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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 19.12.2000
Aktenzeichen: 9 U 153/99
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 281 Abs. 3
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 U 153/99 24 O 167/97 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 19.12.2000

Verkündet am 19.12.2000

Hilgers, JHS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 14. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Münstermann, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Halbach und die Richterin am Landgericht Schneider

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 23.09.1999 (berichtigtes Datum) verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 167/97 - abgeändert und wie folgt gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger (für seine Ehefrau) wegen der Folgen des Unfalls vom 04.07.1996 (Geschädigter: A.K.) Versicherungsschutz nach den Bedingungen des Versicherungsvertrages vom 01.06.1992, Versicherungsschein-Nr. ..., bis zur Deckungssumme von zwei Millionen DM für Personenschäden zu gewähren.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen. Die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Hannover entstandenen Mehrkosten werden jedoch dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 42.000,-- DM abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistungen dürfen auch in Form einer Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer bei ihr abgeschlossenen Privathaftpflichtversicherung in Anspruch. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB 1/93) sowie die Besonderen Bedingungen, Erläuterungen und Risikobeschreibungen für die Haftpflichtversicherung zugrunde. Die Deckungssumme für Personenschäden betrug 2.000.000,-- DM. Wegen der Einzelheiten wird auf den Versicherungsschein, Nachtrag vom 08.06.1995, in der Anlage zur Klageschrift (Bl. 8 ff GA) Bezug genommen.

Mit der Klage begehrt der Kläger die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihm wegen des Unfalls des Kindes A.K. vom 04.07.1996 in B.M. Versicherungsschutz zu gewähren.

Die mitversicherte Ehefrau des Klägers, die Zeugin G.W., hatte den am 04.10.1994 geborenen A.K. seit März 1996 und jedenfalls bis Mitte Juni 1996 auf Grund einer mündlichen Vereinbarung als Tagesmutter in ihrer Wohnung zu unregelmäßigen Zeiten stundenweise gegen Entgelt betreut. Es war eine Vergütung von 5,00 DM pro Stunde vereinbart. Einzelheiten zur rechtlichen Einordnung dieser Tätigkeit und deren Beendigung sind streitig.

Am Nachmittag des 04.07.1996, etwa gegen 16.30 Uhr, kam es zu einem Unfall, bei dem das Kind schwer verletzt wurde.

Die Mutter des Kindes, die Zeugin We., musste am 28.06.1996 überraschend zur Behandlung einer akuten Blinddarmentzündung ein Krankenhaus in H. aufsuchen und konnte sich deswegen nicht um ihren Sohn kümmern. Auch die Schwiegermutter stand nicht zur Verfügung. Die Eheleute We. baten die Zeugin W., das Kind am 04.07.1996 für kurze Zeit zu beaufsichtigen. Diese war damit einverstanden und der Zeuge We. brachte das Kind gegen Mittag zu der Zeugin W. im Hause ihrer Eltern M.weg 3 in B.M.. Die Zeugin war an diesem Tage zunächst mit A., ihrer Großmutter und ihrem Sohn C. W. (geboren 07.01.1994) mit dem Auto unterwegs. Als es zu regnen begann, fuhr sie zum Hause ihrer Eltern in den M.weg zurück. Während die Zeugin W. den Wagen auslud, entwich A., lief zunächst unbemerkt hinter eine Hecke und fiel in den dort befindlichen Teich hinein. Nach einigen Minuten wurde er mit dem Gesicht nach unten liegend im Teich gefunden. Durch Sauerstoffmangel war bei dem Kind eine dauernde Schädigung des Gehirns eingetreten, die eine lebenslange Betreuung und ärztliche Behandlung erfordert. In der Folgezeit wurden gegen die Ehefrau des Klägers im Zusammenhang mit dem Schadenereignis Ersatzansprüche, unter anderem des Landkreises H.-P. und der AOK H., geltend gemacht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen zum Schriftsatz des Klägers vom 28.06.2000 (Bl 321 GA) verwiesen.

Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 25.10.1996 eine Leistungsverpflichtung ab. Sie erklärte, Versicherungsschutz im Zusammenhang mit dem Schadenfall bestehe nicht, da die von der Zeugin W. ausgeübte Tätigkeit beruflicher Natur gewesen und deshalb nicht Gegenstand des Privathaftpflichtversicherungsvertrages sei.

Der Kläger hat behauptet, die Betreuungstätigkeit der Zeugin W. gegen Entgelt habe nur bis Ende Juni 1996 gedauert. Dies sei zwischen der Mutter des A. und seinem Stiefvater, den Zeugen S. We. und F. We., und der Zeugin W. vereinbart worden. Dass Frau W. am 04.07.1996 auf Bitten des Zeugen We. noch einmal die Betreuung übernommen habe, sei nur aus Gefälligkeit und ohne Vergütung geschehen. In der Zeit der Betreuung gegen Entgelt seien sich die Eheleute We. und die Zeugin W. näher gekommen und man sei befreundet gewesen. Deswegen habe die Zeugin W. ihnen einen Gefallen tun wollen.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger wegen der Folgen des Unfalls vom 04.07.1996 (Geschädigter A.K.) Versicherungsschutz nach den Bedingungen des Versicherungsvertrages vom 01.06.1992, Versicherungsschein-Nr. ... bis zur Deckungssumme von 2 Millionen für Personenschäden zu gewähren. Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat weiterhin die Ansicht vertreten, vorliegend habe sich das Risiko einer beruflichen Tätigkeit verwirklicht. Der Deckungsbereich der Privathaftpflichtversicherung sei damit nicht betroffen. Die Grenze zur beruflichen Tätigkeit sei jedenfalls überschritten, wenn eine Nebentätigkeit über einen längeren Zeitraum hinweg planmäßig und mit einer gewissen Regelmäßigkeit ausgeübt werde. Die Betreuung am Schadentag sei die nahtlose Fortsetzung der früheren nebenberuflichen Beaufsichtigung.

Das Landgericht hat nach Vernehmung von Zeugen die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, mit dem Unfall habe sich die durch die private Haftpflichtversicherung nicht gedeckte Gefahr einer beruflichen Tätigkeit verwirklicht. Das vertragliche Betreuungsverhältnis habe nicht zum 30.06.1996 sein förmliches Ende gefunden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil erster Instanz Bezug genommen.

Gegen dieses seinem Prozeßbevollmächtigten am 04.10.1999 zugestellte Urteil des Landgerichts hat der Kläger am 03.11.1999 Berufung eingelegt, die er nach Fristverlängerung bis zum 14.02.2000 mit am 11.02.2000 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Der Kläger wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er macht geltend, für die Eheleute W. und die Eheleute We. habe spätestens Ende April / Anfang Mai definitiv festgestanden, dass die Zeugin W. für eine Betreuung ab 01.07.1996 nicht mehr zur Verfügung stehen könne und würde. Ausschlaggebend gewesen seien sowohl der künftige Umzug der Eheleute W. in das gekaufte Haus M.Straße 8 B in B.M.- E. und die dort bevorstehenden Renovierungsarbeiten als auch die gleichfalls seit langem bekannte und auch Frau We. mitgeteilte Tatsache, dass die Zeugin W. wegen urlaubsbedingter Verhinderung ihrer Eltern an deren Stelle ab Ende Juni 1996 die im Hause M.weg 3 lebende bettlägerige Großmutter habe betreuen müssen. Die Ehefrau des Klägers habe kein eigenes Auto besessen. Das Familienfahrzeug habe der Kläger für seine Fahrten zur Arbeitsstätte benötigt. Die Eltern der Ehefrau des Klägers seien planmäßig Ende Juni 1996 nach Österreich in Urlaub gefahren. Für die Dauer des Urlaubs seien die Eheleute W. mit ihren drei Kindern am Wochenende des 29./30. 06. 1996 in das Haus der Eltern M.weg 3 gezogen, wo die bettlägerige und pflegebedürftige Großmutter lebte. Der Beginn des Umzuges, den die Zeugin W. bei ihrer Vernehmung vor dem Landgericht als Endzeitpunkt für das Betreuungsverhältnis gemeint habe, sei derjenige der Familie W. in das Haus ihrer Eltern nach M.weg 3 gewesen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinen erstinstanzlichen Schlußanträgen zu erkennen sowie Sicherheit auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse leisten zu können. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag und führt aus, es sei darauf abzustellen, dass die nebenberufliche Tätigkeit als solche auf Dauer angelegt gewesen und grundsätzlich als in der Privathaftpflichtversicherung nicht versicherte Tätigkeit zu qualifizieren sei. Daran könne kein Zweifel bestehen. Im übrigen trägt sie vor, das Betreuungsverhältnis habe erst mit dem Umzug der Familie W. in die M.Straße beendet sein sollen. Zum Unfallzeitpunkt sei dies nicht der Fall gewesen. Im übrigen habe Frau W. in der Zeit vom 27.06. bis 04.07.1996 A. täglich mehrere Stunden betreut.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze nebst vorgelegten Urkunden ergänzend Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14.11.2000 (Bl. 361 ff) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.

I. Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen keine Bedenken. In der Haftpflichtversicherung kann der Versicherungsnehmer grundsätzlich auf Feststellung klagen, dass der Versicherer wegen bestimmter Haftpflichtforderungen Versicherungsschutz zu gewähren habe. Das Interesse an alsbaldiger Feststellung (§ 256 ZPO) ist gegeben, wenn Dritte Ansprüche geltend gemacht haben (vgl. Voit in Prölss/Martin, 26. Aufl., VVG, § 149, Rn 8 mit weiteren Nachweisen). So liegt es hier. Eigene Ansprüche des geschädigten Kindes und übergegangene Ansprüche des Landkreises H.-P. sowie der zuständigen AOK aus dem Gesichtspunkt der Verletzung der Aufsichtspflicht werden erhoben.

II. Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Deckungsschutz aus der Privathaftpflichtversicherung nach § 1 AHB in Verbindung mit Nr. 1 und 2.1. a) BBR wegen des Schadenereignisses vom 04.07.1996 zu.

Versichert ist danach die gesetzliche Haftpflicht des Ehegatten des Versicherungsnehmers als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens "mit Ausnahme der Gefahren" unter anderem "eines ... Berufes". Der Rechtsschutzanspruch entsteht mit der Erhebung von Ansprüchen durch Dritte (vgl. Voit in Prölss/Martin, a.a.O., § 149, Rn 5), wie dies vorliegend gegenüber der Ehefrau des Klägers geschehen ist.

Die in der Privathaftpflichtversicherung mitversicherte Ehefrau des Klägers wird allerdings im vorliegenden Fall in Anspruch genommen auf Grund privater Tätigkeit; es handelt sich bei dem Schadenereignis anlässlich der Beaufsichtigung des geschädigten Kindes am 04.07.1996 durch die Zeugin W. nicht um eine Verwirklichung der Gefahren eines Berufes. Die Voraussetzungen der nach den Versicherungsbedingungen "Ausnahme" der Gefahren beruflicher Tätigkeit liegen nicht vor, wie die Beweisaufnahme vor dem Senat ergeben hat.

In Fällen der Abgrenzung zwischen dem privaten und beruflichen Bereich ist maßgeblich, wo im konkreten Fall das Schwergewicht der Tätigkeit liegt (vgl. Voit in Prölss/Martin, a.a.O., § 4 AHB, Rn 52; Nr. 1 Privathaftpfl., Rn 6, 7; Späte, Haftpflichtversicherung, BBR, Rn 3 ff; siehe auch Senat, r+s 1999, 366; OLG Köln, 5. Senat, VersR, 1994, 1056; OLG Hamm, VersR 1980, 1037). Für die Annahme eines Berufes ist eine auf Dauer gerichtete Tätigkeit erforderlich, die zumeist zum Erwerb des Lebensunterhaltes dient (OLG Köln, a.a.O.).

Bei der Betreuung von Pflegekindern kann als weiterer Gesichtspunkt der Grenzziehung zwischen dem Bereich der privaten Hausfrauentätigkeit und dem beruflichen Bereich hinzutreten, ob das zu betreuende Kind aufgenommen wird, um aus dem Pflegegeld den eigenen Unterhalt - wenigstens zu einem nicht unerheblichen Teil - zu decken, und damit eher berufliche Tätigkeit ist (vgl. OLG F.furt/Main, VersR 1978,910).

Es mag durchaus sein, dass die ursprüngliche Tagesmuttertätigkeit der Zeugin W. in ihrer Wohnung in Bezug auf das Kind A. in diesem Sinne eher dem beruflichen Bereich zuzuordnen ist, wie das Landgericht annimmt. Hierfür kann die Anmeldung der Tätigkeit beim Jugendamt mit Antrag vom 17.01.1995 (vgl. Bl. 49 ff GA) sprechen und die auf eine gewisse Dauer gerichtete Betreuung mit einer Entgeltvereinbarung. Auf der anderen Seite deutet eine zeitliche Unregelmäßigkeit der Tätigkeit je nach Bedarf und ein monatlich unterschiedliches, zum Teil relativ geringes Monatsentgelt mehr auf den privaten Bereich hin.

Letztlich konnte der Senat die Einordnung der früheren Betreuungstätigkeit der Zeugin W. offenlassen. Denn jedenfalls zum Unfallzeitpunkt, auf den abzustellen ist, handelte es sich nach der Überzeugung des Senats bei der konkreten Betreuung um eine reine Privattätigkeit aus Gefälligkeit. Dies hat die Beweisaufnahme vor dem Senat ergeben.

Die frühere geregelte Tagesmuttertätigkeit durch die Zeugin W. war Mitte Juni 1996 beendet. Die Betreuung am Schadentag, dem 04. Juli 1996, war ein Freundschaftsdienst der Zeugin W. für die im Krankenhaus liegende Zeugin We., eine Hilfeleistung wie, sie im täglichen Leben häufig vorkommt.

Dass die Betreuung am Schadentag nichts mit der früheren Beschäftigung als Tagesmutter zu tun hatte und keine Fortsetzung dieser Tätigkeit sein sollte, geht bereits daraus hervor, dass ganz unterschiedliche Umstände vorlagen. Ursprünglich hatte die Zeugin W. das Kind zu verschiedenen Tageszeiten je nach der Arbeitszeit des Zeugen We. ausschließlich in ihrer Wohnung betreut, beziehungsweise hatte von dort aus etwas mit den eigenen Kindern und A. unternommen. Für den Schadentag war im Gegensatz dazu vereinbart, dass das Kind zu der Zeugin W. in die Wohnung ihrer Eltern im M.weg gebracht werden sollte. Die Betreuung sollte auf freundschaftlicher Basis und unentgeltlich erfolgen. Dies ergibt sich aus den glaubhaften Bekundungen der Zeugin S. We., die das Landgericht nicht vernommen hat, und des Zeugen F. We. sowie der Zeugin W..

Die Zeugin We. hat im einzelnen und nachvollziehbar die Umstände der Beendigung des Tagesmutter-Verhältnisses und die Betreuungstätigkeit am Schadentag geschildert.

Sie hat ausgesagt, dass die Tagesmuttertätigkeit der Zeugin W. zum 30.06.1996 gekündigt worden sei. Tatsächlich sei es schon vorher zu Ende gewesen.

Es sei ihr wegen des Umzuges der Familie W. klar gewesen, dass sie eine neue Tagesmutter benötigen würde. Deswegen habe sie das Tagesmutter - Verhältnis auch förmlich beendet. Am 3. Juli sei ihr Ehemann mit A. und der Schwiegermutter zu Besuch im Krankenhaus gewesen. Am nächsten Tag habe ihre Schwiegermutter betrieblich zur ärztlichen Kontrolle gemusst und nicht auf das Kind aufpassen können. Bei diesem Besuch habe sie ihren Mann gebeten, bei der Zeugin W. anzurufen, ob sie A. nicht für eine oder anderthalb Stunden nehmen könne. Für die Betreuung am 4. Juli habe nichts bezahlt werden sollen. Dies wisse sie genau, da sie alle Geldangelegenheiten in dieser Sache gemacht habe und ihr Ehemann die Regelung ihr überlassen habe.

Die Betreuung habe vielmehr auf freundschaftlicher Basis erfolgen sollen. Als Anerkennung hätte Frau W. vielleicht eine Schachtel Pralinen oder ähnliches bekommen sollen. Erklärend zu dieser freundschaftlichen Hilfe hat die Zeugin hinzugefügt, dass ihr Ehemann Frau W. von der Schule her kennen würde. B.M. sei ein kleiner Ort, da kenne jeder jeden.

Diese Angaben haben die Zeugin W. und der Zeuge F. We. bestätigt. Die Zeugin W. hat glaubhaft geschildert, dass sie A. bis etwa Mitte Juni 1996 betreut habe. Ihre Eltern seien im Juni in Urlaub gefahren. Man sei dann zum M.weg gezogen, wo sie wegen der Verhinderung der Eltern als Hilfe die pflegebedürftige Großmutter gepflegt habe. Außerdem habe ihre Familie in ihr neues Haus nach E. umziehen und dort ab 1. Juli renovieren wollen. Wegen dieser Umstände habe sie die Zeugin We. um Beendigung der Tagesmuttertätigkeit gebeten. Am Tage des Vorfalls habe Herr We. angerufen und ihr gesagt, seine Frau sei frisch operiert, er wolle gern ins Krankenhaus, könne A. aber nicht mitnehmen, ob sie das Kind noch einmal beaufsichtigen könne. Eine Vereinbarung über eine Bezahlung sei nicht getroffen worden.

Mit den Angaben der Zeugin W. im Kern in Übereinstimmung steht die Aussage des Zeugen We.. Er hat bekundet, dass die offizielle Tagesmuttertätigkeit der Zeugin W. beendet gewesen sei. Genaue Daten könne er nicht nennen, weil seine Ehefrau dies ausgemacht habe. Am 4. Juli habe er die Zeugin W. gefragt, ob sie den A. an diesem Tage noch einmal betreuen könne für zwei bis drei Stunden. Er habe das Kind nicht mit ins Krankenhaus nehmen wollen. Bei der Gelegenheit habe er mit der Zeugin W. nicht über eine Bezahlung gesprochen. Der Zeuge hat im übrigen bekundet, dass er ansonsten selbst Zeit gehabt habe, sich um das Kind zu kümmern, weil er sich Urlaub genommen habe. Die Tagesmutter habe er dafür nicht benötigt. Die Hilfe der Zeugin W. sei ein Freundschaftsdienst gewesen.

Diese Angaben zeigen, dass im übrigen in diesem Zeitraum Ende Juni eine Betreuungsperson grundsätzlich nicht erforderlich gewesen und die Zeugin W. gleichsam aus Gefälligkeit eingesprungen ist. Dem steht nicht entgegen, dass die Zeugin W. -wie sie angibt- in der zweiten Junihälfte das Kind A. noch ein- oder zweimal kurz beaufsichtigt habe, weil die Zeugin We. einen Arzttermin gehabt habe. Auch insoweit hat es sich um eine Gefälligkeit mit privatem Charakter gehandelt.

Schließlich ergibt sich aus der Bekundung der Zeugin Sch. keine andere Beurteilung. Diese hat angegeben, dass man für den 28. Juni 1996 einen Besprechungstermin vereinbart habe, um Einzelheiten über die künftige Übernahme des A. als Tageskind durch sie zu klären. Da Frau We. an diesem Tag ins Krankenhaus gekommen sei, habe der Zeuge We. den Termin abgesagt und einen neuen Termin für den 30. Juni vereinbart. Der Zeuge sei auch mit dem Kind bei ihr gewesen. An diesem Tage habe noch keine Vereinbarung getroffen werden können, weil erst die Beendigung des Krankenhausaufenthalts der Frau We. abgewartet werden sollte. Aus diesem Grund habe sich der ursprünglich ins Auge gefasste Beginn zum 1. Juli hinausgezögert. Damit stimmt auch die Angabe des Zeugen We. überein, dass zunächst die Zeugin Sch. die Betreuung ab 1. Juli übernehmen sollte, dies sich aber durch den Krankenhausaufenthalt seiner Frau hinausgezögert habe.

Nach alledem ist davon auszugehen, dass der Unfall anlässlich einer privaten Tätigkeit der Zeugin W. geschehen ist und die Beklagte damit Versicherungsschutz zu gewähren hat.

III. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 281 Abs. 3, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Beschwer ist nach § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzen.

Streitwert für die Berufungsinstanz und Wert der Beschwer der Beklagten: 1.600.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

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