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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 30.10.2007
Aktenzeichen: 83 Ss 128/07
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 26 a
StPO § 26 a Abs. 1 Nr. 2
StPO § 26 a Abs. 1 Nr. 2 a)
StPO § 27
StPO § 51
StPO § 338 Nr. 3
StPO § 473 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 1. kleinen Strafkammer des Landgerichts Köln vom 10. Juli 2007 wird als unbegründet verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.

Der Angeklagte ist mit Urteil des Amtsgerichts Bergheim vom 22. Dezember 2006 wegen Sachbeschädigung und falscher Verdächtigung zu einer Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 15 € verurteilt worden. Hiergegen haben sowohl er als auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt.

Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 10. Juli 2007 das Rechtsmittel des Angeklagten verworfen und auf die Berufung der Staatsanwaltschaft die erstinstanzliche Entscheidung im Strafausspruch dahingehend abgeändert, dass auf eine Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 15 € erkannt worden ist.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte mit Verteidigerschriftsatz vom 11. Juli 2007 Revision eingelegt, die er mit weiterem Schriftsatz vom 6. September 2007 begründet hat. Er rügt darin die Verletzung von materiellem und formellem Recht.

II.

Das form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die Überprüfung des Berufungsurteils aufgrund der Revisionsbegründung ergibt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.

1.

Der näheren Erörterung bedarf insoweit nur die Rüge, an dem Urteil habe mit dem Vorsitzenden der Strafkammer ein Richter mitgewirkt, der wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden war, wobei das Befangenheitsgesuch rechtsfehlerhaft als unzulässig verworfen worden sei (§ 338 Nr. 3 StPO).

Dem liegt folgender Verfahrensgang zugrunde:

Der Verteidiger hat am zweiten (und letzten) Verhandlungstag, nachdem der zu diesem Termin auf 16.00 Uhr geladene (einzige) Zeuge nicht erschienen war und der Vorsitzende Richter eine Fortführung der Verhandlung an einem anderen Tag abgelehnt hatte, den Vorsitzenden mit folgender Begründung wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt:

"Zur heutigen Hauptverhandlung war der Zeuge der Polizei C um 16.00 Uhr geladen.

Kurz nach 16.00 Uhr telefonierte der Vorsitzende mit der Dienststelle des Polizisten in Bergheim.

Um 16.20 Uhr teilte der Vorsitzende dann mit, dass mit der Ankunft des Zeugen erst in ca. einer halben Stunde gerechnet werden könne.

Die Verteidigung teilte dem Richter dann mit, dass der Verteidiger Rechtsanwalt L solange nicht warten könne und ca. eine Stunde Wartezeit nicht angemessen sei.

Alle Beteiligten trugen noch keine Robe. Auch wurde auf § 51 StPO hingewiesen, wonach ein Zeuge bei seinem Ausbleiben die durch die Säumnis entstandenen Kosten zu tragen hat.

Die Hauptverhandlung war zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgerufen. Die Schöffinnen befanden sich nicht im Saal.

Die Verteidigung und der Angeklagte verließen den Raum und begaben sich auf den Flur.

Dann erschienen zwei Wachtmeister und kurz danach der Vorsitzende Richter auf dem Flur.

Richter R teilte dann mit, dass er von seiner Sitzungspolizei Gebrauch mache und hier niemand weg komme.

Er wies den Wachtmeister an, Herrn E X in die Gewahrsamszelle zu bringen.

Die Verteidigung intervenierte unter Berufung auf die StPO. Der Richter erteilte dann einem Wachtmeister nach Wiedereintritt in den Saal die Anweisung, aufzupassen, dass Herr X im Saal bleibt.

Mit diesem Verhalten der Vorsitzende den Eindruck erweckt, dass er nicht unparteiisch und unvoreingenommen an die Sache herangegangen ist.

Sowohl die rügelose Akzeptanz der Verspätung des Zeugen C als Polizeibeamter, das Verhalten gegenüber der Verteidigung als auch die Verstöße gegen die Vorschriften der StPO sind einzeln und in ihrer Gesamtheit geeignet, das Misstrauen in die Unvoreingenommenheit des Richters zu rechtfertigen.

Im Übrigen ist eine rechtsfehlerhafte Verhandlungsführung sowie unangemessene unsachliche Behandlung festzustellen.

Bereits im ersten HVT am 05.07.2007 hatte der Vorsitzende dem Verteidiger zu Beginn der Sitzung nicht gestattet, die schriftliche Berufungsbegründung zu verlesen, die aus terminlichen Gründen nicht vorher hatte erstellt werden können."

Dieses Gesuch hat die Kammer durch Beschluss vom selben Tag unter entsprechender Anwendung des § 26 a Abs. 1 Nr. 2 StPO als unzulässig verworfen und dazu u.a. Folgendes ausgeführt:

"Die vorgebrachten Gründe rechtfertigen aus keinem Gesichtspunkt eine Besorgnis der Befangenheit, was rechtlich dem Fehlen einer Begründung gleichsteht.

Im vorliegenden Verfahren hat auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, so dass von Amts wegen die Durchführung des Verfahrens sicherzustellen ist.

Dazu war die Anordnung des Vorsitzenden, eine Entfernung des Angeklagten durch Gerichtswachtmeister zu verhindern, geeignet und notwendig, nachdem der Verteidiger angekündigt hatte, nicht bis zum Eintreffen des Zeugen warten zu wollen und er den Angeklagten aufgefordert hatte, ihm zu folgen, woraufhin der Angeklagte ebenfalls den Saal verließ.

Damit war zu besorgen, dass er ohne Erlaubnis das Gericht verlassen wollte.

..."

Die auf § 338 Nr. 3 StPO gestützte Rüge, mit der ausschließlich das Verhalten des Vorsitzenden Richters im Termin vom 7. Oktober 2007, nicht dagegen der im Ablehnungsgesuch weiter erwähnte Vorgang am ersten Verhandlungstag beanstandet wird, greift nicht durch:

a)

Die Strafkammer hat, indem sie das Verfahren gemäß § 26 a StPO gewählt und das Ablehnungsgesuch unter Mitwirkung des abgelehnten Richters als unzulässig verworfen hat, zunächst nicht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (Gebot des gesetzlichen Richters) verstoßen und auch nicht den Anspruch des Angeklagten auf Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt (Art. 103 Abs. 1 GG).

aa)

Der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts, dass ein Ablehnungsgesuch, dessen Begründung aus zwingenden rechtlichen Gründen zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet ist, einem Ablehnungsgesuch ohne Angabe eines Ablehnungsgrundes gleich stehe, entspricht seit langem der herrschenden Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. BGH - 3. Strafsenat - NJW 2005, 3434, 3534; BGH - 5. Strafsenat - NJW 2005, 3436, 3437; NJW 2006, 2864, 2865; BGH - 1. Strafsenat - NStZ 2007, 161, 162; Pfeiffer in: Karlsruher Kommentar, StPO, 5. Aufl., § 26 a Rdnr. 3; Lemke in: Heidelberger Kommentar zur StPO, § 26 a Rdnr. 7; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 26 a Rdnr. 4 a). Diese Vorgehensweise ist im Grundsatz verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, denn ein Ablehnungsantrag, der zwar rein formal betrachtet eine Begründung für die angebliche Befangenheit enthält, aber - ohne nähere Prüfung und losgelöst von den konkreten Umständen des Einzelfalls - zur Begründung der Besorgnis einer Befangenheit gänzlich ungeeignet ist, kann rechtlich dem völligen Fehlen einer Begründung gleich geachtet werden (BVerfG - 3. Kammer des 2. Senats -; NJW 3410, 3412; BVerfG - 1. Kammer des 2. Senats -, NJW 2006, 3129, 3132). Hinzu kommt, dass § 26 a StPO die Entscheidung über die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs durch den mit dem Verfahren befassten Spruchkörper unter Mitwirkung des abgelehnten Richters nicht etwa in das Ermessen des Gerichts stellt. Vielmehr hat das Gericht, wenn eine der Voraussetzungen des § 26 a StPO vorliegt, in dem vereinfachten Verfahren unter Mitwirkung des abgelehnten Richters zu entscheiden (BGH NJW 2005, 3434, 3436).

Bei der Frage, ob das Gesuch im (regulären) Verfahren des § 27 StPO zu bescheiden ist oder der verfahrensrechtliche Weg des § 26 a StPO gewählt werden kann, ist das Gericht allerdings in besonderem Maße verpflichtet, das Ablehnungsgesuch seinem Inhalt nach vollständig zu erfassen und gegebenenfalls wohlwollend auszulegen. Die Anwendung von § 26 a StPO darf nicht dazu führen, dass der abgelehnte Richter sein eigenes Verhalten beurteilt und damit "Richter in eigener Sache" wird.

Völlige Ungeeignetheit in Sinne dieser Bestimmung ist nur dann anzunehmen, wenn für eine Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens selbst entbehrlich ist. Hierfür kommen regelmäßig nur solche Gesuche in Betracht, die Handlungen des Richters beanstanden, welche nach der Prozessordnung vorgeschrieben sind oder sich ohne Weiteres aus der Stellung des Richters ergeben. Unzulässig ist ein Ablehnungsgesuch daher, wenn der Ablehnende die bloße Tatsache beanstandet, ein Richter habe an einer Vor- oder Zwischenentscheidung mitgewirkt. Unzulässig ist das Gesuch auch, wenn sich der Richter an den von der StPO vorgeschriebenen Verfahrensgang hält, der Ablehnende aber eine Änderung begehrt. Grundsätzlich ist eine Verwerfung als unzulässig somit dann möglich, wenn das Ablehnungsgesuch für sich allein - ohne jede weitere Aktenkenntnis - offenkundig eine Ablehnung nicht zu begründen vermag. Ist hingegen ein - wenn auch nur geringfügiges - Eingehen auf den Verfahrensgegenstand erforderlich, scheidet die Ablehnung als unzulässig aus (BVerfG NJW 2006, 3129, 3132).

Werden die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26 a Abs. 1 Nr. 2 StPO rechtsfehlerhaft in einer Weise ausgelegt, die dazu führt, dass das Ablehnungsgesuch unter Mitwirkung des abgelehnten Richters in der Sache auf seine Begründetheit überprüft wird, entzieht dies dem Angeklagten im Ablehnungsverfahren seinen gesetzlichen Richter. Zugleich kann ein solches Vorgehen den Anspruch des Angeklagten auf Wahrung rechtlichen Gehörs verletzen. Allerdings begründet nicht jede fehlerhafte Handhabung von Zuständigkeitsregeln zugleich einen Verfassungsverstoß. Ein Verstoß gegen die Regelungen in §§ 26 a, 27 StPO begründet nur dann eine entsprechende Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2, 103 Abs. 1 GG, wenn die genannten Zuständigkeitsvorschriften willkürlich angewendet werden oder die richterliche Entscheidung Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie verkennt. Willkür liegt vor, wenn der abgelehnte Richter sein eigenes Verhalten wertend beurteilt, sich gleichsam zum "Richter in eigener Sache" macht (BVerfG NJW 2005, 3410, 3412) oder ein Verstoß von vergleichbarem Gewicht gegeben ist. Demgegenüber gibt es auch Fallgestaltungen, in denen sich ein Verfassungsverstoß nicht feststellen lässt, vielmehr die §§ 26 a, 27 StPO "nur" schlicht fehlerhaft angewendet wurden (BGH NStZ 2007, 161, 163). Ob ein Verstoß von einem Gewicht anzunehmen ist, dass eine Verletzung des Verfassungsrechts vorliegt, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab (BVerfG NJW 2006, 3129, 3131).

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze wird es von der neueren Rechtsprechung nicht beanstandet, wenn ein Ablehnungsgesuch als unzulässig verworfen wird, das sich auf prozessuale Maßnahmen des Vorsitzenden stützt, die ersichtlich im Einklang mit dem Prozessrecht stehen, wie etwa die Zurückweisung des Begehrens der Verteidigung, den Anklagesatz in der Muttersprache des Angeklagten zu verlesen, die Ablehnung des Antrags, einen Dolmetscher für den des Deutschen mächtigen Angeklagten zu bestellen, oder die Verweigerung bestimmter von der Verteidigung begehrter Protokollierungen (vgl. BGH NJW 2005, 3434, 3435). Auch kann allein die Vorbefassung des abgelehnten Richters von vornherein kein geeigneter Grund für eine Ablehnung sein, sofern nicht besondere Umstände vorgetragen werden, die im konkreten Fall ausnahmsweise eine eventuelle Unvoreingenommenheit befürchten lassen (BGH NJW 2006, 2864, 2865f.). Schließlich ist eine den Zuständigkeitsregelungen der §§ 26 a, 27 StPO widersprechende Ablehnung des Befangenheitsgesuchs aus formalen Gründen (fehlende Glaubhaftmachung, Verspätung) nicht als willkürlich und damit als Verstoß gegen die genannten verfassungsrechtlichen Garantien angesehen worden, wenn der Beschluss eine inhaltliche Auseinandersetzung des Richters mit dem Ablehnungsbegehren nicht erkennen lässt (vgl. BGH NStZ 2007, 161, 162).

Ein von der Vorschrift des § 26 a Abs. 1 Nr. 2 a) StPO nicht gedecktes und zugleich willkürliches prozessuales Vorgehen wird dagegen angenommen, wenn ein Ablehnungsgesuch seines sachlichen Inhalts entkleidet bzw. modifiziert wird, um es anschließend - erkennbar vordergründig - unter dem formalen Gesichtspunkt der Unzulässigkeit zurückzuweisen (BVerfG NJW 2005, 3410, 3412ff.; BVerfG NJW 2006, 3129, ). Auch ist es nicht statthaft, wenn das Gericht bei seiner Entscheidung auf die - als solche grundsätzlich nicht die Besorgnis der Befangenheit begründende - Vorbefassung der Richters abstellt, dabei aber das eigentliche Vorbringen des Ablehnenden, mit dem besondere Umstände für das Vorliegen einer Voreingenommenheit dargelegt werden, außer Acht lässt (vgl. BGH NJW 2005, 3436, 3437).

bb)

Gemessen an diesen Maßstäben kann in vorliegender Sache die Vorgehensweise der Strafkammer bei der Verwerfung des Ablehnungsgesuchs nicht als willkürlich gelten; sie stellt daher keinen Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters und auch keine Verletzung des Anspruchs des Angeklagten auf Gewährung des rechtlichen Gehörs dar.

Bei der gebotenen strengen Prüfung der Voraussetzungen des § 26 a Abs. 1 Nr. 2 a) StPO ist nicht zu erkennen, dass die Bescheidung des Ablehnungsgesuchs eine sachliche Überprüfung im Verfahren nach § 27 StPO erforderlich machte. Denn die Besorgnis der Befangenheit wurde darin nicht aus Maßnahmen und Entscheidungen hergeleitet, die sich auf den Verfahrensgegenstand bezogen; die Ablehnungsgründe hatten zu dem Verfahrensgegenstand nicht einmal mittelbar einen Bezug. Beanstandet worden sind allein die auf die Durchführung des Verhandlungstermins vom 10. Juli 2007 zielenden Maßnahmen des Vorsitzenden. Die Sicherung der Hauptverhandlung unter Anwesenheit der notwendigen Verfahrensbeteiligten obliegt dem Vorsitzenden aber von Amts wegen (vgl. § 231 Abs. 1 StPO). Wenngleich die Strafprozessordnung auch die Möglichkeit der Unterbrechung der Hauptverhandlung vorsieht, stand die Entscheidung, den Termin durchzuführen und einzelne Verfahrensbeteiligte - auch gegen ihren Willen - nicht zu entlassen, im Einklang mit der Verfahrensordnung. Das Fehlen eines Zeugen und der dadurch verzögerte Beginn eines Termins ist ein alltäglicher Vorgang in der Praxis des Tatrichters.

Die erzwungene Wartezeit des Verteidigers und des Angeklagten dürfte vor diesem Hintergrund nicht geeignet sein, auf eine eventuelle Voreingenommenheit des Vorsitzenden Richters zu schließen. Der Senat neigt daher zu der Auffassung, dass ein allein darauf gestütztes Befangenheitsgesuch keine Begründung enthält, das einer Prüfung in der Sache bedarf.

Aber selbst wenn man - abweichend von dieser Sichtweise - hier einen Verstoß gegen die Zuständigkeitsvorschriften der §§ 26 a, 27 StPO annähme, wäre jedenfalls keine willkürliche bzw. den Anwendungsbereich des § 26 a StPO in grober Weise verkennende Sachbehandlung, sondern allenfalls ein einfacher Verfahrensverstoß gegeben (vgl. BVerfG NJW 2006, 2864, BGH NStZ 2007, 161, 162). Die Kammer hat ihrem Beschluss einen zutreffenden rechtlichen Ansatz zugrundegelegt. Die Begründung lässt zudem erkennen, dass für die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs allein der verfahrenssichernde Zweck der beanstandeten Maßnahme des Vorsitzenden ausschlaggebend war, zu deren Vornahme sich der Vorsitzende auf der Grundlage der Strafprozessordnung veranlasst gesehen hatte. Eine Umgehung des Verfahrens nach § 27 StPO und eine Aushöhlung des Ablehnungsrechts war damit weder verbunden noch beabsichtigt.

b)

Auch die vom Revisionsgericht nach Beschwerdegrundsätzen vorzunehmende Prüfung des Ablehnungsgesuchs führt nicht zur Feststellung seiner Begründetheit und zum Erfolg der Verfahrensrüge.

Das Verhalten des Richters vor oder während der Verhandlung sowie Maßnahmen der Verhandlungsleitung können aus der Sicht eines vernünftigen Angeklagten nur dann eine Besorgnis der Befangenheit begründen, wenn sie auf eine eventuelle Voreingenommenheit in der Sache schließen lassen (vgl. Meyer-Goßner a.a.O. § 24 Rdnr. 15 ff.). Das kann etwa bei erkennbar unsachlichen Äußerungen oder groben Verfahrensverstößen zum Nachteil des Angeklagten in Betracht kommen.

In vorliegender Sache kann davon angesichts des Vorgesagten indes keine Rede sein. Ob die gesetzlichen Voraussetzungen des § 51 StPO für die Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen den nicht erschienen Zeugen vorlagen, vermag der Senat auf der Grundlage des Revisionsvorbringens nicht zu beurteilen. Jedenfalls war der Erlass eines solchen Beschlusses in der konkreten Prozesssituation nicht zwingend, wenn - wie vorliegend - mit dem Erscheinen des Zeugen innerhalb vertretbarer Zeit zu rechnen ist. Das Zuwarten stand daher - wie dargelegt - im Einklang mit der Prozessordnung. Die Verzögerung der Hauptverhandlung, die in erster Linie vom Verteidiger beanstandet worden ist, betrug ausweislich der Sitzungsniederschrift insgesamt lediglich eine Stunde;. statt um 16.00 Uhr hat der Termin erst um 17.00 Uhr begonnen. In diesem Zusammenhang macht die Revision auch nicht - jedenfalls nicht substantiiert - geltend, dass der Angeklagte oder sein Verteidiger dringende und unaufschiebbare anderweitige Verpflichtungen gehabt hätten, die der Durchführung der Hauptverhandlung noch am selben Tag entgegengestanden hätten. Auch haben sich sonstige Nachteile aus der Verzögerung offenbar nicht ergeben.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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