Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 17.06.2008
Aktenzeichen: 9 U 26/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 179
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 25.10.2007 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 187/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Ohne Tatbestand (gemäß §§ 540 Abs.2, 313 a Abs. 1 ZPO)

I. Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1) Dem Kläger steht aus der Wohngebäudeversicherung gegen die Beklagte der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zu, denn die Beklagte ist nicht passivlegitimiert. Die Beklagte ist aus dem Versicherungsvertrag gemäß der überreichten Vertragsübersicht/ Versicherungsbestätigung vom 01.11.2004 (Bl. 93, 151) nicht vertraglich verpflichtet. Aus dem zustande gekommenen Versicherungsvertrag ergibt sich mit hinreichender Klarheit, dass die Beklagte sich nicht selbst als Versicherer des Wohngebäudeversicherungsvertrages binden wollte, sondern vielmehr für die B Versicherung AG als Versicherer gehandelt hat.

Die Vertragsübersicht lässt erkennen, dass Versicherungsschutz durch ein Versicherer-Konsortium unter Federführung der C (C) -Versorgungswerk mbH, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, gewährt wird. Diese Erklärung schließt aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers zwar noch nicht aus, dass die Beklagte selbst Versicherungsdienste anbietet. Ebenso ist ihrem Namen: "Versicherungs- und Finanzdienste, Management - und Vermittlungsgesellschaft mbH" nicht eindeutig zu entnehmen, dass sie Versicherungsdienste nur vermittelt. Zuzugeben ist dem Kläger auch, dass durch den Fettdruck und die mittige Platzierung des Namens am Anfang der Vertragsübersicht zunächst für den Betrachter der Eindruck entstehen kann, dass auch die Beklagte Mitversicherer bzw. sogar führender Versicherer des Konsortiums ist. Offensichtlich und eindeutig ergibt sich die Vertretereigenschaft der Beklagten aber aus dem Umstand, dass die Beklagte in der Vertragsübersicht als "Rahmenvertragspartner" und die B Versicherung AG ausdrücklich auf der ersten Seite der Vertragsübersicht als "Risikoträger", d.h. als Versicherer, benannt ist. Bereits deshalb war die Vertragsübersicht nur dahin zu verstehen, dass Vertragspartner des Versicherungsvertrages die hinter der Beklagten stehende B Versicherung AG war. Dies muss erst recht im Hinblick auf die möglichen Adressaten des Versicherungsvertragskonzeptes gelten. Nach dem Gruppen-Rahmenversicherungsvertrag richtete sich das Vertragsangebot ausschließlich an Mitglieder und Mitarbeiter des C sowie an angeschlossene Versicherungsmakler (vgl. Bl.134 d.A.). Der Senat geht davon aus, dass diesen avisierten Vertragspartnern die Ausgestaltung der Vertragsverhältnisse und insbesondere die Vermittlerrolle der Beklagten bekannt gewesen sind. Im übrigen ergibt sich die Vertreterfunktion der Beklagten auch aus den beigefügten Allgemeinen Wohngebäudeversicherungs-Bedingungen C 2002. So heißt es in § 30, 2. Absatz der Versicherungsbedingungen ausdrücklich, dass die Beklagte Vertragspartner des Gruppen-Rahmenvertrages und als solcher ermächtigt ist, Willenserklärungen von dem Versicherungsnehmer entgegenzunehmen sowie solche für die beteiligten Versicherungsgesellschaften abzugeben. Hieraus ist klar zu entnehmen, dass die Beklagte nicht als Versicherer, sondern lediglich als Vertreter für die beteiligten Versicherer auftritt. Das Bestehen des Versicherungsvertragsverhältnisses zwischen Versicherungsnehmer und beteiligten Versicherern sowie die Vertretereigenschaft der Beklagten werden durch die Absätze 3 und 4 nochmals zum Ausdruck gebracht. Diesen Regelungen ist zu entnehmen, dass die Rechte aus dem Versicherungsvertrag den Versicherungsnehmern zustehen und diese auch ohne Zustimmung des Rahmenvertragspartners über die Rechte verfügen und diese gegenüber dem Versicherer auch gerichtlich geltend machen können. Deshalb ist es entgegen der Ansicht des Klägers unerheblich, ob es sich um durch die Beklagte entwickelte Versicherungsbedingungen handelt, denn diese betreffen in ihrer Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses offensichtlich Versicherungsnehmer und Versicherer. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass nicht alle beteiligten Versicherer und die Beteiligungsverhältnisse an dem Konsortium aus den dem Kläger zugänglich gemachten Vertragsunterlagen ersichtlich sind. Zwar müssen sich diese Informationen durch Auslegung für den Versicherungsnehmer hinreichend deutlich ergeben (Kollhosser in Prölss/Martin, VVG, 27. Auflage, 2004, Rdnr.4 vor § 58). Wenn der Versicherungsnehmer aber - wie hier - die einzelnen beteiligten Versicherer und ihre Quoten nicht erkennen kann, muss sich der führende Versicherer und damit die hier als Risikoträger genannte B Versicherung AG als Alleinversicherer behandeln lassen. Eine Verpflichtung der Beklagten aus dem Versicherungsvertrag wird dadurch nicht begründet.

Die Beklagte hatte auch Vertretungsmacht. Diese ergibt sich aus 2.1 des Gruppenrahmenversicherungsvertrages. Nach dieser Regelung ist die Beklagte als Rahmenvertragspartner bevollmächtigt, für den genannten Personenkreis Versicherungsverträge in eigener Verantwortung einzudecken oder vom Gruppen-Rahmenversicherungsvertrag abzumelden. Entgegen der Ansicht des Klägers ist nicht ersichtlich, dass die B Versicherung AG ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommen will. Vielmehr lassen der zwischen ihr und der Beklagten geführte Schriftverkehr sowie ihr an die Prozessbevollmächtigten des Klägers gerichtetes Schreiben vom 07.08.2006 (Bl.125 d.A.) erkennen, dass sie von ihrer grundsätzlichen Leistungsverpflichtung ausgeht. Würde sie sich nicht in der vertraglichen Verpflichtung sehen, hätte sie weder gegenüber dem Kläger selbst zur Obliegenheitsverletzung Stellung genommen, noch hätte sie einen Regulierungsbeauftragten entsandt (Bl.97 d.A.) und einen Vergleichsvorschlag unterbreitet (Bl.119 d.A.).

Dass die Beklagte die Regulierung übernommen hat, begründet nicht ihre Passivlegitimation. Durch § 30 der Versicherungsbedingungen ist klargestellt, dass sie in Regulierungsangelegenheiten befugt ist, in Vertretung für die beteiligten Versicherer tätig zu werden. Es besteht daher für die Beklagte keine Notwendigkeit, auf ihre Vertretungsfunktion bei jedem Schriftwechsel mit dem Versicherungsnehmer erneut hinzuweisen. Aus Ziffer 8 des Gruppenrahmenversicherungsvertrages ergibt sich ihre Regulierungsvollmacht, wobei klargestellt ist, dass die Entscheidungskompetenz bei umfangreicheren Schäden beim regulierenden Versicherer liegt und Prozesse stets von diesem zu führen sind. Diese in Ziffer 8 des Gruppenrahmenversicherungsvertrages geregelte eingeschränkte Regulierungsvollmacht der Beklagten findet ihren Niederschlag in den von dem Kläger angeführten Schreiben identischen Inhalts vom 07.08.2006 (Bl.125 d.A.) und 14.08.2006 (Bl.245 d.A.). Dass das inhaltsgleiche Schreiben der Beklagten dem der B Versicherung AG zeitlich nachfolgt, zeigt, dass die B als Versicherer das Regulierungsverfahren bestimmt hat.

Eine andere Wertung ergibt sich auch nicht aus dem intern geregelten (unzulässigen) Austausch der Risikoträger. Diese Vereinbarung betrifft ausschließlich das Verhältnis zwischen den Versicherern und der Beklagten, besagt aber nichts zur Bindung der Versicherer gegenüber den Versicherungsnehmern.

Handelte damit die Beklagte als Vertreterin mit Vertretungsmacht für die B-AG, scheidet eine Haftung der Beklagten nach § 179 BGB aus.

Eine andere rechtliche Grundlage für eine Erfüllungshaftung der Beklagten ist nicht ersichtlich. Auch eine schadensersatzrechtliche Haftung, für die hier allenfalls ein Verschulden bei Abschluss des Vertrages denkbar wäre, kommt nicht in Betracht.

Ungeachtet der Frage, inwieweit die Grundsätze der Vertreterhaftung hier überhaupt eingreifen, scheidet ein Schadensersatzanspruch insoweit jedenfalls deshalb aus, weil der Beklagten kein vorvertragliches Aufklärungs- oder Beratungsverschulden zur Last fällt.

2) Der hilfsweise geltend gemachte Feststellungsanspruch ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

Auch ein künftiger Schadensersatzanspruch kann Gegenstand einer Feststellungsklage sei (BGH NJW 1993, 648). Geht es um einen Vermögensschaden, ist ein Feststellungsinteresse nur dann hinreichend dargetan, wenn nach der Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge der Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich ist. Die Beklagte bestreitet eine Schadensersatzverpflichtung, so dass das Feststellungsurteil geeignet wäre, das Bestehen eines Anspruchs abschließend zu klären. Da sich der anspruchsbegründende Sachverhalt zum Zeitpunkt der Klageerhebung in der Fortentwicklung befand und noch befindet, war eine Bezifferung des Schadens nicht möglich, so dass auch der Vorrang der Leistungsklage nicht greift.

Ein Schadensersatzanspruch aufgrund der zwischen den Parteien bestehenden schuldrechtlichen Sonderbeziehung, aus der die Beklagte als Vermittlungsmaklerin und Regulierungsbevollmächtigte nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) dem Kläger gegenüber zur richtigen und rechtzeitigen Aufklärung verpflichtet war (vgl. hierzu BGH NJW 1996, 2724; ZOV 2005, 359), besteht nicht. Denn nach der Beweisaufnahme ist nicht davon auszugehen, dass die Beklagte dem Zeugen O auf telefonische Nachfrage unzutreffende Auskünfte zu ihrer Passivlegitimation oder Prozessführungsbefugnis erteilte. Soweit der insoweit beweispflichtige Kläger vorgetragen hat, der Zeuge O habe in seinem Namen in der 28. Kalenderwoche des Jahres 2006 bei der Beklagten angerufen, um gerade die Frage der Passivlegitimation zu klären, die ihm die Geschäftsführerin der Beklagten, Frau F-N L, dahingehend beantwortet habe, dass die Beklagte auch bei Angelegenheiten, die über 5.000 € lägen, gerichtlich in Anspruch zu nehmen sei, hat er den Beweis nicht geführt. Die Aussage des von dem Kläger benannten Zeugen O vermag den Senat nicht zu überzeugen. Die Bekundungen des Zeugen stimmen bereits in den wesentlichen Punkten, nämlich Zeitpunkt, Anlass und Inhalt des Telefonats, nicht mit den Darlegungen des Klägers überein. So hat der Zeuge O bekundet, zu dem Telefonat mit Frau L, dessen Zeitpunkt er nicht in Erinnerung habe, sei es nicht aus Anlass des streitgegenständlichen Schadensfalles gekommen, sondern er habe mehr oder weniger zufällig mit ihr telefonischen Kontakt gehabt. Bei dieser Gelegenheit habe er gefragt, wer denn Ansprechpartner in einem Schadensfall sei; er habe auch konkret gefragt, ob die Beklagte im Streitfall verklagt werden könne. Daraufhin habe ihm Frau L - was diese bei ihrer informatorischen Anhörung als Partei bestritten hat - erklärt, dass er sich seinen Gegner im gerichtlichen Streitfall aussuchen könne. Diese Antwort sei ihm "komisch" vorgekommen, er habe sie aber nicht weiter hinterfragt. Über die 5.000 € - Grenze sei bei dem Telefonat nicht gesprochen worden.

Die Bekundungen des Zeugen weichen nicht nur in erheblichem Umfang von den Darlegungen des Klägers ab, sondern sie sind darüber hinaus auch in sich nicht schlüssig. So hatte der Zeuge zunächst bekundet, anlässlich eines anderen Schadensfalles sei ihm von einer Sachbearbeiterin der Beklagten, Frau V, erklärt worden, hinter dem C stehe ein Konsortium von Versicherern, die im Bedarfsfall ansprechbar seien. Er habe aber für den Fall des Klägers nicht feststellen können, wer Konsortialführer gewesen sei. Auf Nachfrage hat er dann ausgesagt, es sei niemals von einem im Hintergrund stehenden Konsortialpartner gesprochen worden. Angesichts dieser Aussagen ist (erst recht) nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge als erfahrener Versicherungsmakler eine Erklärung mit dem Inhalt, dass es egal sei, ob die Beklagte oder die B Versicherung AG verklagt werde, ungefragt entgegengenommen haben will. Ebenso wenig verständlich ist, warum er diese behauptete Erklärung der Beklagten nicht - wie er bekundet hat - ihrem Inhalt entsprechend an den Kläger weitergegeben hat, sondern stattdessen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 12.07.2006 (Bl.11 d.A.) mitgeteilt wurde, dass er nicht die B Versicherung AG, sondern die W verklagen müsse. Diese - selbst im Lichte der Aussage des Zeugen O - offensichtlich falsche Information muss sich die Beklagte nicht zurechnen lassen, so dass auch für den mit dem hilfsweisen Feststellungsantrag geltend gemachten Schadensersatzanspruch kein Raum ist.

II. Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Bedeutung der Rechtssache geht nicht über den Einzelfall hinaus. Auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 9.803,46 €

Ende der Entscheidung

Zurück