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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 25.02.2003
Aktenzeichen: 9 U 95/02
Rechtsgebiete: VVG, AKB


Vorschriften:

VVG § 1
VVG § 49
AKB § 12 Abs. 1 I b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 25. April 2002 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 78/00 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin hatte ihren Opel Omega mit dem amtlichen Kennzeichen XX - X 949 bei der Beklagten teilkaskoversichert. Sie nimmt die Beklagte wegen eines von ihr behaupteten Diebstahls in Anspruch, der sich am 16. März 1999 in Nizza ereignet haben soll. Damaliger Fahrer war der Sohn der Klägerin.

Das Landgericht hat die Klage in einem später vom Senat aufgehobenen Urteil abgewiesen. Nach erfolgter Zurückverweisung des Rechtsstreits hat das Landgericht umfangreich Beweis erhoben und die Klage dann mit dem jetzt angefochtenen Urteil erneut abgewiesen. Die Klägerin greift insbesondere die Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Urteil an.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 15.872,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 24. Juli 1999 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf das erstinstanzliche Urteil und den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Klage ist mit Recht abgewiesen worden.

Der Klägerin steht wegen der behaupteten Entwendung ihres Fahrzeuges kein Anspruch aus der Kaskoversicherung zu, §§ 1, 49 VVG in Verb. mit § 12 Abs. 1 I b AKB. Es ist nicht bewiesen, daß ein Versicherungsfall vorliegt.

Die Rechtsprechung gewährt dem Versicherungsnehmer in der Diebstahlversicherung Beweiserleichterungen, weil der Schadensfall in der Regel unbeobachtet eintritt, so daß Zeugen hierfür nicht zur Verfügung stehen. Es muß im Rechtsstreit lediglich ein Sachverhalt dargelegt und bewiesen werden, der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluß auf die Fahrzeugentwendung zuläßt (BGH VersR 1984, 29). Zu beweisen ist insoweit das äußere Bild einer Fahrzeugentwendung. Hierzu genügt es in der Regel nachzuweisen, daß das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und dort später nicht wieder aufgefunden wurde (BGH r+s 95, 288 = VersR 1995, 909). Für diesen Mindestsachverhalt muß der Versicherungsnehmer allerdings - und dies verkennt die Klägerin wohl - den Vollbeweis erbringen.

Im vorliegenden Fall hat der Sohn der Klägerin Tatsachen bekundet, die formal den zu stellenden Anforderungen genügen. Er gibt an, er habe das Fahrzeug zwischen 9 und 10 Uhr vormittags in gewisser Entfernung zum Hotel N. abgestellt und den Wagen dort nach einem Aufenthalt von drei bis vier Stunden nicht wieder vorgefunden. Das Landgericht hat dem Zeugen jedoch nicht geglaubt und den Beweis dementsprechend als nicht geführt behandelt. Diese Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden.

Es gibt eine Fülle von Ungereimtheiten in der Darstellung des Sohnes über das Rahmengeschehen seiner Frankreichreise, die Anlaß geben, seiner Aussage mit Skepsis zu begegnen. So will er (über Monte Carlo) nach Nizza gereist sein, um eine Bekannte zu besuchen, die in Monte Carlo lebte, mit der er jedoch nicht verabredet war. Nachdem er sie spät am Tag telefonisch erreicht hatte, hat er sie dann doch nicht besucht. Da der Zeuge weiter angibt, er sei zur fraglichen Zeit berufstätig gewesen und habe nicht beliebig viel Zeit gehabt, ist die Schilderung an sich wenig überzeugend.

Aber auch wenn man den Bedenken, die bei der Schilderung der spontanen Reise auftauchen, keine Bedeutung zukommen läßt, müssen weitere Umstände dazu führen, daß die Würdigung des Landgerichts überzeugt. Der Zeuge T hat ausweislich der Liste von Anrufen, die er am 16. März 1999 führte, schon um 14.32 Uhr beim ADAC in Deutschland angerufen. Dieser Anruf erfolgte nach seiner Darstellung, weil er sich, nachdem er den Diebstahl festgestellt hatte, nach den weiter zu unternehmenden Schritten erkundigen wollte. Der Zeuge hat jedoch gegenüber der Polizei in Nizza erklärt, der Diebstahl habe sich zwischen 10 Uhr und 15 Uhr ereignet. In der Schadenanzeige vom 7. Mai 1999 gibt er als Zeitraum 10.30 bis 14.45 Uhr an. Diese zeitnah erfolgten Darstellungen stehen in Widerspruch zu der in der Beweisaufnahme festgestellten Zeit seines Anrufs beim ADAC. Wenn schon um 14.32 Uhr der ADAC angerufen wurde, können die Angaben zur Entdeckung des Diebstahls (14.45 Uhr bzw. 15.00 Uhr) nicht zutreffend gewesen sein. Möglich ist auch, daß der Anruf beim ADAC erfolgte, ohne daß ein Diebstahl hierfür Anlaß gab. Der Widerspruch zwischen den Zeitangaben und der Zeit des Anrufs konnte nicht aufgeklärt werden.

Bei der Würdigung des Beweisergebnisses kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Zeuge T die Darstellung der Klägerin nicht bestätigt hat, mit der sie Schwierigkeiten bei der Übermittlung aller Fahrzeugschlüssel an die Beklagte erklären wollte. Der Sohn der Klägerin hat insoweit bei seinen Vernehmungen abweichende und unterschiedliche Angaben gemacht. Am 4. April 2002 hat er bekundet, beide Eltern seien zu Hause in Q gewesen, als der Fahrzeugdiebstahl sich in Nizza ereignet habe. Dementsprechend standen der Klägerin zu dieser Zeit die beiden Schlüssel, über die sie nach ihrer Darstellung verfügte, zur Verfügung (einen Schlüssel hatte der Sohn der Klägerin, einen weiteren ihr Ehemann). Hingegen hat die Klägerin im Rechtsstreit vortragen lassen, einer der beiden Schlüssel habe sich zur Zeit des Versicherungsfalls in einer Ferienwohnung in Spanien befunden (vgl. GA 115). Der Sohn der Klägerin, der bei seiner ersten Vernehmung am 6. September 2001 diese Darstellung der Klägerin bestätigt hatte, mußte, nachdem auch sein Vater vernommen worden war, einräumen, daß tatsächlich beide Schlüssel zur Tatzeit bzw. am Tag nach der Tat in Q waren.

Angesichts des Gesamtbildes sieht der Senat keinen Anlaß zu Zweifeln an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen des Landgerichts (vgl. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und an der Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil. Die Beweisaufnahme muß insbesondere nicht wiederholt werden (§ 398 ZPO).

Ein Anlaß, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 15.872 DM/8.115,22 EUR

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