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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 28.10.2005
Aktenzeichen: 9 U 146/04
Rechtsgebiete: AHB, VVG, InsO, BGB


Vorschriften:

AHB § 5 Abs. 5
AHB § 6
VVG § 5 Abs. 5 S. 3
VVG § 6 Abs. 3
VVG § 12 Abs. 1
VVG § 150
VVG § 154 Abs. 1
VVG § 154 Abs. 2
VVG § 157
VVG § 158 c Abs. 1
InsO § 60
InsO § 176
InsO § 178 Abs. 1
InsO § 178 Abs. 3
BGB § 242
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin und ihrer Streithelfer gegen das am 22.07.2004 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 543/03 - in der berichtigten Fassung gemäß dem Beschluss des Landgerichts Köln vom 03.12.2004 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Streithelfer trägt die Klägerin. Die Streithelfer tragen ihre Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % der vollstreckbaren Forderung abwenden, wenn die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Beklagte ist Betriebshaftpflichtversicherer der J. Ingenieurbüro I. Bau Projekt GmbH (J. GmbH). Die J. GmbH war von der Klägerin mit Ingenieurleistungen für die Abwasserbeseitigung in ihrem Stadtgebiet beauftragt. Die Klägerin machte bei der J. GmbH Schadenersatzansprüche wegen Planungs- und Ausführungsfehlern geltend. Die J. GmbH meldete dies der Beklagten. In einem von der Klägerin eingeleiteten selbständigen Beweisverfahren stellte der gerichtlich beauftragte Sachverständige Planungsfehler fest. Die Kosten der Schadenbehebung blieben offen. Die Klägerin holte einen Kostenüberschlag eines Ingenieurbüros ein, der 551.000,- DM netto als zu erwartende Kosten der Schadenbeseitigung auswies. Die Klägerin forderte die J. GmbH auf mitzuteilen, ob sie diesen Betrag zu übernehmen gedenke. Über das Vermögen der J. GmbH wurde am 15.02.2000 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Streithelfer zu 1) wurde zum Insolvenzverwalter ernannt. Die Klägerin meldete am 03.04.2000 eine Schadenersatzforderung in Höhe von 281.721,82 € zur Insolvenztabelle an. Der Streithelfer zu 1) erklärte zunächst einen vorläufigen Widerspruch, nahm diesen jedoch dann zurück und stellte die Forderung am 16.05.2000 zur Insolvenztabelle fest.

Die Klägerin hat behauptet, die J. GmbH habe die ihr obliegenden Planungsleistungen fehlerhaft erbracht. Zur Behebung der dadurch verursachten Mängel seien Kosten in Höhe von 281.721,82 € aufzuwenden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 281.721,82 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, die fehlerhaften Planungen seien nicht von der J. GmbH, sondern von der mit den Planungsleistungen von der Klägerin beauftragten Dipl. Ing. X. I. KG erstellt worden. Sie hat gemeint, etwaige Ansprüche der Klägerin gegen die J. GmbH seien verjährt. Jedenfalls sei sie wegen einer Verletzung des in § 5 Abs. 5 der dem Vertrag zugrunde liegenden AHB bestimmten Anerkenntnisverbots durch die Feststellung der Forderung der Klägerin zu der Tabelle gemäß §§ 6 AHB, 6 Abs. 3 VVG leistungsfrei. Sie hat die Einrede der Verjährung eines etwaigen Anspruchs aus dem Versicherungsverhältnis erhoben. Der Lauf der Verjährung gemäß § 12 Abs. 1 VVG habe mit dem Schluss des Jahres 2000 begonnen. Die Hemmung der Verjährung sei zuvor beendet gewesen, da der Deckungsanspruch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr verfolgt worden sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass Leistungsfreiheit gemäß §§ 5 Abs. 5 AHB, 6 Abs. 3 VVG eingetreten sei, weil die Rücknahme des Widerspruchs gegen die Feststellung der angemeldeten Forderung zu der Insolvenztabelle durch den Streithelfer zu 1) ein Anerkenntnis im Sinne des § 5 Abs. 5 AHB darstelle.

Dagegen wendet sich die Berufung der Klägerin und ihrer Streithelfer. Die Klägerin und ihre Streithelfer sind der Ansicht, durch die Rücknahme des Widerspruchs gegen die Feststellung zu der Tabelle sei kein Anerkenntnis erfolgt, da die Feststellung lediglich eine "Teilnahmebefugnis" des Insolvenzgläubigers an dem weiteren Verfahren begründe und Wirkungen nur gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern entfalte, nicht jedoch gegenüber Dritten außerhalb des Insolvenzverfahrens. Das bloß passive Verhalten des Insolvenzverwalters könne keine Obliegenheitsverletzung darstellen. Eine interessengerechte Auslegung könne nicht zu der Annahme eines Anerkenntnisses führen. Das Aufrechterhalten des Widerspruchs wäre offenbar unbillig gewesen, da die Forderung dem Grunde nach infolge des selbständigen Beweisverfahrens festgestanden habe und sich die Höhe aus dem Kostenvoranschlag eines renommierten Ingenieurbüros ergeben habe. Aufgrund der eingeschränkten Prüfungsmöglichkeiten des Insolvenzverwalters habe keine Aussicht bestanden, der Anmeldung der Forderung begründet zu widersprechen. Dies hätte nur die Masse dem Risiko einer Feststellungsklage und den Insolvenzverwalter dem Risiko eines Schadenersatzanspruchs nach § 60 InsO ausgesetzt. Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit könnten nicht angenommen werden. Die Feststellung der Forderung sei zudem ohne Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalls oder den Umfang der Leistungspflicht der Beklagten gewesen. Die Klägerin und der Streithelfer zu 1) behaupten, dem Streithelfer zu 1) sei nicht bewusst gewesen, dass der Forderung ein haftpflichtversicherter Vorgang habe zugrunde liegen können, und er habe dazu auch keine Erkenntnismöglichkeiten gehabt. Er habe dies auch nicht in Betracht ziehen müssen, weil die Klägerin keine Vorrechtsanerkennung und abgesonderte Befriedigung beantragte. Die Streithelfer zu 2) tragen demgegenüber vor, dem Streithelfer zu 1) sei aus der mit ihm geführten Korrespondenz vor der Feststellung der Forderung der Klägerin zu der Tabelle bekannt gewesen, dass eine Haftpflichtversicherung bestand.

Die Klägerin und ihre Streithelfer beantragen,

die Beklagte unter Abänderung des am 22.07.2004 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln - 24 O 543/04 - zu verurteilen, an die Klägerin 279.165,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin kann der begehrte Anspruch nicht zugesprochen werden, denn ein Entschädigungsanspruch der J. GmbH, den die Klägerin nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen und Feststellung des Schadenersatzanspruchs zu der Insolvenztabelle gemäß § 157 VVG selbst als Zahlungsforderung gegen die Beklagte gelten machen könnte (vgl. BGH, NJW-RR 1993, 1306), besteht nicht. Die Beklagte ist wegen einer Verletzung des in § 5 Abs. 5 AHB bestimmten Anerkenntnisverbots gemäß §§ 6 AHB, 6 Abs. 3 VVG leistungsfrei.

Gemäß § 5 Abs. 5 AHB ist der Versicherungsnehmer nicht berechtigt, ohne vorherige Zustimmung des Versicherers einen Haftpflichtanspruch ganz oder zum Teil oder vergleichsweise anzuerkennen oder zu befriedigen.

Mit der Rücknahme des Widerspruchs gegen die Feststellung des von der Klägerin zu der Tabelle angemeldeten Haftungsanspruchs durch den für die J. GmbH als Versicherungsnehmerin handelnden Streithelfer zu 1) ist es zu einem Anerkenntnis des Haftpflichtanspruchs ohne Zustimmung des Versicherers im Sinne des § 5 Abs. 5 AHB gekommen. Unter das Anerkenntnisverbot fällt jede Handlung oder Äußerung, durch die der Versicherungsnehmer zu erkennen gibt, dass er den Anspruch des Geschädigten als zu Recht bestehend anerkennt (Prölss/Martin - Voit/Knappmann, VVG, 27. Aufl., § 154 Rn. 12 m.w.N.). Entscheidend ist, dass durch das Verhalten des Versicherungsnehmers Einwendungen gegen das Bestehen des Haftpflichtanspruchs abgeschnitten werden und damit das Recht des Versicherers, selbst die Abwehr der Forderung zu übernehmen, vereitelt wird. Die Feststellung der Haftpflichtforderung zu der Insolvenztabelle hat gemäß § 178 Abs. 3 InsO im Verhältnis des Insolvenzgläubigers zu dem Insolvenzverwalter die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils. Gemäß § 157 VVG kann der Insolvenzgläubiger danach die Befriedigung des Haftpflichtanspruchs unmittelbar von dem Versicherer in Höhe der nach dem Versicherungsvertrag zu zahlenden Entschädigung verlangen. Dem Versicherer sind Einwendungen gegen das Bestehen des Haftpflichtanspruchs aufgrund der sich aus § 154 Abs. 1 VVG ergebenden Bindungswirkung abgeschnitten, er kann allein noch versicherungsrechtliche Einwendungen gegen seine Inanspruchnahme vorbringen. Die Feststellung der Haftpflichtforderung zu der Insolvenztabelle hat insoweit nicht nur "insolvenzinterne Wirkung", wie der Streithelfer zu 1) meint, sondern steht in ihrer Wirkung einem Anerkenntnis im Sinne des § 5 Abs. 5 AHB gleich (OLG Celle, VersR 2002, 602).

Daraus, dass die Wirkung der Feststellung zur Tabelle auch durch Schweigen zustande kommen kann, kann nicht hergeleitet werden, dass ein Anerkenntnis im Sinne des § 5 Abs. 5 AHB nicht vorliegt. Zwar stellt im Regelfall bloß passives Verhalten kein Anerkenntnis im Sinne des § 5 Abs. 5 AHB dar. Etwas anderes gilt aber dann, wenn das Gesetz dem Schweigen nach vorgeschriebener Prüfung die Rechtswirkungen eines Anerkenntnisses ausdrücklich zumisst. § 176 InsO schreibt die Prüfung vor. § 178 Abs. 1, Abs. 3 InsO messen dem Schweigen ausdrücklich die Wirkung eines Anerkenntnisses bei. Die Wirkung der Feststellung zu der Insolvenztabelle ist anders als etwa die eines nach Säumnis des Versicherungsnehmers im Haftungsprozess gegen diesen ergangenen Versäumnisurteils. Bei dem Versäumnisurteil wird eine Verletzung des Anerkenntnisverbots nicht angenommen, da die Säumnis des Versicherungsnehmers kein Anerkenntnis des materiellen Anspruchs darstellt (Bruck-Möller, VVG, 8. Aufl., Anm. F 93). Gegen das Versäumnisurteil kann Einspruch eingelegt werden und der Prozess mit offenem Ergebnis fortgeführt werden. Mit der Feststellung zur Tabelle gilt die Forderung hingegen als bestehend. Zudem ist die Interessenlage anders, denn im Haftungsprozess kann der Versicherer selbst die Prozessführung für den Versicherungsnehmer übernehmen und eine Säumnis verhindern, wenn der Versicherungsnehmer zuvor seinen Anzeigeobliegenheiten nachgekommen ist. Anderenfalls besteht regelmäßig Leistungsfreiheit wegen der fehlenden Anzeige des Haftpflichtprozesses. In dem Insolvenzverfahren kann der Versicherer hingegen nicht selbst der Feststellung zur Tabelle widersprechen. Ob vorliegend überdies von einem aktiven Tun des Streithelfers zu 1) auszugehen ist, weil er den zunächst erklärten Widerspruch zurücknahm, kann dahinstehen.

Die Vorsatzvermutung der §§ 6 AHB, 6 Abs. 3 VVG ist von der Klägerin und ihren Streithelfern nicht widerlegt worden. Es kann sogar davon ausgegangen werden, dass dem Streithelfer zu 1) als Fachanwalt für Insolvenzrecht sowohl das versicherungsrechtliche Verbot des Anerkenntnisses ohne Zustimmung der Beklagten als auch die Wirkung der Feststellung zu der Insolvenztabelle bekannt waren. Nach dem von dem Streithelfer zu 2) vorgelegten Schreiben vom 30.12.2000 war dem Streithelfer zu 1) auch bekannt gegeben worden, dass eine Haftpflichtversicherung der J. GmbH bestand und wegen der Forderung der Klägerin informiert worden war. Er musste überdies auch ohne entsprechende Mitteilung in Betracht ziehen, dass die Insolvenzschuldnerin eine Betriebshaftpflichtversicherung unterhielt, denn dies ist in dem Geschäftsbereich, in dem die Insolvenzschuldnerin tätig war, die Regel.

Selbst wenn die Obliegenheitsverletzung ohne zumindest Eventualvorsatz des Streithelfers zu 1) erfolgte, erfolgte sie jedenfalls grob fahrlässig. Bereits die grob fahrlässige Verletzung der Obliegenheit führte zu vollständiger Leistungsfreiheit der Beklagten, denn es ist nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, dass die Obliegenheitsverletzung keinen Einfluss auf die Leistungspflicht der Beklagten und auf deren Umfang haben konnte. Der nach § 6 Abs. 3 VVG erforderliche Kausalitätsgegenbeweis ist von dem Versicherungsnehmer zu führen (BGH, VersR 2001, 756; OLG Düsseldorf, VersR 2001, 889). Vorliegend hätte die Klägerin eine fehlende Kausalität darlegen und beweisen müssen, denn sie ist insofern an die Stelle der Versicherungsnehmerin getreten. Es ist schon nicht im Einzelnen dargelegt, dass die Forderung der Klägerin gegen die J. GmbH begründet war und es der Beklagten nicht gelungen wäre, diese abzuwenden. Die Klägerin hat zu der Haftpflichtforderung nicht im Einzelnen vorgetragen. Insbesondere hat sie sich nicht mit dem Vortrag der Beklagten, die Mängel seien nicht von der J. GmbH zu vertreten gewesen, die Forderung sei der Höhe nach nicht berechtigt und es sei Verjährung eingetreten, auseinandergesetzt.

Die Klägerin und die Streithelfer können auch nicht mit dem Vortrag durchdringen, dem Streithelfer zu 1) sei die Obliegenheitsverletzung nicht vorzuwerfen, weil durch den Widerspruch gegen die Feststellung zu der Insolvenztabelle die Masse mit dem Kostenrisiko einer Feststellungsklage und er selbst mit dem Risiko einer Schadenersatzforderung belastet worden wäre. Wenn die Beklagte der Feststellung auf entsprechende Nachfrage nicht zugestimmt hätte, wäre ein Kostenrisiko für die Masse nicht entstanden, denn gemäß § 150 VVG hätte die Beklagte die Kosten der Abwehr des Haftungsanspruchs zu tragen gehabt. Eine Schadenersatzpflicht des Streithelfers zu 1) wäre nicht zu befürchten gewesen. Die nach § 60 InsO erforderliche schuldhafte Pflichtverletzung hätte nicht vorgelegen.

Der Leistungsfreiheit stehen auch nicht §§ 5 Abs. 5 S. 3, 154 Abs. 2 VVG entgegen. Es kann nicht angenommen werden, dass der Streithelfer zu 1) der Feststellung zu der Insolvenztabelle nach den Umständen nicht ohne offenbare Unbilligkeit widersprechen konnte. Dem steht schon entgegen, dass die Höhe der Forderung nur durch eine von der Klägerin eingeholte überschlagsartige Kostenermittlung belegt war, die nicht zwangsläufig richtig ist und von dem Streitverkündeten zu 1) auch nicht überprüft wurde. Überdies ist nach dem nicht widerlegten Vortrag der Beklagten davon auszugehen, dass Zweifel am Grund und an der Durchsetzbarkeit der Forderung bestanden. Das Unterbleiben der Feststellung einer Forderung, die dem Grunde und der Höhe nach nicht zweifelsfrei feststeht, ist nicht unbillig.

Die Geltendmachung der Leistungsfreiheit wegen der Obliegenheitsverletzung durch den Verstoß gegen das Anerkenntnisverbots ist der Beklagten nicht gemäß § 242 BGB verwehrt. Treuwidrig wäre die Geltendmachung der Leistungsfreiheit erstmals in dem Rechtsstreit, wenn die Beklagte zuvor zurechenbar ein schützenswertes Vertrauen darauf, dass sie aus der Obliegenheitsverletzung keine Rechtsfolgen herleiten würde, veranlasst hätte. Ein solches Vertrauen ist nicht schon dann veranlasst worden, wenn die Beklagte nach einem Nachweis der Feststellung der Forderung der Klägerin zu der Tabelle fragte und nach Kenntnis von der Obliegenheitsverletzung den Vorgang ohne weitere Stellungnahme ablegte. Dem konnte aus Sicht der Klägerin und des Streithelfers zu 1) nichts entnommen werden, das sie berechtigt darauf vertrauen lassen konnte, die Beklagte werde aus der Obliegenheitsverletzung keine Rechtsfolgen herleiten. Dazu hätte es eines darüber hinausgehenden vertrauensbildenden Verhalten der Beklagten bedurft. Dementsprechend befasst sich auch die von dem Streithelfer zu 1) angeführte Entscheidung des OLG Karlsruhe, veröffentlicht in VersR 2005, 353, mit einem Sachverhalt, in dem der Versicherer trotz längst vorhandener Kenntnis von der Obliegenheitsverletzung ein Sachverständigenverfahren durchführen ließ und sich mit den Vorstellungen des Versicherungsnehmers zur Höhe der Entschädigung auseinandersetzte.

§ 158 c Abs. 1 VVG kommt der Klägerin nicht zugute, denn bei dem Versicherungsverhältnis der J. GmbH mit der Beklagten handelt sich mangels gesetzlicher Bestimmung einer Versicherungspflicht nicht um eine Pflichtversicherung im Sinne der Vorschrift.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO. Dass der Streithelfer zu 1) zusätzlich zu der Beklagten die anfängliche und zwischenzeitlich aus dem Rechtsstreit ausgeschiedene frühere Berufungsbeklagte zu 1) in dem Rubrum der Berufungsschrift als Beklagte und Berufungsbeklagte zu 1) angegeben und eine etwaig auch in Bezug auf diese eingelegte Berufung zurückgenommen hat, hat eine Kostenbelastung nach § 516 Abs. 3 ZPO zur Folge. Soweit Kosten angefallen sind, können diese jedoch nur nach einem Wert von bis zu 300,- € abgerechnet werden, weil die Klägerin in Bezug auf die frühere Berufungsbeklagte zu 1) keine Beschwer geltend machen konnte.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, denn die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 279.165,36 €

Ende der Entscheidung

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