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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 30.03.2004
Aktenzeichen: Ausl 24/03
Rechtsgebiete: IRG, EuRhÜbk


Vorschriften:

IRG § 59
IRG § 61 Abs. 1
IRG § 66 Abs. 2 Nr. 2
EuRhÜbk Art. 5 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

Ausl 5/03 Ausl 18/03 Ausl 19/03 Ausl 20/03 Ausl 21/03 Ausl 22/03 Ausl 23/03 Ausl 24/03 Ausl 25/03 Ausl 26/03 Ausl 27/03

In den Rechtshilfeverfahren

hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Köln auf Antrag des Betroffenen vom 21.08.2002 und auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft vom 03.03.2004 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Doleisch von Dolsperg, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Ahn-Roth und den Richter am Oberlandesgericht Scheiter

am 30. März 2004

beschlossen:

Tenor:

Die Leistung von Rechtshilfe aufgrund der britischen Rechtshilfeersuchen, die die britische Zollbehörde in der Zeit vom 31.10.2000 bis 7.5.2002 bei den Staatsanwaltschaften Bonn und Köln gestellt hat, ist unzulässig, soweit um die Herausgabe von Unterlagen oder deren Fotokopien an britische Behörden ersucht wird.

Im Übrigen ist die Leistung von Rechtshilfe aufgrund des genannten Ersuchens zulässig.

Gründe:

I.

In der Zeit vom 31.10.2000 bis 7.5.2002 gingen bei den Staatsanwaltschaften Bonn und Köln zehn verschiedene Rechtshilfeersuchen der britischen Zollbehörde ein, die jeweils Rechtshilfehandlungen zum Gegenstand haben, die die Fa. F. und deren Geschäftsführer C. N. betreffen, bzw. - in dem Ersuchen vom 11.4.2002 - dem ein britisches Verfahren gegen C. N. zugrunde liegt. Ziel dieser Ersuchen, die von der Staatsanwaltschaft Köln unter dem Aktenzeichen 24 AR 2770/02 zusammengefaßt worden sind, ist im wesentlichen die Erlangung von Auskünften über verschiedene Unternehmen, u.a. der Fa. F., insbesondere zu deren Geschäftsbeziehungen mit namentlich genannten britischen Firmen, Einsichtnahme in die Geschäftsunterlagen dieser Unternehmen einschließlich der Einsicht in Kontounterlagen, Vernehmung von Zeugen, Sicherstellung aller als Beweisstücke in Betracht kommender Unterlagen und die Verbringung dieser Beweisstücke, ggfs. in Form von Kopien in das Vereinigte Königreich zwecks Verwendung in einem Strafprozess. Dem Rechtshilfeersuchen liegen britische Ermittlungsverfahren gegen verschiedene Unternehmen und Personen wegen des Verdachts der Umsatzsteuerhinterziehung in erheblichem Umfang zugrunde.

Mit Schriftsatz seines Beistandes vom 21.8.2002 hat der Betroffene C. N. beantragt, den Vorgang dem zuständigen Gericht vorzulegen, falls die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen im Rahmen des Rechtshilfeersuchens nicht einstellt, da nach seiner Meinung die Durchführung des Rechtshilfeersuchens nicht zulässig sei. Die Staatsanwaltschaft, die die weitere Durchführung des Rechtshilfeersuchens beabsichtigt, hat daraufhin die Akten der Generalstaatsanwaltschaft zugeleitet. Diese hat die zusammengefaßten Rechtshilfeersuchen dem Senat mit dem Antrag vorgelegt, festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung der Rechtshilfe gegeben sind.

Mit Datum vom 11. Juni 2003 hat der Senat in einer Zwischenentscheidung den britischen Behörden Gelegenheit zur Ergänzung ihrer Ersuchen durch Vorlage einer Beschlagnahmeanordnung einer zuständigen britischen Stelle oder einer Ersatzerklärung gegeben. Nach Vorlage weiterer Schriftstücke durch die britischen Behörden mit Schreiben vom 23.September 2003 hat der Senat, nachdem der Betroffene Stellung genommen und ein Gutachten zur britischen Rechtslage vorgelegt hat, mit Beschluss vom 10. Dezember 2003 die britischen Behörden um ergänzende Äußerung, insbesondere zu dem vorgelegten Gutachten gebeten und darauf hingewiesen, dass Voraussetzung für eine positiven Entscheidung der Zulässigkeitsfrage die Vorlage einer Beschlagnahmeanordnung einer britischen Behörde ist. Hierzu haben sich die britischen Behörden, auch nachdem die Frist zur Stellungnahme bis zum 30.01.2004 verlängert wurde, nicht mehr geäußert.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat dem Senat die Akten mit dem Antrag vorgelegt, die Durchführung des Rechtshilfeverfahrens für unzulässig zu erklären, soweit es um die Herausgabe von Unterlagen oder deren Fotokopien geht.

II.

1.

Zur Frage der Zulässigkeit der Vorlage im Rahmen des § 61 Abs. 1 S. 2 IRG hat der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 10. Dezember 2003 Stellung genommen.

Ebenfalls wurde bereits festgestellt, dass bei dem derzeitigen Verfahrensstand ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Zulässigkeitsprüfung besteht. Anhaltspunkte für eine insoweit geänderte Sachlage werden von den Beteiligten nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich.

2.

Das Rechtshilfeersuchen, dessen Zulässigkeit sich nach §§ 59 ff IRG, Artt. 3 ff EuRhÜbk beurteilt, ( vgl. zum Beitritt beider Staaten: Schomburg/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 3. Aufl, Übersicht vor dem EuRhÜbk ), ist im wesentlichen Umfang zulässig, soweit es um die beantragte Erteilung von Auskünften, Einsicht in Unterlagen, Vernehmung von Zeugen und Beschlagnahmen geht. Dagegen ist es für unzulässig zu erklären, soweit die britischen Behörden um Herausgabe von Unterlagen oder deren Fotokopien ersuchen.

a.

Wie schon im Senatsbeschluss vom 11. Juni 2003 ausgeführt, sind die Rechtshilfeersuchen von einer zuständigen Stelle des britischen Staates gestellt worden, § 59 Abs. 1 IRG. Als zuständige Stellen sind Gerichte und Behörden ausländischer Staaten anzusehen, in deren Zuständigkeit nach nationalem Recht die Durchführung von Maßnahmen in strafrechtlichen Angelegenheiten fällt, für die das Ersuchen gestellt ist. Einer Prüfung der Zuständigkeit der ersuchenden Stelle wird es in der Regel nicht bedürfen, wenn diese nach ihrem Geschäftsbereich und den Gepflogenheiten im zwischenstaatlichen Rechtshilfeverkehr für die Stellung des Ersuchens befugt erscheint (Grützner/Pötz/Wilkitzki, Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, 2. Aufl., § 59 Rdn. 12).

Das ist hier der Fall. Die Ersuchen sind ersichtlich von britischen Behörde, nämlich dem "HM Customs and Excise - Solicitor`s Office" angebracht worden, die als Zollbehörde tätig ist und in dieser Eigenschaft auch Rechtshilfeersuchen erstellen kann. Dies wird auch von der gutachtlichen Stellungnahme des Anwalts der L. D. N. vom 7.2.2003, die der Beistand des Betroffenen N. vorgelegt hat, nicht in Frage gestellt. Ob die Person, die das Rechtshilfeersuchen unterzeichnet hat, nach dortigen innerstaatlichen Vorschriften zuständig ist, was mit Schriftsatz des Beistandes vom 26.3.2003 in Zweifel gezogen wird, ist für die Zulässigkeit des Rechtshilfeersuchens im ersuchten Staat grundsätzlich ohne Belang. Entscheidend ist, dass das Ersuchen von einer zuständigen Stelle auf diplomatischen oder ministeriellem Geschäftsweg angebracht wird. In der Übermittlung auf diesem offiziellen Weg ist grundsätzlich die Bestätigung der Zuständigkeit der ersuchenden Behörde zu sehen ( Schomburg/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 3. Auflage, § 2 Rdn. 31 ).

Sämtliche Rechtshilfeersuchen sind im vorliegenden Fall vom britischen Innenministerium ( Home Office ) an Landesministerien deutscher Bundesländer gestellt worden, somit auf offiziellem Weg zu den zuständigen deutschen Stellen gelangt.

b.

Der Inhalt des Ersuchens entspricht den gesetzlichen Anforderungen, soweit nicht Herausgabe von Schriftstücken begehrt wird.

aa.

An den Inhalt eines Ersuchens werden - abgesehen von dem Verlangen nach Herausgabe von Unterlagen, worauf noch einzugehen ist - keine besonderen Anforderungen gestellt ( vgl. Grützner/Pötz, a.a.O. § 59, Rdn. 5 ). Die vorliegenden Ersuchen enthalten im Übrigen eine ausführliche Sachverhaltsdarstellung und die Angabe der einschlägigen britischen Straf- und Strafprozessvorschriften.

Der Senat hat in seinem vorangegangenen Beschluss bereits klar gestellt, dass es zur Bewilligung des Rechtshilfeersuchens nach § 59 IRG keines Anfangsverdachts oder eines hinreichenden Tatverdachts bedarf ( vgl. Grützner/Pötz/Wilkitzki, a.a.O., § 59 IRG, Rdnr. 12 ff zu den Voraussetzungen und zum Inhalt des Ersuchens ). Die Grenze für die Bewilligung der Rechtshilfe stellt § 59 Abs. 3 IRG dar. Dafür, dass diese hier (z.B. wegen einer drohenden grundrechtswidrigen Behandlung, vgl. Schomburg/Lagodny, a.a.O., § 59 Rdn. 25) überschritten ist, bestehen keinerlei Anhaltspunkte.

bb.

Auch die weiteren Voraussetzungen, die für Durchsuchungen und Beschlagnahmen im Rahmen einer Rechthilfe erfüllt werden müssen, sind hier gegeben.

Die britischen Ersuchen unterliegen den weiteren Voraussetzungen nach Art. 5 EuRhÜbk i.V.m. § 66 IRG, soweit in ihnen im einzelnen die "Untersuchung von Räumlichkeiten und Vermögensgegenständen", "Zugang" zu allen Kontoauszügen, Kontokarten u. a., Schriftstücken, Schriftverkehr o.ä., die "Sicherstellung" von Beweisstücken, erbeten werden.

Art. 5 Abs. 1 EuRhÜbk sieht vor, dass die Vertragsstaaten einen Vorbehalt anbringen können, soweit im Rahmen der Rechtshilfe Durchsuchungen oder Beschlagnahmen erfolgen sollen. Davon hat die Bundesrepublik Deutschland in der Weise Gebrauch gemacht, dass eine Durchsuchung oder Beschlagnahme nur zulässig ist, wenn die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und c EuRhÜbk vorliegen ( BGBl. 1976 II, S. 1799 ).

Diese Anforderungen sind hier erfüllt:

Die in Art. 5 Abs. 1 Buchst. a EuRhÜbk geforderte Strafbarkeit in beiden Staaten ist gegeben. Nach britischem Recht ergibt sich die Strafbarkeit der Delikte, die dem Rechtshilfeersuchen zugrunde liegen, aus den beigefügten Rechtsvorschriften, nämlich § 72 Abs. 1 Value Added Tax Act 1994 (Hinterziehung von Mehrwertsteuer), dem nicht kodifiziertem Straftatbestand des Common Law in Form des "Beschwindelns der Staatskasse" i. V. m. § 1 des Criminal Law Act 1977 ( strafbare Verabredung zur Begehung einer Straftat). Diese Vorschriften sehen Geld- oder Freiheitsstrafen vor, und zwar bei § 72 Value Added Tax Act 1994 im summarischen Verfahren Freiheitsstrafen bis höchstens 6 Monate, sonst bis zu 7 oder 10 Jahren. Im deutschen Recht ergibt sich die Strafbarkeit jedenfalls aus § 370 AO.

Weitere Voraussetzung für die Durchsuchung und Beschlagnahme von Gegenständen nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c EuRhÜbk ist die Vereinbarkeit mit dem deutschen Recht. Hierbei ist - allerdings im wesentlichen nur für das Vornahmeverfahren - § 67 IRG als Vorschrift des deutschen Rechts zu beachten, der die Beschlagnahme und Durchsuchung zur Erledigung ausländischer Rechtshilfeersuchen regelt. Diese Vorschrift sieht für die Zulässigkeit des Rechtshilfeersuchens selbst, falls dieses Zwangsmaßnahmen wie Durchsuchung und Beschlagnahme zur Folge haben kann, keine weiteren Anforderungen vor. Mithin sind die vorliegenden Rechtshilfeersuchen, soweit sie auch Durchsuchungen und Beschlagnahmen umfassen, zulässig.

Allerdings ist § 67 Abs. 3 i.V.m. § 59 Abs. 3 IRG als Regelung zur innerstaatlichen Vornahmeermächtigung bei der Durchführung der Rechtshilfe zu beachten. Die Frage, wie die Rechtshilfe im einzelnen zu erledigen ist ( Vornahmeverfahren ), ist zwar nicht mehr Gegenstand des (Zulässigkeits-) Verfahrens nach § 61 Abs. 1 IRG. Gleichwohl ist zur Klarstellung darauf hinzuweisen, dass die insoweit zulässige Rechtshilfe, soweit sie Durchsuchungen und Beschlagnahmen zum Gegenstand hat, nur unter Beachtung der einschlägigen Vorschriften der deutschen Strafprozessordnung ( §§ 94 ff und §§ 102 ff StPO ) ausgeführt werden darf. Dies ergibt sich aus § 67 Abs. 3 IRG i.V.m. § 59 Abs. 3 IRG ( vgl. Schomburg/Lagodny, a.a.O., § 67, Rdn. 2; Grützner/Pötz/Wilkitzki, a.a.O., § 67, Anm. 5 und 8 ). Danach müssen Durchsuchung und Beschlagnahme durch das Amtsgericht angeordnet werden, in dessen Bezirk die Handlungen vorzunehmen sind ( § 67 Abs. 3 IRG ). Im Übrigen dürfen Durchsuchung und Beschlagnahme, die der Sicherstellung herauszugebender Gegenstände dienen ( § 67 Abs. 1 IRG ), durch das zuständige Amtsgericht nur angeordnet werden, wenn - abgesehen von dem Fall einer vorläufigen Beschlagnahme - im Zeitpunkt der Entscheidung die nach § 66 Abs. 2 Nr. 2 IRG erforderliche Beschlagnahmeanordnung bzw. Ersatzerklärung vorliegt (vgl. Schomburg/Lagodny, a.a.O., § 66, Anm. 36).

Eine Überprüfung, ob diese Vorschriften bei hier eventuell schon erfolgten Durchsuchungen eingehalten worden sind, erfolgt im vorliegenden Verfahren nicht, sondern ist dem Rechtsmittelverfahren der SPO vorbehalten.

c.

Die ersuchte Rechtshilfe ist hingegen unzulässig, soweit die britischen Behörden Herausgabe von Schriftstücken bzw. deren Fotokopien beantragen, weil die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 Nr. 2 IRG nicht vorliegen.

§ 66 IRG findet - wiederum wegen Art. 5 Abs. 1 Buchst. c EuRhÜbk - als subsidiäre Regelung des deutschen Rechts Anwendung ( vgl. dazu auch OLG München v. 13.3.1984, Eser/Lagodny/Wilkitzki, Intern. Rechtshilfe in Strafsachen, U 82 ).

Unter § 66 Abs. 2 Nr. 2 IRG fällt auch die Herausgabe von Fotokopien, wie sie von den britischen Behörden erbeten wird, da diese ebenfalls als Beweismittel in Betracht kommen, und diese Handlung zur Abwendung der Beschlagnahme der Originale erfolgt ( BGHSt 33, 196, 208 ff ). Nach dieser Vorschrift ist die Herausgabe nur zulässig, wenn - abgesehen von der schon oben festgestellten gegenseitigen Strafbarkeit - eine Beschlagnahmeanordnung einer zuständigen Stelle des ersuchenden Staates oder eine entsprechende Ersatzerklärung vorgelegt wird, § 66 Abs. 2 Nr. 2 IRG.

Aus den ursprünglichen Unterlagen der verschiedenen eingegangenen Rechtshilfeersuchen lässt sich eine solche Beschlagnahmeanordnung nicht erkennen. Hierzu verweist der Senat auf seine Überlegungen im Beschluss vom 11.Juni 2003. Die britischen Behörden haben in der ihnen mit Senatsbeschlüssen vom 11.2.2003 und 10.12.2003 zur nachträglichen Stellungnahme gewährten Frist keine Unterlagen nachgereicht, aus denen sich eine Beschlagnahmeanordnung oder eine ausreichende Ersatzerklärung ergibt.

Die mit Schreiben des Solicitor`s Office - HM Customs and Excise - vom 17.9.2003 vorgelegte Erklärung der britischen Zollbehörde ist aus verschiedene Gründen nicht ausreichend.

Diese Stellungnahme beinhaltet zum einen keine ausreichende Ersatzerklärung im Sinne des § 66 Abs. 2 Nr. 2 IRG. Die nach § 66 Abs. 2 Nr. 2 IRG erforderliche Ersatzerklärung muss - ebenso wie ein Beschlagnahmebeschluss - die Gegenstände so genau bezeichnen, dass sie identifizierbar sind. Ferner muß deutlich werden, dass die Gegenstände für ein bestimmtes Strafverfahren von Bedeutung sind ( Schomburg/Lagodny, a.a.O., § 66 Rdn. 34 ).

In dieser Erklärung weist die ersuchende Behörde lediglich auf die Vorschrift des § 19 des "Police and Criminal Evidence Act 1984" hin, wonach ein "rechtmäßig auf einem Grundstück anwesender Polizeibeamter" alles beschlagnahmen kann, was sich auf dem Grundstück befindet, falls er "angemessene Gründe für die Annahme" hat, dass es sich um Beweismaterial hinsichtlich einer Straftat handelt, in der ermittelt oder einer sonstigen Straftat, und dass die Beschlagnahme erforderlich ist um zu verhindern, dass das Beweismaterial verloren geht. Ein Beamter der britischen Zollbehörde soll sich der "Befugnis eines Polizeibeamten unter diesen Umständen bedienen" können. Dem Schreiben ist § 19 des Police and Criminal Evidence Act 1984 auszugsweise beigefügt. Damit genügt die Erklärung nicht den aufgeführten inhaltlichen Anforderungen, da in ihr inhaltlich nur ein Verweis auf die britische Gesetzeslage und keinerlei auf das konkrete Verfahren bezogene Angaben enthalten sind.

Zum weiteren hat der Senat durchgreifende Zweifel, dass die britische Zollbehörde zuständig für eine Beschlagnahmeanordnung dieser Art ist. Für die Herausgabe von Unterlagen ist im Rahmen des § 66 Abs. 2 IRG grundsätzlich die Erklärung eines Gerichts zu fordern ( vgl. Grützner/Pötz/Wilkitzki, a.a.O., § 66 Anm. 18; OLG München vom 08.06.1984 in Eser/Lagodny u.a., a.a.O., U 89 ). Wenn die britischen Behörden geltend machen, die Beschlagnahme könne auch durch einen Polizeibeamten oder einen Zollbeamten in zulässiger Weise erfolgen, so hätte dieser Ausnahmetatbestand von ihnen näher dargelegt und durch vollständige Vorlage der einschlägigen Gesetzesvorschriften belegt werden müssen. Auch fehlt eine Erläuterung zu dem Verhältnis der Zuständigkeit zwischen der britischen Zollbehörde ( HM Customs and Excise) und der britischen Polizei.

Damit in Zusammenhang bleiben vor dem Hintergrund des Rechtsgutachtens der Frau O. weitere Zweifel, ob in der Stellungnahme vom 17.9.2003 die Rechtslage nach britischem Recht umfassend berücksichtigt ist. So ist schon aus dieser Stellungnahme selbst heraus nicht erkennbar, ob es im britischen Recht besondere rechtliche Voraussetzungen für das "rechtmäßige Betreten eines Grundstücks" gibt, und ggfs. ob diese Voraussetzungen hier erfüllt sind.

Ferner fehlt eine Erwiderung zu den schlüssigen Einwänden des Betroffenen, die sich auf das vorgelegte Rechtsgutachten zum britischen Recht stützen. Damit ist wiederum die Frage angesprochen, ob die Beschlagnahmeanordnung durch ein Gericht zu erfolgen hat. Der Betroffene macht nämlich geltend, dass der Police and Criminal Evidence Act von 1984 in Art. 14 eine Sondervorschrift für Unterlagen vorsieht, die von Banken und Sparkassen verwahrt werden, sowie für sonstige vertrauliche Geschäftsunterlagen. Beschlüsse bezüglich dieser Unterlagen seien nach Art. 9 des genannten Acts einer erweiterten gerichtlichen Prüfung zu unterziehen; d.h. eine Beschlagnahme bedarf in diesen Fällen eines Beschlusses durch eines Richters des Crown Court. Da im vorliegenden Fall im wesentlichen Bank- und Geschäftsunterlagen von Interesse sind, bedürfte es nach Ansicht des Betroffenen eines solchen richterlichen Beschlusses zur Anordnung der Beschlagnahme. Das Rechtsgutachten verweist ergänzend darauf, dass selbst auf der Grundlage des Art. 19 eine Beschlagnahme durch einen Zollbeamten nicht zulässig sei und begründet dies im einzelnen.

Die britischen Behörden, denen Gelegenheit gegeben wurde, zu diesen rechtlichen Einwänden Stellung zu nehmen, haben diese Möglichkeit ungenutzt verstreichen lassen.

Mithin ist deshalb eine Rechtshilfe zur Herausgabe von Unterlagen unzulässig.

Ende der Entscheidung

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