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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 03.11.2006
Aktenzeichen: 83 Ss-OWi 76/06
Rechtsgebiete: StVG


Vorschriften:

StVG § 24 a Abs. 1
StVG § 25 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Betroffenen hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe:

I.

Die Verwaltungsbehörde hat mit Bußgeldbescheid gegen den Betroffenen wegen Führens eines Kraftfahrzeuges mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille oder mehr eine Geldbuße von 250,00 Euro festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.

Dagegen hat der Betroffene Einspruch eingelegt, den er in der Hauptverhandlung auf die Anordnung des Fahrverbots beschränkt hat . Das Amtsgericht hat die Beschränkung hinsichtlich der Rechtsfolgenseite für wirksam gehalten und den Betroffenen "wegen fahrlässigen Fahrens eines Kraftfahrzeuges mit einer Blutalkoholkonzentration von über 0,8 o/oo" zu einer Geldbuße von 500,00 Euro verurteilt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Die Staatsanwaltschaft beanstandet das Absehen vom Fahrverbot.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

Die Überprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Sachrüge ergibt, dass es nicht auf einem Rechtsfehler zugunsten des Betroffenen beruht.

Zu den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen heißt es im angefochtenen Urteil:

"Der Betroffene ist selbstständiger Unternehmer mit einem Schlüsseldienst und für Hausmeisterdienste. Seine Einkünfte sind geregelt. Der Betroffene ist Witwer. Seine Kinder sind erwachsen und beruflich selbstständig tätig. Er ist verkehrsrechtlich noch nicht negativ in Erscheinung getreten."

Zur Rechtsfolgenbemessung hat das Amtsgericht ausgeführt:

"... Im Rahmen der konkreten Rechtsfolgenentscheidung war zu berücksichtigen, dass der Betroffene mit seinem selbstständigen Schlüsseldienst einen Notdienst für die Polizei verrichtet. Auch in dem konkreten Fall war der Betroffene für die Polizei im Einsatz. Bei der Alkoholaufnahme während des Tages war er davon ausgegangen, an diesem Tag nicht mehr für die Polizei zu einem Einsatz gerufen zu werden. Er hatte zunächst auch darum gebeten, dass der Auftrag an einen anderen Schlüsseldienst vergeben wird. Er wurde jedoch bei der telefonischen Kontaktaufnahme gedrängt, diesen Termin wahrzunehmen. Gleichzeitig ging er davon aus, dass der zuvor genossenen Alkohol soweit abgebaut ist, dass ein ordnungswidriges Verhalten bei der Teilnahme am Straßenverkehr nicht mehr vorliegen wird. Aufgrund seines Pflichtbewusstseins traute er sich nicht, der polizeilichen Anforderung nicht nachzukommen.

Der Betroffene hat zudem glaubhaft gemacht, dass er im Falle der Festsetzung eines Fahrverbots die Geschäftsbeziehungen zur Polizei für Schlüsseldiensteinsätze als auch sonstige Geschäftskontakte seiner Hausmeisterdienste einbüßen würde und dass sich damit das Fahrverbot für ihn als existenzvernichtend auswirken könnte. Aus der Familie steht ihm niemand als Fahrer für sein Geschäft zur Verfügung. Seine Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb lassen unwiderlegt die Einstellung eines Fahrers nicht zu.

Im Hinblick auf diese besonderen Umstände hat das Gericht von der Festsetzung eines Fahrverbots abgesehen und stattdessen die vorgeschriebene Regelbuße verdoppelt, so dass ein Bußgeld in Höhe von 500,00 Euro gegen den Betroffenen festgesetzt wurde."

Diese Rechfolgenerwägungen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Die Rechtsfolgenbemessung ist Sache des Tatrichters. Dessen Wertung ist vom Rechtsbeschwerdegericht bis zur Grenze des Vertretbaren zu respektieren (vgl. BGHSt 27, 2, 3; 29, 319, 320; jeweils m. w. Nachw.). Das gilt auch für Ordnungswidrigkeiten, für die Regelsanktionen (hier: nach der Bußgeldkatalog-Verordnung) vorgesehen sind.

Rechtsfehler, die ein Eingreifen des Rechtsbeschwerdegerichts ermöglichen und zugleich notwendig machen würden, lässt das angefochtene Urteil nicht erkennen.

Zwar wird die Tat trotz der vom Amtsgericht festgestellten besonderen Tatumstände noch als Regelfall einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 a Abs. 1 StVG einzuordnen sein. Auch enthält die Vorschrift des § 25 Abs. 1 S. 2 StVG ein gesetzliches Regelfahrverbot für solche Ordnungswidrigkeiten. In Fällen außergewöhnlicher Härte kann indes von der Verhängung eines solchen Regelfahrverbotes abgesehen werden. Das ist insbesondere für (Ausnahme-)Fälle mit drohender Existenzvernichtung anerkannt (vgl. Janiszewski/Jagow/Burmann, Straßenverkehrsrecht, 19. Auflage, StVG § 25 Rn. 13 a mit Nachweisen).

Einen solchen Fall hat das Amtsgericht ersichtlich angenommen. Dass es die Angaben des Betroffenen ohne weitere Beweiserhebung für glaubhaft erachtet hat, ist im Hinblick auf die Art der Tätigkeit des Betroffenen und seine familiäre Situation vertretbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 473 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 StPO, 46 Abs. 1 OWiG.

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