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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 01.02.2000
Aktenzeichen: 13 U 3864/99
Rechtsgebiete: VOB/B, ZPO


Vorschriften:

VOB/B § 2 Nr. 10
VOB/B § 2 Nr. 8
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Ziffer 10
ZPO § 711
ZPO § 713
ZPO § 546 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 13 U 3864/99

Verkündet am 01. Februar 2000

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

erläßt der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01. Februar 2000 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Deggendorf vom 26.05.1999 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 8.000,-- abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Wert der Beschwer übersteigt DM 60.000,--.

Tatbestand:

Die Klägerin fordert von der Beklagten Restwerklohn. Die Parteien haben am 31.05.1994 (Bl. 36, 37) aufgrund eines Leistungsverzeichnisses vom 09.05.1994 (Bl. 43 ff.) einen Vertrag über von der Klägerin zu erbringende Kanal- und Asphaltarbeiten geschlossen. Die Kanalarbeiten wurden bis zum Winter 1995 erbracht und in acht Teilschlußrechnungen abgerechnet. Danach geriet der Bau ins Stocken, die Klägerin behauptet wegen des Winters, die Beklagte meint, weil sie die achte Teilschlußrechnung nicht bezahlt habe.

Nachdem die Beklagte die Klägerin im Frühjahr 1996 unter Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung aufgefordert hatte, die Arbeiten fortzuführen, unterbreitete die Klägerin unter dem 05.06.1996 ein Angebot über die ausstehende Asphaltierung. Am 18.06.1996 kam es zu einem Gespräch zwischen den Parteien, in dem die Fortsetzung der Arbeiten durch die Klägerin besprochen wurde. In der Folge wurde von der Beklagten ein korrigiertes Rücklaufexemplar des Angebots der Klägerin vom 05.06.1996 an die Klägerin versandt, die dann die Arbeiten fertigstellte und mit Schlussrechnung vom 27.11.1996 mit insgesamt 345.740,74 berechnet. Aus dieser Rechnung strich die Beklagte den hier streitigen Restwerklohn von 133.887,97 DM heraus.

In der ersten Instanz hat die Klägerin beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 133.887,97 DM nebst Zinsen in Höhe von 1 % über dem Lombardsatz der Deutschen Bundesbank, wenigstens aber 6 % seit dem 14.02.1997 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 26.05.1999 hat das Landgericht Deggendorf die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin trotz Aufforderung vom 05.11.1998 die Klagevoraussetzungen nicht schlüssig dargelegt habe. Insbesondere habe sie auch nichts vorgetragen, woraus ihre Berechtigung zur Geltendmachung von Regieleistungen nach § 2 Nr. 10 VOB/B hergeleitet werden könne. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf das Endurteil des Landgerichts Deggendorf Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 26.05.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz eingegangen am Montag den 28.06.1999 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz, eingegangen am 02.09.1999, begründet, nachdem ihr die Frist zur Berufungsbegründung bis zu diesem Tag verlängert worden war.

Die Klägerin behauptet, für die Rechnungspositionen "Granit-Zweizeiler" und "Granit-Tiefbord" seien nicht wie von der Beklagten anerkannt 75 DM, sondern jeweils 80 DM pro laufenden Meter vereinbart worden. Sie könne deswegen 78 DM bzw. 127,75 DM netto mehr fordern. Die Regiearbeiten der Gruppe 1 und der Gruppe 2 habe die Beklagte zu Unrecht von 69.310,45 DM auf 40.639,56 DM bzw. von 70.311,24 DM auf 5.000 DM gekürzt. Bei diesen Rechnungspositionen würden Regieleistungen abgerechnet, die aufgrund von Änderungswünschen der Beklagten angefallen seien. In der Zeit bis 12.09.1996 habe der Bürgermeister der Beklagten die Mitarbeiter der Klägerin angewiesen, entweder schon einmal auf ein neues Niveau versetzte Kanaldeckel und Schieber wieder auf ein neues Niveau anzuheben, bzw. nicht in der Kanaltrasse liegende Abdeckungen auf ein neues Niveau anzupassen. Am 17.07.1996 habe der Bürgermeister den Auftrag erteilt, in der Asphalt einzubauen. Die Regieberichte seien jeweils von dem Architekten abgezeichnet worden.

Bei den Positionen "Profilausgleich (Maschineneinbau)" habe die Klägerin die Einbaumenge von 437,759 Tonnen zu Unrecht auf 322,239 und bei der Position "Profilausgleich (Handeinbau)" von 217,689 Tonnen auf 127,911 Tonnen reduziert. Die Klägerin habe die berechneten Mengen erbracht.

Die Klägerin beantragt,

Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Deggendorf, Az.: 2 O 152/98, vom 26.05.1999 wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 133.887,97 DM nebst Zinsen in Höhe von 1 % über der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank seit dem 14.02.1997 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt im wesentlichen zu den Regiearbeiten vor, dass die Klägerin die Arbeiten entsprechend dem Vertrag erbracht habe und seitens der Beklagten oder auch deren Architekten keinerlei Änderungswünsche vorgebracht worden seien.

Wegen der näheren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 02.09.1999 (Bl. 143 bis 160 d.A.) und auch den Schriftsatz der Beklagten vom 02.11.1999 (Bl. 162 bis 171 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hatte im Ergebnis keinen Erfolg. Bezüglich der Regieleistungen hat die Klägerin trotz der erstinstanziellen Hinweise in der Verfügung vom 05.11.1998 und trotz des deutlich formulierten Endurteils nach wie vor keinen schlüssigen Vortrag beigebracht. Hinsichtlich der übrigen Rechnungspositionen hat sie keine Beweismittel für ihren Vortrag benannt.

1) Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 511 ff. ZPO). Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 516 ff. ZPO).

2) Bezüglich der Rechnungspositionen aus der Schlußrechnung vom 27.11.1996 mit der Bezeichnung: "Granit-Zweizeiler" und "Granit-Tiefbord" hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass statt des von der Beklagten anerkannten Betrages von DM 75 pro laufenden Meter tatsächlich 80 DM pro laufenden Meter vereinbart worden waren. Hinsichtlich dieser Positionen führt die Klägerin als Nachweis lediglich das Angebot vom 05.06.1996 auf. Die Beklagte hat aber bestritten, dieses Angebot angenommen zu haben. Sie verweist auf das von der Klägerin als Anlage K 3 vorgelegte Rücklaufexemplar in dem sie in beiden Positionen den von der Klägerin angesetzten Preis von 80 DM jeweils auf 75 DM reduziert hat. Die Klägerin hat insoweit nichts vorgebracht, aus dem der Senat entnehmen könnte, wann und wie Beklagte entgegen dem Rücklaufexemplar ihr Angebot vom 05.06.1996 zu den damaligen Positionspreisen angenommen hätte. Auch fehlt jegliches Beweisangebot hierzu.

Unter diesen Umständen konnte sich der Senat nicht von der Berechtigung der Mehrforderungen von DM 78 bzw. von DM 127,75 netto überzeugen.

2) Das gleiche gilt für die Rechnungspositionen aus der Schlußrechnung vom 27.11.1996 mit der Bezeichnung: "Profilausgleich (Maschineneinbau)" und "Profilausgleich (Handeinbau)". Insoweit hat die Klägerin zwar behauptet, die in der Rechnung aufgeführten Mengen eingebaut zu haben. Für ihre Behauptung hat sie aber keinerlei Beweismittel benannt. Zu dem Vortrag der Beklagten, bei der Position "Profilausgleich (Handeinbau)" sei von der Beklagten genau das anerkannt worden, was die Klägerin im Aufmaß Bl. 42 in der Anlage zur Rechnung vom 27.11.1996 (K 7) ausgewiesen habe, hat sich die Klägerin nicht geäußert.

Der Senat sah sich auch nicht veranlaßt, zu den Behauptungen der Klägerin ein Sachverständigengutachten von Amts wegen nach § 144 Abs. 1 anzuordnen, weil die Klägerin außer der Mengenbehauptung keinerlei substantiierten Vortrag darüber vorgebracht hat, wann, wo und weshalb es zu den angeblichen Mengenmehrungen gekommen sei und wie sie die Mengenmehrungen im einzelnen errechnet hat.

3) Bezüglich der als Gruppe 1 und 2 abgerechneten Regiearbeiten fehlt es in jeder Hinsicht am schlüssigen Vortrag der Klägerin:

a) Die Klägerin hat schon nicht ausreichend dargetan, dass es sich bei den in der Rechnung vom 27.11.1996 als "Regiearbeiten" abgerechneten Leistungen um nicht vom ursprünglichen Vertrag gedeckte Zusatzleistungen handelt. Dies hat die Beklagte bestritten. Sie hat vorgetragen, daß die Klägerin nichts anderes erbracht habe, als sie nach dem ursprünglichen Vertrag geschuldet habe.

Um darzulegen, dass es sich tatsächlich um Zusatzleistungen gehandelt habe, hätte die Klägerin im einzelnen und detailliert darlegen müssen, was nach dem Vertrag ihrer Meinung nach geschuldet war und was sie demgegenüber an Mehrleistungen erbracht haben will. Obwohl schon das Erstgericht mehrfach auf dieses Säumnis hingewiesen hat, haben die Klägervertreter hierzu nichts vorgetragen.

b) Bezüglich der erbrachten Zusatzleistungen hätte die Beklagte darüber hinaus detailliert und substantiiert darlegen müssen, wie diese Zusatzleistungen in Auftrag gegeben worden waren. Ihr Vortrag, der erste Bürgermeister der Beklagten bzw. deren Architekt hätten den Arbeitern der Klägerin vor Ort entsprechende Weisungen erteilt, ist nicht ausreichend. Der Senat sah sich nicht veranlaßt, zu diesem ungenauen Vortrag die von der Beklagten benannten Zeugen zu vernehmen. Eine Beweiserhebung wäre mangels jeglichem konkreten Vertrags der Klägerin auf eine Beweisermittlung durch den Senat hinausgelaufen. Darüber hinaus fehlt jeglicher Vortrag, aus dem sich ergeben konnte, dass der erste Bürgermeister der Gemeinde bzw. der Architekt der Beklagten zur Vergabe derart umfangreicher Zusatzaufträge überhaupt bevollmächtigt war. Zusatzauftrag im Wert von über 160.000 DM brutto gehörten wohl nicht mehr zu den laufenden Geschäften, die der Bürgermeister der Beklagten ohne besonderen Gemeinderatsbeschluß ausführen konnte. Jedenfalls fehlt auch insoweit jeglicher Vortrag der Klägerin.

Lediglich zu einem Bereich hat sich die Klägerin näher geäußert: Zu dem Regiebericht 24 hat sie vorgetragen, dass der Bürgermeister am 17.07.1996 ihren Arbeitern vor Ort den Auftrag erteilt habe in der Asphalt einzubauen, das Planum zu verdichten und Asphalt 016 auf einer Fläche von 2,70 Meter, x 1,60 Meter und 10 cm Stärke einzubauen. Hierfür sei eine Stunde Schneidgerät, ein Kompressor mit Hammer sowie ein kleiner Lkw für zwei Stunden notwendig gewesen. Ebenso seien zwei Stunden Spezialfacharbeiter und zwei Stunden Facharbeiter angefallen (Schriftsatz vom 02.09.1999, S. 14 oben). Einzig zu diesem Punkt ist bezüglich der Auftragserteilung ein schlüssiger Vortrag gegeben. Allerdings hat der Senat auch zu diesem Punkt den angebotenen Zeugen nicht vernommen, weil er den ausreichenden Vortrag darüber vermisst, dass es sich um eine im ursprünglichen Vertrag nicht vorgesehene Leistung gehandelt hat. Außerdem fehlt jeglicher Vortrag darüber, daß zwischen den Parteien insoweit entsprechend § 2 Nr. 10 VOB/B eine Stundenlohnvereinbarung getroffen worden war (siehe dazu unten).

c) Schließlich vermisst der Senat auch jeglichen Vortrag der Klägerin zu den Voraussetzungen des § 2 Nr. 10 VOB/B. Schon das Erstgericht hat die Parteien, die unstreitig die Geltung der VOB vereinbart haben, auf diese Vorschrift hingewiesen, wonach Stundenarbeiten nur dann vergütet werden, wenn sie als solche vor ihren Beginn ausdrücklich vereinbart worden sind.

Die Klägerin hat hierzu lediglich vorgetragen, daß sie in ihrem Angebot vom 05.06.1996 auch Stundenlohnarbeiten und sonstiges zum Preis von insgesamt 30.000 DM netto ausgewiesen habe. Abgesehen davon, daß die Beklagte Stundenlohnarbeiten und sonstiges in Höhe von DM 40.639,56, DM 5.000 und DM 7.883,96 jeweils netto anerkannt hat und somit der Klägerin ohnehin weit mehr zubilligt, als diese in ihrem Angebot für erforderlich gehalten hat, abgesehen davon ist der Senat der Überzeugung, dass der Hinweis im Angebot vom 05.06.1996 noch nicht als ausdrückliche Vereinbarung der Stundenlohnarbeiten im Sinn des § 2 Nr. 10 VOB/B anzusehen ist. § 2 Nr. 10 VOB/B gilt nämlich auch für die im Vertrag vorgesehenen Stundenlohnarbeiten (Heiermann, Riedel, Rusam, Handkommentar zur VOB, 8. Aufl., § 2 VOB/B, Rn. 182 m.w.N.). Für eine ausdrückliche und zweifelsfreie Vereinbarung von Stundenlohnarbeiten fehlt jeglicher Sachvortrag der Klägerin - obwohl auch dies das Erstgericht bereits mehrfach, zuletzt im Urteil nachdrücklich gefordert hatte. Bloßes Schweigen oder schlüssiges Verhalten reicht ebensowenig aus, eine Vereinbarung von Stundenlohnarbeiten anzunehmen, wie das reine Dulden der Arbeiten. Auch die nachträgliche Unterschrift auf den Regiezetteln durch den bauleitenden Architekten bekundet lediglich, dass die in den Regiezetteln ausgewiesenen Arbeiten von der Klägerin auch tatsächlich erbracht wurden. Ob diese Arbeiten dagegen aus dem ursprünglichen Vertrag geschuldet waren oder als zusätzliche Regieleistungen zu vergüten waren folgt aus dieser Unterschrift nicht. Auch ist die Voraussetzung des § 2 Nr. 10 VOB/B, wonach die ausdrückliche Vereinbarung vor dem Beginn der Arbeiten erfolgen muß, nicht erfüllt.

Der Senat hätte zwar keine Bedenken die Regieleistungen dann anzuerkennen, wenn die Beklagten nachträglich insoweit eine vertragliche Vereinbarung getroffen hätten. Hierzu hat die Klägerin aber abgesehen von der Abzeichnung der Regiezettel durch den Architekten - nichts vorgetragen.

Auch soweit danach eine Abrechnung nach Regie ausscheidet, hat die Klägerin nichts dazu vorgetragen, dass ihre Leistung unter Umständen nach Einheits- oder Pauschalpreisen abzurechnen wäre. Es wurden auch keinerlei Tatsachen vorgetragen aus denen der Senat auf eine Vergütungspflicht nach § 2 Nr. 8 VOB/B oder einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung schließen könnte.

d) Schließlich ist die Klägerin auf dem Vortrag der Beklagten, die in Einzelheiten dargelegt hat, daß die Klägerin den angeblich eingebauten Asphalt in Wirklichkeit an anderen Baustellen eingebracht hat, mit keinem Wort entgegengetreten.

4) Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Ziffer 10, 711, 713, 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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