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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 25.09.2007
Aktenzeichen: 9 U 193/06 (1)
Rechtsgebiete: ZPO, PB 98, VGB 94, VVG


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
ZPO § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3
PB 98 § 14
PB 98 § 14 Nr. 2
PB 98 § 14 Nr. 2 a)
PB 98 § 24 Nr. 3 a)
PB 98 § 24 Nr. 4
PB 98 § 24 Nr. 5 a)
VGB 94 § 22 Nr. 1 d)
VGB 94 § 22 Nr. 2
VVG § 6 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Der Senat beabsichtigt, nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.

Gründe:

I. Die Berufung der Klägerin hat nach derzeitiger Sach- und Rechtslage keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte auf Grund der abgeschlossenen Hausrat- und Wohngebäudeversicherung wegen des Schadensereignisses vom 14.11.2004 kein Anspruch auf Entschädigung nach den §§ 24 Nr. 3 a) , Nr. 4, Nr. 5 a) PB 98 (H-Privat-Basis-Versicherungsbedingungen) bzw. 4 Nr. 1 b), 6 Nr. 1 a) VGB 94 zu.

1. Die Beklagte ist nach den §§ 14 Nr. 2 PB 98, 22 Nr. 2 VGB 94, 6 Abs. 3 VVG leistungsfrei geworden.

a) Im Hinblick auf den behaupteten Einbruchdiebstahl fehlt es an der Vorlage einer Stehlgutliste im Sinne des § 14 PB 98. Nach Nr. 1 d) der Bedingung hat der Versicherungsnehmer bei Eintritt des Versicherungsfalles unverzüglich bei Hausratschäden das Abhandenkommen und die mutwillige Beschädigung versicherter Sachen der zuständigen Polizeidienststelle anzuzeigen und sowohl dieser als auch dem Versicherer ein Verzeichnis der abhanden gekommenen Sachen mit Angabe des Neuwertes einzureichen. Zwischen der Anzeigeobliegenheit und der Obliegenheit, eine Stehlgutliste einzureichen, ist demnach zu differenzieren.

Ein Verzeichnis der abhanden gekommen Sachen im Sinne der Versicherungsbedingungen, die sog. Stehlgutliste, hat die Klägerin nicht eingereicht. Die Klägerin hat der Polizei gegenüber - unstreitig - mündlich allgemein angegeben "kleiner TV der Marke Sharp, ca. 2,5-3 Jahre alt" und hinsichtlich des Laptops die Marke "Mikromax". Diese Angaben genügen den Anforderungen nicht. Erforderlich ist ein "Verzeichnis" der entwendeten Gegenstände mit Angabe des Neuwertes. Bereits daran fehlt es. Hinzu kommt, dass wegen des Zwecks der Stehlgutliste eine möglichst detailliert Beschreibung erforderlich ist. Die Liste dient dazu, die Fahndung zu erleichtern und den Versicherer vor einer unberechtigten Inanspruchnahme zu schützen. Der Versicherungsnehmer soll sich zum Schadenumfang frühzeitig festlegen müssen, um zu verhindern, dass der Schaden nachträglich zu Unrecht aufgebauscht wird. Die Gegenstände müssen danach durch den Inhalt der Aufstellung genau bezeichnet und individualisierbar sein (vgl. Senat, r+s 2003, 462 sowie 327; LG Köln, VersR 2006, 540; OLG Stuttgart NJW-RR 1986, 828). Dies ist gerade bei technischen Geräten mit Ausstattungsmerkmalen unschwer möglich. Die Angaben der Klägerin bei der Polizei erfüllen diese Anforderungen nicht. Die Erklärungen der Klägerin gegenüber dem Regulierungsbeauftragten können die Anforderungen an die bei der Polizei einzureichende Liste nicht ersetzen. Ob es später bei den zwei entwendeten Sachen verblieben ist, ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung.

Soweit die Klägerin nunmehr mit Schriftsatz vom 22.04.2007 allgemein behauptet, in der amtlichen Ermittlungsakte finde sich "eine Stehlgutliste", ist dies unsubstantiiert und im übrigen nach § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO vom Berufungsgericht nicht zu beachten.

Die nach den §§ 14 Nr. 2 PB 98, 6 Abs. 3 VVG bestehende Vorsatzvermutung hat die Klägerin nicht widerlegt. Der Vortrag, ihr sei eine genaue Beschreibung der Sachen nicht möglich gewesen, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Dass sich die Klägerin der Verpflichtung im Hinblick auf die Stehlgutliste im Grundsatz bewusst war, stellt sie nicht in Abrede. Im Hinblick auf die Verpflichtung zur genauen Bezeichnung der Sachen hat die Klägerin zudem selbst mit Schriftsatz vom 17.1.2006 eingeräumt, dass die Zeugin Q und der Zeuge N die Gegenstände genau hätten beschreiben und ihr bei der Angabe behilflich sein können. Auch die übrigen Voraussetzungen der Relevanzrechtsprechung (vgl. BGH VersR 2004, 1117) sind gegeben. Die generelle Eignung der Interessengefährdung liegt im Hinblick auf den genannten Sinn und Zweck der Stehlgutliste auf der Hand (vgl. Senat, r+s 2003, 327). Die Nichtvorlage einer Stehlgutliste im Sinne der Bedingungen kann die polizeilichen Ermittlungen beeinträchtigen und die Gefahr des Aufbauschens des Schadens erhöhen. Dass das Verhalten der Klägerin nur auf einem leichten Verschulden beruht, kann nicht angenommen werden. Es sind keine schwerwiegenden Gründe ersichtlich, warum eine den Versicherungsbedingungen entsprechende Stehlgutliste nicht eingereicht worden ist.

Bei der Obliegenheit, unverzüglich nach Eintritt des Versicherungsfalls eine Stehlgutliste bei der Polizei einzureichen, handelt es sich um eine spontan zu erfüllende Pflicht. Einer Belehrung des Versicherers über diese Obliegenheit ist nicht erforderlich (vgl. Senat VersR 2004, 1453; r+s 2003, 202; r+s 1996, 323).

2. Ob ein Vandalismusschaden ( § 24 Nr. 4 PB 98) oder ein Leitungswasserschaden (§§ 24 Nr. 5 a PB 98, 4 Nr. 1 b), 6 Nr, 1 a) VGB 94) vorgelegen hat, brauchte nicht entscheiden zu werden.

a) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin ihrer Aufklärungsobliegenheit nicht nachgekommen ist.

Nach § 14 Nr. 2 a) PB 98 hat der Versicherungsnehmer bei Eintritt des Versicherungsfalls den Versicherer unverzüglich umfassend und wahrheitsgemäß zu informieren. Nach § 22 Nr. 1 d) VGB 94 hat der Versicherungsnehmer dem Versicherer bei Eintritt des Versicherungsfalles Auskünfte zu erteilen.

Es obliegt dem Versicherungsnehmer, im Rahmen eines Gesprächs mit einem Regulierungsbeauftragtren dienliche Auskünfte vollständig und wahrheitsgemäß zu erteilen (vgl. OLG Hamm NJW-RR 2006, 753).

Nach den den Senat bindenden Feststellungen des Landgericht (§ 529 Abs.1 Nr. 1 ZPO) hat die Klägerin die ausdrückliche Frage des Regulierungsbeauftragten der Beklagten, ob es Personen gebe, mit denen sich die Familie in Streit befinde und ob jemand ein Interesse daran haben könne, ihnen einen solchen Schaden zuzufügen, uneingeschränkt verneint. Hierbei handelt es sich um eine bewusst falsche Darstellung der Klägerin. Gegenüber der Polizei hat sie sich nämlich dahingehend eingelassen, es gebe genügend Personen, mit denen man in Streitigkeiten stecke. Auch wenn in Bezug auf eine bestimmte Person kein Tatverdacht bestanden haben mag, so war die Darstellung unzutreffend.

Soweit die Klägerin nunmehr vorträgt, sie habe gegenüber dem Regulierungsbeauftragten O nicht verneint, dass es Personen gebe, mit denen sich die Familie im Streit befinde, so ist dieser Vortrag nach § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO nicht beachtlich. Außerdem steht in Widerspruch dazu der weitere Vortrag der Klägerin in der Berufungsinstanz, es handele sich um ihr unbekannte betrunkene Besucher ihres Imbissbetriebes in dem Festzelt. Dieses neue Vorbringen ist ebenfalls nicht zuzulassen.

Es bestand, auch wegen möglicher Regressansprüche, ein besonderes Interesse der Beklagten aufzuklären, was es mit dem Wasserschaden auf sich hat. Nach dem Schadensbild lag es auf der Hand zu prüfen, ob der Schaden aus persönlicher Feindschaft mit der Klägerin oder deren Familie angerichtet wurde und wer als Täter, gegebenenfalls aus dem Umfeld des Klägerin, in Betracht kommt. Wenn die Klägerin unter diesen Umständen eine falsche Erklärung abgibt, ist eine Verletzung der Auskunftsobliegenheit anzunehmen.

Die Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 VVG hat die Klägerin auch insoweit nicht widerlegt. Dass die Klägerin der Meinung war, durch Angaben von Personen in strafrechtliche Konflikte geraten zu können, ist nicht nachvollziehbar und entlastet sie nicht.

Geht man mit dem Landgericht zutreffend davon aus, dass die Obliegenheitsverletzung nicht folgenlos geblieben ist, so bedurfte es einer Belehrung insoweit nicht. Im übrigen enthielt das Schadensanzeigeformular (Anlage B 5) eine zutreffende Belehrung dahingehend, dass bewusst wahrheitswidrige oder unvollständige Angaben auch dann zum Verlust des Versicherungsschutzes führen können, wenn dem Versicherer dadurch kein Nachteil entsteht (vgl. BGH r+s 1993, 321). Einer zusätzlichen mündliche Belehrung durch den Agenten bedurfte es in diesem Falle, da auch keine Verständigungsschwierigkeiten vorlagen, nicht (vgl. OLG Hamm r+s 2000, 9).

Auf die Frage, ob der Wasserschaden ausreichend dargelegt ist, kommt es danach nicht mehr an.

3. Die Beklagte ist nicht aufgrund einer Deckungszusage zur Regulierung verpflichtet. Durch die Einleitung einer Bautrocknung zur Minderung des Schadens im frühen Stadium der Prüfung ist eine Deckungszusage nicht erfolgt. Eine ausdrückliche Erklärung des Regulierungsbeauftragten behauptet die Klägerin selbst nicht. Ob der Regulierungsbeauftragte zur Abgabe einer Deckungszusage berechtigt war, konnte offen bleiben.

II. Die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr.2 und 3 ZPO liegen vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht.

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