oder Fachpresse über Vorschläge zur Änderung des Steuerrechts berichtet, die im Falle ihrer Verwirklichung von dem Mandanten des Beraters erstrebte Ziele unter Umständen vereiteln oder beeinträchtigen, kann der Steuerberater gehalten sein, sich aus allgemein zugänglichen Quellen über den näheren Inhalt und den Verfahrensstand solcher Überlegungen zu unterrichten, um danach prüfen zu können, ob es geboten ist, dem Mandanten Maßnahmen zur Abwehr drohender Nachteile anzuraten (BGH, NJW 2004, 3487; KG, DStRE 2007, 453, 454).

b) Vor diesem Hintergrund waren die Beklagten vor dem 18.07.2002, dem Tag der Veröffentlichung des Vorlagebeschlusses des Bundesfinanzhofs an das Bundesverfassungsgericht, nicht verpflichtet, den Klägern zu Einsprüchen gegen die Einkommensteuerbescheide vom 12.05.2000 (1997), 16.06.2000 (1998) und 19.12.2000 (1999) zu raten oder diese selbst einzulegen. An diesem Tag waren aber bereits alle in Rede stehenden Einkommensteuerbescheide bestandskräftig. Vor dem 18.07.2002 waren die Kläger nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht zur Einlegung von Einsprüchen oder zu einer diesbezüglichen Beratung verpflichtet. Sie wären es nicht einmal dann gewesen, wenn ihnen während der Einspruchsfristen - Mitte Mai bis Mitte Juli 2000 und Anfang Januar bis Anfang Februar 2001 - das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts sowie die Einlegung der Revision bekannt gewesen wären (a.A. in einem ähnlichen Fall: KG, DStRE 2007, 453, 454). Dahingestellt bleiben kann daher die Frage, ob sich eine eventuelle Aufklärungspflicht der Beklagten überhaupt auf den Bescheid vom 19.12.2000 erstreckt hätte, der das Veranlagungsjahr 1999 betraf, für das die Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG (noch) nicht festgestellt worden ist (Verfahren BVerfG, 2 BvL 194/06; vgl. auch BVerfG, NJW 2004, 1022).

aa) Ob die Beklagten in den entscheidenden Zeiträumen Kenntnis von dem Urteil des schleswig-holsteinischen Finanzgerichts und des Revisionsverfahrens hatten, steht nicht fest. Der erstinstanzliche Vortrag der Kläger ist wohl dahin zu verstehen, dass sie diese Kenntnis behaupten wollten (vgl. Klageschrift, S. 5, Bl. 22 GA: Schriftsatz vom 19.10.2006, S. 5, dort Abs. 4, Bl. 190 GA). Erstinstanzlich haben die Beklagten dies auch nicht bestritten, sondern den Eindruck vermittelt, sie hätten die Entscheidung des Finanzgerichts gekannt und sich hierdurch in ihrer Rechtsauffassung von der Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG bestärkt gesehen (vgl. Klageerwiderung, S. 6, dort Abs. 2, Bl. 69 GA, und S. 7, dort Abs. 2, Bl. 70 GA). Erstmals in zweiter Instanz haben die Beklagten die Kenntnis des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts in Abrede gestellt (Berufungserwiderung, S. 6, dort Ziffer 3, Bl. 321 GA). Dieses Bestreiten stellte ein neues Verteidigungsmittel im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO dar, das gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zulässig wäre, wenn es hierauf ankäme, weil das Landgericht die Kenntnis von der Anhängigkeit des Revisionsverfahrens erkennbar für nicht entscheidungserheblich gehalten hat. Letztlich können diese Fragen zur Auslegung des Sachvortrags der Parteien aber dahin gestellt bleiben.

bb) Denn angesichts des Standes von Rechtsprechung, Fachliteratur und Tagespresse in der Zeit von Mitte Mai bis Mitte Juli 2000 und selbst noch von Anfang Januar bis Anfang Februar 2001 hätte für die Beklagten nicht einmal dann Anlass bestanden, die Einlegung eines Einspruchs gegen die Bescheide zu erwägen, wenn sie das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts und die Einlegung der Revision gekannt hätten. Selbst in diesem Fall hätten sie nicht ernsthaft damit rechnen müssen, dass die Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG für verfassungswidrig erklärt oder durch den Gesetzgeber geändert werden könnte, und sie daher ihren Mandanten die "Chance" hätten erhalten müssen, aufgrund einer eventuellen Gesetzes- oder Rechtsprechungsänderung auch eine Änderung Steuerbescheides zu erreichen (so aber in einem ähnlichen Fall KG, DStRE 2007, 453, 454). Diese "Chance" hätte sich zum damaligen Zeitpunkt noch nicht hinreichend konkretisiert gehabt.

(1) Während der hier entscheidenden Beratungszeiträume - Mitte Mai bis Mitte Juli 2000 und Anfang Januar bis Anfang Februar 2001 - beschränkte sich die Rechtsprechung auf eine einzige Stellungnahme zu der Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG, nämlich auf das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 23.09.1999 (EFG 2000, 178), das die Verfassungsmäßigkeit im Übrigen ausdrücklich bejaht und nicht etwa verneint hat. Die Kenntnis von diesem Urteil allein hätte den Steuerberater daher keinesfalls zu Maßnahmen veranlassen müssen, zumal ihm auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27.06.1991 (BVerfG, NJW 1991, 2129) bekannt gewesen sein müsste, das es für einen ähnlichen Fall ablehnte, eine Gesetzesnorm wegen eines Vollzugsdefizits für verfassungswidrig zu erklären; vielmehr wurde lediglich der Gesetzgeber für verpflichtet gehalten, einen nachträglich erkannten strukturellen Erhebungsmangel zu beseitigen. Grundsätzlich darf der Steuerberater daher - wie ausgeführt - auf die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze vertrauen. Unabhängig von dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts durften sich die Beklagten im Übrigen auch dadurch in ihrem Vertrauen auf die Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG dadurch bestärkt sehen, dass rund neun Jahre lang weder Rechtsprechung noch Gesetzgeber Anlass gesehen hatten, wegen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 27.06.1991 (BVerfG, NJW 1991, 2129) die Kontrollmöglichkeiten in Bezug auf Spekulationsgewinne zu verstärken oder die Verfassungsmäßigkeit von § 23 EStG insoweit in Frage zu stellen (ebenso KG, DStRE 2007, 453, 455).

(2) In der Fachliteratur war das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 23.09.1999 zunächst auf keine große Resonanz gestoßen; sie trat erst mit der Veröffentlichung des Vorlagebeschlusses des Bundesfinanzhofs im Juli 2002 ein. In den hier in Rede stehenden Zeiträumen gab es, soweit ersichtlich, lediglich einen Aufsatz von Balmes (FR 2000, 1069), der im Übrigen in einer Zeitschrift abgedruckt war, die unstreitig nicht zur Pflichtlektüre eines Steuerberaters gehört (ebenso KG, DStRE 2007, 453, 454; Gräfe/Lenzen/ Schmeer, a.a.O., Rn. 237, 241; Senat, Urteil vom 26.04.2007 - 8 U 49/06) sowie einige Veröffentlichungen des Klägers des finanzgerichtichen Ursprungsverfahrens, des Steuerrechtlers Prof. em. Dr. Klaus U. (z.B. in: Festschrift für Offerhaus, 1999, S. 819; ders., BB 1998, 241). Grundsätzlich verhielten sich zu der Frage der Verfassungswidrigkeit von § 23 EStG seinerzeit schließlich einige Fachkommentare (Nachweise bei BFH, NJW, 2003, 83), die zum Teil unter Berufung auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27.06.1991 (BVerfG NJW 1991, 2129) wegen des faktischen Vollzugs- und Kontrolldefizits die Verfassungswidrigkeit bejahen wollten. Selbst wenn sie die Literaturstellen gekannt hätten, die zu ermitteln nicht von ihnen hätte verlangt werden können, mussten die Beklagten daher nicht den Eindruck gewinnen, es stehe eine Gesetzes- oder Rechtsprechungsänderung bevor.

(3) Die Tagespresse, zu der die Kläger im Übrigen fast nichts vorgetragen haben (Anl. K 21), hat sich der Frage der Verfassungswidrigkeit des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG nach Kenntnis des Senats erst nach der Veröffentlichung des Vorlagebeschlusses des Bundesfinanzhofes an das Bundesverfassungsgericht am 18.07.2002 in großem Umfang gewidmet. Aus dem hier relevanten Zeitraum von Mitte Mai bis Mitte Juli 2000 und von Anfang Januar bis Anfang Februar 2001 liegen nur wenige Äußerungen der Tagespresse vor, wobei dem im Frühjahr 1999 in der Zeitschrift "D." veröffentlichten Interview mit dem Kläger des finanzgerichtlichen Ausgangsverfahrens, Herrn Prof. em. Dr. U. (KG, DStRE 2007, 453, 455), kein größeres Gewicht beigemessen werden als seinen wissenschaftlichen Äußerungen (s.o. Ziffer (3)). Selbst wenn daher die Beklagten im Ausnahmefall gehalten gewesen wären, sich aus der Tagespresse oder anderen allgemein zugänglichen Quellen über Vorhaben zur Änderung des Steuerrechts zu unterrichten, was hier schon nicht angenommen werden kann (vgl. zu den Voraussetzungen: BGH, NJW 2004, 3487; Senat, Urteil vom 26.04.2007 - 8 U 49/07), hätten die vorliegenden Veröffentlichungen in der Tagespresse keinen Anlass geboten anzunehmen, es stehe eine Gesetzes- oder Rechtsprechungsänderung bevor.

(4) Schießlich wäre eine Pflicht des Steuerberaters, gegen die Einkommensteuerbescheide Einspruch einzulegen oder zumindest hierüber zu belehren, nach Auffassung des Senats auch dann nicht begründet worden, wenn die Beklagten nicht nur das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts, sondern auch die Tatsache der Revisionseinlegung gekannt haben sollten, die sich immerhin unmittelbar aus der Urteilsveröffentlichung in den Entscheidungen der Finanzgerichte 2000, 178, ergab, ferner aus einer Mitteilung in Heft 7/2000 der Zeitschrift Deutsches Steuerrecht (dort S. XXV) und aus der Beilage zum Bundessteuerblatt Teil II vom 10. April 2000, wenngleich diese ohnehin nicht vom Steuerberater abstrakt ausgewertet zu werden braucht (KG, DStRE 2007, 453, 454). Denn wenn - wie hier vertreten - die Kenntnis des Steuerberaters von dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts diese Pflichten noch nicht auslöst hätten, dann wäre dies nach Auffassung der Mitglieder des erkennenden Senats auch nicht dadurch geschehen, dass der Steuerberater zusätzlich - lediglich - Kenntnis von der Revisionseinlegung hat (a.A. im Ergebnis in einem ähnlichen Fall KG, DStRE 2007, 453).

Durch Einlegung der Revision manifestiert die in dem Rechtsstreit unterlegene Partei lediglich ihre bisherige, ersichtlich erfolglos gebliebene Rechtsauffassung. Unbeschadet der prozessualen Folgen und der Kostenfolgen kommt der Revisionseinlegung nicht mehr Gewicht bei als jeder anderen Meinungsäußerung des Klägers und Revisionsführers, sei es in Form eines wissenschaftlichen Aufsatzes oder eines Interviews, wie sie gerade vorliegenden Fall verschiedentlich vorhanden waren ("D.", Frühjahr 1999). Der bloße Umstand, dass es infolge der Revisionseinlegung eine Entscheidung des Revisionsgerichts geben wird und der Steuerberater dies weiß, ändert die Sachlage nicht in einer Weise, dass sich deswegen nun Aufklärungspflichten des Steuerberaters ergäben. Dass die unterlegene Partei anderer Rechtsauffassung war als das Gericht, weiß der Steuerberater, wenn er das Urteil der ersten Instanz gelesen hat. Über die Erfolgsaussichten der Revision ist nichts bekannt. Insbesondere kann allein aufgrund der Tatsache, dass Revision eingelegt worden ist, eine belastbare Prognose

über den Ausgang des Verfahrens nicht getroffen werden.

Es überzeugt daher die Mitglieder den erkennenden Senat nicht, wenn das Kammergericht (DStRE 2007, 453, 455) es einerseits - zu Recht - für unerheblich hält, dass im Frühjahr 1999 in der Zeitschrift "D." ein Interview mit dem Kläger des Verfahrens vor dem Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht, Herrn Prof. em. Dr. U., veröffentlicht worden war, aus dem hervorging, dass dieser in eigener Sache klagte - weil nämlich aus der Literatur bereits bekannt war, dass er die Besteuerung der Spekulationsgewinne für verfassungswidrig hielt -, es dann aber andererseits die bloße Kenntnis von der Revisionseinlegung ausreichen lassen will, um den Steuerberater für verpflichtet anzusehen, Einspruch einzulegen (KG, DStRE 2007, 453, 454). So wenig Anlass ein wissenschaftlicher Aufsatz oder ein Interview für die Annahme boten, die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG würde nun möglicherweise für verfassungswidrig erklärt, so wenig Anlass bot aus den oben dargestellten Gründen nach Auffassung des Senats auch die Einlegung der Revision. In ihr manifestiert sich lediglich ein weiteres Mal die bekannte Rechtsauffassung derselben Person.

cc) Die entscheidende Zäsur, ab der eine Aufklärungspflicht des Steuerberaters zu bejahen ist, liegt nach Auffassung des Senats in der Veröffentlichung des Vorlagebeschlusses des Bundesfinanzhofs vom 16.07.2002 (NJW 2003, 83), die am 18.07.2002 erfolgte (Pressemitteilung, seinerzeit http://www.b..de/www/index2.html, so bereits Senat, Urteil vom 26.04.2007 - 8 U 49/06; ebenso LG Frankfurt GI 2006, 64; Gräfe/Lenzen/Schmeer, a.a.O., Rn. 245 m.w.N.). Ab diesem Zeitpunkt bestand für den Steuerberater Veranlassung, für den Fall vorzusorgen, dass § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG von dem Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig und nichtig erklärt wird. War eine Änderung der Rechtsprechung bis dahin nicht absehbar (ebenso KG, DStRE 2007, 453, 454), musste für die Zeit danach ernsthaft die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass sich das Bundesverfassungsgericht der Rechtsansicht des Bundesfinanzhofs anschließt. Denn in Gestalt des Bundesfinanzhofs hatte immerhin ein höchstes Bundesgericht die entscheidende Norm für verfassungswidrig erachtet. Hierdurch erhielt die Rechtsansicht, wonach die Versteuerung privater Wertpapiergeschäfte gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG (1997) mit dem Grundgesetz insoweit unvereinbar sei, als die Durchsetzung des Steueranspruchs wegen struktureller Vollzugshindernisse weitgehend vereitelt werde, erheblich mehr Gewicht, als sie zuvor - nahezu ausschließlich aufgrund der wissenschaftlichen, privaten und prozessualen Äußerungen des Klägers im finanzgerichtlichen Ausgangsverfahrens - erlangt hatte. Ab diesem Zeitpunkt hätte ein Steuerberater folglich seinem Mandanten die Chance erhalten müssen, aufgrund einer eventuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - oder auch aufgrund einer eventuellen Gesetzesänderung im Zuge der nun einsetzenden Diskussion - in den Genuss einer Reduzierung der Einkommensteuerschuld zu gelangen. Sofern dies noch möglich gewesen wäre, hätte er daher ab diesem Zeitpunkt Einspruch gegen die Einkommensteuerbescheide einlegen oder über die Möglichkeit beraten müssen.

Ohne dass es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits entscheidend auf das Tagesdatum ankäme, ist daher im Ergebnis festzuhalten, dass die Beklagten frühestens ab dem 18.07.2002 Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Spekulationsgewinnen hätten haben und die Kläger hierüber hätten aufklären müssen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Einkommensteuerbescheide der Kläger jedoch bereits durchweg bestandskräftig.

c) Die Beklagten haben sich auch keiner anderen Pflichtverletzung schuldig gemacht. Sollten sie, wie sie in zweiter Instanz wohl behaupten wollen, die Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts v. 23.09.1999 gar nicht gekannt haben, wäre ihnen dies - abgesehen von der Unschädlichkeit einer solchen Kenntnis (s.o.) - schon nicht vorwerfbar gewesen. Denn der Steuerberater hat zwar grundsätzlich für die Kenntnis des Steuerrechts und damit - in den Grundzügen - auch der veröffentlichten Rechtsprechung der Finanzgerichte einzustehen. Allgemeiner Meinung zufolge geht diese Verpflichtung jedoch nicht so weit, dass jede veröffentlichte erstinstanzliche Entscheidung bzw. jedes Publikationsorgan sowie jedes beim Bundesfinanzhof anhängige Revisionsverfahren bekannt sein muss (eingehend Gräfe/Lenzen/ Schmeer, a.a.O., Rn. 234 ff.). In der Regel kann von ihm nur die Kenntnisnahme von Urteilen erwartet werden, die im Bundessteuerblatt und in der von der Bundessteuerberaterkammer herausgegebenen Zeitschrift "Deutsches Steuerrecht" veröffentlicht sind, wobei sich auch diese Verpflichtung in erster Linie nur auf Urteile des Bundesfinanzhofs bezieht (vgl. Gräfe/Lenzen/Schmeer a.a.O. Rn. 237, 241; LG Hamburg, GI 1993, 15 m.w.N.; Senat, Urteil vom 26.04.2007 - 8 U 49/06). Gemessen hieran oblag den Beklagten während der Beratungszeiträume von Mitte Mai bis Mitte Juli 2000 und von Anfang Januar bis Anfang Februar 2001 nicht die Kenntnis der Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 23.09.1999. Denn diese war in den zur Pflichtlektüre gehörenden Publikationen nicht abgedruckt (ebenso bereits Senat, Urteil vom 26.04.2007 - 8 U 49/06; LG Hamburg, GI 1993, 15; Gräfe/ Lenzen/Schmeer a.a.O. Rdn. 238).

d) Auch die Anhängigkeit des Revisionsverfahrens brauchte den Beklagten - auch hier abgesehen von der Unschädlichkeit einer solchen Kenntnis (s.o.) - nicht bekannt zu sein. Soweit es um die Kenntnisnahme des Hinweises in der Entscheidungssammlung EFG (2000, 178) geht, gilt vorstehend Gesagtes. Zudem befand sich zwar ab dem 10. 04.2000 ein Hinweis auf das Verfahren in der vierteljährlich zum Bundessteuerblatt Teil II erscheinenden Beilage. Diese Beilage besteht aus einer Übersicht der beim Bundesfinanzhof, Bundesverfassungsgericht und europäischen Gerichtshof anhängigen Verfahren in Steuersachen. Sie soll ihrem Vorwort entsprechend als Grundlage für das Ruhen des Einspruchsverfahrens gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO dienen. Die Kenntnis dieser Beilage ist für den Steuerberater mithin zwar vorteilhaft. Angesichts ihres Umfangs würde eine Verpflichtung der Steuerberater zur Kenntnisnahme der dort aufgeführten Verfahren und Überprüfung die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Steuerberatung jedoch überspannen. Die Beilage besteht regelmäßig aus rund 170 Seiten mit etwa 10 kleingedruckten Einträgen pro Seite. Sie hat damit eher den Charakter eines Nachschlagewerks als die Funktion, aktives Wissen für die Beratungspraxis zu vermitteln (KG, DStRE 2007, 453, 454; LG Frankenthal, Urteil vom 08.03.2005 - 4 O 374/04; LG Köln, Urteil vom 24.02.2005 - 2 O 401/03; Gräfe/Lenzen/Schmeer, a.a.O., Rn. 236).

e) Den Beklagten wäre - erneut unbeschadet der Frage, ob diese Kenntnis geschadet hätte - auch nicht vorzuwerfen, sich nicht hinreichend über die Literaturmeinung informiert zu haben. Wie ausgeführt, lag im entscheidenden Beratungszeitpunkt spezifische Literatur kaum vor. Überdies besteht Einigkeit darüber, dass die Beratungspflichten des Steuerberaters überfrachtet werden würden, wenn er auch die Literaturstimmen nachzeichnen müsste, die die Gültigkeit der Steuergesetze anzweifeln, ohne dass abzusehen wäre, dass diese Auffassung von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts übernommen werden würde. Die Verwerfung des § 23 EStG war - wie dargestellt - jedenfalls bis zur Veröffentlichung des Vorlagebeschlusses des Bundesfinanzhofs nicht absehbar (s.o., vgl. auch Senat, Urteil vom 26.04.20067 - 8 U 49/06; KG, DStRE 2007, 453, 454; Gräfe/Lenzen/Schmeer, a.a.O., Rn. 245).

f) Erst recht wäre den Beklagten nicht vorzuwerfen, die zur möglichen Verfassungswidrigkeit der Besteuerung von Spekulationsgewinnen erfolgten Veröffentlichungen in der Tagespresse nicht hinreichend zur Kenntnis genommen zu haben (s.o. unter Verweis auf BGH, NJW 2004, 3487).

g) Fehlt es nach alledem an einer schuldhaften Pflichtverletzung der Beklagten kann offen bleiben, ob die behauptete Fehlberatung überhaupt für das Unterbleiben der Einsprüche gegen die Steuerbescheide kausal war.

Insoweit bestehen erhebliche Zweifel, die daher rühren, dass die Kläger hätten darlegen und beweisen müssen, dass sie bei entsprechender Aufklärung über das anhängige Revisionsverfahren Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide eingelegt hätten und der geltend gemachte Schaden dann vermieden worden wäre. Dabei könnten sich die Kläger dabei nicht auf den Grundsatz des beratungsrichtigen Verhaltens stützen. Denn dieser Grundsatz gilt nur, wenn nach hypothetischer ordnungsgemäßer Beratung lediglich eine einzige verständige Entschlussmöglichkeit in Betracht kommt (BG,H, WM 2007, 419; BGH, NJW 1993, 3259; Gräfe/Lenzen/Schmeer, a.a.O., Rn. 631). Nach einer Information über die Anhängigkeit eines Revisionsverfahrens wären jedoch mehrere verständige Entschlussmöglichkeiten in Betracht gekommen. Angesichts des damals geltenden Rechts und der Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts hätten die Beklagten den Klägern zum einen von der Einlegung eines Einspruchs abraten müssen, um die Kosten eines vermeidlich erfolglosen Einspruchsverfahrens zu vermeiden. Andererseits wäre das finanzielle Risiko eines Einspruchsverfahrens im Vergleich zum möglichen Gewinn bei Erfolg des Revisionsverfahrens gering gewesen. Es wären deshalb Chancen und Risiken gegeneinander abzuwägen gewesen. Die Kläger haben nicht vorgetragen, dass sie sich dafür entschieden hätten, einen aus damaliger Sicht aussichtslosen Widerspruch einzulegen. Zwar behaupten sie, von Beginn an zu einer Musterklage betreffend die Spekulationssteuer bereit gewesen zu sein (Schriftsatz vom 19.10.2006 S. 3, Bl. 188 GA, mit Verweis auf Seite 2, Ziffer 1, Abs. 2 der Anlage B 13, Bl. 105 GA, und Schriftsatz vom 19.10.2006, S. 4, Bl 189 GA, mit Verweis auf Anlage B 11, S. 100 f.). Die eingereichten Unterlagen belegen eine Bereitschaft jedoch nur in Bezug auf die Frage von Vorauszahlungen auf die Einkommenssteuerschuld (Anlage B 13, Bl. 105 GA, Anlage B11, Bl 100 f. GA).

f) Offen bleiben kann schließlich auch die Frage nach der Schadenshöhe, insbesondere ob die fehlende Mitteilung über das anhängige Revisionsverfahren für einen Schaden durch die gezahlte Einkommenssteuer 1999 kausal geworden wäre. Dies ist zweifelhaft, da die Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG in der für 1999 geltenden Fassung derzeit noch im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde vom Bundesverfassungsgericht geprüft wird (Az.: 2 BvR 294/06), nachdem der Bundesfinanzhof die Verfassungsmäßigkeit - anders als für die Jahre 1997 und 1998 - für 1999 bejaht hat (NJW 2006, 1230).

g) Die Kläger können einen eventuellen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung schließlich auch nicht darauf stützen, dass die Beklagten sie nicht über die Möglichkeit der Einzelveranlagung aufgeklärt haben, bei deren Durchführung angeblich der Anfall von Spekulationssteuer vollständig vermieden und das Begehren der Kläger auf leichtem Wege vollständig erfüllt worden wäre.

Es bedarf an dieser Stelle keiner weiteren Ausführungen dazu, aus welchem Grund die Ansicht der Kläger in steuerrechtlicher Hinsicht nicht zutrifft. Denn den Klägern ist es schon aus prozessualen Gründen verwehrt, diese angebliche Pflichtverletzung erstmals in zweiter Instanz zum Gegenstand der Klage zu machen.

Das Vorbringen zur der angeblich günstigeren Möglichkeit der Einzelveranlagung steht mit dem Hauptvorbringen der Kläger - dem Vorwurf an die Beklagten, sie nicht über die Möglichkeit der Einlegung eines Einspruchs gegen die Einkommensteuerbescheide aufgeklärt zu haben mit dem Ziel, die Verfassungswidrigkeit des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG einzuwenden - in keinem inneren Zusammenhang. Das Vorbringen stellt vielmehr ein neues Angriffsmittel im Sinne der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO dar und kann daher - da der Sachvortrag streitig ist und ersichtlich keiner der Ausnahmetatbestände des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 ZPO erfüllt ist - in zweiter Instanz nicht berücksichtigt werden.

2. Zu Recht hat das Landgericht schließlich jegliche Rückforderungsansprüche der Kläger gegen die Beklagten wegen der Honorarzahlungen verneint.

a) Soweit die Kläger die Rückzahlungsansprüche auf eine angebliche Fehlberatung stützen, fehlt es bereits an einer Anspruchsgrundlage. Der Vergütungsanspruch aus einem Dienstvertrag bzw. aus einem Geschäftsbesorgungsvertrag mit dienstvertragsähnlichen Elementen, wie ihn der Steuerberatungsvertrag darstellt, kann wegen einer unzureichenden oder pflichtwidrigen Leistung nicht gekürzt werden oder in Wegfall geraten (BGH, NJW 2004, 2817; Gräfe/Lenzen/Schmeer, a.a.O., Rn. 118). Allenfalls käme ein Anspruch auf Rückzahlung des Honorars wegen Schlechtleistung in Form eines Schadensersatzanspruchs aus positiver Vertragsverletzung in Betracht (vgl. Weidenkaff in Palandt, BGB, 66. Auflage, 2007, § 611 Rn 16). Wie dargelegt, fehlt es aber bereits an einer objektiven Pflichtverletzung der Beklagten. Abgesehen davon wären die Kläger so zu stellen, wie sie ohne die behauptete Pflichtverletzung stünden (§ 249 Abs. 1 BGB). Das Honorar wäre aber auch bei pflichtgemäßer Beratung angefallen. Es kann deshalb dahin gestellt bleiben, ob die Beklagten erst aufgrund einer Benachrichtigung durch ihre Rechtsanwältin am 23.06.2004 erfahren haben, dass die Einlegung eines Einspruchs gegen die Steuerbescheide der Jahre 1997 bis 1999 für sie vorteilhaft gewesen wäre.

b) Soweit die Kläger geltend machen, die von den Beklagten in Rechnung gestellten Positionen seien nicht von dem erteilten Auftrag gedeckt oder sie seien überhöht und nicht nachvollziehbar gewesen, teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts, wonach etwaige Rückzahlungsansprüche auf das Steuerberatungshonorar verjährt sind.

In Betracht käme ein Rückzahlungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB. Dessen Verjährung richtet sich nach § 195 BGB a.F. und nicht nach § 196 Abs. 1 Nr. 15 BGB a.F. Denn § 196 BGB a.F. ist auf Bereicherungsansprüche nur anzuwenden, wenn diese wegen Unwirksamkeit des Vertrags wirtschaftlich den vertraglichen Anspruch ersetzten (BGHZ 48, 125, 127, BGH NJW 1995, 2547, 2548; Grothe in Münchener Kommentar BGB 4. Auflage 2001 § 196 Rn 6; Heinrichs in Palandt, 61. Auflage, 2002, § 196 Rn 24). Die Verjährung eines Rückzahlungsanspruchs gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB hätte gemäß §§ 195, 198 BGB a.F. mit der Entstehung des Anspruchs begonnen und wäre mit der Begleichung der Rechnungen entstanden. Er wäre gemäß § 195 BGB a.F., Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB, § 199 Abs. 1 BGB n.F. drei Jahre nach dem Schluss des Jahres, in dem die Kläger von den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangten oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätten erlangen müssen, verjährt.

Die Kläger hätten spätestens im Mai 2001 von einer Diskrepanz zwischen dem erteilten Auftrag und den in Rechnung gestellten Positionen sowie von den behaupteten Unstimmigkeiten der Rechnungen erfahren müssen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Kläger die Rechtsanwälte C., A. und U. mit der Überprüfung der Rechnungen der Beklagten beauftragt (Anlage B 7, Bl. 92 GA). Die Rechtsanwälte hätten eventuelle Unstimmigkeiten der Rechnungen erkennen müssen. Soweit dies nicht geschehen ist, obwohl die Rechnungen überhöht oder nicht nachvollziehbar waren, liegt eine fahrlässige Unkenntnis der Rechtsanwälte vor, die den Klägern gemäß § 166 Abs. 1 BGB zugerechnet wird (vgl. Schmidt-Räntsch in Erman, BGB, Band I, 11. Auflage, 2004, § 199 Rn 15; Grothe in Münchener Kommentar, BGB, 5. Auflage, 2006, § 199 Rn 33). Die dreijährige Verjährungsfrist begann gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB am 01.01.2002 zu laufen und endete am 01.01.2005. Der am 24.04.2006 bei dem Amtsgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids konnte die Verjährung nicht mehr hemmen.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 709 ZPO.

IV.

Die Revision wird zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1, Abs. 2 ZPO).

Streitwert für das Berufungsverfahren:

Berufung: 16.707,72 €

Ende der Entscheidung

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