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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 22.05.2007
Aktenzeichen: 8 W 10/07
Rechtsgebiete: UStG, EStG, BGB, ZPO, AO


Vorschriften:

UStG § 4 Nr. 9 Buchst. b
UStG § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
UStG § 15 Abs. 4
UStG § 15a
UStG § 15a Abs. 1
EStG § 4 Abs. 3
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 255
BGB § 273
BGB § 273 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1 S. 2
BGB §§ 421 ff.
BGB § 426
BGB § 675 Abs. 1
ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2 S. 2
ZPO § 167
ZPO § 253 Abs. 1
ZPO § 572 Abs. 3
AO § 164 Abs. 1
AO § 164 Abs. 2 S. 1
AO § 347 Abs. 1
AO § 363 Abs. 2 S. 2
AO § 367 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 11.12.2006 - 8 O 392/06 - in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 22.01.2007 aufgehoben.

Das Prozesskostenhilfeverfahren wird zur erneuten Entscheidung unter Berücksichtigung der Rechtsausführungen des Senats an das Landgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin war u.a. in den Jahren 1999 bis 2001 Inhaberin eines Einzelunternehmens, dessen Gegenstand der Betrieb von Spielhallen und Spielautomaten war. Bei den Spielautomaten handelte es sich sowohl um sog. Geldspielgeräte als auch um sog. Unterhaltungsgeräte. Die Antragstellerin war hierbei Konzessionsträgerin für ihren Sohn Herrn I. S. , da diesem keine Geldspielautomatenkonzession gewährt worden war. Ferner hatte die Antragstellerin auf ihren Namen für den Spielhallenbetrieb ein Gewerbe angemeldet. Auch gegenüber dem Finanzamt trat die Antragstellerin als Steuerpflichtige auf. Die Geschäftsführung des Spielhallenbetriebes erfolgte ausschließlich durch Herrn I. S. , der die Geräte aufstellte, Vertragsverhandlungen führte, die Automaten bestückte und leerte sowie die Verwaltung erledigte. Die Antragstellerin war nur als "Strohfrau" tätig. Von den Gläubigern des Unternehmens wurde die Antragstellerin für rückständige Zahlungsverpflichtungen persönlich in Anspruch genommen, auch die Antragsgegnerin nahm die Antragstellerin wegen rückständiger Gebührenforderungen in Anspruch. Auch die sich aus dem Spielhallenbetrieb ergebenden Steuerschulden zahlte die Antragstellerin.

Bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten wurde die Antragstellerin von der Antragsgegnerin beraten, wobei der Umfang der Beratungsleistungen zwischen den Parteien im Einzelnen streitig ist. Unstreitig beriet die Antragsgegnerin die Antragstellerin im Rahmen der Betriebsprüfung für die Jahre 1999 bis 2001 im Jahr 2003. Im Betriebsprüfungsbericht vom 2.7.2003 stellte das Finanzamt E unter Tz. 2.7 fest, dass wegen nicht ordnungsgemäßer Unterlagen die Einnahmen aus den Geldspielgeräten für die Jahre 1999 bis 2001 wie folgt erhöht werden müssten: Betriebseinnahmen 1999 um 10.216,00 DM, Umsatzsteuer 1999 um 1.409,10 DM; Betriebseinnahmen 2000 um 13.007,00 DM, Umsatzsteuer 2000 um 1.794,00 DM; Betriebseinnahmen 2001 um 10.714,00 DM, Umsatzsteuer 2001 um 1.477,80 DM.

Mit Schreiben vom 15.7.2003 übersandte die Antragsgegnerin der Antragstellerin den Betriebsprüfungsbericht vom 2.7.2003. Mit Umsatzsteuerbescheiden des Finanzamts E vom 1.9.2003 und 8.9.2003, die der Antragsgegnerin als Empfangsbevollmächtigter der Antragstellerin gegenüber bekannt gegeben wurden, wurden unter Anwendung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG für das Jahr 1999 insgesamt 6.719,49 € (Nachforderung 3.801,40 €), für das Jahr 2000 insgesamt 11.515,95 € (Nachforderung 2.856,71 €) und für das Jahr 2001 insgesamt 14.938,41 € (Nachforderung 147,30 €) Umsatzsteuer festgesetzt. Insgesamt wurden 32.526,85 € Umsatzsteuer und darauf entfallende Zinsen in Höhe von 647,00 € festgesetzt.

Die Antragstellerin wurde von der Antragsgegnerin nicht über die Möglichkeiten informiert, gegen diese Bescheide Rechtsbehelfe einzulegen. Insbesondere unterblieb ein Hinweis auf den Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhof vom 6.11.2002 (V R 50/01) und die darin zur fehlenden Umsatzsteuerpflicht von Einnahmen privater Glücksspielbetreiber vertretene Rechtsaufassung sowie der Rat, gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2001 Einspruch einzulegen. Der Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhof vom 6.11.2002 war Anfang 2003 in Fachzeitschriften veröffentlicht worden.

Die genannten Umsatzsteuerbescheide wurden rechtskräftig. Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 19.1.2005 wurde das Mandatsverhältnis zur Antragstellerin gekündigt. Die Antragstellerin meldete das Spielhallengewerbe am 28.1.2005 zum 30.6.2004 ab. Ihr Sohn I. S. meldete am 1.12.2004 zum 1.7.2004 ein entsprechendes Gewerbe an. Die Antragstellerin hat zu ihrem Sohn Herrn I. S. , der seit Jahren überschuldet ist, keinen Kontakt mehr. Die Antragstellerin hat am 07.04.2004 die eidesstattliche Versicherung abgegeben.

Die Antragstellerin behauptet, ihr sei nicht nur in Höhe der Umsatzsteuernachforderungen, sondern in Höhe der insgesamt aufgrund der Betriebsprüfung auf die Einnahmen aus Geldspielgeräten festgesetzten Umsatzsteuer ein Schaden entstanden. Dieser Schaden belaufe sich auf 18.577,35 €, denn auf die insgesamt festgesetzten Umsatzsteuer- und Zinsbeträge für die Jahre 1999 bis 2001 in Höhe von 32.526,85 € und 647,00 € entfalle ein Anteil von 56 % auf die Einnahmen aus Geldspielgeräten.

Bei Umsatzsteuerfreiheit der Umsätze aus den Geldspielautomatengeräten wären nach der Behauptung der Antragstellerin auch keine zusätzlichen Belastungen entstanden. Im Zuge von Rechtsbehelfen gegen die streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide wäre es nicht zwingend zu einem prozentualen Verlust der Vorsteuerabzugsbefugnis gekommen, in jedem Fall hätte eine etwaige Kürzung des Vorsteuerabzugs gemäß § 15 Abs. 4 UStG maximal 56 % betragen können.

Ferner behauptet die Antragstellerin, dass die Umsatzsteuer für die Jahre 1999 bis 2001 aufgrund der Regelung des § 4 Abs. 3 EStG in den Jahren 1999 bis 2001 nicht steuermindernd als Betriebsausgabe berücksichtigt worden sei. Auch im Jahr 2003 sei die von der Antragstellerin für die Jahre 1999 bis 2001 gezahlte Umsatzsteuer nicht konkret gewinnmindernd berücksichtigt worden, da für das Jahr 2003 wiederum eine Gewinnschätzung durch das Finanzamt erfolgt sei.

Die Antragstellerin vertritt schließlich die Ansicht, dass im Fall von Umsatzsteuererstattungen für die Jahre 1999 bis 2001 keine Umsatzsteuer- und Vorsteuerkorrekturen hätten vorgenommen werden müssen, da sie ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG im Wege einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt habe.

Die Antragstellerin hat am 15.09.2006 Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an sie 18.577,35 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, und mit einem am 05.10.2006 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz beantragt, ihr zur Durchführung dieser Klage Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Die Antragsgegnerin hat angekündigt, Klageabweisung beantragen zu wollen, und beantragt, das Prozesskostenhilfegesuch zurückzuweisen.

Die 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen hat durch Beschluss vom 11.12.2006 das Prozesskostenhilfegesuch der Antragsteller mangels hinreichender Glaubhaftmachung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen der Antragstellerin hierfür (§ 114 Satz 1 ZPO) zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, die mit Schriftsätzen vom 21.12.2006 sowohl zu den persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen als auch - in erheblichem Umfang - in der Sache ergänzend vorgetragen hat. Auf die dortigen Ausführungen wird Bezug genommen (Bl. 80 ff., 115 ff. GA).

Die Antragstellerin beantragt,

ihr unter Aufhebung des Beschlusses der 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 11.12.2006 - 8 O 392/06 -, in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 22.1.2007 Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsverfolgung zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie behauptet, das Mandat der Klägerin mehrmals niedergelegt zu haben und nur punktuell im Rahmen der Betriebsprüfung im Jahr 2003 noch einmal für diese tätig geworden zu sein. Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, die Antragstellerin sei nicht aktivlegitimiert, da sie nur als Strohfrau für ihren Sohn I. S. tätig gewesen sei. Ferner sei die Klägerin wirtschaftlich Treuhänderin gewesen und habe als solche Freistellungsansprüche gegen ihren Sohn Herrn I. S. . Ferner behauptet die Antragsgegnerin, dass die Antragstellerin bei der streitgegenständlichen Betriebsprüfung auch durch ihren zweiten Sohn, den Steuerberater Herrn D. L., beraten worden sei. Weiter bestreitet die Antragsgegnerin den Umsatzanteil aus Geldspielautomaten von 56 %. Sie ist darüber hinaus der Ansicht, der Umsatzanteil von 56 % sei kein geeigneter Indikator, um die Quotierung in der BP für die Jahre 1998 bis 2001 zu ermitteln.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, die Antragstellerin habe ihrer Obliegenheit zur substantiierten Darlegung eines Schadens nicht genügt. Die Antragstellerin habe es unterlassen, im Wege eines Gesamtvermögensvergleichs durch Differenzberechnung aller günstigen und ungünstigen Umstände die Vermögenslage zu ermitteln, die sich "unter dem Strich" ergebe. Insbesondere müsse die Antragstellerin zur Herstellung ordnungsgemäßer Schadensberechnung und fiktiver Steuererstattungsberechnung mindestens 11.000 € für Buchführung und Anlagenverzeichnisse aufwenden, wobei dieser Aufwand auch bei Inanspruchnahme der Umsatzsteuerfreiheit entstanden wäre. Die Antragsgegnerin ist darüber hinaus der Ansicht, dass ein nachhaltiger Schaden der Antragstellerin entfalle, wenn diese ihrer Schadensminderungspflicht nachkomme. Die Antragstellerin könne unter Berufung auf die sog. "Emmot`sche Fristhemmung" eine Umsatzsteuererstattung erreichen. Entsprechendes gelte für einen hilfsweise zu stellenden Erlassantrag.

Die Antragsgegnerin beruft sich hilfsweise auf ein Zurückbehaltungsrecht gemäß den §§ 273, 255 BGB, da der von der Antragstellerin vorgetragene Sachverhalt dieser zugleich Schadensersatzansprüche gegen ihren zweiten Sohn, den Steuerberater Herrn D. L., und gegen die Finanzverwaltung vermittle. Außerdem erhebt die Antragsgegnerin die Einrede der Verjährung.

Das Landgericht Aachen hat der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin durch Beschluss vom 22.01.2007 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Wegen der - erheblich erweiterten - Begründung wird auf den Inhalt des Nichtabhilfebeschlusses Bezug genommen (Bl. 74-78 GA).

II.

Die gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte (§§ 127 Abs. 2 S. 3, 569 Abs. 1 S. 1, 222 Abs. 2 ZPO) sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe kann nicht mit der vom Landgericht gegebenen Begründung abgelehnt werden.

Gemäß § 114 ZPO erhält eine bedürftige Partei Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

1. Die Antragstellerin hat, wie das Landgericht im Nichtabhilfebeschluss vom 22.1.2007 zutreffend festgestellt hat, die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nunmehr allerdings glaubhaft gemacht.

2. Jedoch ist die hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne zurzeit noch nicht in einem Umfang dargetan, dass die Gewährung von Prozesskostenhilfe für einen konkreten Klageantrag möglich wäre. Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne von § 114 ZPO liegt vor, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Zöller-Philippi, ZPO, 26. Aufl., 2007, § 114, Rdnr. 19). Es muss aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich sein, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringen wird (Zöller-Philippi, a.a.O.). Oft genügt hierbei schlüssige Darlegung mit Beweisantritt (Zöller-Philippi, a.a.O.). An die Substantiierung dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (BGH NJW 2004, 2022).

Dies vorangestellt, kann der Antragstellerin Prozesskostenhilfe nicht mit der vom Landgericht angeführten Begründung versagt werden, diese habe einen Schadensersatzanspruch gegen die Antragsgegnerin aus §§ 675 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB wegen steuerlicher Falschberatung nicht schlüssig dargelegt.

a) Zwischen den Parteien bestand - zumindest im Rahmen der Betriebsprüfung für die Jahre 1999 bis 2001 im Jahr 2003 - ein als Geschäftsbesorgungsvertrag mit dienstvertraglichem Charakter zu qualifizierender Steuerberatervertrag.

b) Die Antragsgegnerin hat auch - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - ihre Pflichten aus diesem Vertrag verletzt, indem sie die Antragstellerin nicht über die Möglichkeiten, Rechtsbehelfe gegen die Umsatzsteuerbescheide vom 1.9. und 8.9.2003 einzulegen, belehrt und diese insbesondere nicht auf den Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhof vom 6.11.2002 (V R 50/01, BFH/NV 2003, 273 ff.) hingewiesen hat.

Die Pflichten eines Steuerberaters richten sich grundsätzlich nach Inhalt und Umfang des erteilten Mandats. Er muss im Rahmen des erteilten Auftrags die steuerlichen Interessen des Mandanten umfassend wahrnehmen und den für seinen Mandanten sichersten Weg wählen. Hierbei kommt der jeweiligen höchstrichterlichen Rechtsprechung überragende Bedeutung zu (BGH NJW 2001, 146 ff.). Der Steuerberater muss seine Hinweise und Belehrungen danach ausrichten, auch dann, wenn es sich um neuere Entscheidungen handelt, in denen die jeweilige Problematik in einem bestimmten Sinn entschieden worden ist (BGH NJW-RR 1992, 1110 ff.; BGH DB 1993, 1818 ff.; BGH DB 1993, 2374 ff.). Hiernach war die Antragsgegnerin verpflichtet, die Antragsstellerin auf die Rechtsauffassung des Bundesfinanzhof zur Umsatzsteuerpflicht von Einnahmen privater Glücksspielbetreiber in seinem Vorlagebeschluss vom 6.11.2002 hinzuweisen und ihr zu raten, gegen die Umsatzsteuerbescheide Einspruch nach § 347 Abs. 1 AO einzulegen.

Dem Vorlagebeschluss vom 6.11.2002 lag zwar insoweit ein anderer Sachverhalt zugrunde, als es um die Umsatzsteuerfreiheit der privaten Veranstaltung eines Kartenspiels und nicht um die private Aufstellung von Geldspielautomaten ging (vgl. BFH/NV 2003, 273 ff.). Der Bundesfinanzhof stellte in Hinblick auf diesen Sachverhalt aber die grundsätzliche Frage, welche Reichweite das in EuGH Slg. 1998, I-3369 aufgestellte Verbot, die unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels der Mehrwertsteuer zu unterwerfen, wenn die Veranstaltung eines solchen Glücksspiels durch eine zugelassene öffentliche Spielbank steuerfrei ist, habe und inwieweit der Veranstalter eines solchen Glücksspiels sich darauf berufen könne (vgl. BFH a.a.O.). Die Antragsgegnerin hätte deshalb den Vorlagebeschluss zum Anlass nehmen müssen, unter Hinweis auf die Argumentation des Bundesfinanzhofs und das vor dem Europäischen Gerichtshof anhängige Verfahren insoweit Einspruch gegen die Umsatzsteuerbescheide vom 01.09. und 08.09.2003 einzulegen, als diese die Umsatzsteuer auf Einnahmen aus Geldspielautomaten betrafen. Zumindest hätte sie der Antragstellerin zur Einlegung eines solchen Einspruchs raten müssen. Der Beschluss des Bundesfinanzhofs wurde bereits Anfang 2003 in den einschlägigen Fachzeitschriften veröffentlicht, deren Lektüre von einem Steuerberater verlangt werden kann, namentlich am 19.02.2003 in Heft 4 des "DStR-Entscheidungsdienstes", der zweimal monatlich als Beilage zu der Zeitschrift "Deutsches Steuerrecht" erscheint (DStRE 2003, 235 ff.; vgl. ferner BFH/NV 2003, 273 ff.; DB 2003, 190; BB 2003, 141 f.).

Der Steuerberater hat bei der Erfüllung seines Vertrages auch für die Kenntnis des Steuerrechts und damit - in den Grundzügen - auch der veröffentlichten Rechtsprechung der Finanzgerichte einzustehen. Von ihm kann erwartet werden, dass er die im Einzelfall einschlägigen Steuergesetze, Verordnungen und Erlasse, die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in gleich gelagerten Fällen und die ständige Verwaltungspraxis der Finanzämter kennt (Senat, Urteil vom 26.04.2007 - 8 U 49/06; vgl. auch Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 4. Aufl., Rn. 234; LG Frankfurt GI 2006, 61 f.). Allgemeiner Meinung zufolge geht diese Verpflichtung nicht so weit, dass jede veröffentlichte erstinstanzliche Entscheidung bzw. jedes Publikationsorgan sowie jedes beim Bundesfinanzhof anhängige Revisionsverfahren bekannt sein muss. In der Regel kann vom Steuerberater nur die Kenntnisnahme von Urteilen erwartet werden, die im Bundessteuerblatt sowie in der von der Bundessteuerberaterkammer herausgegebenen Zeitschrift "Deutsches Steuerrecht" (DStR) veröffentlicht sind, wobei sich diese Verpflichtung in erster Linie auf Entscheidungen des Bundesfinanzhofs bezieht (Senat, Urteil vom 26.04.2007 - 8 U 49/06; LG Hamburg GI 1993, 15 m. w. N.; eingehend Gräfe/Lenzen/Schmeer aaO Rdn. 234 ff., 237, 241; Lange, DB 2003, S. 869 ff.). Die Karenzzeit für die Kenntnisnahme eines in einer der einschlägigen Zeitschriften veröffentlichen Entscheidung beträgt von 4 bis 6 Wochen ab Veröffentlichung (vgl. hierzu Lange, DB 2003, S. 869, 870 ff. m.w.N.) und war mithin im Streitfall im September 2003 - von Ende Februar 2003 an - weit überschritten.

c) Das Verschulden der Antragsgegnerin wird gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet.

d) Auch die haftungsbegründende Kausalität der Pflichtverletzung der Antragsgegnerin ist zu bejahen, denn Einsprüche gegen die Umsatzsteuerbescheide vom 1.9. und 8.9.2003 hätten Erfolg gehabt. Zunächst hätten diese Rechtsbehelfe gemäß § 363 Abs. 2 S. 2 AO zum Ruhen des Einspruchsverfahrens geführt. In der Einspruchsentscheidung nach § 367 Abs. 1 AO hätte das Finanzamt den Einsprüchen abgeholfen und die streitgegenständlichen Bescheide insoweit aufgehoben, als sie die Einnahmen aus den Geldspielautomaten betrafen, da die Umsatzbesteuerung insoweit rechtswidrig war. Am 17.2.2005 (EuZW 2005, 210 ff.) entschied der Europäische Gerichtshof, dass Art. 13 Teil B lit. f der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehe, wonach die Veranstaltung und der Betrieb von Glücksspielen und Glücksspielgeräten aller Art in zugelassenen öffentlichen Spielbanken steuerfrei sei, während diese Steuerbefreiung für die Ausübung der gleichen Tätigkeit durch Wirtschaftsteilnehmer, die nicht Spielbankenbetreiber seien, nicht gelte und sich die Veranstalter von Glücksspielen auch unmittelbar auf diese Richtlinienbestimmung berufen könnten. Auf der Grundlage dieser Entscheidung befand der Bundesfinanzhof am 19.5.2005 (V R 50/01, BFH/NV 2005, 1881 f.), dass sich ein Veranstalter von Kartenspielen auf die Steuerfreiheit seiner Umsätze nach Art. 13 Teil B lit. f der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG in dem Sinne berufen könne, dass die Vorschrift des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG keine Anwendung finde. Bei Zugrundelegung dieser Rechtsprechung waren auch die Einnahmen der Antragstellerin aus den Geldspielautomaten, die gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG mit Umsatzsteuer belastet worden waren, zu Unrecht der Umsatzsteuer unterworfen worden.

e) Die Antragstellerin hat auch einen eigenen Schaden dem Grunde nach hinreichend schlüssig dargelegt.

Der Umstand, dass die Antragstellerin als Strohfrau für ihren Sohn Herrn I. S. tätig war, steht der Annahme eines eigenen Schadens der Anragstellerin nicht entgegen. Die Antragstellerin war selbst Vertragspartnerin der Antragsgegnerin und ist als solche berechtigt, die sich aus einer Verletzung dieses Vertrages ergebenden Schadensersatzansprüche geltend zu machen, denn der Strohmann wird aus den von ihm geschlossenen Geschäften selbst berechtigt und verpflichtet (Palandt/ Heinrichs, Einf. v. § 164, Rdnr. 8). Ferner wurde sie selbst - gemäß der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach auch der Strohmann Unternehmereigenschaft besitzt und als solcher für Steuerschulden haftet (vgl. nur BFH BStBl. II 2005, 168) - als Steuerpflichtige für die Umsatzsteuerbescheide 1999 - 2001 vom Finanzamt E in Anspruch genommen. Auch der Heranziehung der Grundsätze der Drittschadensliquidation bedarf es für die Begründung eines eigenen Schadens der Klägerin entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts nicht. Schaden und Anspruch fallen vorliegend nicht auseinander. Der Schaden trat - wie das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat - bei der vergütungspflichtigen Mandantin ein und wurde auch nicht auf deren Sohn I. S. verlagert, da die Antragstellerin selbst Steuerpflichtige ist. Das etwaige Bestehen eines Freistellungsanspruchs der Antragstellerin gegen ihren Sohn als wirtschaftlichem Eigentümer des Spielhallengewerbes führt allenfalls dazu, dass dieser die Abtretung von Schadensersatzansprüchen der Antragstellerin Zug um Zug gegen die Freistellung verlangen kann. Es bedeutet aber nicht, dass der Antragstellerin kein eigener Schaden entstanden ist.

Diese Überlegungen gelten entsprechend für eine - von der Antragstellerin bestrittene - treuhänderische Stellung der Antragstellerin. Auch der Treuhänder wird aus den von ihm geschlossenen Rechtsgeschäften selbst berechtigt und verpflichtet, auch die steuerlichen Folgen treffen ihn (Palandt- Heinrichs, Überbl. v. § 104, Rdnr. 25).

f) Die Antragstellerin hat einen ihr entstandenen Schaden auch insoweit schlüssig dargelegt, als sie behauptet hat, ihr sei nicht nur in Höhe der Umsatzsteuernachforderungen, sondern in Höhe der insgesamt auf die Einnahmen aus Geldspielautomaten festgesetzten Umsatzsteuer ein Schaden entstanden. Ein Einspruch gegen die Umsatzsteuerbescheide vom 1.9. und 8.9.2003 hätte nicht nur die Umsatzsteuernachforderungen, sondern die gesamte Umsatzsteuerfestsetzung auf Einnahmen aus Geldspielautomaten erfasst. Die Umsatzsteuer für die Jahre 1999 bis 2001 war - wie sich aus den Bescheiden vom 1.9. und 8.9.2003 ergibt - zunächst nur unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO festgesetzt worden. Eine Änderung der Steuerfestsetzung war gemäß § 164 Abs. 2 S. 1 AO jederzeit möglich, die Festsetzung war noch nicht bestandskräftig. Erst durch die Bescheide vom 1.9. und 8.9.2003 wurde der Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 3 S. 1 AO aufgehoben und die Umsatzsteuer endgültig festgesetzt.

g) Die Antragstellerin hat den ihr entstandenen Schaden allerdings der Höhe nach noch nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

aa) Die Antragstellerin hat behauptet, der Schaden belaufe sich auf 18.577,35 €, denn auf die insgesamt festgesetzten Umsatzsteuer- und Zinsbeträge für die Jahre 1999 bis 2001 iHv 32.526,85 € und 647,00 € entfalle ein Anteil von 56 % auf die Einnahmen aus Geldspielgeräten. Der Anteil von 56 % ergebe sich daraus, dass im Rahmen einer nachfolgenden BP für die Jahre 2002 bis 2004 das Finanzamt E aufgrund der Auflistungen der einzelnen Geräte durch die Stadt M, die diese Auflistung im Zusammenhang mit der Festsetzung der Vergnügungssteuer erstellt hatte, festgestellt habe, dass für das Jahr 2001 auf die Geldspielgeräte 56 % der Gesamteinnahmen des Betriebes der Antragstellerin entfielen. Das Verhältnis von Geldspielgeräten zu Unterhaltungsgeräten habe sich über die Jahre nicht geändert, sondern sei im Wesentlichen gleich geblieben, so dass dieses Verhältnis auch in den Jahren 1999 bis 2001 vorgelegen habe.

Dieser Vortrag der Antragstellerin genügt nicht für eine hinreichend substantiierte Darlegung der Schadenshöhe. Hierfür ist es erforderlich, zwischen den einzelnen Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 1999 bis 2001 zu differenzieren und für jedes Jahr jeweils den Anteil der Einnahmen aus Geldspielgeräten an den Gesamteinnahmen anzugeben. Wie das Landgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 22.1.2007 zutreffend festgestellt hat, ist allein auf die konkreten Umsatzanteile der Jahre 1999 bis 2001 und die darauf jeweils entfallende Umsatzsteuer abzustellen. Der Hinweis der Antragstellerin, das Verhältnis der Geldspielautomaten zu den Unterhaltungsgeräten sei über die Jahre im Wesentlichen gleich geblieben, genügt den dargestellten Anforderungen nicht, da die Höhe der Einnahmen nicht allein von der Anzahl der Geldspielautomaten abhängen kann. Auch die Ausführungen der Antragstellerin auf S. 4 ihrer Replik vom 21.1.2007 (Bl. 113 GA) helfen insoweit nicht, denn sie trägt auch hier unter Beweisantritt nur zu der Anzahl der Geldspielgeräte im Verhältnis zu den Unterhaltungsgeräten, nicht aber zu den konkreten Umsatzanteilen vor.

Der Sachverhalt ist mithin insoweit noch nicht hinreichend aufgeklärt, was zur Zurückweisung der Sache an das Landgericht führt. Dieses hat der Antragstellerin, die die Relevanz der konkreten Umsatzanteile für die Bemessung ihres Schadens erkennbar übersehen hat, indem sie nur zur Anzahl der Geldspielautomaten vortrug, Gelegenheit zu geben, ihren Vortrag entsprechend zu ergänzen. Es besteht auch eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die Antragstellerin für die Jahre 1999 und 2000 die konkreten Umsatzanteile der Geldspielautomaten beziffern und unter Beweis stellen kann, denn in der Anlage K 8 zur Klageschrift der Klägerin vom 31.8.2006 ist für das Jahr 2001 eine Aufteilung der Einnahmen angeben und der Anteil der Einnahmen aus Geldspielgeräten, wie bereits erwähnt, mit 56 % beziffert, so dass davon ausgegangen werden kann, dass auch für die Vorjahre solche Aufteilungen vorliegen.

bb) Ferner genügen die Darlegungen der Antragstellerin auch insoweit noch nicht den Anforderungen an die Darlegung eines Steuerschadens, als bei diesem im Wege eines Gesamtvermögensvergleichs eine Gegenüberstellung aller mit der favorisierten Option verbundenen Vor- und Nachteile zu verlangen ist (BGH NJW-RR 2004, 1210, 1212).

Gemäß § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG korrespondiert mit der Umsatzsteuerfreiheit von Einnahmen ein Ausschluss des Vorsteuerabzugs. Die Antragstellerin hat behauptet, dass es im Zuge von Rechtsbehelfen gegen die streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide nicht zwingend zu einem prozentualen Verlust der Vorsteuerabzugsbefugnis gekommen wäre, weil sich die Antragstellerin nur gegen die steuerliche Behandlung der Umsätze aus den Geldspielautomaten gewandt hätte. In jedem Fall hätte eine etwaige Kürzung des Vorsteuerabzugs gemäß § 15 Abs. 4 UStG maximal 56 % betragen können. Die Antragstellerin hat hierbei übersehen, dass die nachträgliche Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse keinen Fall des § 15 Abs. 4 UStG darstellt, sondern grundsätzlich von § 15a UStG erfasst wird. Hierbei stellt sich auch die Frage, ob eine Annahme der Umsatzsteuerfreiheit durch den Bundesfinanzhof nicht eine Änderung der rechtlichen Beurteilung der Verhältnisse bedeutet, die keinen Berichtigungsgrund nach § 15a Abs. 1 UStG darstellt (vgl. BFH BStBl. II 1991, 860 m.w.N.; Bunjes/ Geist- Heidner, UStG, 8. Aufl. 2005, § 15a, Rdnr. 24).

Der Sachverhalt ist mithin auch hinsichtlich der Konsequenzen eines möglichen Verlusts des Vorsteuerabzugs noch nicht hinreichend aufgeklärt, was ebenfalls zur Zurückweisung der Sache an das Landgericht führt. Dieses hat der Antragstellerin, die die Bedeutung des § 15a UStG im vorliegenden Zusammenhang übersehen hat, Gelegenheit zu geben, ihren Vortrag entsprechend zu ergänzen.

cc) Zu den ertragsteuerlichen Konsequenzen einer Einspruchseinlegung und möglichen Steuererstattung hat die Antragstellerin hingegen mittlerweile schlüssig und unter Beweisantritt vorgetragen, dass die sich für die Jahre 1999 bis 2001 ergebende Umsatzsteuerzahllast in den Jahren 1999 bis 2001 aufgrund der Regelung des § 4 Abs. 3 EStG nicht steuermindernd als Betriebsausgabe berücksichtigt worden sei (vgl. Bl. 116 GA). Dementsprechend wäre eine Umsatzsteuererstattung nicht als Betriebseinnahme zu qualifizieren gewesen. Ferner hat die Antragstellerin insoweit unter Beweisantritt behauptet, dass auch im Jahr 2003 die von ihr für die Jahre 1999 bis 2001 gezahlte Umsatzsteuer nicht konkret gewinnmindernd berücksichtigt worden sei, da für das Jahr 2003 wiederum eine Gewinnschätzung durch das FA erfolgt sei (vgl. Bl. 116-117 GA).

dd) Auch der Einwand der Antragsgegnerin, die Antragstellerin müsse für eine hinreichend substantiierte Schadensdarlegung Aufwendungen für Einrichtung und Fortführung von Buchführung und Anlageverzeichnissen in Höhe von 11.000 € tätigen, die auch bei Inanspruchnahme der Umsatzsteuerfreiheit entstanden wären und einen Schaden der Antragstellerin minderten, steht einem Schadensersatzanspruch der Antragstellerin nicht entgegen. Die - möglicherweise erforderlichen - Aufwendungen für eine ordnungsgemäße Schadensberechnung wären durch die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs der Antragstellerin verursacht und als Kosten der Schadensermittlung gerade grundsätzlich ersatzfähig (vgl. Palandt-Heinrichs, § 249, Rdnr. 38). Der Umstand, dass solche Aufwendungen nach dem Vortrag der Antragsgegnerin bei Inanspruchnahme der Umsatzsteuerfreiheit ebenfalls angefallen wären, bedeutet allenfalls, dass diese Aufwendungen nach den Grundsätzen des rechtmäßigen Alternativverhaltens (vgl. Palandt- Heinrichs, Vorb. § 249, Rdnr. 105) nicht zu einer Erhöhung des Schadens der Antragstellerin führen würden.

ee) Auch das etwaige Bestehen von Freistellungsansprüchen der Antragstellerin gegen ihren Sohn Herrn I. S. mindert einen Schaden der Antragstellerin nicht. Solche Ansprüche wären nicht werthaltig, denn Herr I. S. ist unstreitig seit Jahrzehnten amtsbekannt überschuldet (vgl. Bl. 150 GA und S. 2 des Schriftsatzes der Antragstellerin vom 13.4.2003).

ff) Für eine angemessene Beurteilung des Vorhandenseins eines eigenen Vermögensschadens der Antragstellerin ist es schließlich - entgegen der Auffassung des Landgerichts - auch nicht erforderlich, dass die Klägerin Angaben zur Gewinn- und Verlustverteilung zwischen ihr und ihrem Sohn Herrn I. S. macht. Eine Absprache über die Gewinn- und Verlustverteilung zwischen der Antragstellerin als Konzessionsinhaberin und dem ihrem Sohn als wirtschaftlichem Nutznießer des Unternehmens betrifft ausschließlich das Innenverhältnis zwischen beiden und kann die Antragsgegnerin als außen stehende Dritte weder be- noch entlasten.

h) Ein nachhaltiger Schaden der Antragstellerin entfällt - entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin - auch nicht deshalb, weil diese ihrer Schadensminderungspflicht nicht nachgekommen ist. Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass sie unter Berufung auf die sog. "Emmot`sche Fristhemmung" versucht hat eine Umsatzsteuererstattung zu erreichen (vgl. Bl. 117, 140 GA). Ihr Einspruch sei aber vom Finanzamt E mit Bescheid vom 17.5.2005 mit der Begründung zurückgewiesen worden, die Bestandskraft der Umsatzsteuerbescheide vom 01.09. und 08.09.2003 werde nicht durch die Emmot`sche Fristhemmung durchbrochen. Hierdurch hat die Antragstellerin ihrer Schadensminderungspflicht genügt.

i) Der Antragsgegnerin steht nach dem Vortrag der Antragstellerin auch kein Zurückbehaltungsrecht gemäß §§ 273 Abs. 1, 255 BGB in Hinblick auf Schadensersatzansprüche der Antragstellerin gegen ihren Sohn Herrn D. L. zu. Nach dem Vortrag der Antragstellerin hat dieser sie im Rahmen der Betriebsprüfung im Jahr 2003 nicht beraten (Bl. 112 GA). Im Übrigen würde eine gleichzeitige Beratung durch den Sohn der Antragstellerin nur zu einer gesamtschuldnerischen Haftung der Antragsgegnerin und des Herrn D. L. gemäß §§ 421 ff. BGB führen, denn die Verpflichtungen beider wären insbesondere gleichstufig. Die Antragsgegnerin hätte allenfalls Ansprüche aus § 426 BGB gegen Herrn D. L.. Entsprechendes gilt für etwaige Amtshaftungsansprüche der Antragstellerin.

j) Ein Schadensersatzanspruch der Antragstellerin wäre schließlich auch nicht verjährt, denn die Klage der Antragstellerin ging am 31.8.2006 bei Gericht ein, wodurch die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, §§ 253 Abs. 1, 167 ZPO gehemmt wurde.

3. Der Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin ist - entgegen der Auffassung des Landgerichts - auch nicht rechtsmissbräuchlich. Der Umstand, dass der Sohn der Klägerin Herr I. S. als wirtschaftlicher Eigentümer des Spielhallengewerbes hinter der Antragstellerin steht und damit ggf. vorrangig zur Finanzierung des Rechtsstreits heranzuziehen wäre, begründet weder die Mutwilligkeit noch die Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrages. Die Rechtsmissbräuchlichkeit des Prozesskostenhilfeantrags wird in Rechtsprechung und Schrifttum u.a. dann angenommen, wenn der Hilfsbedürftige nur vorgeschoben wird, um Prozesskosten zu sparen, z.B. bei einer Forderungsabtretung (vgl. zu dieser Konstellation BGHZ 47, 289 ff.; OLG Köln VersR 1989, 277; OLG München FamRZ 1994, 1531 ff.; Zöller-Phlilippi, § 114, Rdnr. 9; Thomas/Putzo-Reichold, 27. Auflage, 2005, § 114, Rdnr. 7). So liegt der Fall hier nicht, denn Herr I. S. hat die Antragstellerin nicht vorgeschoben. Die Antragstellerin hat vielmehr unstreitig keinen Kontakt mehr zu Herrn I. S. . Ferner macht die Klägerin wie erörtert einen eigenen Schadensersatzanspruch und keine Forderung aus abgetretenem Recht geltend.

Eine weitere Konstellation, in der trotz Vorliegens der sonstigen Voraussetzungen für die Gewährung ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe verneint werden kann, ist gegeben, wenn der Rechtsstreit ausschließlich im Drittinteresse geführt wird (vgl. Zöller-Phlilippi, § 114, Rdnr. 11; OLG Hamm, VersR 1982, 381). Auch diese Fallgestaltung liegt hier nicht vor. Nach dem von der Antragsgegnerin nicht bestrittenen Vortrag der Antragstellerin führt diese den Rechtsstreit nicht im Interesse des Herrn I. S. bzw. des von diesem betriebenen Einzelunternehmens, sondern um ihre eigenen Schulden, die im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Konzessionsträgerin entstanden sind, zu begleichen (vgl. Bl. 83 GA).

4. Gemäß § 572 Abs. 3 ZPO steht im Beschwerdeverfahren die Aufhebung und Zurückverweisung im Ermessen des Beschwerdegerichts (Zöller-Philippi, § 127, Rdnr. 38). Eine Zurückverweisung liegt insbesondere dann nahe, wenn noch weitere Ermittlungen nötig sind (Zöller-Philippi, a.a.O.). So liegt es hier. Der Sachverhalt ist noch nicht hinreichend aufgeklärt. Wie bereits erörtert, hat das Landgericht der Antragstellerin nochmals Gelegenheit zu geben, ihren Vortrag hinsichtlich der konkreten Umsatzanteile der Einnahmen aus Geldspielautomaten in den Jahren 1999 und 2000 und hinsichtlich der Konsequenzen eines möglichen Verlusts des Vorsteuerabzugs zu ergänzen. Eine abschließende Sachentscheidung im Beschwerdeverfahren käme vorliegend dem Verlust einer Tatsacheninstanz gleich. In einem solchen Fall ist die Zurückverweisung angebracht.

Der Kostenausspruch folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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