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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 27.03.2007
Aktenzeichen: 81 Ss 15/07
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 154 Abs. 2
StGB § 46
StGB § 53
StGB § 53 Abs. 2 Satz 2
StGB § 54
StGB § 55
StGB § 56 Abs. 1
StGB § 263 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Revision wird verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

A.

Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 2 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt (Verfahren 508 Js 159/05 = 49 Ds 91/05: Einzelfreiheitsstrafe 9 Monate; Verfahren 503 Js 385/05 = 49 Ds 600/05: Einzelfreiheitsstrafe 6 Monate;).

Hiergegen hat der Angeklagte Berufung eingelegt, die er hinsichtlich des zuerst genannten Verfahrens (sog. Einmietbetrug, Tatzeit 30.07.2003) auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat.

Nach Einstellung des erstgenannten Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO hat die Strafkammer das Urteil des Amtsgerichts dahin abgeändert, dass sie den Angeklagten unter Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Geilenkirchen vom 20.10.2005, rechtskräftig seit dem 28.10.2005, durch das gegen ihn wegen Unterschlagung in Tateinheit mit Sachbeschädigung eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10 Euro verhängt worden ist, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt hat. Die Strafkammer hat die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch für wirksam gehalten. Sie ist daher von der Rechtskraft des Schuldspruchs ausgegangen, zu dem das Amtsgericht folgende Feststellungen getroffen hat:

"Am 30.07.2003 erreichten beide Angeklagten durch Vortäuschen der Zahlungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft, dass ihnen der Zeuge V eine Wohnung im Haus O-Straße 57 in X als Mietobjekt überließ. Die monatliche Miete sollte 650,-- Euro zuzüglich 180,-Euro Nebenkosten betragen. Lediglich im Oktober 2003 entrichteten beide Angeklagte eine Zahlung in Höhe von 430,-- Euro. Weitere Zahlungen auf die Miete erfolgten - wie von den Angeklagten von Anfang an beabsichtigt - nicht. Nachdem der Zeuge V die fristlose Kündigung ausgesprochen hatte, räumten die Angeklagten die Wohnung nicht. Erst nachdem zwischenzeitlich ein Räumungsurteil ergangen und die Zwangsvollstreckung angedroht worden war, zogen die Angeklagten bei Nacht und Nebel aus. Dem Zeugen V entstand ein Schaden in Höhe von rund 6.000,-- Euro."

Zur Person des Angeklagten hat das Landgericht Folgendes festgestellt:

"Der zur Zeit der Hauptverhandlung 41 Jahre alte Angeklagte wuchs gemeinsam mit 9 Geschwistern im elterlichen Haushalt auf. Sein Vater war Altwarenunternehmer, seine Mutter Hausfrau. Der Angeklagte hat nach dem Besuch der Haupt- und Berufsschule eine Landwirtschaftslehre nach 2 1/2 Jahren abgebrochen, weil ihm die Ausbildungsvergütung zu gering erschien. Anschließend betätigte er sich als Bauhelfer im Baugewerbe. Nach dem Erwerb der Führerscheinklasse 2 im Jahre 1998 hat er sich in wechselnden Beschäftigungsverhältnissen als Kraftfahrer betätigt. Zuletzt hat er vor seiner Inhaftierung im Juni 2005 als Kraftfahrer für eine Spedition in B ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von rund 1.200,00 Euro erzielt. Er hat Schulden in einer von ihm nicht näher bezifferbaren, allenfalls geschätzten Höhe von rund 75.000,00 Euro. Der Angeklagte hat keinen wirklichen Überblick über seine finanziellen Verhältnisse und Möglichkeiten. Insbesondere ist er vor dem Hintergrund seiner eingeschränkten intellektuellen Fähigkeiten, ggf. auch aus Bequemlichkeit nicht immer in der Lage, ihm zustehende Sozialleistungen - wie etwa Mietzuschüsse durch das Sozialamt - in Anspruch zu nehmen, obwohl sie ihm zustünden.

In der Vergangenheit hat er mehrfach die eidesstattliche Versicherung abgeben müssen. Der Angeklagte ist seit 1992 verheiratet. Aus der Ehe ist ein derzeit 11 Jahre altes Kind hervorgegangen.

Im Februar 2006 hat der Angeklagte einen Herzinfarkt erlitten und nimmt seitdem das blutverdünnende Medikament Makumar. Ein an sich notwendiger Bypass soll ihm seinen Angaben zufolge aus Kostengründen erst nach der Haftentlassung operativ gelegt werden.

Der Angeklagte ist wie folgt vorbestraft:

1. ...

...

18.

"Durch seit dem 28. Oktober 2005 rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Geilenkirchen vom 20. Oktober 2005 - 3 Ds 147/05 - ist gegen den Angeklagten wegen Unterschlagung in Tateinheit mit Sachbeschädigung auf eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10,00 Euro erkannt worden. Das Amtsgericht hat hierzu folgende Feststellungen getroffen:

In der Zeit von Mai 2004 bis zum 11. Dezember 2004 bewohnte der Angeklagte gemeinsam mit seiner Ehefrau das Haus des Zeugen I in der C-Straße 30 in H. Mit dem Auszug am 11. Dezember 2004 nahmen der Angeklagte und seine Ehefrau auch Gegenstände aus der Wohnung mit, welche dem Zeugen I gehörten, und zwar 30 m2 Laminat, einen Boiler und eine Sattelitenschüssel. Der Wert dieser Gegenstände belief sich auf ca. 150,00 Euro. Darüber hinaus beschädigten der Angeklagte und seine Ehefrau mehrere Dachziegel und eine Innenwand im Wohnzimmer der angemieteten Räumlichkeit durch Wegreißen der Elektroleitungen.

Zur Strafzumessung hat das Amtsgericht folgendes ausgeführt:

"Im Rahmen der Strafzumessung hat das Gericht zugunsten des Angeklagten dessen offenes und ehrliches Geständnis berücksichtigt, welches er in der mündlichen Hauptverhandlung ohne jede Einschränkung und Verniedlichung abgelegt hat. Darüber hinaus hat das Gericht gesehen, dass sich die Tat des Angeklagten auf eine verhältnismäßig geringwertige Beute bezog. Demgegenüber musste sich zu Lasten des Angeklagten auswirken, dass dieser strafrechtlich bereits in Erscheinung getreten ist. Unter Berücksichtigung dieser sowie aller weiteren in § 46 StGB aufgeführten für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungserwägungen erschien die Verhängung einer Geldstrafe von 60, Tagessätzen zu je 10,00 Euro tat- und schuldangemessen.

Diese Geldstrafe ist noch nicht vollständig vollstreckt.

Der Angeklagte verbüßt derzeit die gegen ihn erkannten Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 23. Mai 2000 und dem Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 28. Juli 2003 i. V. m. dem Urteil des Landgerichts Aachen vom 06. Oktober 2004 seit dem 15. Juni 2005."

Zur Strafbemessung heißt es im Berufungsurteil:

"Bei der Strafzumessung ist innerhalb des Strafrahmens des § 263 Abs. 1 StGB zugunsten des Angeklagten sein mit der Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch verbundenes Eingestehen der Tat berücksichtigt worden. Außerdem ist ihm zugute zu halten, dass er aufgrund seines in der Hauptverhandlung hinterlassenen persönlichen Eindrucks zumindest mitbeeinflusst durch eine gewisse Unbeholfenheit in formalen Angelegenheiten davon abgesehen hat, beim Sozialamt einen Antrag auf Mietzahlungen oder Mietzuschuss zu stellen, der ihm vor dem Hintergrund seiner wirtschaftlichen Situation mit einiger Wahrscheinlichkeit gewährt worden wäre. Zu seinen Lasten musste sich demgegenüber abgesehen von der nicht unerheblichen Höhe des Schadens insbesondere auswirken, dass er in der- Vergangenheit bereits mehrfach und insbesondere einschlägig vorbestraft ist. Hinzu kommt, dass er die Tat begangen hat, nachdem er nur 2 Tage zuvor vom Amtsgericht Aachen wegen Betruges in mehreren Fällen zu einer nicht zur Bewährung ausgesetzten empfindlichen Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten verurteilt worden war.

Hiernach erschien auch unter Berücksichtigung aller sonstigen gemäß § 46 StGB maßgeblichen Strafzumessungskriterien die Verhängung einer Freiheitsstrafe von neun Monaten als tat- und schuldangemessen.

Im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß §§ 53, 54, 55 StGB war insoweit mit der Geldstrafe aus dem noch nicht erledigten Strafbefehl des Amtsgerichts Geilenkirchen vom 20. Oktober 2005 eine Gesamtstrafe zu bilden. Unter nochmaliger Berücksichtigung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände sowie unter Beachtung des insgesamt verwirklichten kriminellen Unrechts erschien hiernach eine Gesamtstrafe von zehn Monaten als tat- und schuldangemessen. Anlass, von der Einbeziehung der Geldstrafe gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB abzusehen, bestand insbesondere deshalb nicht, weil die erkannte Gesamtstrafe nicht als das schwerere Strafübel erscheint oder sonstige Auswirkungen bestehen, die ein Absehen von der regelmäßig zu bildenden Gesamtstrafe erfordern könnten."

Zur Strafaussetzungsfrage hat das Berufungsgericht ausgeführt:

"Die Vollstreckung der gegen den Angeklagten erkannten Freiheitsstrafe konnte nicht mehr gemäß § 56 Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Nach der genannten Vorschrift ist die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung auszusetzen, wenn zu erwarten ist, dass der Angeklagte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. ...

Die hiernach erforderliche feste Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit eines straffreien Lebens ist jedoch nicht begründet. Bei der Gesamtwürdigung der maßgeblichen prognostischen Grundlagen zum derzeitigen Zeitpunkt fällt die zukunftsgerichtete Prognose ohne ( weitere ) Einwirkung des Strafvollzugs ungünstig aus. Als wesentlicher Faktor für die Prognose ist insoweit zunächst auf die Persönlichkeit des Angeklagten abzustellen. Hier finden sich im Vorleben gewichtige Umstände, die zu seinen Ungunsten sprechen. Ausschlaggebende Bedeutung kommt dabei seinem Verhalten im Zusammenhang mit seinen Vorverurteilungen zu: Der seit vielen Jahren wegen Vermögensdelikten immer wieder in Erscheinung tretende Angeklagte ist nach mehreren gegen ihn verhängten Geldstrafen als Erwachsener erstmals durch Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 20. April 1999 zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, deren Vollstreckung zunächst zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Nach zweimaliger Verlängerung musste sie indes wegen erneuter Straffälligkeit des Angeklagten widerrufen werden. Nur gut 2 Monate nach der Verurteilung hat er erneut ein Vermögensdelikt begangen, weshalb ihn das Amtsgericht Aachen am 23. Mai 2000 wiederum zu einer Bewährungsfreiheitsstrafe verurteilte, die indes ebenfalls später widerrufen werden musste. Die dem vorliegenden Verfahren zugrundeliegende Straftat hat er kurze Zeit nach seiner erneuten Verurteilung wegen Betrugs durch das Amtsgericht Aachen am 06. Mai 2003 im Laufe der insoweit erfolgten Strafaussetzung zur Bewährung begangen. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung wird deutlich, dass der Angeklagte sich bloße Verurteilungen zu Geld- oder Bewährungsstrafen in der Vergangenheit nicht hat zur Warnung dienen lassen, sondern jeweils und zum Teil kurze Zeit später erneut straffällig geworden ist. Die hieraus abzuleitende ungünstige prognostische Einschätzung wird durch positive Umstände in den Lebensverhältnissen des Angeklagten nicht aufgewogen. Der derzeit inhaftierte Angeklagte lebt unverändert in beengten finanziellen Verhältnissen. Der Familienverbund selbst hat ihn in der Vergangenheit nicht davon abgehalten, erneut straffällig zu werden, vielmehr war seine Ehefrau Mittäterin des vorliegenden Einmietbetrugs. Es ist auch nicht erkennbar, wie den aufgezeigten ungünstige Faktoren in ausreichender Weise durch Weisungen/Auflagen und/oder die Unterstellung unter die Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers in Rahmen einer Strafaussetzung wirksam begegnet werden kann. Auch der Umstand, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der jetzigen Aburteilung der neuen Tat wegen einschlägiger Vortaten eine erhebliche Strafe bereits angetreten und teilweise verbüßt hat, sowie die noch anstehende Haftverbüßung und die daraus abzuleitende Wirkung auf den Angeklagten hat mit Blick auf die bisherige deviante Verhaltensweise des Angeklagten kein ausreichendes Gewicht, um - wie es die Strafaussetzung zur Bewährung erfordert - der Kammer die Überzeugung zu vermitteln, dass die Wahrscheinlichkeit straffreien Verhaltens größer ist als diejenige neuer Straftaten. Dies gilt auch und gerade vor dem Hintergrund des persönlichen Eindrucks, den der Angeklagte bei der Kammer hinterlassen hat. Anlässlich der Verlesung der Vorstrafen hat er auf die Bemerkung, dass die der einbezogenen Verurteilung zugrundeliegenden Straftat der Unterschlagung von Laminat letztlich zur Einbringung in die neue Wohnung dienen sollte, gegrinst. Hieraus lässt sich ohne weiteres ableiten, dass dem Angeklagten die notwendige Distanz zu der Erheblichkeit der von ihm begangenen Straftaten fehlt und - sicherlich auch mit Blick auf sein eher schlichtes Gemüt - auch die notwendigen intellektuellen Voraussetzungen fehlen, um sich in ausreichender Weise mit seiner Straffälligkeit auseinander zu setzen. Damit liegen die Voraussetzungen für eine Strafaussetzung zur Bewährung nicht vor."

Gegen das Berufungsurteil richtet sich die auf die Strafaussetzungsfrage beschränkte Revision des Angeklagten mit der Sachrüge.

B.

Der Revision bleibt erfolglos.

Zutreffend hat die Strafkammer die Beschränkung der Berufung des Angeklagten bezüglich des - inzwischen allein noch verfahrensgegenständlichen - Falles 1) auf das Strafmaß für wirksam erachtet und demgemäß insoweit nur über die Rechtsfolgenseite entschieden. Die Feststellungen des Amtsgerichts zum Schuldspruch hinsichtlich dieser Tat lassen deren Unrechts- und Schuldgehalt hinreichend erkennen.

Ebenfalls wirksam ist die Beschränkung der Revision auf die Bewährungsfrage. Die Feststellungen des Landgerichts zur Person des Angeklagten und die Strafzumessungserwägungen bilden eine hinreichende Grundlage für die Entscheidung zu der Frage, ob die verhängte Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen ist.

Die demnach allein zur Überprüfung durch das Revisionsgericht gestellte Entscheidung der Strafkammer, die erkannte Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung auszusetzen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Das Landgericht hat die dabei gebotene Gesamtwürdigung vorgenommen und alle wesentlichen Prognosekriterien bei seiner Entscheidung einbezogen, deren Ergebnis sich im Rahmen des Vertretbaren bewegt und daher vom Revisionsgericht hinzunehmen ist. Es hat sich nicht davon überzeugen können, dass eine künftige straffreie Lebensführung des Angeklagten mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.

Die zugrunde liegenden Erwägungen, mit denen es eine günstige Sozialprognose i. S. d. § 56 Abs. 1 StGB für den Angeklagten verneint hat, lassen revisible Rechtsfehler nicht erkennen. Sie weisen insbesondere keine Lücken auf, die Anlass zu der Besorgnis geben könnten, dass wesentliche, prognostisch relevante Gesichtspunkte übergangen oder fehlerhaft gewertet worden sind. Das gilt namentlich in Bezug auf den Umstand, dass der Angeklagte nach den abgeurteilten Taten erstmals in Strafhaft genommen worden ist.

Hat der Angeklagte zwischen Begehung und Aburteilung der Tat durch Haft erstmals einen längeren Freiheitsentzug erlitten, so muss das Tatgericht bei seiner Prognoseentscheidung (§ 56 Abs. 1 StGB) auch darauf eingehen, welche Wirkungen diese Haft auf den Angeklagten hatte (vgl. BGH StV 2001, 626; BayObLG DAR 1982, 248; OLG Dresden StV 2001, 626 u. StV 2002, 658 = StraFo 2003, 21; Senat NStZ 1994, 205; OLG Karlsruhe StV 2001, 625; SenE v. 31.10.2003 - Ss 448/03 -; Tröndle/Fischer, StGB, 54. Auflage, § 56 Rn. 6 b m.w.N.). Der erste (längere) Freiheitsentzug wird nämlich in der Regel am spürbarsten empfunden - eine Erwägung, die auch dem Erstverbüßerprivileg in § 57 Abs. 2 Nr. 1 StGB zugrunde liegt (vgl. Stree in Schönke/Schröder, StGB, 26. Auflage, § 57 Rn. 23 a; vgl. auch BGH StV 2003, 678 = NStZ-RR 2003, 200 - und kann durchaus eine spezialpräventive Wirkung - z.B. in Form der Nachreifung und Stabilisierung (vgl. BGH NStZ-RR 2005, 38) - entfaltet haben, die eine günstige Prognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB rechtfertigt (SenE v. 07.11.2006 - 83 Ss 70/06). Das kann auch in den Fällen gelten, in denen dem erstmaligen Freiheitsentzug ein Bewährungsbruch vorausgegangen ist (vgl. BGH a.a.O.). Diesen Gesichtspunkten hat die Strafkammer Rechnung getragen und im angefochtenen Urteil dazu ausgeführt, die teilweise Verbüßung einer erheblichen Freiheitsstrafe sowie die noch anstehende Haftverbüßung und die daraus abzuleitende Wirkung auf den Angeklagten habe kein ausreichendes Gewicht, um eine günstige Prognose zu begründen. Als eine der wesentlichen, durch die Einwirkung des Strafvollzugs zu schaffende Voraussetzung für eine Verhaltensänderung nach langjähriger Delinquenz und damit für eine günstige Prognose wird dabei - rechtsfehlerfrei - die selbstkritische Auseinandersetzung des Inhaftierten mit der eigenen Straffälligkeit angesehen. Daran anknüpfend hat die Strafkammer die angesprochene Wirkung im Weiteren - in negativer Umschreibung - dahin konkretisiert, dass diese notwendige Auseinandersetzung trotz des Strafvollzugs nicht stattgefunden hat und dem Angeklagten weiterhin die "notwendige Distanz zu der Erheblichkeit der von ihm begangenen Straftaten fehlt".

Es ist nicht zu beanstanden, dass die Strafkammer nicht eine positive Beschreibung von etwaigen Wirkungen und Einflüssen der Hafterfahrung auf den Angeklagten vorgenommen hat. Soweit in der zitierten Rechtsprechung verlangt wird, der Tatrichter habe darzulegen, "welche" Wirkungen der erstmalige Strafvollzug gehabt habe, "inwieweit" er den Angeklagten "beeindruckt" habe bzw. "welchen Eindruck" er auf ihn gemacht habe, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass in jedem Fall auf alle möglichen Auswirkungen eingegangen werden müsse. Die Urteilsgründe erfüllen ihre Funktion und ermöglichen eine revisionsrechtliche Überprüfung der Entscheidung vielmehr, wenn sie eine Aussage darüber treffen, ob eine für die Legalprognose maßgebende Veränderung eingetreten oder noch zu erwarten ist oder nicht. Dazu kann auch eine verneinende Aussage jedenfalls dann genügen, wenn sie sich - wie hier - konkret auf eine wesentliche Voraussetzung für künftige Straffreiheit bezieht.

Die Feststellung, dass der Strafvollzug es (jedenfalls) nicht vermocht hat, den Angeklagten über eine kritische Selbstreflektion zu einer Distanzierung von seinen kriminellen Verhaltensweisen zu führen, wird "auch und gerade" mit dem persönlichen Eindruck begründet, den die Kammer in der Hauptverhandlung von der Person des Angeklagten gewonnen hat. Dazu wird weiter angeführt, dass der Angeklagte ein "eher schlichtes Gemüt" zeigt und ihm die notwendigen intellektuellen Voraussetzungen fehlen, um unter dem Eindruck des Strafvollzugs die notwendigen Änderungen für eine künftige Straffreiheit vorzunehmen. Damit erfährt der "persönliche Eindruck" zugleich auch die erforderliche inhaltliche Konkretisierung (vgl. dazu für den Fall einer günstigen Prognose: OLG Düsseldorf NZV 2000, 214 [215]; für den Fall einer negativen Prognose: OLG Karlsruhe StV 2001, 625).

Als Beleg für diesen Eindruck wird schließlich beispielhaft angeführt, dass er auf den Vorhalt einer seiner früheren Straftaten mit einem Grinsen reagierte. Dass insoweit von einer Erörterung im Hinblick auf mögliche andere Deutungsmöglichkeiten (so etwa als Ausdruck der Verlegenheit oder ein Lachen über die "Dummheit" seines damaligen Verhaltens) abgesehen worden ist, führt nicht zur Unvollständigkeit oder mangelnden Nachvollziehbarkeit der Urteilsgründe. Es handelt sich dabei um die tatsächliche Bewertung eines Vorgangs im Rahmen der Beweisaufnahme, die dem Tatrichter vorbehalten ist. Es kann insoweit nicht verlangt werden, dass der Tatrichter durch entsprechende Ausführungen in den Urteilsgründen den Nachweis genügender Sachkunde führt, um Mimik und Gestik des Angeklagten oder anderer Beteiligter - namentlich von Zeugen - zuverlässig deuten zu können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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