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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 07.07.2006
Aktenzeichen: 8 W 23/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 116 Satz 1 Nr. 1
ZPO § 127 Abs. 2 S. 1 Hs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 15. August 2005 - 12 O 286/05 - in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 26. August 2005 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

Die gemäß § 127 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 127 Abs. 2 S. 3 ZPO) eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung die beantragte Prozesskostenhilfe mit der Begründung versagt, die Antragstellerin habe die Voraussetzungen der Bedürftigkeit im Sinne des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht hinreichend dargelegt. Wie jeder Partei kann auch einem Insolvenzverwalter nur dann Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn er die Kosten der beabsichtigten Rechtsverfolgung nicht aus der von ihm verwalteten Masse zu bestreiten vermag. Allein die Unzulänglichkeit der Masse ist indes keine hinreichende Grundlage der Prozesskostenhilfebewilligung. Vielmehr obliegt die Bezahlung der nicht durch die Masse gedeckten Prozesskosten in erster Linie den Insolvenzgläubigern, denen das Prozessergebnis wirtschaftlich zugute kommt, deren Befriedigungsaussichten sich also durch ein Obsiegen verbessern würden. Ihnen ist die Kostentragung allerdings nicht in jedem Fall, sondern nur dann zumutbar, wenn Aufwand und Ertrag in einem wirtschaftlich vernünftigen Verhältnis stehen. Deshalb müssen für die Kostenaufbringung solche Gläubiger außer Betracht bleiben, die entweder nur sehr geringe Forderungen geltend machen oder deren Befriedigungsaussichten mit dem Prozesserfolg nur unwesentlich steigen würden. Für letzteres kommt es jedoch nicht allein auf den Vom-Hundert-Satz der Befriedigungsquote, sondern zumal bei hohen Forderungen auch auf die Höhe des zu erwartenden Betrages an. Ob die Gläubiger, denen die Kostenbeteiligung zuzumuten und möglich ist, bereit sind, die Kosten aufzubringen, hat für die Frage der Bewilligung der Prozesskostenhilfe keine Bedeutung. Wollen sie den allein in ihrem Interesse zu betreibenden Prozess nicht bezahlen, hat er gegebenenfalls zu unterbleiben (BGH MDR 1998, 737; OLG Köln MDR 2000, 51).

Ausgehend von diesen Grundsätzen muss der Verwalter nicht nur zur Darlegung der Bedürftigkeit der Masse, sondern auch im Hinblick auf die mögliche Kostenbeteiligung der Insolvenzgläubiger eine vollständige Übersicht über das gegenwärtige Vermögen vorlegen. Ferner hat er eine genaue Aufstellung der angemeldeten und von ihm anerkannten Forderungen beizubringen, die das Gericht in die Lage versetzt, die Zumutbarkeit von Kostenvorschussleistungen der wirtschaftlich Beteiligten selbst zu beurteilen. Stets muss der Insolvenzverwalter daher die Forderungen der Gläubiger nach Art und Höhe vortragen, um dem Gericht die Beurteilung der Zumutbarkeit zu ermöglichen (BGH NJW 1998, 3124; OLG Stuttgart ZInsO 2000, 158 zu IV; OLG Naumburg ZInsO 2001, 558; OLG Naumburg ZInsO 2002, 541; Philippi in Zöller, ZPO, 25. Aufl., zu § 116 Rn. 7a; Kreft in Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung zu § 129 Rn. 100 m.w.Nachw.). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Antragstellerin nicht. Trotz der Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Beschluss hat die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung vom 24. August 2005 lediglich vorgetragen, dass an dem Insolvenzverfahren 15 Gläubiger mit bislang festgestellten Forderungen von rund 620.000,00 € beteiligt seien. Diese Angaben erlauben es dem Senat nicht, die Frage der Zumutbarkeit im Sinne des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu beurteilen.

Unabhängig hiervon ist auch nach dem Vorbringen der Antragstellerin nicht ersichtlich, warum den Insolvenzgläubigern die Prozessfinanzierung nicht zumutbar sein sollte. Nach dem Vorbringen der Antragstellerin würden im Falle eines Prozesserfolges nach Regulierung der vorweg zu befriedigenden Masseforderungen ca. 17.500,00 € (Bl. 8 GA) bzw. rund 13.000,00 € (Bl. 71 GA) für die Insolvenzgläubiger zur Verfügung stehen. Dies entspricht einer zu erwartenden Quote auf die festgestellten Forderungen von ca. 2,8 % bzw. 2,1 %. Schon darin kann für die Gläubiger eine deutliche Verbesserung ihrer Befriedigungsaussichten gesehen werden. Der Senat hält es bei der Frage der Zumutbarkeit im Sinne des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO indes für nicht ausreichend, allein auf die zu erwartende Quote abzustellen. Vielmehr sind in erster Linie die konkreten, in absoluten Beträgen zu messenden Prozesskosten für das Verfahren, in dem Prozesskostenhilfe beantragt wird, dem ebenfalls in absoluten Beträgen zu bemessenden, für die Gesamtheit der wirtschaftlich Beteiligten erwarteten Prozesserfolg gegenüber zu stellen. Ein Beitrag zu den Kosten des beabsichtigten Rechtsstreits ist danach dann zumutbar, wenn die erforderlichen Finanzierungsmittel von den betroffenen Gläubigern unschwer aufgebracht werden können und der zu erwartende Nutzen des Rechtsstreits bei vernünftiger Betrachtungsweise bei einem Erfolg der Rechtsverfolgung voraussichtlich deutlich größer sein wird als die aufzubringenden Prozesskosten (BGH NJW 1991, 40; OLG Karlsruhe, JurBüro 1999, 476; OLG Düsseldorf ZIP 2002, 1208; OLG Nürnberg ZInsO 2005, 102; Philippi in Zöller, a.a.O., zu § 116 Rn. 7).

Diese Voraussetzungen sind auch nach dem Vorbringen der Antragstellerin erfüllt. Bei einem Gegenstandswert von 35.681,60 € sind inklusive Anwaltsgebühren und Gerichtskosten mit Gesamtkosten von nicht mehr als 6.500,00 € zu rechnen. Zu deren Finanzierung können nach dem Vorbringen der Antragstellerin 15 Gläubiger mit festgestellten Forderungen von ca. 620.000,00 € herangezogen werden. Dass unter diesen Gläubigern solche wären, die zur Aufbringung der Prozesskosten nicht in der Lage sein würden, hat auch die Antragstellerin nicht behauptet. Diese Gläubiger können bei einem Prozesserfolg mit einer Befriedigung nach dem Vorbringen der Klägerin von ca. 17.500,00 € bzw. ca. 13.000,00 € rechnen. Der bei einem Prozesserfolg zu erwartende Nutzen für die Insolvenzgläubiger beträgt damit zumindest das Doppelte der einzusetzenden Prozesskosten. Unter diesen Umständen muss auch nach dem Vorbringen der Antragstellerin für die Gesamtheit der Gläubiger ein zumutbares Kosten-Nutzen-Verhältnis bejaht werden.

Aus der in der Beschwerdebegründung vom 24. August 2005 angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14. Juli 2005 (IX ZB 224/04, abgedruckt in ZInsO 2005, 877) vermag die Antragstellerin einen Erfolg nicht herzuleiten. In dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall konnten die Insolvenzgläubiger nur deshalb nicht zur Finanzierung von Prozesskosten herangezogen werden, weil die Masseunzulänglichkeit auch unter Berücksichtigung des Betrages, der in dem beabsichtigten Prozess erstritten werden sollte, nach wie vor gegeben war und aus diesem Grunde eine Verbesserungsquote der Insolvenzgläubiger nicht zu erwarten war. Dies ist im vorliegenden Streitfall auch nach dem Vortrag der Antragstellerin, wie dargelegt, nicht der Fall.

Nach alldem musste der sofortigen Beschwerde der Erfolg versagt bleiben.

Der Ausspruch zu den Kosten folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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