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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 22.08.2006
Aktenzeichen: 9 U 89/05
Rechtsgebiete: VVG, SKB,


Vorschriften:

VVG § 61
SKB § 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 07.04.2005 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 292/01 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Die Parteien streiten über Entschädigungsansprüche des Klägers aus einer Wassersportkaskoversicherung für eine gesunkene Segelyacht.

Der Kläger hatte für sein Segelschiff "T.", Typ GSK 1987, Granadayacht, bei der Beklagten eine Wassersportkaskoversicherung mit Versicherungsbeginn Mai 1999 abgeschlossen. Dem Versicherungsvertrag liegen die Bedingungen für die Sportboot-Kasko-Versicherung (SKB, entsprechend AVBW 1985) zugrunde. Die Versicherungssumme betrug für das Boot, Einrichtung, technische Ausrüstung, Zubehör, Maschinenanlage und Segel 180.000,00 DM, für die zugehörige Rettungsinsel 5.000,00 DM, für Kleidungsstücke, Fernsehgeräte und weitere Gegenstände 15.000,00 DM.

Am 29.04.2000 segelte der Kläger mit Freunden nach S.. Gegen 16.30 Uhr machte er seine Yacht im Hafen von S. längsseits am Gaststättenschiff "N." fest, auf dem sich der Eigner, Herr A., befand.

Am 02.05.2000 wurde die Yacht um 2.20 Uhr an dieser Stelle noch von einem Besatzungsmitglied des Fischkutters "X." gesehen. Gegen 6.35 Uhr erhielt die Wasserschutzpolizeiinspektion S. die Meldung, dass die Yacht vor der N. M. gestrandet und gesunken sei. Das Schiff war auf die Betonquader des Wellenbrechers aufgesetzt. Auf Grund schwieriger Witterungsverhältnisse erfolgte die Bergung erst am 04.05.2000. Bei der Bergung brach der beschädigte Bootsrumpf einschließlich Deckschale in drei Teile auseinander. Nach den Feststellungen des Schifffahrtsachverständigen V. war im Fahrstand der Motorschalthebel auf Leerlauf eingestellt. Der Zündschlüssel steckte im Zündschloss und hatte die Stellung Betrieb. Die Maschine war auf Standgas gestellt. Der Treibstofftank war leer. Eine Rettungsinsel wurde nicht gefunden. Die Wasserschutzpolizei stellte fest, dass drei Leinen auf dem Gaststättenschiff angeschlagen waren, die Achterleine mit nur noch 0,75 m, die Achterspring mit 7,50 m und die Vorspring mit 8,16 m. Die Vorleine war nicht vorhanden.

Das Bergungsunternehmen Q. GmbH stellte dem Kläger Bergungskosten von insgesamt 56.388,76 DM in Rechnung. Das Bergungsunternehmen nimmt den Kläger insoweit vor dem Landgericht Stralsund auf Zahlung in Anspruch.

Die Beklagte lehnte außergerichtlich eine Regulierung ab, weil jedenfalls Leistungsfreiheit wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Schadensereignisses bestehe.

Der Kläger hat vorgetragen, am 1.5.2000 sei er gegen 12.00 Uhr mit seinem PKW vom Liegeplatz der Yacht in S. nach B. gefahren. Es hätten sich keine Personen mehr an Bord befunden. Er habe Herrn A. beauftragt, das Schiff gegen unbefugte Benutzung zu bewachen. Diesem wäre aufgefallen, wenn jemand nachts über sein Schiff auf die Yacht gelangt sei. Das Schiff sei ohne Zutun des Klägers havariert. Es habe am Schadenstag ein ungewöhnlicher Schwall im Hafen geherrscht, der im Zusammenhang mit dem Sturm die Leinen habe brechen lassen. Zu diesem Zeitpunkt habe er sich daheim in Gesellschaft befunden. Seinen Entschädigungsanspruch für die zerstörte Yacht hat der Kläger auf die Gesamt-Versicherungssumme von 200.000,00 DM (102.258,37 €) zuzüglich Bergungskosten beziffert.

Der Kläger hat, nachdem er zunächst Zahlung von 256.388,76 DM begehrt hat, beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 102.258,38 € zuzüglich 8,42 % Zinsen seit dem 1.12.2000 zu zahlen sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm den Betrag der Bergungskosten aus der Bergung der Yacht "T." im Rahmen des Ereignisses vom 2.5.2000 zu zahlen, den dieser als Ergebnis des Verfahrens vor dem Landgericht Stralsund zum Aktenzeichen 7 O 208/01 verpflichtet wird, an die Firma Q. R. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer N. I. zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher, jedenfalls grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls berufen. Sie hat vorgetragen, die Yacht sei bewusst und gewollt mit Motorkraft von ihrem Liegeplatz weggefahren worden. Ein Abdriften ohne Fremdeinwirkung zu dem späteren Sinkort sei mit den Witterungs-, Wind- und Strömungsverhältnissen nicht in Einklang zu bringen. Der Kläger habe sich Wochen vor dem Ereignis in Griechenland ein Ersatzboot angeschafft. Zumindest habe der Kläger den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt, indem er den Zweitschlüssel an Bord gelassen habe.

Hilfsweise hat sich die Beklagte auf mangelhafte Vertäuung berufen. Insoweit mache sie sich das Vorbringen des Klägers hilfsweise zu eigen, dass sich das Boot von selbst gelöst habe. Schließlich habe der Kläger seine Aufklärungspflicht verletzt, weil er Bergungskosten geltend mache, obwohl er im Prozess mit dem Bergungsunternehmen sich auf Abtretung dieser Forderung berufe. Schließlich hat die Beklagte die Schadenshöhe bestritten und Einwendungen vorgebracht.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen und Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen T.. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsprotokolle vom 31.10.2002 (Bl. 124 ff GA), 3.3.2005 (Bl. 358 f GA) sowie die Gutachten vom 28.8.2003 (Bl.2 23 ff GA) und 30.4.2004 (Bl. 298 ff GA) Bezug genommen.

Sodann hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei leistungsfrei, weil der Kläger den Versicherungsfall vorsätzlich selbst oder durch beauftragte Dritte herbeigeführt habe. Der Schadensablauf lasse nach den Ausführungen des Sachverständigen T. nur den Schluss auf eine absichtlich herbeigeführte Kollision zu. Danach sei es unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse unmöglich, dass sich die Yacht selbständig gelöst und dann führerlos aus dem Hafen getrieben sei. Die Tat eines unbeteiligten Dritten sei nach den Umständen auszuschließen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag und macht insbesondere geltend, es seien weitere Geschehensabläufe denkbar, so dass die Beklagte den ihr obliegenden Beweis nicht geführt habe. So könne das Segelschiff zur Mole ohne menschliches Zutun abgedriftet sein, wovon die Polizei ausgegangen sei. Außerdem könne ein Außenstehender das Schiff zur Havariestelle gefahren oder dorthin geschleppt haben, um es zu zerstören. Schließlich könne die Yacht durch Dritte entwendet worden sein, wobei man den Motor aufgegeben habe, weil kein Benzin mehr vorhanden gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 102.258,38 € zuzüglich 8,42 % Zinsen seit dem 1.12.2000 zu zahlen und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Bergungskosten zu zahlen, zu deren Leistung dieser im Verfahren vor dem Landgericht Stralsund, Az. 7 O 208/01, an die Firma Q. R. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer N. I., verurteilt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, dass es nach den Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen technisch ausgeschlossen sei, dass das Schiff ohne menschliches Zutun abgedriftet sei. Zudem sei der Zündschlüssel im Zündschloss in Betriebsstellung aufgefunden worden. Angesichts der mit enormem Entdeckungsrisiko, einer präzisen Planung, hohem nautischen Können und schließlich mit Lebensgefahr verbundenen Tat, komme es nicht in Betracht, dass ein Außenstehender das Schiff gesteuert habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen. Die beigezogenen Akten StA Stralsund 553 Js 30241/00 sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Auf ihren Inhalt, insbesondere die Farbfotos (Bl. 87 ff EA), wird verwiesen.

II. Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Landgericht, auf dessen Ausführungen der Senat Bezug nimmt, hat zu Recht die Klage abgewiesen.

1. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte nach Nr. 1.1, 3 der SKB besteht nicht.

Die Beklagte ist gemäß § 61 VVG wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls von ihrer Leistungspflicht freigeworden. Ob auch § 8 SKB Anwendung findet, kann dahinstehen (zur Unwirksamkeit der Bedingung vgl. Voit/Knappmann, VVG, 27. Aufl. § 8 AVBW, vor Rn 1).

a) Eine vorsätzliche Eigen - oder Auftragshavarie muss der Versicherer im Sinne von § 286 ZPO streng beweisen. Es hat unter Berücksichtigung der Umstände des Schadensereignisses eine Gesamtwürdigung stattzufinden. Die vom Versicherer zu beweisenden Indizien müssen in ihrer Gesamtschau ein solch praktisches Maß an Überzeugung für eine vorsätzlich herbeigeführte Havarie ergeben, das vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. BGH, NJW-RR 1996, 664; BGH, r+s 1997, 294; siehe auch Prölss in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 61, Rn. 23; Langheid in Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 61, Rn 90, 91). So liegt der Fall hier.

b) Nach den Gesamtumständen steht fest, dass sich die Yacht nicht von selbst gelöst hat und auf die Mole getrieben wurde.

Dies ergibt sich bereits daraus, dass bei der Bergung des Schiffes festgestellt wurde, dass der Zündschlüssel im Zündschloss steckte und auf Betrieb stand. Der Motorschalthebel war auf Leerlauf gestellt (vgl. Bericht der Wasserschutzpolizei S. vom 5.5.200, Bl. 14 f EA; Besichtigungsbericht des Sachverständigen V. (Bl. 169 ff, 177 GA). Nach dem Vorbringen des Klägers hat er beim Verlassen des Schiffes den Hauptschlüssel nicht stecken lassen, sondern mitgenommen und vielmehr den Ersatzschlüssel an einer äußerst verborgenen Ecke unter dem Navigationstisch festgeklebt. Demnach spricht alles dafür, dass die Yacht mit Motorkraft aus dem Hafen gefahren worden ist und nicht etwa von selbst abgetrieben ist, nachdem sich die Leinen gelöst hatten. Hierfür spricht auch das Fehlen der Rettungsinsel, die sich auf der Yacht befunden hatte und am Sinkort nicht gefunden wurde. Unabhängig davon, ob die Yacht tatsächlich über diese Rettungsinsel verlassen oder ob möglicherweise ein entsprechender Versuch gemacht worden ist, muss jedenfalls jemand diese Rettungsinsel von der Yacht entfernt haben.

Es ist zudem davon auszugehen, dass sich die Leinen nicht von selbst durchgescheuert haben, sondern dass das Durchscheuern bewusst herbeigeführt wurde, um mittels Trugspuren vorzuspiegeln, die Yacht sei von selbst abgetrieben. Insoweit ergibt sich aus dem Textilgutachten des LKA M.-V. vom 10.8.2000 (Bl. 65 ff EA), dass die Beschädigungen an den Faserenden für eine Durchtrennung sprechen, die durch Scheuervorgänge entstanden sind.

Dass die Leinen zufällig gerissen sein sollen, als jemand an Bord den Zündschlüssel betätigt hat, liegt außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit und ist auszuschließen. Für ein bewusstes Durchscheuern der Leinen - die Vorleine fehlte - spricht außerdem, dass bei der Bergung keinerlei Reste von Leinen an der Yacht gefunden wurden. Wenn sich die Leinen von selbst durchgescheuert hätten, wäre das Fehlen von Teilen der Leinen an dem Schiff des Klägers technisch nicht zu erklären. Auch aus dem Umstand, dass beim Bergen nicht eine Klampe belegt war und die Taucher keine Reste der Festmacherleinen gefunden haben, ist - wie der Sachverständige T. nachvollziehbar und überzeugend ausführt - zu schließen, dass ein selbstständiges Zerreißen durch Abnutzung ausscheidet.

Schließlich ergibt sich aus der Endposition und dem Schadensbild der gesunkenen Yacht, dass sie nicht von selbst, sondern durch Fremdeinwirkung in diese Lage gebracht worden ist. Der Sachverständige T., dem der Senat folgt, hat nach Analyse der örtlichen Gegebenheiten, insbesondere der Windumstände und des Seegangs, überzeugend ausgeführt, dass die Yacht gesteuert worden sein muss. Ein steuerloses Schiff würde immer quer zum Wind und zur See schlagen. Es würde nicht mit dem Bug voraus treiben. Das Schadensbild passt damit nicht zu einer driftenden Yacht. Die Rumpfbeschädigungen zeigen zudem, dass die Yacht mit dem Bug zuerst auf die Mole aufgelaufen ist. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts hierzu nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang Bezug.

c) Alle Indizien belegen in ihrer Gesamtheit, dass der Kläger oder eine von ihm beauftragte Person die Yacht gesteuert und zum Sinken gebracht hat.

Andere Möglichkeiten liegen außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit. Dass ein Dieb das Schiff entwendet hat, bei der Fahrt feststellte, dass der Benzinvorrat nicht ausreichte, und - ohne Segel zu setzen - in die P. W. steuerte, kann nicht angenommen werden. Es ist nicht zu erklären, warum sich ein Dieb die Mühe machen sollte, die Leinen durchzuscheuern oder derart bearbeitete Leinen mitzubringen und gegen die vorhandenen Leinen zu tauschen. Schon angesichts des Entdeckungsrisikos wäre es völlig unverständlich, dass ein Dieb dies auf sich nehmen würde; hierfür ist auch ein plausibles Motiv nicht erkennbar.

Die weitere Möglichkeit, dass ein Dritter dem Kläger schaden wollte und die Yacht versenkte, scheidet ebenfalls aus. Dass Personen vorhanden sind, die den Kläger derart zu schädigen beabsichtigten, ist nicht ersichtlich. Der Vortrag des Klägers, die Segelyacht sei auf der Insel R. und in Seglerkreisen durchaus bekannt, so dass bei einem Unbeteiligten auf Grund der Liegezeit im Hafen S. ab Mai 2000 durchaus ein Entschluss herangereift sein könne, dem Kläger Schaden zuzufügen, ist wenig konkret und gibt keine Veranlassung zu einer anderen Bewertung.

Dies gilt auch, soweit der Kläger vorbringt, in der Vergangenheit hätten Konflikte "auf Grund der biologisch polygamen Ausrichtung des Mannes - trotz ethischer Monogamie " stattgefunden, wie sich aus der Bekundung des Zeugen K. vor dem Landgericht ergebe. Soweit der Kläger damit andeuten will, eine verlassene Geliebte, ein betrogener Ehemann oder eine andere Person habe sich an ihm aus persönlichen Gründen rächen wollen, erscheint dies nicht nachvollziehbar. Es ist nicht plausibel, warum aus Rache ein solch gefährliches Schiffsmanöver durchgeführt werden sollte.

Entscheidend ist aber, dass es völlig unverständlich wäre, warum ein in dieser Weise motivierter Dritter die Leinen durchgescheuert hätte. Sinn eines solch aufwändigen Manövers kann nur sein, den Eindruck zu erwecken, dass die Yacht sich von selbst gelöst hat und abgedriftet ist. Welches Interesse ein Dritter, der den Kläger schädigen wollte, an diesem Täuschungsmanöver haben könnte, ist nicht zu erkennen, Im Gegenteil: Jeder vernünftige Dritte musste davon ausgehen, dass ein solches Schiff versichert war und bei einem Abdriften auf Grund durchgescheuerter Leinen die Versicherung eintreten musste. In diesem Fall wäre der Kläger im Ergebnis gar nicht geschädigt worden. Dass ein Dritter ein solch gefährliches Manöver mit der großen Entdeckungsgefahr auf sich genommen hätte, widerspricht jeder Lebenserfahrung.

Schließlich muss auch die Möglichkeit, dass ein unbeteiligter Dritter die Yacht unberechtigt nur zu einer Fahrt nutzen wollte, unter den gegebenen Umständen als lebensfremd ausscheiden. Das bewusst herbeigeführte Durchscheuern der Leinen machte in diesem Fall keinerlei Sinn. Von einem zufälligen Reißen der Leinen gerade zum Zeitpunkt des Beginns einer solchen Fahrt kann, wie ausgeführt, schon wegen der fehlenden Reste der Leinen an der Yacht selbst nicht ausgegangen werden.

d) Danach verbleibt als einzige plausible und lebensnahe Möglichkeit, dass der Kläger selbst oder ein von ihm beauftragter Dritter, dem der Kläger das Versteck des Schlüssels bekannt gegeben hatte, mit Insiderwissen und nautischem Geschick unbemerkt die Yacht mit Motorkraft aus dem Hafen gesteuert, auf die Betonquader des Wellenbrechers aufgefahren und versenkt hat.

Nach den Umständen bestand räumlich und zeitlich ohne weiteres die Möglichkeit für den Täter, sich aus dem gefährlichen Bereich der Nordmole tauchend oder schwimmend in Sicherheit zu bringen und sich vom angrenzenden Strandbereich ohne Probleme unerkannt zu entfernen. Ob hierbei auch die auf der Yacht zuvor vorhandene Rettungsinsel, die nicht aufgefunden wurde, eingesetzt worden ist, kann offen bleiben.

Die wirtschaftliche Motivation für den Kläger liegt auf der Hand. Er hat sich jedenfalls - unabhängig von möglicherweise bestehenden Verkaufsmöglichkeiten - erhofft, die Versicherungssumme zu realisieren. Dass bei einem etwaigen Verkauf der Yacht der vom Kläger angegebene Wert mit Sicherheit hätte realisiert werden und der Kläger hiervon ohne weiteres hätte ausgehen können, ist nicht ersichtlich.

Nach alledem ist die Beklagte wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls leistungsfrei.

Auf die Frage der Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung und die Einwendungen zur Höhe der Entschädigung nach dem Zeitwert kommt es nicht mehr an.

2. Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Bedeutung der Rechtssache geht nicht über den Einzelfall und die Würdigung der Gesamtumstände der konkret zur Entscheidung stehenden Sache hinaus. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.

Der Schriftsatz des Klägers vom 12.6.2006 hat vorgelegen und gibt zu einer anderen Beurteilung keinen Anlass.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 125.323,27 € ((102.258,38 € + 23.064,89 € ).

Ende der Entscheidung

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