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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 20.11.2007
Aktenzeichen: 9 U 82/07
Rechtsgebiete: AERB 87, VVG, ZPO


Vorschriften:

AERB 87 § 13 Nr. 1 a
AERB 87 § 13 Nr. 1 b
AERB 87 § 13 Nr. 2
AERB 87 § 13 Nr. 3
AERB 87 § 13 Nr. 3 1. HS
VVG § 6 Abs. 3
ZPO § 531 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 28.02.2007 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 20 O 294/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Ohne Tatbestand (gemäß §§ 540 Abs.2, 313 a Abs. 1 ZPO)

Die zulässige Berufung ist des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Feststellungsklage war entgegen der Einschätzung des Landgerichts zulässig. Einer Feststellungsklage fehlt zwar grundsätzlich das Feststellungsinteresse, wenn ein Kläger dasselbe Ziel mit einer Leistungsklage erreichen könnte. Allerdings besteht insoweit nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung keine allgemeine Subsidiarität. Vielmehr bleibt die Feststellungsklage dann zulässig, wenn ihre Durchführung unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit eine sinnvolle und sachgemäße Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte erwarten lässt. Dies ist insbesondere dann gegeben, wenn die beklagte Partei die Erwartung rechtfertigt, sie werde auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen, ohne dass es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedarf. Das hat der BGH bereits mehrfach u.a. dann angenommen, wenn es sich bei der beklagten Partei - wie hier - um ein großes Versicherungsunternehmen handelt (BGH VersR 2006, 830 ff, juris-Rz.19 m.w.N.).

Die Klage ist jedoch aus den vom Landgericht zutreffend und überzeugend dargelegten Gründen unbegründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte wegen des für den 08.08.2005 behaupteten Einbruchdiebstahls kein Anspruch aus der zwischen den Parteien bestehenden Hausratversicherung zu.

Die Beklagte ist gemäß § 13 Nr. 2 AERB 87 i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG leistungsfrei, weil der Kläger die vertragliche Obliegenheit der unverzüglichen Vorlage der Stehlgutliste bei der Polizei ( § 13 Nr. 1 b AERB 87) verletzt hat.

Bei Eintritt des Versicherungsfalls muss der Versicherungsnehmer unverzüglich der zuständigen Polizeidienststelle ein Verzeichnis der abhanden gekommenen Sachen (Stehlgutliste) einreichen (§ 13 Nr.1 b AERB 87). Die Stehlgutliste hat den Zweck, der Polizei eine gezielte Sachfahndung zu ermöglichen und bei entsprechendem Fahndungserfolg den vom Versicherer zu ersetzenden Schaden möglichst gering zu halten. Außerdem dient die Liste dazu, den Versicherer vor einer unberechtigten Inanspruchnahme zu schützen. Durch die Obliegenheit der unverzüglichen Vorlage der Stehlgutliste soll die Hemmschwelle für Vortäuschungen heraufgesetzt werden. Der Versicherungsnehmer soll sich zum Schadensumfang frühzeitig festlegen müssen, um zu verhindern, dass er den Schaden nachträglich zu Unrecht aufbauscht (vgl. OLG Köln, RuS 2000, 248 sowie NVersZ 2001, 90).

Die Stehlgutliste muss unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs.2 BGB) vorgelegt werden. Die Frist ist auch danach zu bemessen, wie viel Zeit der Versicherungsnehmer benötigt, um die Liste anzufertigen. Nur eine so bemessene Frist erfüllt den Zweck der Obliegenheit des § 13 Nr. 1 b AERB 87.

Mit zutreffenden und überzeugenden Erwägungen hat das Landgericht festgestellt, dass die Angaben des Klägers am 09.08.2005 gegenüber der Polizei anlässlich der Anzeigenerstattung unzureichend waren und die auf den 28.09.2005 datierende Aufstellung des Klägers nicht mehr unverzüglich erfolgte.

Auch auf der Grundlage der Ausführungen des Klägers in der Berufungsinstanz sind Umstände, aufgrund derer ein geringerer Verschuldensgrad als der gesetzlich vermutete Vorsatz anzunehmen wäre, nicht feststellbar.

Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass sich der Kläger über den Umfang der ihn treffenden Obliegenheit geirrt haben könnte. Gegenüber der Polizei hat der Kläger am 09.08.2005 zugesagt, bei ihm vorhandene Unterlagen zu allen gestohlenen Geräten nachzureichen. Hintergrund hierfür war - auch für den Kläger - ersichtlich, dass die bei der Anzeigenaufnahme lediglich erfolgten allgemeinen Geräteangaben wie z.B. Drucker, Laptop, Ultraschallgerät, Stoßwelle, Elektrowelle erkennbar nicht zur Individualisierung der entwendeten Geräte ausreichten. Trotz dieser Erkenntnis hat der Kläger in der Folgezeit der Polizei zunächst keinerlei weitere Informationen zur Verfügung gestellt, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre. Denn nach seinem eigenen Vorbringen (Bl. 3 d.A.) konnte er nur für "einige Geräte" keine Belege mehr finden; die der übrigen hätte er demgegenüber zumindest zeitnah einreichen können. So hätte er insbesondere den Kaufvertrag vom 21.07.2005 (Bl.26 BA) vorlegen, anhand der Rechnung der bmedb.com (Bl.27 BA) das Fabrikat und die Gerätenummer des entwendeten Stoßwellentherapiegerätes sowie jedenfalls die Fabrikat- oder auch Typbezeichnungen der übrigen Geräte - erforderlichenfalls anhand der entsprechenden Bedienungsanleitungen oder Ähnlichem - eruieren können. Dies alles hat der Kläger indes zeitnah nicht getan, obwohl er durch das Schreiben der Beklagten vom 10.08.2005 (Bl. 106 d.A.) zusätzlich daran erinnert wurde, den Schaden "unverzüglich" mit "detaillierten Angaben" zur Schadenshöhe bei der Polizeibehörde zu melden und er spätestens durch das Schreiben der Polizei vom 22.08.2005 nochmals daran erinnert wurde, dass die benötigten Detailangaben dort noch fehlten und "möglichst bald" dorthin mitzuteilen seien. Hierauf hat der Kläger überhaupt erst am 28.09.2005 reagiert. Dies rechtfertigt die Annahme von Vorsatz, zumal der Kläger hinsichtlich des Zeitmomentes nichts vorgetragen hat, was ihn entlasten könnte.

Die Leistungsfreiheit der Beklagten ergibt sich bereits daraus, dass die Folgenlosigkeit der Obliegenheitsverletzung im Sinne des § 13 Nr. 3, 1. HS AERB 87 nicht feststellbar ist. Eine folgenlose Obliegenheitsverletzung liegt vor, wenn sie sich weder nachteilig auf die Feststellung des Versicherungsfalls noch auf die Feststellung oder den Umfang der Leistung des Versicherers ausgewirkt hat. Die Folgenlosigkeit hat das Landgericht zutreffend verneint. Die pauschale Bezugnahme des Klägers auf den Vermerk der Polizei vom 25.11.2005 (Bl. 35 BA) genügt nicht, um Folgenlosigkeit darzutun. Dem Vermerk ist bereits nicht zu entnehmen, dass und ggf. welche fahndungsfähigen Gegenstände in das polizeiliche Fahndungssystem aufgenommen wurden. Entsprechendes ist auch nicht vom Kläger dargelegt. Abgesehen davon datiert der Vermerk - erst - vom 25.11.2005. Dass bereits zuvor und insbesondere zeitnah auf der Grundlage der unzureichenden Angaben des Klägers Fahndungsmaßnahmen auch nur hätten ergriffen werden können, ist nicht ersichtlich.

Doch selbst wenn von Folgenlosigkeit auszugehen wäre, bestünde nach den Maßstäben der dann eingreifenden sog. Relevanzrechtsprechung (s. hierzu auch § 13 Nr.3, 2. HS AERB 87) Leistungsfreiheit. Die generelle Eignung der Gefährdung der Interessen des Versicherers ist durch eine inhaltlich unzureichend und verspätet erstellte Stehlgutliste stets gegeben. Dies gilt auch vorliegend. Soweit der Kläger in der Berufung anführt, es handele sich um seltene Geräte, bei denen Fahndungserfolge und eine Zuordnung zum konkreten Schadensfall auch ohne weitere Detailangaben möglich seien, ist dieser Vortrag zum einen unsubstantiiert, zum anderen aber auch von der Beklagten bestritten und damit in zweiter Instanz - die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO sind nicht dargetan - nicht zu berücksichtigen. Schließlich ist auch ein erhebliches Verschulden gegeben. Der Kläger hat seine Zusagen gegenüber der Polizei nicht eingehalten und die Aufforderung der Beklagten und Nachfrage der Polizei jedenfalls über mehrere Wochen ignoriert.

Die von dem Kläger in Bezug genommene Regelung in 13 Nr. 2 Abs. 2 AERB bezieht sich auf die Anzeigepflicht des § 13 Nr.1 a AERB; diese ist hier nicht betroffen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus § 97 Abs. 1, 708 Nr.10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Entscheidung des Senats weicht von der gesicherten höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht ab. Auch liegt keine Abweichung von der vom Kläger angeführten Entscheidung des OLG Hamm vom 17.01.2001 - Az. 20 U 101/00 - vor. Vorliegend ist sowohl der Regelung des § 13 Nr.1 b AERB 87 als auch dem Schreiben der Beklagten vom 10.08.2005 zu entnehmen, dass die Stehlgutliste der Polizei "unverzüglich" vorzulegen ist. Hinzu kommen die Aufforderungen durch die Polizei. Bereits hierdurch unterscheiden sich beide Fallkonstellationen. Abgesehen davon sind vorliegend auch keine Schwierigkeiten seitens des Klägers ersichtlich, die ihn daran hätten hindern können, die Liste der Polizei zeitnah zur Verfügung zu stellen.

Wert des Berufungsverfahrens: 18.120 €

Ende der Entscheidung

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