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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 12.06.2006
Aktenzeichen: 10 W 1672/06
Rechtsgebiete: RVG, ZPO, GKG


Vorschriften:

RVG § 32 II 1
ZPO § 3
ZPO § 160 II
GKG § 48 I 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

Aktenzeichen: 10 W 1672/06

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes;

hier Streitwertbeschwerde

erläßt der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung am 12.06.2006 folgenden

Beschluß:

Tenor:

I. Auf die Beschwerde des Klägervertreters vom 24.05.2006 wird der Streitwertbeschluß des LG München I vom 20.04.2006 dahin abgeändert, daß der Streitwert für das Verfahren und der Gegenstandswert für den Vergleich jeweils 10.231,- € betragen.

II. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt.

Gründe:

I.

1. Mit Verfügung vom 05.12.2005 (Bl. 63 d.A.) unterbreitete das LG München I den Parteien einen Vergleichsvorschlag, in dem als Streitwert für das Verfahren 10.231,- € und als Streitwert für den Vergleich 2.081,86 € vorgesehen waren.

Nach längeren schriftsätzliche Erörterungen seitens der Parteien modifizierte das LG München I mit Verfügung vom 07.12.2005 (Bl. 77 dA) seinen Vergleichsvorschlag in der Kostenverteilung und kündigte im übrigen an, den "Streitwert für das Verfahren auf 10.231,- € festzusetzen".

2. Mit Beschluß vom 20.02.2006 (Bl. 80 d.A.) setzte das LG München I entsprechend der letztgenannten Ankündigung den Streitwert für das Verfahren auf 10.231,- € fest.

Am 21.03.2006 kam es zwischen dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin und dem Einzelrichter zu einem Telefonat über die Höhe des Streitwerts für den Vergleich, das der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin in einem Schriftsatz vom 28.03.2006 (Bl. 91 dA) dahin festhielt, daß man übereinstimmend der Ansicht gewesen sei, daß eine Reduzierung des letzteren nicht geboten sei.

3. Gegen den Beschluß vom 20.02.2006 legte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 03.04.2006, beim LG München I am selben Tag eingegangen (Bl. 92 d.A.), das "zulässige Rechtsmittel" ein. Mit Schriftsatz ebenfalls vom 03.04.2006 (Bl. 93 dA) teilte er mit, daß die Beschwerde nur auf Druck der hinter der Klägerin stehenden Rechtsschutzversicherung erfolgt sei, er sie aber für ungerechtfertigt halte. Die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten erklärten im Schriftsatz vom 15.04.2006 (Bl, 94 d.A.), daß "nach Sach- und Rechtslage entschieden werden" möge.

Mit Beschluß vom 20.04.2006 (Bl. 95 d. A.) änderte das LG München I die Streitwertfestsetzung dahin, daß der Streitwert für das Verfahren auf 10.231,- € und als Streitwert für den Vergleich 2.081,86 € festgesetzt wurde, wobei zur Begründung ausgeführt wurde, daß sich aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 25.07.2005 nicht entnehmen lasse, daß die Teilklagerücknahme in Höhe von 8.149,14 € Resultat einer vergleichsweisen Einigung gewesen sei.

4. Mit Schriftsatz vom 24.05.2006 (Bl. 96 dA), beim LG München I am selben Tag eingegangen, legte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin im eigenen Namen Beschwerde ein und begründete diese damit, daß nach dem RVG ein gegenseitiges Nachgeben für den Anfall der Einigungsgebühr nicht mehr erforderlich sei.

Mit Beschluß vom 31.05.2006 (Bl. 97 dA) half das LG München I der Beschwerde unter Bezugnahme auf den angefochtenen Beschluß nicht ab.

II.

1. Die Beschwerde ist gem. § 32 II 1 RVG statthaft und auch form- und fristgerecht, somit auch im übrigen zulässig.

Sie ist auch begründet, wenn auch nicht aus den Gründen der Beschwerde, die die Frage des Gegenstandswerts der Vergleichs mit der Frage, welche Voraussetzungen nach dem RVG für den Anfall der Einigungsgebühren erfüllt sein müssen, verwechselt.

Der Erstrichter übersieht bei seinem Rückgriff auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 25.07.2005, an der er selbst nicht teilgenommen hatte, zunächst, daß dieses schon wegen § 160 II ZPO keine lückenlose Wiedergabe des Verhandlungsverlaufs darstellt und deshalb aus der Wiedergabe der Erklärungen, die isoliert betrachtet für den Standpunkt des Erstgerichts sprechen, keine zwingenden Argumente für das von den Parteien Gewollte und Gesagte abgeleitet werden können.

Der angegriffene Beschluß wie auch der formelhafte Nichtabhilfebeschluß lassen auch eine Auseinandersetzung mit der Verfügung vom 07.12.2005, dem Schriftsatz des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 28.03.2006, aus dem sich noch eine andere Rechtsauffassung des Erstrichters erkennen läßt, und der bezeichnend vage gehaltenen Stellungnahme der Beklagten vermissen. Nach aller Erfahrung des Senats ist auch nicht davon auszugehen, daß der teilweise Vergleich und die Teilklagerücknahme isoliert voneinander erfolgten, sondern vielmehr eine Gesamtlösung mit Elementen eines sog. materialen (vgl. Freund DRiZ 1979, 72), informellen (vgl. Rasehom ZRP 1980, 6 [9]), verdeckten (vgl. Gottwald/Treuer, Vergleichspraxis, Stuttgart 1991, S. 11) oder verkappten (vgl. Treffer MDR 1999, 520) Vergleichs angestrebt und auch umgesetzt wurde. Dann ist aber Vergleichsgegenstand der gesamte anhängige Rechtsstreit gewesen, auch wenn der eigentliche Vergleich nur einen Teilbetrag erfaßte. Im Rahmen des durch §§ 48 I 1 GKG, 3 ZPO eingeräumten freien Ermessens besteht dann auch keine Veranlassung, den Gegenstandswert für den Vergleich niedriger anzusetzen als den Streitwert für das Verfahren.

2. Eine Kostenentscheidung ist wegen § 68 III 1 GKG nicht veranläßt. Gem. § 68 III 2 GKG erfolgt keine Erstattung der außergerichtlichen Kosten.

3. Diese Entscheidung ist gem. §§ 68 III 4, 66 III 3 IV GKG nicht anfechtbar (vgl. auch BGH MDR 2004, 355 zu den entsprechenden §§ 25 III 1, 5 II 3 GKG a.F.).

Ende der Entscheidung

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