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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 18.07.2000
Aktenzeichen: 9 U 36/98
Rechtsgebiete: VVG, AKB, ZPO


Vorschriften:

VVG § 1
VVG § 49
AKB § 1 Abs. 5 S. 1
ZPO § 141
ZPO § 97
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 108
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 U 36/98 12 0 37/96 (LG Aachen)

Anlage zum Protokoll vom 18.07.2000

Verkündet am 18.07.2000

Meinecke, JHS'in als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 06.06.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Münstermann, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Halbach und die Richterin am Landgericht Schneider

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 07.04.1998 verkündete Urteil des Landgerichts Aachen - 12 0 37/96 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 11.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische und unwiderrufliche Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.

Tatbestand:

Der Kläger macht mit der Klage einen Entschädigungsanspruch aus einer bei der Beklagten abgeschlossenen Fahrzeugversicherung für das Fahrzeug PKW Porsche 911 Carrera - amtliches Kennzeichen: DN - ... - geltend. Dieses Fahrzeug, welches am Abend des 27.06.1994 in A. entwendet worden sein soll, hatte der Kläger am 11.03.1994 beim Porsche-Zentrum in A. zum Preis von 145.604,98 DM bestellt. Neben der Verrechnung einer Gutschrift von 10.000,00 DM nahm das Porsche-Zentrum zur Begleichung des Kaufpreises einen PKW Jaguar XJS, welcher auf die Fa. S. Sy. GmbH zugelassen war, zum Preis von 44.000,00 DM gemäß Rechnung vom 12.02.1994 (Bl. 325) bzw. Gebrauchtwagen-Vereinbarung vom 11.03.1994 (Bl. 34) in Zahlung. Den Restbetrag von 91.604,98 DM beglich der Kläger bei Erhalt des Fahrzeugs am 18.04.1994 in bar. Einen Tag vor der Bestellung des Wagens am 10.03.1994 hatte der Kläger als Geschäftsführer der Fa. S. Sy. GmbH den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt. Die Eröffnung des Konkursverfahrens ist durch Beschluss vom 07.07.1994 mangels Masse abgelehnt worden.

Das Fahrzeug Porsche 911 Carrera wurde auf eine Frau I. Sch. in L. zugelassen. Die Beklagte erteilte Frau Sch. gemäß Deckungskarte Bl. 112 d.A. vorläufige Deckung. Für das Fahrzeug sollte entsprechend dem für den PKW Jaguar XJS bestehenden Versicherungsverhältnis über die Versicherungsagentur K. in L. eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und eine Fahrzeugvollversicherung abgeschlossen werden. Da bei der Beklagten ein ruhendes Versicherungsverhältnis mit einem Schadensfreiheitsrabatt für eine Fa. P. Service GmbH bestand, wurde durch den Agenten K. im Antrag vom 16.06.1994 (Bl. 108) auf Abschluss eines Versicherungsvertrages die Fa. P. GmbH als Versicherungsnehmerin eingetragen, um so den Kläger in den Genuss des Schadensfreiheitsrabattes kommen zu lassen. Die Beklagte stellte sodann am 05.07.1994 einen Nachtrag Nr. 02 zur Kraftfahrtversicherung Nr. .... (Bl. 107) aus, lautend auf "Fa. P. Service GmbH S. Systemhandel, Halter I. Sch.". Diese Firma war zu keiner Zeit existent.

Der Kläger hat behauptet, er sei am Abend des 27.06.1994 nach A. gefahren und dort etwa gegen 21.30 Uhr angekommen, um sich mit den Zeugen Sch. und Schm. in der Gaststätte "T." zu treffen. Das Fahrzeug habe er auf einem unbefestigten öffentlichen Parkplatz an der Straße "Am B." in der Nähe des Lokals abgestellt. Als er einige Zeit später wieder zu seinem Wagen gegangen sei, um nach Hause zu fahren, sei das Fahrzeug nicht mehr am Abstellort zu finden gewesen. Er sei dann in die "T." zurückgekehrt und habe seine beiden Freunde geholt, um mit ihnen gemeinsam noch mal nach dem Fahrzeug zu suchen. Man habe auch nachgefragt, ob es vielleicht abgeschleppt worden sei, das Fahrzeug sei jedoch nicht mehr auffindbar gewesen.

Der Kläger hat weiter behauptet, er sei Eigentümer des Porsche 911 gewesen. Die Halterin des Fahrzeugs, Frau I. Sch., habe keinerlei Verfügungsbefugnisse über das Fahrzeug gehabt. Auch dem Vertreter der Beklagten, dem Agenten K., habe er offengelegt, dass er den Porsche privat und im eigenen Namen gekauft habe und auch alleiniger Versicherungsnehmer werden wollte. Man habe jedoch nach Wegen gesucht, ihm - dem Kläger - für die abzuschließende Versicherung einen günstigen Schadensfreiheitsrabatt zu verschaffen, da so im Hinblick auf die Höhe des versicherten Wertes mehrere tausend DM pro Jahr einzusparen gewesen seien. Da der Zeuge K. Zugriff auf ein ruhendes Versicherungsverhältnis zwischen der Beklagten und der Fa. P. Service GmbH gehabt habe, für welches ein günstiger Schadensfreiheitsrabatt bestanden habe, sei der Versicherungsvertrag zum Schein auf diese Firma geschrieben worden.

Vorsorglich hat der Kläger sich eventuelle Ansprüche der Zeugin I. Sch. aus dem hier geltend gemachten Schadenereignis gegen die Beklagte abtreten lassen.

Der Kläger hat den Zeitwert des Fahrzeugs entsprechend dem von der Beklagten eingeholten Gutachten (Bl. 10, 11) mit 121.000,00 DM beziffert und nach Abzug einer Selbstbeteiligung von 1.000,00 DM mit der Klage einen Anspruch in Höhe von 120.000,00 DM geltend gemacht.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 120.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19.11.1994 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei zur Geltendmachung der Ansprüche nicht aktivlegitimiert, da er weder Versicherungsnehmer noch Versicherter sei. Auch aus abgetretenem Recht stehe ihm kein Anspruch zu, da auch Frau I. Sch. nicht Versicherungsnehmerin der Beklagten geworden sei. Zudem habe der Kläger schon nicht das äußere Bild einer Fahrzeugentwendung ausreichend vorgetragen und unter Beweis gestellt. Da ernsthafte Zweifel an der persönlichen Glaubwürdigkeit des Klägers bestünden, käme eine Beweisführung durch Anhörung des Klägers nicht in Betracht. Außerdem habe der Kläger - was unstreitig ist - nach dem angeblichen Diebstahl nur ein Betätigungsinstrument für die Wegfahrsperre vorlegen können. Das in Rede stehende Fahrzeug sei vom Hersteller jedoch mit 3 Schlüsseln und 2 Sendern zur Betätigung der Wegfahrsperre ausgerüstet und entsprechend an den Kläger ausgeliefert worden.

Das Landgericht hat zur Frage des Zustandekommens des Versicherungsvertrages Beweis erhoben gemäß der Beweisbeschlüsse vom 14.01.1997 (Bl. 132) und 22.04.1997 (Bl. 150) durch Vernehmung des Zeugen K. und der Zeugin Sch.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 22.04.1997 (Bl. 143ff) und 15.07.1997 (Bl. 181ff) verwiesen. Die Akten 97 Js 107/95 StA Aachen und 31 Js 982/94 StA Aachen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Durch am 07.04.1998 verkündetes Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil der Kläger seine Aktivlegitimation zur Geltendmachung von Ansprüchen bereits nicht nachgewiesen habe.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil, welches ihm am 21.04.1998 zugestellt worden ist, am 19.05.1998 Berufung eingelegt und diese Berufung nach Fristverlängerung bis zum 18.07.1998 am 15.07.1998 begründet.

Der Kläger wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er behauptet, bei Auslieferung des Fahrzeugs nur einen Sender zur Betätigung der Wegfahrsperre erhalten zu haben. Möglicherweise habe er den Sender auch in das Handschuhfach seines Wagens gelegt, weil dies vom Hersteller so empfohlen worden sei.

Der Kläger beantragt,

das am 07.04.1998 verkündete Urteil des Landgerichts Aachen - 12 0 37/96 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 120.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19.11.1994 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Insbesondere bestreitet sie weiterhin die Aktivlegitimation des Klägers sowie seine Redlichkeit.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat Beweis erhoben gemäß der Beweisbeschlüsse vom 19.01.1999 (Bl. 344,345), 24.08.1999 (Bl. 403, 404) und 29.02.2000 (Bl.439, 440). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 16.03.1999 (Bl. 357ff), 01.02.2000 (Bl. 427ff) und 06.06.2000 (Bl. 448ff) verwiesen. Die Akten 97 Js 107/95 StA Aachen und 31 Js 982/94 StA Aachen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Entschädigung gem. §§ 1, 49 VVG, 12 Abs. 1 Ib AKB aus dem angeblichen Fahrzeugdiebstahl am 27.06.1994 zu.

Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Dabei kann letztlich dahinstehen, ob der Begründung des erstinstanzlichen Urteils zu folgen ist, wonach der vom Kläger geltend gemachte Anspruch bereits scheitert, weil keinerlei vertragliche Beziehungen hinsichtlich des PKW Porsche 911 Carrera zwischen den Parteien bestehen, aus denen der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte ableiten könnte. Selbst wenn man dem Kläger weder aus dem ursprünglichen Versicherungsvertrag selbst noch aus dem Nachtrag Nr. 02 zur Kraftfahrtversicherung Nr. .... im Hinblick auf die unklaren, durch Manipulationen geprägten Angaben im Versicherungsantrag die Geltendmachung von Rechten der Beklagten gegenüber zubilligt, dürfte die Aktivlegitimation aus abgetretenem Recht der Zeugin Sch. zu begründen sein, denn die Beklagte hat Frau I. Sch. als Versicherungsnehmerin am 20.04.1994 vorläufige Deckung erteilt.

Diese vorläufige Deckungszusage, die nach dem Wortlaut der AKB nur vorläufigen Versicherungsschutz für die Kfz.-Haftpflichtversicherung begründet, führt nach der Rechtsprechung gleichwohl dazu, dass der Versicherer regelmäßig auch zur Gewährung vorläufigen Deckungsschutzes in der Fahrzeugversicherung verpflichtet ist, wenn auch Kaskoversicherungsschutz beantragt wird und die Aushändigung ohne den deutlichen Hinweis darauf erfolgt, es werde dem Versicherungsnehmer dadurch nur vorläufige Deckung in der Kfz.-Haftpflichtversicherung gewährt (BGH VersR 86, 541; 99, 1274).

Bei der Erteilung vorläufiger Deckung handelt es sich um einen rechtlich selbständigen Versicherungsvertrag, der vom Hauptvertrag zu unterscheiden ist. Dieser Vertrag endet erst, wenn Versicherungsschutz aus dem Hauptvertrag begründet wird oder eine Kündigung nach § 1 Abs. 5 S.1 AKB erfolgt ist.

Hier dürfte eine Beendigung des durch die vorläufige Deckungszusage begründeten Versicherungsvertrages zwischen der Beklagten und Frau Sch. bis zum behaupteten Schadenereignis nicht stattgefunden haben, so dass die Zeugin Sch. eventuell bestehende Ansprüche aus diesem Vertragsverhältnis an den Kläger abtreten konnte und daher die vom Landgericht angenommene fehlende Aktivlegitimation des Klägers erheblichen Zweifeln unterliegt. Letztlich bedarf diese Frage keiner abschließenden Entscheidung, denn im Hinblick auf die Gesamtumstände kann eine versicherte Entwendung nicht festgestellt werden, so dass eine Einstandspflicht der Beklagten ohnehin entfällt.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist es dem Kläger zwar noch gelungen, ein Mindestmaß an Tatsachen zu beweisen, aus denen sich das äußere Bild eines Diebstahls schließen läßt. Da der Versicherungsnehmer in der Diebstahlversicherung den Vollbeweis für den Eintritt des Versicherungsfalles in den allerwenigsten Fällen wird führen können, gewährt die Rechtsprechung dem Versicherungsnehmer Beweiserleichterungen. Der Versicherungsnehmer muß lediglich einen Sachverhalt darlegen und beweisen, der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Fahrzeugentwendung zuläßt (BGH VersR 84, 29). Verlangt wird nicht der Vollbeweis, sondern nur der Nachweis des äußeren Bildes einer Fahrzeugentwendung. Dazu reicht in der Regel der Nachweis, dass der Versicherungsnehmer sein Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und dort später nicht wieder aufgefunden hat (BGH, r+s 95, 288 = VersR 95, 909). Für diesen Mindestsachverhalt muß der Versicherungsnehmer allerdings den Vollbeweis erbringen, z.B. durch einen Zeugen in seiner Begleitung, der das Abstellen und/oder Nichtwiederauffinden des Fahrzeugs gesehen hat (BGH, r+s 93, 169 = VersR 93, 571). Fehlen Zeugen für das Abstellen, das Nichtwiederauffinden oder für das gesamte äußere Bild, so kann der Versicherungsnehmer auch durch eigene Angaben im Rahmen einer Anhörung nach § 141 ZPO den erforderlichen Beweis für das äußere Bild führen. Dabei setzt der Nachweis des äußeren Bildes durch eigene Angaben einen uneingeschränkt glaubwürdigen Versicherungsnehmer voraus.

Das äußere Bild des Diebstahls ist durch die Beweisaufnahme vom 16.03.1999 erwiesen. Der Kläger hat nachvollziehbar und hinsichtlich der Örtlichkeiten und des zeitlichen Ablaufs des übrigen Geschehens am Abend des 27.06.1994 in Übereinstimmung mit den Zeugen Sch. und Schm. geschildert, dass er das Fahrzeug am 27.06.1994 etwa gegen 20.30 Uhr auf einem Parkplatz "Am B." in A. abgestellt habe und sodann in das Lokal "T." gegangen sei, wo er auf die beiden Zeugen Sch. und Schm. gewartet habe. Nach Eintreffen der beiden Zeugen habe man noch 1/2 bis 3/4 Stunde gemeinsam in dem Lokal verbracht, dann sei er, der Kläger, wieder gegangen. Er habe seinen Wagen jedoch nicht mehr auf dem Parkplatz vorgefunden. Er sei dann in das Lokal zurückgekehrt und sei mit den Zeugen Schm. und Sch. erneut zum Parkplatz gegangen. Der Porsche sei jedoch nicht mehr aufzufinden gewesen.

Diesen Ablauf haben die beiden Zeugen Sch. und Schm. im Kerngeschehen bestätigt, so dass sich insgesamt ein schlüssiges Bild des Geschehens ergibt. Sowohl die Angaben zum Ort als auch zum zeitlichen Ablauf stimmen im Wesentlichen auch mit den im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gemachten Angaben überein.

Die Beklagte hat jedoch ausreichende Tatsachen vorgetragen und bewiesen, die eine Vortäuschung des Versicherungsfalles mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nahelegen. Die Rechtsprechung schützt den Versicherer gegen den Mißbrauch der dem Versicherungsnehmer gewährten Beweiserleichterungen dadurch, dass sie auch dem Versicherer für den von ihm zu führenden Nachweis Beweiserleichterungen zubilligt. Dabei reichen für den Gegenbeweis des Versicherers nicht erst solche Tatsachen aus, die eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für die Vortäuschung des Versicherungsfalles begründen, sondern schon solche, die eine erhebliche Wahrscheinlichkeit hierfür nahelegen (BHG VersR 89, 587 = r+s 90, 130). Die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung kann sich sowohl aus den Tatumständen allgemein als auch aus erheblichen Zweifeln an der Glaubwürdigkeit des Antragstellers und aus seinem Verhalten ergeben (Prölss/Martin-Knappmann, VVG, 26. Aufl., § 12 AKB Rn 24).

Von ganz erheblicher Bedeutung ist hier in diesem Zusammenhang das Fehlen eines Senders für die Wegfahrsperre. Das in Rede stehende Fahrzeug wird vom Hersteller zusammen mit

- zwei Schlüsseln mit Beleuchtung

- einem kleineren Reserveschlüssel sowie

- zwei Betätigungsinstrumenten der Wegfahrsperre

ausgeliefert. Der Sachverständige W. hat in seinem Gutachten vom 04.08.1994 (Bl. 99ff BA) festgestellt, dass das zweite zu einem kompletten Schlüsselsatz gehörende Betätigungsinstrument der Wegfahrsperre fehlte. Dies hat der Kläger während des gesamten Verfahrens auch nicht bestritten, er hat auch keinerlei Erklärung dazu abgegeben, warum bzw. seit wann dieser Sender fehlt. Erst im Rahmen seiner persönlichen Anhörung am 16.03.1999 vor dem Senat hat er die Vermutung geäußert, falls ihm bei Übergabe des Fahrzeugs tatsächlich zwei Sender übergeben worden seien, was er nicht mehr wisse, habe er den zweiten Sender wohl im Handschuhfach des Wagens aufbewahrt. Dies werde in der Betriebsanleitung des Herstellers so empfohlen. Die zu dieser Frage durchgeführte Beweisaufnahme, insbesondere die Aussage des Zeugen H. (Bl.448ff) hat jedoch ergeben, dass dem Kläger zwei Sender zur Betätigung der Wegfahrsperre ausgehändigt worden sind. Der Zeuge H. hat dezidiert geschildert, wie die Übergabe eines Fahrzeugs erfolgt und dass insbesondere die Übergabe eines nicht kompletten Schlüsselsatzes auszuschließen sei. Ein Fahrzeug mit nur einem Sender werde gar nicht ausgeliefert, sondern mit einer völlig neuen Schließanlage ausgerüstet und erst dann dem Käufer übergeben.

Somit ist erwiesen, dass der Kläger zwei Sender zur Betätigung der Wegfahrsperre erhalten hat, aber nach dem Diebstahl nur noch einen Sender vorlegen konnte. Seine Einlassung, er habe den Sender entsprechend einer Empfehlung des Herstellers im Handschuhfach aufbewahrt, ist völlig lebensfremd und unglaubhaft und wird letztlich durch seine eigenen Angaben im Rahmen einer am 26.07.1994 stattgefundenen Befragung durch den von der Beklagten beauftragten Sachverständigen M. widerlegt. Dort hat der Kläger angegeben, er habe die Reserveschlüssel des Fahrzeugs in einem Schließfach bei der Sparkasse L. aufbewahrt (Bl. 89 BA). Wenn der Kläger aber schon die Reserveschlüssel in einem Schließfach deponiert, ist es als selbstverständlich anzusehen, dass er dort auch den für die Sicherheit des Fahrzeugs so wichtigen Sender hinterlegt.

Auch die Argumentation des Klägers im Schriftsatz vom 20.12.1999 (Bl. 419ff) greift nicht durch. Zwar ist eine Inbetriebnahme des Fahrzeugs ohne den entsprechend codierten Sender praktisch nicht möglich, ist man jedoch im Besitz eines entsprechenden Instruments zur Deaktivierung der Wegfahrsperre, so ist es - falls der Sender nicht ohnehin einen ausschnappbaren Zündschlüssel enthält - durchaus möglich, die Zündung kurzzuschließen und das Fahrzeug wegzufahren.

Nach der Rechtsprechung des BGH legen Auffälligkeiten bei den Schlüsselverhältnissen, etwa das Fehlen eines Originalschlüssels, allein in der Regel noch nicht die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer vorgetäuschten Tat nahe, sondern es müssen noch weitere Verdachtsumstände hinzukommen (BGH, r+s 95, 288 = VersR 95, 909). Das Fehlen eines Senders zur Betätigung der Wegfahrsperre entfaltet hier jedoch eine besondere Indizwirkung, da zum einen eine Ingebrauchnahme des Fahrzeugs ohne Sender praktisch unmöglich ist (dieser Satz gilt bei einem Schlüssel nicht) und der Kläger hier seine Reserveschlüssel im Bankschließfach und damit besonders sorgfältig aufbewahrt hat. Die fehlende Erklärung für den Verlust des Senders fällt daher besonders ins Gewicht.

Letztlich ergeben sich aus der Person des Klägers und seines Verhaltens beim Kauf und bei der Versicherung des Fahrzeugs zusätzliche Anhaltspunkte, die im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtschau die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Diebstahls nahelegen.

So schreckt der Kläger nicht vor unlauteren Manipulationen zurück, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Er hat in Zusammenwirken mit dem Vertreter K. eine Phantomfirma als Versicherungsnehmer in den Versicherungsvertrag einsetzen lassen, um in eine günstigere Beitragsklasse eingestuft zu werden. Selbst wenn die Hauptschuld insoweit bei dem Agenten anzusiedeln ist, hat der Kläger letztlich doch eingeräumt, dass ihm daran gelegen war, in eine für ihn günstige, bei Angabe der wahren Verhältnisse nicht zu erreichende Beitragsstufe eingestuft zu werden.

Nach der Aussage des Zeugen K. (Bl. 144) ist zudem davon auszugehen, dass der Kläger den Konkurs der Fa. S. Sy. GmbH nicht offengelegt hat, obwohl die Fa. S. zu einem späteren Zeitpunkt Versicherungsnehmerin werden sollte und daher diese Angabe für die Entscheidung der Beklagten, den Versicherungsvertrag abzuschließen von Bedeutung war.

Auch die Begleitumstände beim Erwerb des Porsche-Fahrzeugs werfen ein negatives Licht auf den Kläger. Der Kläger erwarb den Porsche zum Kaufpreis von immerhin 145.604,98 DM am 11.03.1994 - einen Tag, nachdem er für die von ihm geleitete Fa. S. Sy. GmbH Antrag auf Konkurseröffnung gestellt hatte. Zur Finanzierung des Kaufpreises gab er einen Jaguar in Zahlung, der auf die Fa. S. zugelassen war und zu deren Betriebsvermögen gehört haben dürfte. Jedenfalls hatte die Fa. S. Sy. GmbH diesen PKW gemäß Rechnung vom 12.2.1994 (Bl. 325) zum Bruttopreis von 44.000,00 DM an das Porsche-Zentrum A. verkauft, so dass der Erlös der Fa. S. und somit der Konkursmasse hätte zufließen müssen. Der Kläger hat mit diesem Geld jedoch seinen privaten PKW finanziert.

Die Berufung des Klägers hatte daher keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer des Klägers: 120.000,00 DM

Ende der Entscheidung

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