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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 10.05.2005
Aktenzeichen: 9 U 142/04
Rechtsgebiete: VVG, AKB


Vorschriften:

VVG § 1
VVG § 49
AKB § 12 Abs. 1 I b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 22. Juli 2004 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 198/03 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Anfang 1999 kaufte der Kläger einen Pkw Mercedes Benz Kombi (amtliches Kennzeichen O - HA X) mit Unfallschäden. Er nimmt die Beklagte als Kaskoversicherer wegen eines behaupteten Diebstahls des Wagens in der Zeit zwischen dem 13. und dem 15. März 2002 in A in Anspruch. Nach seinen Angaben zahlte er für das von ihm am 21. März 1999 gekaufte Auto an einen Verkäufer namens C. 16.000 DM. Im November 1999 verschwieg der Kläger im Rahmen einer Versicherung an Eides Statt sein Eigentum an dem Pkw. Am 12. Mai 2001 wurde der Wagen dem TÜV vorgeführt und auf den Kläger zugelassen. Bei der Beklagten wurde eine Teilkaskoversicherung mit einem Selbstbehalt von 300 DM abgeschlossen. Danach nahm der Kläger die Beklagte wegen eines Brand- und wegen eines Hagelschadens in Anspruch. Er machte geltend, am 26.05.2001 sei es auf der Autobahn zwischen A und T. zu einem Brand im Motorraum gekommen. Das Fahrzeug sei abgeschleppt und zu einem Reparaturbetrieb in A gebracht worden. Dort habe es am 30.05.2001 einen Hagelschaden erlitten. Die Beklagte holte zu dem Brand- und dem Hagelschaden ein Gutachten vom 26.11.2001 (GA 36 ff) ein und zahlte 3.200 DM. Laut Gutachten hatte das Fahrzeug unter Berücksichtigung des nicht ganz sachgerecht reparierten Vorschadens vor dem Brand einen Wert von 15.000 DM, der durch den Motorschaden auf 7.000 DM reduziert wurde. Der anschließende Hagelschaden machte Reparaturkosten von 9.700 DM erforderlich. Der Sachverständige verneinte einen Brandschaden. Er ging davon aus, der Wagen habe nach dem Hagelschaden noch einen Restwert von 3.500 DM gehabt, so daß der auf Totalschadenbasis berechnete Schaden 3.500 DM betrug. 300 DM waren als Selbstbehalt vom Kläger zu übernehmen.

Der Kläger hat behauptet, der ursprüngliche Unfallschaden am Wagen sei vor der TüV-Abnahme ordnungsgemäß repariert worden. Anfang 2002 sei es ihm gelungen, einen Ersatzmotor zu beschaffen, für den er 2.800 DM gezahlt habe. Am 13.03.2002 habe er gemeinsam mit dem Zeugen J. das mit dem Austauschmotor versehene Fahrzeug in der Werkstatt abgeholt und vor seinem Haus in A abgestellt, bevor er mit dem Zeugen zu einem Ferienhaus auf einer Insel gefahren sei. Der Zeuge sei am 15.03.2002 nach A zurückgekehrt und habe festgestellt, daß das Auto nicht mehr am Abstellort stand.

Der Kläger hat nach dem behaupteten Diebstahl seinen Schaden so berechnet:

 Wiederbeschaffungswert 15.000 DM
von der Beklagten erstattet -3.200 DM
 11.800 DM
Ersatzmotor +2.800 DM
 14.600 DM
Das entspricht in Euro einem Schaden von 7.464,86 €
Kosten der Abmeldung 5,60 €
Klageforderung 7.470,47 €

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, nachdem es den Zeugen J. vernommen hatte (GA 71 ff.). Es hat angenommen, es gehe um zwei Ansprüche, nämlich um die Kosten des Ersatzmotors (Brandschaden) einerseits und den Totalverlust andererseits. Der Diebstahl ist als nicht bewiesen angesehen worden. Wegen der Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil Bezug genommen.

Mit der Berufung greift der Kläger die Beweiswürdigung an und rügt, daß er nicht zum Diebstahlsgeschehen angehört worden ist.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.470,47 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 19.03.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist allein der Diebstahlschaden. Der Kläger macht keine Ansprüche wegen des Brandschadens geltend. Dies ergibt sich aus der Klageschrift ebenso wie aus der Vorkorrespondenz. Im Schreiben vom 18.02.2003 heißt es, die Angelegenheit Brand- und Hagelschaden sei für die Beklagte erledigt gewesen, nachdem die Überlassung des von ihr eingeholten Gutachtens abgelehnt wurde (GA 18). Dies hat der Kläger hingenommen. Er hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich bestätigt, die Kosten des Ersatzmotors seien in seine Berechnung nur aufgenommen worden, um den durch den Diebstahl entstandenen Schaden zu berechnen.

Dem Kläger steht wegen der behaupteten Entwendung des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen N - GZ 512 kein Anspruch aus der Kaskoversicherung zu, §§ 1, 49 VVG in Verb. mit § 12 Abs. 1 I b AKB. Ein Diebstahl des Wagens ist nicht bewiesen.

Die Rechtsprechung gewährt dem Versicherungsnehmer, der grundsätzlich die tatbestandlichen Voraussetzungen seines Anspruchs beweisen muß (BGH VersR 1987, 1007), in Entwendungsfällen Beweiserleichterungen, weil in der Regel keine Zeugen zur Verfügung stehen, die einen behaupteten Diebstahl bestätigen könnten. Es ist als genügend anzusehen, daß der Versicherungsnehmer Tatsachen vorträgt und gegebenenfalls beweist, aus denen sich das äußere Bild eines versicherten Diebstahls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ergibt. Erforderlich ist insoweit, daß der Versicherungsnehmer beweist, das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an bestimmter Stelle abgestellt und dort später nicht wieder aufgefunden zu haben (BGH r + s 1995, 288 = VersR 1995, 909; BGH VersR 1993, 571 = r+s 1993, 169; BGH VersR 1991, 1047 = r+s 1991, 249; ausführlich: Römer NJW 1996, 2329 ff. m. Nachw. zur Rechtsprechung). Hinsichtlich dieser Minimaltatsachen ist allerdings der Vollbeweis zu erbringen (BGH r+s 1993, 169 = VersR 93, 571; Römer in Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 49 Rn. 23). Beweiserleichterungen gibt es insoweit nicht.

Der erforderliche Beweis ist hier nicht geführt. Die Bekundungen des Zeugen J. sind schon deswegen nicht geeignet, die erforderlichen Tatsachen zu beweisen, weil sie in erheblichem Widerspruch zu den eigenen Angaben des Klägers stehen. Nach seiner Darstellung in der Schadenanzeige vom 26. März 2002 parkte er sein Fahrzeug am 13. März 2002 gegen 20 Uhr vor seinem Haus in A, während der Zeuge J. angegeben hat, das Fahrzeug sei am fraglichen Tag am Vormittag abgestellt worden. Dies steht in Einklang mit der Diebstahlsmeldung des Zeugen bei der Polizei. Als Zeitraum hat er dort angegeben: "zwischen dem 13.3. 9 Uhr und 15.3. 18 Uhr". Der Widerspruch zur Darstellung des Klägers ist eklatant und nicht erklärt worden. Da der Kläger nach seinen Angaben gemeinsam mit dem Zeugen J. beim Abstellen des Fahrzeugs anwesend war, können die unterschiedlichen Angaben nicht auf Informationsfehlern beruhen.

Der erstmals mit der Berufungsbegründung benannte Zeuge N. Q. ist nicht zu vernehmen. Es ist nicht behauptet, daß er alle zu beweisenden Tatsachen, nämlich auch das Abstellen und Nichtwiederauffinden zu bestimmter Zeit bestätigen kann. Um die maßgeblichen Tatsachen zu beweisen, genügt es nach den oben bereits angegebenen Kriterien nicht, wenn ein Zeuge bestätigen kann, daß der Wagen "im März 2002" vor der Wohnung abgestellt war und "kurze Zeit später nicht mehr vorhanden war".

Der Kläger kann auch nicht durch seine eigenen Angaben das äußere Bild einer Fahrzeugentwendung nachweisen. Nur wenn ein Versicherungsnehmer uneingeschränkt als glaubwürdig angesehen werden kann, vermag er den erforderlichen Nachweis durch seine eigenen Angaben zu führen (vgl. z.B. BGH r + s 1996, 125 = VersR 1996, 575; r + s 1997, 277 = VersR 1997, 733; Senat r + s 2000, 277 und 320). Hier fehlt es an der insoweit erforderlichen Redlichkeit des Klägers. Seine Anhörung kommt nicht in Betracht, weil er schon wegen einer falschen Versicherung an Eides Statt nicht uneingeschränkt glaubwürdig ist.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ein Anlaß, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 7.470,47 €

Ende der Entscheidung

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