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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 06.10.2009
Aktenzeichen: 81 Ss 43/09
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 267
StGB § 267 Abs. 1
StGB § 273 Abs. 1 Nr. 1
StGB § 274 Abs. 1 Nr. 1
StPO § 265 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Das angefochtene Urteil wird hinsichtlich der Tat vom 25. Februar 2008 (Fall 12 der Urteilsgründe) im Schuldspruch insoweit aufgehoben, als der Angeklagte wegen einer (tateinheitlich begangenen) Urkundenfälschung verurteilt worden ist.

Darüber hinaus werden die wegen dieser Tat verhängte Einzelstrafe sowie der Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Aachen zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Der Angeklagte ist zunächst durch Urteil des Amtsgerichts Düren vom 30. Januar 2008 wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen sowie wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Zudem ist eine Sperrfrist von drei Jahren für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet worden.

Der Angeklagte ist weiter durch Urteil des Amtsgerichts Düren vom 16. Oktober 2008 wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Urkundenfälschung, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen und wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt worden. Auch die Vollstreckung dieser Strafe zur Bewährung ausgesetzt, die Sperrfrist ist mit vier Jahren bemessen worden.

Auf die Berufungen des Angeklagten hat das Landgericht Aachen unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen den Angeklagten wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in fünf Fällen, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in fünf Fällen, fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in zwei Fällen und wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Die Verwaltungsbehörde ist angewiesen worden, dem Angeklagten vor Ablauf von vier Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.

Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts.

II.

Das in formeller Hinsicht unbedenkliche Rechtsmittel hat nur in geringem Umfang (zumindest vorläufigen) Erfolg.

1.

Zum Schuldspruch hat die Überprüfung des angefochtenen Urteils anhand der Revisionsbegründung mit Ausnahme der bezüglich der Tat vom 25. Februar 2008 ausgeurteilten Urkundenfälschung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt. Dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft folgend ist die Revision daher insoweit als unbegründet zu verwerfen (§ 349 Abs. 2 StPO).

2.

Soweit es den Tatvorwurf vom 25. Februar 2008 betrifft, unterliegt das angefochtene Urteil indes teilweise der Aufhebung. Insoweit tragen die Feststellungen des Landgerichts zwar den Schuldspruch wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, nicht aber wegen einer tateinheitlich begangenen Urkundenfälschung.

a)

Das Landgericht hat dazu folgende Feststellungen getroffen:

"Am 25.02.2008 befuhr der der Angeklagte gegen 11.00 Uhr mit seinem PKW der Marke BMW unter anderem die B 56 in Stockheim, ohne im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis zu sein, was ihm bewusst war. Als er im Rahmen einer allgemeinen Fahrzeugkontrolle von der Polizei angehalten wurde, zeigte er seinen tschechischen Führerschein vor. Der Angeklagte hatte die vom Straßenverkehrsamt auf der Vorder- und Rückseite des Führerscheins angebrachten Aufkleber, aus denen sich ergab, dass der Führerschein in Deutschland seit dem 13.02.2006 ungültig war, entfernt, um bei einer Kontrolle den Anschein einer gültigen, uneingeschränkten Fahrerlaubnis zu erwecken. Zu diesem Zweck zeigte er auch jetzt den tschechischen Führerschein vor."

Das Entfernen der auf dem Führerschein durch die deutsche Straßenverkehrsbehörde angebrachten Aufkleber erfüllt nicht den von der Strafkammer angenommenen Tatbestand des Verfälschens einer Urkunde gemäß § 267 Abs. 1 StGB. Demzufolge hat der Angeklagte durch das Vorzeigen des Führerescheins im Rahmen der Verkehrskontrolle auch nicht von einer verfälschten Urkunde Gebrauch gemacht.

Verfälschung einer Urkunde i.S. des § 267 StGB ist die nachträgliche Veränderung ihres Gedankeninhalts, durch die der Anschein erweckt wird, der Aussteller habe die Erklärung in der Form abgegeben, die sie durch die Veränderung erlangt hat (Cramer/Heine in: Schönke-Schröder, StGB, 27, Aufl., § 267 Rdnr. 64 m. w. Nachw.). Die Urkunde muss infolge des Eingriffs eine andere Tatsache zu beweisen scheinen als vorher; d.h. ihre Beweisrichtung muss geändert werden, ohne dass sie den Charakter als Urkunde verliert (vgl. Fischer, StGB, 56. Aufl., § 267 Rdnr. 19 m. w. Nachw.).

Das ist durch die dem Angeklagten angelastete Handlung indessen nicht eingetreten.

Soweit es den durch die tschechischen Behörden ausgestellten Führerschein anbetrifft, ist dessen Inhalt durch die Manipulation des Angeklagten nicht verändert worden. Die darin verkörperte Erklärung über die Erteilung der Fahrerlaubnis an den Angeklagten ist vielmehr durch das Ablösen der Aufkleber unverändert geblieben (vgl. auch BayObLG NJW 1980, 1057 für die vergleichbare Fallgestaltung des Entfernens eines Vermerks über die Erteilung von Benzingutscheinen auf einem Fahrzeugschein).

Die Aufkleber als solche könne schon deshalb nicht Gegenstand einer Urkundefälschung sein, weil sie ohne Bezug zu einem bestimmten Führerschein keinen eigenständigen Erklärungswert haben. Dieser wird erst durch die Verbindung mit dem Führerschein hergestellt und durch die Trennung wieder aufgehoben, aber nicht verändert. Die mit der Verbindung von Führerschein und Aufklebern der deutschen Straßenverkehrsbehörde geschaffene Gesamturkunde (vgl. dazu: Fischer, a.a.O., § 267 Rdnr. 89) mit der Erklärung, dass diese tschechische Fahrerlaubnis im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland keine Geltung hat, wird ebenfalls durch die Tathandlung nicht in ihrer Beweisrichtung verändert und damit im Sinne des § 267 Abs. 1 StGB verfälscht. Durch das (völlige) Entfernen der Aufkleber wird diese Urkunde vielmehr vernichtet.

3.

Die rechtsfehlerhafte Anwendung des § 267 Abs. 1 StGB führt zur Zurückverweisung der Sache insoweit an eine andere Strafkammer des Landgerichts. Der Senat ist an einer - grundsätzlich auch im Revisionsrechtszug möglichen - Schuldspruchänderung gehindert.

a)

Soweit durch die Entfernung der Aufkleber eine Strafbarkeit wegen Urkundenunterdrückung gemäß § 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB in Betracht kommt, tragen die bislang getroffenen Feststellungen einen entsprechenden Schuldspruch nicht. Voraussetzung dafür wäre nämlich, dass der Angeklagte als Folge seines Handelns beabsichtigte, einem Anderen Nachteil zuzufügen, namentlich die Benutzung des Inhalts der Urkunde zu Beweiszwecken zu erschweren (vgl. Cramer/Heine a.a.O. § 274 Rdnr. 16 m. w. Nachw.). Darüber verhalten sich die Urteilsfeststellungen nicht. Von einer Willensbildung des Angeklagten in dieser Richtung kann aber auch nicht ohne weiteres ausgegangen werden.

b)

Allerdings dürfte sich der Angeklagte auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen des Landgerichts des Veränderns von amtlichen Ausweisen gemäß (der subsidiär geltenden Vorschrift des) § 273 Abs. 1 Nr. 1 StGB schuldig gemacht haben.

Der Straftatbestand schützt die Sicherheit und Zuverlässigkeit des amtlichen Rechtsverkehrs im Allgemeinen. Unter Ausweisen i.S.d. Vorschrift sind dabei öffentliche Urkunden zu verstehen, die zumindest auch dem Identitätsnachweis einer Person dienen. Dazu können grundsätzlich auch von ausländischen Behörden erteilte Führerscheine gehören (vgl. Cramer/Heine a.a.O. § 273 Rdnr. 2). Der Eingriff in die Urkunde muss sich nicht auf den Identitätsnachweis beziehen. Vielmehr kommen Veränderungen hinsichtlich jeglicher Eintragungen (Vermerke, Genehmigungen, Stempel) in Betracht, sofern sie mit dem Ausweis fest verbunden sind.

Dass der dem Angeklagten erteilte tschechische Führerschein den genannten Anforderungen genügt und dass der Angeklagte durch die Beseitigung des Vermerks eine Eintragung in dem Ausweis entfernt hat, liegt nach den Feststellungen nahe. Der Senat vermag dies aber nicht abschließend zu beurteilen. Zudem ist dem Angeklagten insoweit bislang nicht durch einen rechtlichen Hinweis gemäß § 265 Abs. 1 StPO die Möglichkeit gegeben worden, seine Verteidigung im Hinblick darauf einzurichten. Da nicht auszuschließen ist, dass er sich gegenüber dem veränderten Vorwurf anders, als bislang geschehen, verteidigen könnte, ist der Senat an einer Schuldspruchänderung gehindert.

4.

Die teilweise Aufhebung des Schuldspruchs bedingt auch die Aufhebung der insoweit verhängten Einzelfreiheitsstrafe von acht Monaten und des Gesamtstrafenausspruchs.

Ende der Entscheidung

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