Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 29.09.2005
Aktenzeichen: 1 U 2278/05
Rechtsgebiete: BGB, BayWG, GVG


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 254
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 839
BGB § 839 Abs. 1 S. 2
BGB § 839 Abs. 3
BGB § 907
BGB § 1004
BayWG Art. 63
GVG § 17 Abs. 2 S. 1
GVG § 17a Abs. 5
Hochwasserschutzmaßnahmen können von einer Gemeinde weder nach den §§ 907, 1004 BGB noch nach § 839 BGB gefordert werden, wenn die Hochwassergefährdung mit der Ausweisung eines Baugebiets begründet wird.

Der öffentlichrechtliche Folgenbeseitigungsanspruch setzt voraus, dass die Hochwassergefahr durch sich aus dem Bebauungsplan zwangsläufig ergebende Maßnahmen verursacht worden ist. Gegen wasserableitende Einrichtungen von Anliegern, die durch den Bebauungsplan nicht vorgegeben sind, muss der Betroffene im Zivilrechtsweg vorgehen.


Aktenzeichen: 1 U 2278/05

Verkündet am 29.09.2005

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

wegen Vornahme einer Handlung

erlässt der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch Richter am Oberlandesgericht S. als Vorsitzenden und die Richter am Oberlandesgericht N. und R. aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 04.08.2005 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten hin wird das Endurteil des Landgerichts I. vom 03.02.2005, Az.: 3 O 1645/93, hinsichtlich Ziffer I S. 1 und II aufgehoben. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls der Beklagte nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger fordert als Miteigentümer des Grundstücks Flur-Nr. 6 der Gemarkung D. im Gemeindegebiet des Beklagten geeignete Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Überschwemmungen, die durch das vom Beklagten ausgewiesene Gewerbegebiet "S.-äcker" verursacht worden sein sollen, sowie die Feststellung der Schadenersatzpflicht für seiner Behauptung nach bereits eingetretene Schäden.

Der Beklagte plante in einem zu parzellierenden Teilbereich des oberhalb des klägerischen Anwesens gelegenen Flurstücks Nr. 568 ein Gewerbegebiet für die Ansiedlung von Handwerksbetrieben. Auf dem Grundstück befand sich eine natürliche Mulde, deren ursprüngliche Größe nicht genau bekannt ist.

Mit Schreiben vom 10.08.1989 (Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 20.07.2005 (Bl. 312 d. A.) nahm das Wasserwirtschaftsamt zu dem Bebauungsplan "S.-äcker" als Träger öffentlicher Belange Stellung. In dem Schreiben heißt es unter anderem:

"3. Gewässer, Hochwasser

Im geplanten Baugebiet sind keine oberirdischen Gewässer vorhanden. Das geplante Baugebiet ist hochwasserfrei.

Natürlicher Oberflächenwasserabfluss

Das zur Bebauung vorgesehene Gelände liegt überwiegend im Bereich einer Hanglage. Bei starken Niederschlägern bzw. bei Schneeschmelze sind, entsprechend dem natürlichen Oberflächenwasserabflussgeschehen und der vorhandenen Bewirtschaftung der oberhalb liegenden Grundstücke, kurzfristige Vernässungen im gesamten Bereich des Baugebietes nicht auszuschließen.

Vorhandene Geländemulden im Plangebiet sind für den Oberflächenabfluss bei Starkregen freizuhalten bzw. geeignete Regenrückhaltemaßnahmen sind vorzusehen.

...

5. Abwasserbeseitigung

...

Das Gewerbegebiet wurde bei der Kanalplanung mit einer befestigten Fläche nicht berücksichtigt. In Gewerbegebieten ist anzunehmen, dass wesentlich mehr als 80 % der Flächen versiegelt werden. Das Kanalsystem ist daher mit realistischen Abflussbeiwerten zu überrechnen.

...

6. Zusammenfassung

Mit dem vorliegenden Bebauungsplan besteht derzeit kein Einverständnis.

Voraussetzung für eine Zustimmung ist:

1) Sanierung der Wasserversorgung in Hinblick auf die hohe Nitratbelastung

2) Vorlage einer aktualisierten Kanalnetzberechnung zur Prüfung beim Wasserwirtschaftsamt I..

..."

Der Beklagte wies gegenüber dem Wasserwirtschaftsamt in einem Schreiben vom 24.08.1989 (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 20.07.2005 Bl. 312 d. A.) auf die vor dem Abschluss stehende Sanierung der Wasserversorgung und die Erteilung eines Auftrags an das Ingenieurbüro W., die Kanalnetzberechnung unter Berücksichtigung des Gewerbegebiets zu aktualisieren, hin.

Das Wasserwirtschaft I. antwortete am 30.08.1989 (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 20.07.2005 Bl. 312 d. A.), dass seine Zustimmung zum Bebauungsplan von der Erfüllung der Erschließungsvoraussetzungen abhänge, die derzeit noch nicht vorlägen.

Am 12.10.1989 beschloss der Marktgemeinderat den Bebauungsplan als Satzung.

Der Beklagte legte den Bebauungsplan im April 1990 dem Landratsamt P. vor. Mit Bescheid vom 09.05.1990 teilte das Landratsamt der Gemeinde mit, dass es gegen den Bebauungsplan keine Rechtsverletzungen geltend mache.

Der Kläger legte gegen die Planung kein Rechtmittel ein.

Ziffer III. 8.4 des Bebauungsplanes setzte als Einfriedung der Gewerbegrundstücke grün beschichtete Maschendrahtzäune fest.

Auf der Parzelle Flur-Nr. 568/2 errichtete der Schlosser Thomas R. eine Werkstatt, auf der Parzelle Flur-Nr. 568/1Georg S. eine Holzlagerhalle. Entgegen der Vorgabe des Bebauungsplanes schützten die Eigentümer der Gewerbegrundstücke sich vor Oberflächenwasserzuflüssen durch die Errichtung von Betonsockeln und Erdwällen.

Eine Auffüllung der Mulde auf dem Flurstück Nr. 568/2 erfolgte - wenn überhaupt - durch die dort angesiedelte Schlosserei R..

Das Flurstück Nr. 568/1 wurde nicht aufgefüllt.

In einem Schreiben des Wasserwirtschaftsamts I. an den Beklagten vom 14.07.1992 (Anlage K 3) äußerte die Behörde Bedenken wegen des Oberflächenwasserabflusses bei Starkregen. In dem Schreiben heißt es unter anderem: "Zum Schutz des Gewerbegebietes und der unterhalb angrenzenden bebauten Grundstücke vor Überflutung bei Starkniederschlagsereignissen sind vom Markt Hohenwart gem. unserer Stellungnahme zum Bebauungsplan geeignete Regenrückhaltemaßnahmen für den Oberflächenwasserabfluss vorzusehen."

Mit Schreiben vom 18.01.1993 (Anlage B 1) teilte das Landratsamt P. mit, dass aus bauplanungsrechtlicher Sicht kein Ansatz dafür bestehe, die Gemeinde zu Maßnahmen, wie sie das Wasserwirtschaftsamt genannt habe, zu verpflichten.

Der Beklagte errichtete nach der Planung des Ingenieurbüros W. Im Jahr 1994 sieben Regenrückhaltebecken. Den Bau eines weiteren Regenrückhaltebeckens auf seinem Grundstück Flur-Nr. 573 gegen Entschädigung lehnte der Kläger ab.

Nach der Bebauung des Gewerbegebiets errichteten die südlich des klägerischen Grundstücks gelegenen Nachbarn am Westrand ihrer Grundstücke Flur-Nr. 4 (Moser) und 1/1 Betonmauern beziehungsweise Erdwälle zum Schutz vor abfließendem Regenwasser. Auch der Kläger schützte sich durch einen Erdwall.

Der Kläger machte gegen das Ingenieurbüro W. und seine Nachbarn keine Schadenersatzansprüche geltend.

Der Kläger hat vorgebracht, nach der Errichtung des Gewerbegebiets S.-äcker sei sein Grundstück regelmäßig überschwemmt worden. Davor habe es keine Beeinträchtigung durch ablaufendes Regenwasser gegeben. Ursächlich beziehungsweise mitursächlich sei die Auffüllung der natürlichen Mulde, die der Beklagte im Rahmen der Realisierung des Gewerbegebiets auf Flur-Nr. 568/2 veranlasst habe. Der Beklagte hätte für wirksame Entwässerungsmaßnahmen sorgen müssen. Die durch das Verhalten des Beklagten ausgelösten Schutzbauten der Nachbarn hätten dazu geführt, dass des gesamte Wasser dem klägerischen Grundstück zugeleitet werde. Am 11.07.1995 und am 18.06.1998 sei es bei ihm zu Hochwasserschäden gekommen.

Der Kläger hat beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, geeignete Rückhaltemaßnahmen im Bereich des Bebauungsplans Gewerbegebiet S.-äcker im Ortsteil D. durchzuführen, so dass verhindert wird, dass das Grundstück des Klägers mit der Flur-Nr. 6 der Gemarkung D. überschwemmt wird,

hilfsweise

den Beklagten zu verurteilen, die auf den Flurnummern 1254 und 1258 der Gemarkung D. geschaffenen Rückhaltebecken funktionsfähig zu machen und im funktionsfähigen Zustand zu erhalten,

hilfsweise

den Beklagten zu verurteilen, alle ihm zur Verfügung stehenden öffentlich-rechtlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit die ursprüngliche Situation wieder hergestellt wird und insbesondere alle abflussbegrenzenden privaten Maßnahmen wie Betonsockel, Erdwälle und Einfahrtserhöhungen im Anwesen Sch. zu beseitigen,

ferner weiter hilfsweise

den Beklagten zu verurteilen, für das Einzugsgebiet F 5 gemäß dem Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dr. V. ein zusätzliches Regenbecken zu schaffen und in einer separaten Leitung verlaufend zwischen der Flur-Nr. 4 und 1/1 zum Hauptsammler zur Hauptstraße D. das aufgefangene Regenwasser abzuleiten.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen Schaden aus den Überschwemmungen vom 11.07.1995 und der Überschwemmung vom 18.06.1998, sowie künftigen Schaden zu ersetzen, soweit der Schaden entstanden ist und/oder künftig noch entstehen wird.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgebracht, die gesamte Ortschaft habe seit jeher darunter gelitten, dass aus dem mehrere Quadratkilometer großen östlichen Einzugsgebiet Oberflächenwasser in Richtung D. abfließe. Die Auffüllung der Mulde habe die Situation für den Kläger nicht nennenswert verschärft. Beeinträchtigungen seien auch nach dem Bau des Gewerbegebiets nur bei starkem Regen zu befürchten. Durch die bereits errichteten Regenrückhaltebecken sei bereits eine Entschärfung eingetreten. Diese entspreche der Lage vor der Bebauung. Hinsichtlich der von den Nachbarn errichteten Betonsockel und Erdwälle sei der Beklagte nicht als Störer anzusehen. Der Kläger handle rechtsmissbräuchlich, indem er den Bau eines Regenrückhaltebeckens auf seinem Grundstück Flur-Nr. 573 ablehne.

Das Verfahren ist wegen Vergleichsverhandlungen, die jedoch letztlich zu keinem Erfolg führten, über mehrere Jahre nicht betrieben worden.

Das Landgericht I. hat den Beklagten nach Erholung von Gutachten der Sachverständigen Dr. V. und Prof. Dr. P. mit Urteil vom 23.12.2004 verurteilt, geeignete Rückhaltemaßnahmen im Bereich des Bebauungsplans "Gewerbegebiet S.-äcker" im Ortsteil D. durchzuführen, so dass verhindert wird, dass das Grundstück des Klägers mit der Flur-Nr. 6 der Gemarkung D. überschwemmt wird. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Senat nimmt auf die Einzelheiten der Urteilsbegründung Bezug.

Mit der Berufung verfolgen beide Parteien ihr Begehren, soweit ihm nicht stattgegeben wurde, weiter.

Der Kläger ist der Auffassung, die Aufschüttung der Mulde als künstlich geschaffenes Werk stelle eine Anlage im Sinne von § 907 BGB dar. Die Beeinträchtigung überschreite die Erheblichkeitsgrenze.

Auf das Verhältnis von § 907 BGB zu Art. 63 BayWG komme es nicht an, da sich aus beiden Vorschriften derselbe Anspruch ergebe.

Der Kläger bringt vor, die ihn beeinträchtigende Wirkung der Errichtung des Gewerbegebiets sei für den Beklagten aufgrund der Schreiben des Wasserwirtschaftsamtes I. vom 10.08.1989 und 14.07.1992 vorhersehbar gewesen. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. V.. Zumindest liege Fahrlässigkeit vor.

Die Intensität des Regens spiele für die Verschuldensfrage keine Rolle.

Durch ein zusätzliches Regenrückhaltebecken auf den Flurnummern 573 oder 569 hätten die Überschwemmungen 1995 und 1998 vermieden werden können.

Ein Zurechnungszusammenhang zwischen der Errichtung des Gewerbegebiets und den Überschwemmungen bestehe.

Vor der Errichtung sei es nicht zu Überschwemmungen gekommen. Der Sachverständige Dr. V. ziehe seine entgegenstehenden Schlüsse allein aus der topographischen Situation, habe aber keine Nachforschungen über Überschwemmungen in der Vergangenheit angestellt. Das gleiche gelte für den Sachverständigen Prof. Dr. P..

Bei intensiven Regenfällen würden die Überschwemmungen nunmehr schlimmer ausfallen.

Die Hochwasserschutzmaßnahmen der Nachbarn beseitigten ebenfalls nicht den Zurechnungszusammenhang. Es handele sich um eine Folge der vom Beklagten geschaffenen Gefahr. Diese Frage spiele allenfalls für den Regress des Beklagten eine Rolle.

Der Beklagte trage die Beweislast dafür, dass es sich bei den Überschwemmungen um eine Naturkatastrophe gehandelt habe, die auch bei vorhandener Mulde eingetreten wäre.

Ihn treffe kein Mitverschulden. Die Errichtung eines Betonsockels oder Erdwalls hätten die Nachbarn beanstanden können. Vom Ersatzberechtigen könnten keine rechtswidrigen Maßnahmen zur Abwendung des Schadens verlangt werden.

Es sei nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er seinen Grund nicht für Hochwasserschutzmaßnahmen hergebe.

Ein Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff sei ebenfalls zu bejahen.

Der Kläger beantragt:

I. Das Urteil des Landgerichts I. vom 03.02.2005 wird aufgehoben, soweit die Feststellungsklage abgewiesen wurde.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen Schaden aus der Überschwemmung vom 11.07.1995 und der Überschwemmung vom 08.06.1998 zu ersetzen, soweit dieser schon entstanden ist und/oder künftig noch entstehen wird.

Der Beklagte beantragt:

Unter Abänderung des am 3. Februar 2005 verkündeten Urteils des Landgerichts I., Az. 3 O 1645/93, wird die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Parteien beantragen jeweils, die Berufung der Gegenseite zurückzuweisen.

Der Kläger stellt darüber hinaus für den Fall des Erfolgs der Berufung des Beklagten

hilfsweise den Antrag

den Beklagten zu verurteilen, die auf den Flurnummern 1254 und 1258 der Gemarkung D. geschaffenen Rückhaltebecken funktionsfähig zu machen und im funktionsfähigen Zustand zu erhalten,

hilfsweise

den Beklagten zu verurteilen, alle ihm zur Verfügung stehenden öffentlich-rechtlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit die ursprüngliche Situation wieder hergestellt wird und insbesondere alle abflussbegrenzenden privaten Maßnahmen wie Betonsockel, Erdwälle und Einfahrtserhöhungen im Anwesen Sch. zu beseitigen,

ferner weiter hilfsweise

den Beklagten zu verurteilen, für das Einzugsgebiet F 5 gemäß dem Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dr. V. ein zusätzliches Regenbecken zu schaffen und in einer separaten Leitung verlaufend zwischen der Flur-Nr. 4 und 1/1 zum Hauptsammler zur Hauptstraße D. das aufgefangene Regenwasser abzuleiten.

Der Beklagte behauptet, auf dem Grundstück des Klägers sei es schon immer zu Überschwemmungen gekommen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Verfüllung der natürlichen Mulde keine Anlage im Sinne von § 907 BGB darstelle.

Außerdem sei nicht er, sondern seien die Nachbarn, die Betonsockel und Schutzwälle errichtet hätten, Störer im Sinne von § 907 BGB. Ihm fehle die Möglichkeit zur Abhilfe.

Beweisbelastet für die Voraussetzungen der §§ 1004, 907 BGB sei entgegen der Auffassung des Landgerichts I. der Kläger.

Art. 63 BayWG verbiete Umgestaltungen von Oberliegergrundstücken nicht und stelle gegenüber § 907 BGB das Spezialgesetz dar. Er verweise auf die Entscheidung BGH MDR 1972, 305.

Anspruchsgegner nach Art. 63 BayWG seien Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigte, nicht er.

Der Bebauungsplan schreibe weder die Beseitigung einer Mulde noch die Errichtung eines Betonsockels vor. Beides sei nach dem Bebauungsplan nicht zulässig.

Ein Bebauungsplan entbinde den Bauherrn nicht von der Einhaltung öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Vorschriften, insbesondere der nachbarrechtlichten Vorschrift des Art. 63 BayWG.

Eine drittbezogene Amtspflicht gegenüber dem Kläger bei Erlass des Bebauungsplanes habe nicht bestanden.

Eine Haftung nach § 839 BGB scheide wegen der Haftung der Nachbarn aus.

Dass ihn kein Verschulden treffe, ergebe sich aus der Stellungnahme des Landratsamtes P. vom 18.01.1993 Anlage B1.

Dass bei stärkerem Regen der Verursachungsbeitrag der Auffüllung der Mulde gegen Null gehe, spreche gegen eine Voraussehbarkeit für ihn. Zu den behaupteten Schäden wäre es auch ohne bauliche Veränderungen gekommen. Überschwemmungen hätten sich bereits früher ereignet.

Das zumutbare Maß an Beeinträchtigung sei erst durch die Maßnahmen der Nachbarn überschritten worden, wie sich aus dem Gutachten von Dr. V. ergebe.

Eine Kausalität zwischen behaupteter Pflichtwidrigkeit und Schaden bestehe allenfalls bei geringeren Regenfällen beziehungsweise einem sehr kurzen Starkregen. Vortrag der Klägerseite zu diesem Gesichtspunkt fehle.

Wenn der Kläger sein Grundstück nicht für ein Regenrückhaltebecken zur Verfügung stelle, sei das rechtsmissbräuchlich. Seine Bedenken hätte er bereits im Genehmigungsverfahren vorbringen können. Das Unterlassen begründe zumindest ein Mitverschulden.

Der Kläger habe sich inzwischen selbst geschützt.

Ein Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff bestehe nicht, da der Bebauungsplan weder rechtswidrig noch nichtig sei.

Es fehle darüber hinaus an einem unmittelbaren Eingriff; dieser sei den Nachbarn zuzurechnen.

Zudem hätte der Kläger nicht nach dem Grundsatz "dulde und liquidiere" handeln, sondern eine Normenkontrollklage gegen den Bebauungsplan erheben müssen. Ein Entschädigungsanspruch entfalle nach § 254 BGB für die Nachteile, die durch den Primärrechtsschutz hätten abgewandt werden können. Hätte der Kläger mit seiner Argumentation Recht, wäre der Bebauungsplan wegen eines Abwägungsmangels nichtig.

Der Urteilstenor sei auf eine unmögliche Leistung gerichtet, da durch die Geländesituation selbst durch Rückhaltemaßnahmen keine 100%ige Absicherung gegen Überschwemmungen möglich sei.

Die auf die Schadensereignisse vom 11.07.1995 und 08.06.1998 bezogene Feststellungsklage sei unzulässig, da es dem Kläger in dieser Zeit ein Leichtes gewesen wäre, seinen Schaden zu beziffern.

Ein weiterer Prozess über die Schadenshöhe sei unvermeidlich, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellungsklage nicht erkennbar sei.

Der Anspruch des Kläger sei verjährt: Insoweit werde auf die Ausführungen in der ersten Instanz verwiesen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren nimmt der Senat Bezug auf die Schriftsätze des Klägers vom 14.04.2005 (Bl. 275/281 d. A.), 30.05.2005 (Bl. 290/292 d. A.) und 08.06.2005 (Bl. 299/300 d. A.) sowie des Beklagten vom 29.04.2005 (Bl. 282/286 d. A.), 08.06.2005 (Bl. 293/299 d. A.) und 17.06.2005 (Bl. 301/305 d. A.).

Der Senat hat in den Terminen vom 23.06.2005 und vom 04.08.2005 Einsicht in den Bebauungsplan und die Baugenehmigungen genommen sowie den Kläger und den Bürgermeister des Beklagten informatorisch angehört. Am 23.06.2005 hat er Hinweise zu den denkbaren Anspruchsgrundlagen gegeben.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg, während die Berufung des Klägers zurückzuweisen ist. Die von ihm gestellten Hilfsanträge sind ebenso wenig begründet. Die Klage ist daher insgesamt abzuweisen.

1) Der Kläger hat keinen Anspruch auf die mit seinem Hauptantrag begehrten Schutzmaßnahmen.

a) Der vom Landgericht bejahte Anspruch nach den §§ 907, 1004 BGB kommt aus Rechtsgründen nicht in Betracht.

aa) § 1004 BGB ist nicht anwendbar.

(1) Die Ausweisung eines Gewerbegebiets durch einen Bebauungsplan und die in ihm getroffenen Festsetzungen haben hoheitlichen Charakter. Der Bau eines weiteren Regenrückhaltebeckens oder eines zusätzlichen Kanals würde ebenfalls in den hoheitlichen Aufgabenkreis des Beklagten fallen.

Ob durch einen Eingriff in das Eigentum ein privatrechtlicher oder öffentlichrechtlicher Anspruch ausgelöst wird, bestimmt sich danach, ob der Eingriff nach seiner Rechtsbeziehung dem öffentlichen Recht oder dem Privatrecht zugerechnet werden muss und ob mit dem Beseitigungsanspruch die Aufhebung oder Änderung einer hoheitlichen Maßnahme begehrt wird (BGHZ 97, 231, 233; 121, 367, 374). Letzteres schließt einen Anspruch nach § 1004 BGB aus.

Der Kläger kann sich daher nach § 1004 BGB weder darauf stützen, das Hochwasser werde durch Festsetzungen des Bebauungsplans ausgelöst, noch vom Beklagten Maßnahmen fordern, die in die gemeindliche Planungshoheit eingreifen.

(2) Hinsichtlich der von den Nachbarn ohne Festlegung im Bebauungsplan getroffenen Maßnehmen, wie der Auffüllung von Mulden sowie der Errichtung von Betonssockeln und Erdwällen, fehlt der Gemeinde entgegen der Auffassung des Landgerichts die Störereigenschaft im Sinne von § 1004 BGB (vgl. Palandt/Bassenge, 64. Aufl., § 1004 BGB Randnr. 15 ff, insbesondere die Beispiele bei Randnr. 17).

Weder aus dem Bebauungsplan noch aus den Baugenehmigungen, die der Senat in den beiden Verhandlungsterminen mit den Parteien eingesehen hat, ergibt sich ein Hinweis darauf, dass der Beklagte die Auffüllung vorhandener natürlicher Mulden oder eine wasserundurchlässige Einfriedung von Grundstücken gefordert hat. Durch den im Bebauungsplan festgelegten Maschendrahtzaun hätte Oberflächenwasser problemlos auf die Grundstücke im Gewerbegebiet fließen können.

Dass der Beklagte keine ausdrückliche Festsetzung zur Erhaltung der Mulde getroffen hat, führt noch nicht dazu, dass er als so genannter mittelbarer Störer anzusehen ist.

bb) Für § 907 BGB als nachbarrechtlichem Anspruch gelten die gleichen Erwägungen.

Hinzu kommt, dass eine bloße Bodenerhöhung - die Auffüllung der Mulde - nicht unter den Begriff der Gefahr drohenden Anlage des § 907 BGB fällt (BGH NJW 1980, 2580/2581). Die im Urteil des Landgerichts angegebene Fundstelle bei Palandt/Bassenge, 64. Aufl., § 907 BGB Randnr. 1 stützt die von ihm vertretene Gegenmeinung nicht; vielmehr verweist sie ausdrücklich auf die genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

cc) Einem Anspruch nach den §§ 1004, 907 BGB steht schließlich der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nach § 242 BGB entgegen.

Die Forderung von Schutzmaßnahmen durch den Kläger ohne die Bereitschaft, einen kleinen Teil des landwirtschaftlichen Grundstück Flur-Nr. 573 für den Bau eines Regenrückhaltebeckens zur Verfügung zu stellen, stellt entgegen der Auffassung des Landgerichts im konkreten Fall einen Verstoß gegen Treu und Glauben dar.

Der Beklagte hat die Bereitschaft, auf dem Grundstück Flur-Nr. 573 ein Regenrückhaltebecken zu errichten und den Kläger hierfür zum Verkehrswert zu entschädigen, glaubhaft erklärt.

Nach den Sachverständigengutachten von Dr. V. vom Oktober 1996 (S. 24) ist das Grundstück Flur-Nr. 573 für den Bau eines Regenrückhaltebeckens optimal. Ein Becken auf Flur-Nr. 569 bedürfte im Bereich des Weges zwischen beiden Grundstücken eines zusätzlichen Abfanggrabens, wobei das auf Flur-Nr. 573 anfallende Regenwasser nicht im Regenbecken erfasst werden könnte. Wie Dr. V. darlegte, wäre aus diesem Grund die Errichtung eines Regenbeckens auf dem Nachbargrundstück 569 bezüglich der Abpufferung des Regenwassers des Einzugsgebietes F 5 weniger wirkungsvoll als ein Regenrückhaltebecken auf der Flur-Nr. 573. Der Sachverständige Prof. Dr. P. favorisiert in seinem Gutachten vom 01.09.2004 (S. 6) ebenfalls die Anlage eines Regenrückhaltebeckens auf dem klägerischen Grundstück Flur-Nr. 573 als zweckmäßigste Maßnahme.

Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Bürgermeisters des Beklagten im Termin vom 04.08.2005 ist der Eigentümer der Flur-Nr. 569 mit dem Bau eines Regenrückhaltebeckens auf seinem Grundstück nicht einverstanden. Diese Alternative könnte demnach nur im Wege eines Enteignungsverfahrens durchgesetzt werden. Dasselbe gilt, wie sich aus den Angaben des Klägers zum Verhalten seiner Nachbarn im Termin vom 04.08.2005 ergibt, für die von ihm vorgeschlagene zusätzliche Rohrleitung zum Hauptsammler Die Betroffenen könnten im Enteigungsverfahren, dass zudem langwierig ist, mit Recht die Frage aufwerfen, warum die Gemeinde nicht die wasserbautechnisch bessere Lösung wählt und die Enteignung des Klägers betreibt. Dies spricht gegen die vom Landgericht auf S. 8/9 seines Urteils angestellten Erwägungen, die zudem im Widerspruch zu den Ausführungen auf S. 11 stehen dürften, wo die Frage der unzulässigen Rechtsausübung bezogen auf den Feststellungsantrag behandelt und bejaht wird.

Wie sich bei der Anhörung des Klägers durch den Senat ergab, liegt sein Widerstand gegen das Regenrückhaltebecken in der Hoffnung begründet, dass es in der Zukunft zu einer Ausweisung des an das Gewerbegebiet S.-äcker angrenzenden Teiles des im Außenbereich liegenden Grundstücks Flur-Nr. 573 als Bauland kommen könnte. An dieser Stelle weist das Grundstück jetzt einen Straßenanschluss auf, der vorher nicht vorhanden war. Mit dem Bau des Regenrückhaltebeckens würde dem Kläger also keine realistische Bebauungschance genommen, die er vor der Ausweisung des Gewerbegebiets schon hatte. Dass sein landwirtschaftlicher Betrieb durch eine Flächeneinbusse von ca 500 qm beeinträchtigt würde, bringt der Kläger selbst nicht vor. Damit fehlt ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Klägers.

b) Ein Anspruch nach Art. 63 BayWG in Verbindung mit § 1004 BGB besteht ebenfalls nicht.

aa) Die Beeinträchtigung durch eine hoheitliche Maßnahme schließt einen privatrechtlichen Anspruch auf Schutzvorkehrungen aus. Art. 63 BayWG ist eine Vorschrift des privaten Nachbarrechts.

bb) Die Art. 63 Abs. 1 - 3 BayWG richten sich an Eigentümer und Nutzungsberechtigte. Dem Beklagten gehören die Grundstücke, auf denen die Auffüllungen erfolgt und die Betonsockel und Erdwälle errichtet worden sind, jedoch nicht.

c) Ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG, gerichtet auf ein Tätigwerden der Gemeinde, ist zu verneinen.

aa) § 839 BGB gewährt grundsätzlich nur einen Anspruch auf Geldersatz (BGHZ 121, 367, 374; Palandt/Sprau, 64. Aufl., § 839 BGB Randnr. 78 m. w. N.). Der Kläger verlangt aber die Durchführung von Schutzmaßnahmen.

bb) Voraussetzung der Amtshaftung wäre zudem, dass kein anderweitiger Ersatzanspruch nach den § 1004, 907 BGB, Art. 63 BayWG auf Beseitigung der von den Nachbarn errichteten Betonsockel und Erdwälle gegeben ist, § 839 Abs. 1 S. 2 BGB.

Der Kläger müsste vortragen und gegebenenfalls beweisen, dass derartige Ansprüche nicht bestehen beziehungsweise nicht ausreichen, um die Verstärkung der Überflutungsgefahr durch den Bebauungsplan auszugleichen. Er hat insoweit aber nichts unternommen, obwohl ein zivilrechtliches Vorgehen gegen die Nachbarn, die den natürlichen Abfluss des Oberflächenwassers in Richtung seines Grundstücks "kanalisiert" haben, durchaus aussichtsreich erscheint. Die Frage einer etwaigen Verjährung anderweitiger Ersatzansprüche spielt im Rahmen von § 839 Abs. 1 S. 2 BGB keine Rolle, wenn sie nur zum Zeitpunkt des Entstehens des Amtshaftungsanspruchs noch erhoben hätten werden können.

cc) Ein Schadenersatzanspruch wegen einer Amtspflichtverletzung, die im Erlass des Bebauungsplanes selbst liegt, dürfte nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen sein, da der Kläger nicht im Wege der Normenkontrollklage gegen die Ausweisung des Gewerbegebiets vorgegangen ist. Nach seinem eigenen Vortrag hat er bereits zum Zeitpunkt des Erlasses Bedenken gehabt und bei der Gemeinde vergeblich vorgetragen. Die Frage bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung.

d) Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein öffentlichrechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch zu.

Diese in erster Instanz nicht behandelte Anspruchsgrundlage wurde mit den Parteien im Termin vom 23.06.2005 erörtert.

aa) Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Prüfung ist gegeben. Die Voraussetzungen für eine Verweisung an das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.

Isoliert betrachtet wäre der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Nach § 17a Abs. 5 GVG prüft der Senat jedoch die Zulässigkeit des Rechtswegs im Berufungsverfahren nicht, da keine Partei in erster Instanz den Rechtsweg gerügt hat (Thomas/Hüßtege, 26. Aufl., § 17a GVG Randnr. 24 m. w. N.). Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Rechtswegfrage möglicherweise gar nicht als problematisch erkannt wurde, da sich die Diskussion auf zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen konzentrierte. Ob in erster Instanz für das Landgericht aufgrund der klägerischen Argumentation die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 S. 1 GVG vorlagen, kann offen bleiben.

bb) Ein öffentlichrechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch besteht nicht, da die Überschwemmungsgefahr keine dem hoheitlichen Handeln des Beklagten zurechenbare Folge darstellt.

(1) Der öffentlichrechtliche Folgenbeseitigungsanspruch ist ein eingeschränkter Abwehranspruch auf Schutzmaßnahmen bei wesentlicher Beeinträchtigung durch hoheitliche Tätigkeit (vgl. Palandt/Bassenge, 64. Aufl., § 906 BGB Randnr. 44 ff). Er kommt dann in Betracht, wenn durch einen hoheitlichen Eingriff ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt und dadurch ein noch andauernder rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist (BVerwGE 94, 100). Der Folgenbeseitigungsanspruch zielt auf Wiederherstellung des Zustandes, der im Zeitpunkt des Eingriffs bestand; er dient nicht dem allgemeinen Ausgleich von Schäden, die durch rechtswidriges Verwaltungshandeln - etwa in der Form pflichtwidrigen Unterlassens - verursacht worden sind (BVerwG DVBl 2001, 726).

(2) Als hoheitlicher Eingriff kommt nur die Ausweisung des Gewerbegebiets mit den im Bebauungsplan enthaltenen Festsetzungen in Betracht, da die Aufschüttung von Mulden und die Errichtung der Betonssockel und Erdwälle nicht durch den Beklagten erfolgt sind.

Den Sachverständigengutachten von Dr. V. und Prof. Dr. P. lässt sich nicht entnehmen, dass die Terrainveränderung, die die Gemeinde durch den Bebauungsplan vorgegeben oder durch eigene Baumaßnahmen geschaffen hat (Größe und Position der Gebäude, die naturgemäß nicht in eine Regenmulde gebaut werden sollten, Erschließungsstraße), die Hochwassergefahr merkbar beeinflusst.

(3) Der Beklagte muss sich das Verhalten der Bauherren R. und S. sowie der anderen Nachbarn (Eigentümer der Flurstücke Nr. 1/1 und Nr. 4) nicht zurechnen lassen.

Die Verursachung von Maßnahmen Dritter durch einen Bebauungsplan reicht nicht aus, wenn diese Maßnahmen nicht die zwingende Voraussetzung für eine Bebauung des Grundstücks darstellten (Urteil des BayVGH vom 04.04.2005 in der Sache 22 B 01.247, auf das der Senat im Termin vom 23.06.2005 hingewiesen hat). Gegenstand der Folgenbeseitigungsanordnung sind nämlich nicht alle Schadensfolgen, die durch das Verwaltungshandeln adäquat ausgelöst worden sind. Es kommt vielmehr auf eine wertende Abgrenzung unter dem Gesichtspunkt des Unmittelbarkeitskriteriums an (Detterbeck/Windthorst/Sproll, Staatshaftungsrecht, § 12 Randnr. 54 m. w. N.). Die gegenteilige Auffassung würde zu einer Verpflichtung des Hoheitsträgers zu möglicherweise aufwendigen Schutzmaßnahmen selbst in den Fällen führen, in denen ein zivilrechtliches Vorgehen gegen die Nachbarn zum Beispiel nach Art 63 BayWG sich aufdrängt.

Die Einsicht in die Bauakten hat keinen Hinweis darauf ergeben, dass die Nachbarn zu ihren Maßnahmen durch die Festsetzungen des Bebauungsplanes gezwungen worden sind oder die Bebaubarkeit des Gewerbegebiets hiervon abhing.

Die vom Wasserwirtschaftsamt geäußerten Bedenken führen zu keinem anderen Ergebnis. Wenn die Eigentümer der Gewerbegrundstücke entsprechend der Festsetzung im Bebauungsplan nur einen Maschendrahtzaun errichtet hätten, wäre ein Abfluss auf die (Rest-)mulde im Bereich der Flur-Nr. 568/1 weiterhin möglich gewesen. Zugleich hat der Beklagte eine große Anzahl von Regenrückhaltebecken angelegt. Das zum Schutz des klägerischen Wohngrundstücks entscheidende Becken auf der Flur-Nr. wollte der Kläger selbst nicht.

cc) Nicht nachgewiesen ist, dass die teilweise Auffüllung der Mulde auf dem Grundstück Flur-Nr. 568/2 im Gewerbegebiet überhaupt zu einer Vermehrung des Hochwassers beiträgt. Der Sachverständige Dr. V. hat in seinem Gutachten vom Oktober 1986 nicht festgestellt, dass die vorhandene Restmulde nicht ausreichen würde, wenn der Eigentümer des Grundstücks 568/1 dieses nicht mit einem Betonsockel umgeben und damit einen Abfluss des Regenwassers in die Restmulde verhindert hätte (vgl. S. 19 und 21 des Gutachtens). Der Sachverständige Prof. Dr. P. hat diese Lösung in seinem Gutachten wegen weiterer zu erwartender Beschwerden der Nachbarn als unzweckmäßig angesehen, sich aber ebenfalls nicht festgelegt. Das Landgericht sieht insoweit die Voraussetzungen einer Beweislastumkehr zu Lasten des Beklagten als gegeben an, weil Bestandspläne fehlten (Urteil S. 7/8). Eine fahrlässige Beweisvereitelung käme aber nur dann in Betracht, wenn der Beklagte vor der Ausweisung des Gewerbegebiets einen derartigen Bestandsplan, anhand der sich kleinflächig die Größe jeder Mulde ergibt, hätte erstellen müssen. Dies scheint dem Senat nicht zwingend.

Zur Abwendung der Folgen eines sehr starken Niederschlags, der auch bei unveränderter Oberflächengestaltung zur Überschwemmung geführt hätte, müsste der Beklagte im Rahmen des öffentlichrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs keine Vorkehrungen treffen.

dd) Dem öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch steht aus den unter 1) a) cc) angeführten Gründen der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Dieser ist nicht auf zivilrechtliche Ansprüche beschränkt.

ee) Die Frage, ob der öffentlichrechtliche Folgenbeseitigungsanspruch eine Normenkontrollklage gegen den Bebauungsplan voraussetzt, kann offen bleiben (vgl. Detterbeck/Windthorst/Sproll, Staatshaftungsrecht, § 12 Randnr. 40, Randnr. 50).

2) Die Hilfsanträge sind unbegründet.

a) Auf welche Anspruchsgrundlagen sich die Forderung, das Rückhaltebecken auf den Flur-Nummern 1254 und 1258 funktionsfähig machen, stützen könnte, ist zweifelhaft. Es gelten, da der Anspruch auf ein Tätigwerden der Gemeinde auf ihrem Grund im Rahmen ihrer hoheitlichen Aufgaben gerichtet ist, die Ausführungen unter 1).

Letztlich spielt das aber keine Rolle, da die Maßnahme nicht zu einer Verbesserung der Situation für den Kläger führen kann.

Diese Rückhaltebecken betreffen nämlich die Flächen F1 bis F3 (siehe den dem Sachverständigengutachten Dr. V. Bl. 81/111 d. A. beigefügten Plan), die wegen des Hohlwegs in nordöstlicher Richtung nicht in Richtung des klägerischen Anwesens entwässern (vgl. auch Gutachten Prof. Dr. P. vom 01.09.2004 Bl. 2229/230 d. A.). Auf diesen Gesichtspunkt hat der Senat im Termin vom 04.08.2005 (insoweit nicht protokolliert) hingewiesen.

b) Ein Anspruch gegen den Beklagten auf das Ergreifen öffentlich-rechtlicher Maßnahmen gegen Betonsockel, Erdwälle und Einfahrtserhöhungen besteht nicht.

(aa) Der Senat bejaht hinsichtlich dieses Antrags seine Zuständigkeit nach § 17 a Abs. 5 GVG.

Die Zuständigkeit erscheint zweifelhaft, da das Landgericht über dieses Begehren, das sich im Streitgegenstand vom Hauptantrag unterscheidet, nicht entschieden hat. Insofern liegt ein Unterschied zur Prüfung des öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs im Rahmen des Hauptantrags vor. Eine zivilrechtliche Anspruchsgrundlage ist insofern nicht ersichtlich. Allenfalls kommen nachbarschützende Vorschriften des Bau- und Wasserrechts in Betracht.

Der Senat sieht seine Zuständigkeit dennoch als gegeben an. Nach dem Normzweck des § 17 a Abs. 5 GVG sollen Zuständigkeitsfragen abschließend in erster Instanz geklärt werden. Der Wortlaut der Vorschrift spricht nicht gegen die Anwendung auf den vorliegenden Fall. Der Beklagte hat die Zulässigkeit des Zivilrechtswegs für den Hilfsantrag nicht gerügt.

(bb) Der Anspruch ist schon deshalb unbegründet, weil dem Beklagten die öffentlichrechtliche Zuständigkeit für ein Einschreiten gegen die Nachbarn fehlt.

Einer bau- und wasserrechtlichen Prüfung der Zulässigkeit der Erdbewegungen und Bauten sowie der Frage einer Ermessensreduzierung auf Null bedarf es nicht. Dem Beklagten fehlt nämlich die Möglichkeit eines öffentlich-rechtlichen Einschreitens gegen die Nachbarn. Untere Bauaufsichtsbehörde nach den Art. 59, 60 BayBO ist das Landratsamt P., ebenso Gewässeraufsichtsbehörde nach den Art. 68, 75 BayWG. Gemeindliche Befugnisse sind nicht ersichtlich. Auf diesen Gesichtpunkt hat der Senat im Termin vom 04.08.2005 (insoweit nicht protokolliert) hingewiesen.

c) Ein Anspruch auf Errichtung eines zusätzlichen Regenrückhaltebeckens im Einzugsgebiet F 5 und einer separaten Leitung verlaufend zwischen der Flur-Nr. 4 und 1/1 zum Hauptsammler besteht nicht.

Bei diesem Antrag handelt es sich letztlich nur um eine Konkretisierung des Hauptantrags.

Insoweit gelten die Ausführungen zu 1d). Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung drängt sich bei diesem Hilfsantrag geradezu auf.

3) Der Feststellungsantrag ist ebenfalls nicht begründet.

Die Begründung, mit der das Landgericht die Zulässigkeit des Antrags bejaht hat (vgl. S. 9 des Urteils), mag man in Zweifel ziehen, da der Streit um die Schadenshöhe im Folgeprozess praktisch unvermeidlich erscheint. Die Feststellungsklage ist aber jedenfalls deshalb insgesamt zulässig, weil zum Zeitpunkt ihrer Erhebung in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem behaupteten Hochwasser vom 08.06.1998 nur eine teilweise Bezifferung des Schadens möglich war. An der so erhobenen Feststellungsklage darf der Kläger ohne Rücksicht auf die weitere Entwicklung des Schadens festhalten (Thomas/Reichold, 26. Aufl., § 256 ZPO Randnr. 14 m. w. N.).

a) Eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 907 BGB scheidet wegen des hoheitlichen Charakters des Erlasses des Bebauungsplanes aus.

b) Ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG ist nicht gegeben.

Das Landgericht hat diese Anspruchsgrundlage nicht ausdrücklich geprüft, doch führt die Übertragung seiner Überlegungen auf den Amtshaftungsanspruch zu keinem anderen Ergebnis. Zusätzlich steht § 839 Abs. 1 S. 2 BGB der Forderung des Klägers entgegen.

aa) Dem Kläger ist darin Recht zu geben, dass die Begründung, mit der das Landgericht ein Verschulden des Beklagten verneint hat, gar nicht das Verschulden betrifft, sondern eine Kausalitätsüberlegung darstellt (siehe dazu unten bb).

Eine schuldhafte Amtspflichtverletzung des Beklagten ließe sich im vorliegenden Fall, da der Beklagten die eigene Fachkenntnis fehlt und sie sich auf die Berechnungen des Ingenieurbüros W. verlassen hat, nur mit der Missachtung von Warnungen des Wasserwirtschaftsamtes begründen. Dies ist deshalb zweifelhaft, da die Gemeinde die vom Wasserwirtschaftsamt geforderten Regenrückhaltebecken letztlich bis auf eines vor der ersten Überschwemmung gebaut hat, der Bau des einen und im konkreten Fall entscheidenden Beckens aber vom Kläger abgelehnt wurde. Es stellt sich also die Frage, ob es dem Beklagten vorgeworfen werden kann, dass er gegen den Kläger kein Enteignungsverfahren betrieben hat. Insoweit scheitert die Klage spätestens am Grundsatz der unzulässigen Rechtsausübung.

bb) Es ist nicht nachgewiesen, dass die behaupteten Hochwasserschäden auf die Bebauung des Gewerbegebiets S.-äcker zurückzuführen sind.

Das Landgericht hat die Abweisung der Feststellungsklage einmal damit begründet, dass der Kläger nicht bewiesen habe, dass die behaupteten Hochwasserschäden durch die Bebauung des Gewerbegebiets verursacht worden sind. Es führte aus, es sei möglich, dass die Regenfälle bei größerer Stärke auch ohne die Errichtung des Gewerbegebiets zu einer Überschwemmung des klägerischen Grundstücks geführt hätten (S. 10/11 des Urteils vom 03.02.2005). Diese auf das Gutachten von Dr. V. gestützte Überlegung ist nachvollziehbar. Der Kläger hat zwar in erster Instanz Zeugenbeweis durch seine Ehefrau dafür angeboten, dass zwischen der Flurbereinigung und der Bebauung des Gewerbegebiets keine Beeinträchtigung durch abfließendes Oberflächenwasser mehr eingetreten sei. Dies mag sein, hat jedoch nur dann Aussagekraft, wenn die Regenfälle in diesem Zeitraum eine vergleichbare Stärke hatten. Dies ist angesichts der Häufung von Starkregen in den letzten Jahren nicht selbstverständlich. Zum Ausmaß der Regenfälle 1995 und 1998 hat der Kläger in der Berufung jedoch nichts vorgebracht, obwohl er erkennt, dass es sich bei den Überlegungen des Landgerichts um eine Kausalitätsfrage und kein Verschuldensproblem handelt (vgl. S. 3 ff der Berufungsbegründung vom 14.04.2005).

cc) Ein Anspruch des Klägers scheitert zudem daran, dass verschiedene anderweitige Ersatzansprüche gegen Dritte in Betracht kommen, § 839 Abs. 1 S. 2 BGB.

(1) Möglich ist einmal eine Haftung des Planungsbüros W. wegen positiver Verletzung des mit dem Beklagten geschlossenen Werkvertrags, der Schutzwirkung für Dritte haben könnte, oder nach § 823 Abs. 1 BGB wegen fahrlässiger Eigentumsschädigung. Laut den Ausführungen des Sachverständigen Dr. V. (S. 8/9 des Gutachtens vom Oktober 1996) entsprach die Planung der Entwässerungsmaßnahmen den Vorgaben des Ingenieurbüros. W. hat eine Kanalnetzberechnung für den Bebauungsplan durchgeführt und eine ausreichende Dimensionierung festgestellt (vgl. Anlage K 2).

(2) Eine Haftung der Schlosserei R. ist nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 63 BayWG wegen der Verfüllung der Mulde und der Errichtung eines im Bebauungsplan und der Baugenehmigung nicht vorgesehenen Betonsockels möglich.

(3) Die übrigen Nachbarn, die ihre Grundstücke mit Betonsockeln und Erdwällen geschützt und dadurch das Wasser in Richtung des klägerischen Grundstücks entgegen der natürlichen Fließrichtung "kanalisiert" haben, könnten sich ebenfalls gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 63 BayWG schadenersatzpflichtig gemacht haben.

dd) Der Senat stimmt mit dem Landgericht darin überein, dass der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung Erfolg hat. Auf die Ausführungen unter 1) a) cc) wird verwiesen. Der Bau eines Regenrückhaltebeckens auf dem klägerischen Grundstück Flurstück-Nr. 573 wäre bereits vor dem 11.07.1995 möglich gewesen und hätte den behaupteten Schaden verhindert, wie den Untersuchungen der Sachverständigen Dr. V. und Prof. Dr. P. entnommen werden kann.

Zum selben Ergebnis kommt man, wenn man das Verhalten des Klägers nach § 254 BGB als ganz überwiegendes Mitverschulden an der Schadensentstehung ansieht.

ee) Ob der Anspruch nach § 839 BGB wegen des Unterlassens von Rechtsmitteln gegen den Bebauungsplan nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen ist, kann offen bleiben,

c) Ein Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff besteht nicht.

Ob der Beklagte bei der Ausweisung des Gewerbegebiets rechtswidrig gehandelt hat, weil er nicht den Bau eines Regenrückhaltebeckens auf dem Grundstück Flur-Nr. 573 mit eingeplant oder die Erhaltung der gesamten Mulde den Bauherren vorgegeben hat, lässt der Senat offen.

aa) Es fehlt an der Unmittelbarkeit eines Eingriffs. Die Überschwemmungen wurden nicht durch den Bebauungsplan oder in ihm enthaltene Festlegungen, sondern, wenn überhaupt, durch die Abwehrmaßnahmen der Nachbarn ausgelöst, wie bereits ausgeführt wurde. Für die Unmittelbarkeit des Eingriffs kommt es darauf an, ob der Wasserzufluss auf der Maßnahme der Gemeinde beruht oder nur durch sie nicht verhindert worden ist (BGHZ 125, 19).

bb) Die Kausalität der Maßnahmen des Beklagten für die behaupteten Schäden ist nicht nachgewiesen. Insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen oben 3) b) bb) Bezug.

cc) Schließlich steht dem Anspruch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen, vgl. oben 1) a) cc) und 3) b) dd). Zum selben Ergebnis kommt man über § 254 BGB.

Der Kläger hat gemäß den §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück