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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 12.09.2003
Aktenzeichen: 9 W 50/03
Rechtsgebiete: VVG, AKB


Vorschriften:

VVG § 61
AKB § 12 Nr. 1 I b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

9 W 50/03

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln

am 12. September 2003

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 21. Juli 2003 - 10 O 299/03 - abgeändert.

Der Antragstellerin wird für die Klage vom 26. Mai 2003 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C, X, bewilligt.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Der Antragstellerin ist antragsgemäß Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Die Erfolgsaussicht ihrer Klage kann nicht aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses verneint werden.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts vermag das Belassen des Fahrzeugbriefs im Fahrzeug Leistungsfreiheit der Antragsgegnerin wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles gemäss § 61 VVG nicht zu begründen.

Es mag zwar grob fahrlässig sein, den Fahrzeugbrief - wenn auch versteckt - im Fahrzeug zu belassen. Dies führt jedoch erst dann zu Leistungsfreiheit des Versicherers, wenn der Versicherungsfall dadurch herbeigeführt worden ist, § 61 VVG. Dies ist eine Frage der Kausalität. Dazu ist erforderlich, dass sich das Belassen des Briefs im Fahrzeug zumindest mitursächlich auf den Diebstahlsentschluss des Täters ausgewirkt hat.

Für den Nachweis der Kausalität trägt der Versicherer die Beweislast.

Vorliegend sind die Einzelheiten der Entwendung des Wohnwagen-Anhängers unbekannt. Für die Annahme, der Diebstahlsentschluss des Täters sei durch den Fahrzeugbrief hervorgerufen oder verstärkt worden, besteht nach Sachlage keinerlei Grundlage. Dass der Täter den im Fahrzeug unwiderlegt versteckt untergebrachten Fahrzeugbrief überhaupt gefunden hat, ist von der Antragsgegnerin weder konkret dargelegt, geschweige denn bewiesen.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann die Kausalität beim Zurücklassen des Fahrzeugbriefs im Fahrzeug nicht mit der leichteren Verwertbarkeit des Fahrzeugs für den Dieb begründet werden. Der Begriff der Entwendung des Fahrzeugs umfasst nicht auch dessen Verwertung. Letztere ist kein Tatbestandsmerkmal des Versicherungsfalles nach § 12 Nr. 1 I b AKB.

Eine Entwendung in diesem Sinne liegt vor bei widerrechtlicher Sachentziehung, die zur wirtschaftlichen Entrechtung des Eigentümers führt (BGH R+S 95, 125). Liegen diese Voraussetzungen vor, ist damit die Entwendung vollendet und der Versicherungsfall im Sinne von § 12 Nr. 1 I b AKB eingetreten. Dies ist völlig unabhängig davon, ob der Täter das Fahrzeug in der Folge behält, veräußert oder nach unbefugtem Gebrauch irgendwo stehen lässt.

Soweit sich aus früheren Entscheidungen des Senats etwas anderes ergibt (siehe z. B. R+S 94, 406; R+S 95, 203 mit ablehnender Anmerkung Lücke R+S 95, 286/287), wird daran nicht festgehalten.

Leistungsfreiheit der Antragsgegnerin wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Antragstellerin den Wohnwagen-Anhänger auf dem öffentlichen Parkplatz an der Rehaklinik in O abgestellt hatte, nach ihrem unwiderlegtem Vorbringen zuletzt etwa eine Woche vor der Entwendung. Das bloße Bestreiten der für das Gegenteil beweispflichtigen Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 24. Juli 2003 ändert daran nichts.

Die Erfolgsaussicht der Klage kann - jedenfalls derzeit - auch nicht aus anderen Gründen verneint werden; vielmehr wird zunächst zum Eintritt des Versicherungsfalles Beweis zu erheben sein.

Eine Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ist nicht veranlasst, § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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