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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 11.04.2002
Aktenzeichen: 24 U 428/01
Rechtsgebiete: HWTG, BGB, WEG


Vorschriften:

HWTG § 1 Abs. 2 Nr. 3
HWTG § 2
BGB § 138
BGB § 181
BGB § 278
BGB § 313
WEG § 4 Abs. 3
I. Die bei Eintritt in Vertragsverhandlungen einer Partei obliegende Treue- und Fürsorgepflicht kann es aus dem nach Treu und Glauben abzuleitenden Grundsatz gegenseitiger Redlichkeit und Rücksichtnahme auch gebieten, gegenüber dem anderen Vertragspartner Zurückhaltung zu üben.

II. Wird den Käufern innerhalb weniger Stunden eine Eigentumswohnung durch Exposé vorgestellt, anschließend eine schriftliche Kaufbestätigung verlangt, sodann das Hausgrundstück nur von außen besichtigt und noch zur Abendstunde beim Notar ein 22 Seiten umfassendes "Kaufangebot" zur Unterzeichnung vorgelegt, kann dies gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme verstoßen und zur Rückabwicklung des später (nach Annahme durch die Verkäuferin) zustande gekommenen Kaufvertrags führen.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN - Zivilsenate Augsburg - IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 24 U 428/01

Verkündet am 11. April 2002

In dem Rechtsstreit

wegen Feststellung

erläßt der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.2.2002 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Kläger wird das Endurteil des Landgerichts Augsburg vom 30. April 2001 geändert.

II. 1. Die Beklagte wird verurteilt, in die Rückabwicklung des notariellen Kaufvertrags vom 20.6.2000/7.7.2000 betreffend Miteigentumsanteil und Sondereigentum an der Wohnung Nr. 9 im Anwesen (URNrn. 1144/00 K und 1286/2000 K des Notars einzuwilligen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 6.151,62 DM = 3.145,27 Euro nebst 4% Zinsen aus 2.836,20 DM = 1.450,13 Euro ab 7.9.2000 und aus 3.315,41 DM = 1.695,14 Euro ab 28.8.2001 zu bezahlen, wobei 2.352 DM = 1.202,56 Euro Zug um Zug gegen die Abtretung etwaiger Rückerstattungsansprüche aus dem Gewerbesteuerbescheid vom 29.8.2000 (Steuernummer 801/09373) gegen das Finanzamt Augsburg zu bezahlen sind.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die Kläger von den weiteren Kosten freizustellen, die anlässlich der Anfertigung/Abschluss des Kaufvertrages vom 20.6.2000 (URNr. 1144/00 K) und vom 7.7.2000 (URNr. 1286/2000 K) sowie deren Vollzug und Rückabwicklung - über die Kosten gemäß Ziffer 2 hinaus - anfallen.

4. Die Vollstreckungsabwehrklage wird als unzulässig abgewiesen.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die weitergehende Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.

IV. Die Beklagte trägt neun Zehntel, die Kläger tragen ein Zehntel der Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte.

V. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

VI. Die Beschwer beider Parteien beträgt jeweils mehr als 20.000 Euro.

VII. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wollen sich aus dem Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung lösen und verlangen u.a. ihre Aufwendungen ersetzt.

Am 22.5.2000 erschien der freie Handelsvertreter, in der Wohnung der Kläger, Bei der Besprechung ging es um die Bestandsaufnahme von Versicherungen sowie um die Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger.

Weitere Gespräche zwecks "Optimierung" der Versicherungen führte am 5.6. und 7.6.2000 der für Finanzdienstleistungen zuständige Mitarbeiter. Er brachte bei dieser Gelegenheit das Gespräch auch auf einen möglichen Immobilienerwerb.

Am 20.6.2000 ab 15 Uhr kam es zu einer abschließenden Besprechung im Büro der R GmbH. Dort wurden die Umstellung der Versicherungsverträge, u.a. der Rückkauf der Lebensversicherungen, und der Ankauf von Fondsanteilen (nach Angaben der Kläger zu einem späteren Zeitpunkt rückgängig gemacht) vorbereitet sowie vom "Steuerexperten" eine "Investitions- und Finanzierungsberechnung" mit einem "Berechnungsbeispiel" erstellt (Anlage B 2). Die Kläger bekamen Einsicht in ein das Objekt betreffendes Exposé (Anlage B 1).

Anschließend kam unter Mitwirkung des Geschäftsführers der Beklagten das Gespräch auf die streitgegenständliche Immobilie, eine Eigentumswohnung in dem Anwesen, die zum Erwerb durch die Beklagte als Bauträgerin anstand.

Sodann trafen die Parteien eine Vereinbarung (Anlage B 3), in welcher die Kläger als Käufer verbindlich bestätigten, die streitgegenständliche Wohnung zu einem Gesamtkaufpreis von 134.420 DM zuzüglich Erwerbsnebenkosten (Notarkosten, Grunderwerbssteuer, Finanzierungsvermittlungsgebühr, Bearbeitungsgebühr) zu kaufen. Bei Nichteinhaltung der Vereinbarung sollten eine Aufwandsentschädigung von 3 % + Mehrwertsteuer und eventuell Aufwendungsersatz anfallen sowie beim Notar (Termin innerhalb von 8 Wochen!) die "abgesprochenen Rahmenbedingungen" beurkundet werden. Weiterhin war von den Käufern "vorher noch eine Bestätigung der finanzierenden Bank, über den vereinbarten Gesamtkaufpreis, vorzulegen."

Anschließend an den Besprechungstermin begab sich der Geschäftsführer mit den Klägern zu dem genannten Anwesen, das aber nur von außen besichtigt wurde. Eine Innenbesichtigung war angeblich wegen Abwesenheit der Mieter nicht möglich und wurde für später vorgesehen.

Noch am selben Tag nach 18 Uhr fuhr der Geschäftsführer mit den Klägern - angeblich, ohne diese hiervon vorher zu unterrichten - zu dem Notar in Augsburg. In dessen Büro unterzeichneten die Kläger ein bereits vorbereitetes, 22 Seiten umfassendes notarielles "Kaufangebot" hinsichtlich der genannten Immobilie (Anlage K 1).

Am 5.7. oder 6.7.2000 sprachen die Kläger im Büro der vor. Dort erklärten sie, die Eigentumswohnung nicht erwerben zu wollen. Daraufhin nahm die Beklagte schon am 7.7.2000 das Kaufangebot vom 22.6.2000 in notarieller Form an (Anlage K 2). Der Prozessbevollmächtigte der Kläger erklärte mit Schreiben vom 12.7.2000 die Anfechtung des notariellen Kaufangebots (Anlage K 3) und mit Schreiben vom 11.8.2000 den Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz (Anlage K 4).

Die Kläger haben im Wesentlichen vorgetragen,

im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Immobilienkaufs seien die für die Beklagte handelnden Personen als deren Erfüllungsgehilfen anzusehen bzw. arbeitsteilig für sie tätig geworden. Sie, die Kläger, seien nach wiederholten Fragen im Hinblick auf die Äußerungen des Geschäftsführers und des Notars der Annahme gewesen, es handle sich um ein noch widerrufliches Angebot.

Die Kläger haben sich ferner auf Verstöße gegen das Gesetz betreffend die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBGB) berufen. So sei die Bindungsfrist nicht ausreichend bestimmt gewesen. Sie, die Kläger, seien angesichts der Umstände des Vertragsschlusses unangemessen benachteiligt worden. Auch sei trotz Mitwirkung eines Notars bei Abschluss des Kaufvertrags das Haustürwiderrufsgesetz (HWTG) anzuwenden, weil ein Bauträgervertrag in ihrer Wohnung vorbereitet wurde.

Des Weiteren habe die Beklagte bei der Vorbereitung des Vertragsschlusses mehrfach Pflichtverstöße begangen. So sei die mit Finanzierungsberatung, Objektbesichtigung und Wahrnehmung des Notartermins verbundene Vorbereitung des Immobilienkaufs innerhalb weniger Stunden an einem Tag erfolgt. Dadurch sei ihnen jegliche Prüfungsmöglichkeit abgeschnitten worden. Abgesehen davon sei die Beratung zum "Steuersparmodell" und zur wirtschaftlichen Machbarkeit falsch gewesen. Nachteile des vollfinanzierten Immobilienerwerbs seien überhaupt nicht angesprochen worden. Auch sei die um etwa 1.000 DM je qm überteuerte Wohnung in den Unterlagen nicht ausreichend bzw. unzutreffend beschrieben worden.

Die Kläger haben im ersten Rechtszug zuletzt folgende Anträge gestellt:

1. Es wird festgestellt, dass der Grundstückskaufvertrag gemäß notarieller Urkunde vom 20.6.2000 des Notars (URNr. 1144/00 K) und vom 7.7.2000 (URNr. 1286/2000-K)

a) nicht wirksam zustande gekommen ist

b) hilfsweise: wirksam widerrufen worden ist

c) hilfsweise: Die Beklagte wird verurteilt, in die Rückabwicklung des Kaufvertrages des Notars vom 20.6.2000 (URNr. 1144/00 K) und 7.7.2000 (URNr. 1286/2000 K) einzuwilligen.

d) hilfsweise: Die Beklagte wird verurteilt, zu erklären, dass sie keine Rechte aus dem Grundstückskaufvertrag gemäß notarieller Urkunde vom 20.6.2000 des Notars (URNr. 1144/00 K) und vom 7.7.2000 (URNr. 1286/2000 K) geltend machen kann Zug um Zug gegen die Erklärung der Kläger, dass sie keine Rechte aus dem Kaufvertrag geltend machen werden.

2. a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 6.151,62 DM nebst gesetzlichen Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus dem Betrag von 2.836,20 DM ab Zustellung der Klage vom 21.8.2000 und gesetzlichen Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus dem Betrag von 3.315,41 DM ab Zustellung dieses Schriftsatzes zu bezahlen, wobei 2.352 DM Zug um Zug gegen die Abtretung etwaiger Rückerstattungsansprüche aus dem Grunderwerbssteuerbescheid vom 29.8.2000 (Steuernummer 801/09373) gegen das Finanzamt Augsburg zu bezahlen sind.

b) Die Beklagte wird verurteilt, die Kläger von den weiteren Kosten freizustellen, die anlässlich der Anfertigung/Abschluss des Kaufvertrages vom 20.6.2000 (URNr. 114400 K Notar) und vom 7.7.2000 (URNr. 1286/2000 K Notar) sowie dessen Vollzuges und dessen Rückabwicklung - über die Kosten gemäß Ziffer 2 a hinaus - anfallen.

3. Die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notars vom 20.6.2000 (URNr. 1144/00 K) und vom 7.7.2000 (URNr. 1286/2000 K) wird für unzulässig erklärt.

Hilfsweise haben die Kläger folgende Anträge gestellt:

1. Es wird festgestellt, dass der Grundstückskaufvertrag gemäß notarieller Urkunde Notar vom 20.6.2000 (URNr. 1144/00 K) und vom 7.7.2000 (URNr. 1286/2000 K) seitens der Kläger wirksam widerrufen wurde gemäß § 2 HausTWG.

Hilfsweise:

Die Beklagte wird verurteilt, in die Rückabwicklung des Kaufvertrags Notar vom 20.6.2000 (URNr. 1144/00 K) und vom 7.7.2000 (URNr. 1286/2000 K) einzuwilligen.

Weiter hilfsweise:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte keine Rechte aus dem Kaufvertrag Notar vom 20.6.2000 (URNr. 1144/00 K) und vom 7.7.2000 (URNr. 1286/2000 K) gegenüber den Klägern geltend machen kann Zug um Zug gegen eine Erklärung der Kläger, dass sie keine Rechte aus dem vorgenannten Kaufvertrag geltend machen werden.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Kläger von den Kosten freizustellen, die anlässlich der Anfertigung des Kaufvertrages Notar vom 20.6.2000 (URNr. 1144/00 K), vom 7.7.2000 (URNr. 1286/2000 K) und deren Vollzug bereits angefallen sind und noch anfallen werden.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2.836,20 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Klagezustellung an die Kläger als Gesamtgläubiger zu zahlen.

4. Die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notars vom 20.6.2000 (URNr. 1144/00 K) und vom 7.7.2000 (URNr. 1286/2000 K) wird für unzulässig erklärt.

Die Beklagte hat die Klageabweisung beantragt.

Sie hat im Wesentlichen eine Haftung für Mitarbeiter der in Abrede gestellt. Es bestünden keinerlei Rechtsbeziehungen zu dieser Firma. Täuschungshandlungen, Verstöße gegen das AGBGB sowie der Anwendungsbereich des HWTG lägen nicht vor.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, das HWTG sei wegen der notariellen Beurkundung nicht anwendbar. Die zu Gunsten der Beklagten eingeräumte Annahmefrist im Notarvertrag sei nicht unangemessen lang, die diesbezügliche Vertragsklausel zur Unwiderruflichkeit des Vertragsangebots nachvollziehbar. Von einer Überrumpelung könne angesichts der Begleitumstände nicht die Rede sein. So seien die Kläger schon seit 7.6.2000 auf den Immobilienerwerb vorbereitet gewesen. Am 20.6.2000 habe man nur noch Einzelheiten besprochen.

Das Landgericht ließ es dahingestellt, inwieweit das Handeln von Mitarbeitern der der Beklagten zuzurechnen ist. Die Beweisaufnahme habe jedenfalls kein Fehlverhalten der Mitarbeiter ergeben. Das Zahlenwerk in der Investitions- und Finanzierungsberechnung (Anlage B 2) sei - auch zu den Mieteinnahmen und zur steuerlichen Behandlung - inhaltlich zutreffend.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger.

Sie behaupten, vor dem Immobilienerwerb falsch beraten worden zu sein, u.a., was die Absetzbarkeit der Renovierungskosten (im Anschaffungsjahr bzw. pro rata) betrifft. Die einkalkulierte Mietzinserhöhung sei angesichts der Beschaffenheit der Eigentumswohnung (z. B. keine Küche) nicht bzw. erst später durchsetzbar. Deshalb sei die monatliche Belastung, auch wegen der Nebenkosten, höher als veranschlagt ausgefallen. Als angestellter Metzger mit Frau und zwei Kindern habe der Kläger ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von nur 53.000 DM und müsse davon u.a. eine monatliche Zinsbelastung von 2,100 DM für das Familieneigenheim tragen. Über die Rentabilität und die Nachteile des Immobilienerwerbs seien sie, die Kläger, überhaupt nicht bzw. unzureichend unterrichtet worden.

Was die Zurechenbarkeit fremden Handelns betrifft, so habe sich die Beklagte die von Mitarbeitern der vorbereitete Anlage B 2 (Investitions- und Finanzierungsberechnung mit Berechnungsbeispiel) zueigen gemacht. Der Geschäftsführer der Beklagten habe Finanzierung und Kaufvertrag von Mitarbeitern der vorbereiten lassen. Letztere habe dafür eine Bearbeitungsgebühr erhalten sollen. Der Notartermin sei noch vor Kenntnis der Kläger von der beabsichtigten Beurkundung verabredet worden.

Die Kläger berufen sich ferner auf Falschangaben im Exposé (Anlage B 1). Die Nutzungsaufteilung sei dort unzureichend beschrieben. Insbesondere sei aus den Unterlagen nicht hervorgegangen, dass die Wohnung keine Küche, sondern nur eine Kochstelle im Bad besaß. Insoweit liege eine arglistige Täuschung bzw. ein Verschulden bei Vertragsschluss vor.

Schließlich lägen auch Verstöße gegen das AGBG vor. Das unverständlich formulierte verbindliche "Kaufangebot" habe angesichts der noch fehlenden Finanzierung eine Überraschung dargestellt und die Beklagten nicht zu dessen Annahme verpflichtet.

Die Kläger beantragen die Abänderung des Endurteils des Landgerichts Augsburg vom 30.4.2000 und stellen folgende Anträge:

1. Es wird festgestellt, dass der Grundstückskaufvertrag gemäß notarieller Urkunde vom 20.6.2000 des Notars (URNr. 1144/00 K) und vom 7.7.2000 (URNr. 1286/2000 K)

a) nicht wirksam zustande gekommen ist,

b) hilfsweise: wirksam widerrufen worden ist,

c) hilfsweise: Die Berufungsbeklagte wird verurteilt, in die Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 20.6.2000 (UrNr. 1144/00 K) und 7.7.2000 (URNr. 1286/2000 K) einzuwilligen,

d) hilfsweise: Die Berufungsbeklagte wird verurteilt, zu erklären, dass sie keine Rechte aus dem Grundstücksverkauf gemäß notarieller Urkunde des Notars, Augsburg, vom 20.6.2000 (UrNr. 1144/00 K) und vom 7.7.2000 (URNr. 1286/2000 K) geltend machen kann Zug um Zug gegen die Erklärung der Berufungskläger, dass sie keine Rechte aus dem Kaufvertrag geltend machen werden.

2.a) Die Berufungsbeklagte wird verurteilt, an die Berufungskläger 6.151,62 DM nebst gesetzlichen Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus dem Betrag von 2.836,20 DM ab Zustellung der Klage vom 21.8.200 und gesetzlichen Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus dem Betrag von 3.315,41 DM ab Zustellung dieses Schriftsatzes zu bezahlen, wobei 2.352 DM Zug um Zug gegen die Abtretung etwaiger Rückerstattungsansprüche aus dem Gewerbesteuerbescheid vom 29.8.2000 (Steuernummer 801/09373) gegen das Finanzamt Augsburg zu bezahlen sind.

b) Die Berufungsbeklagte wird verurteilt, die Berufungskläger von den weiteren Kosten freizustellen, die anlässlich der Anfertigung/Abschluss des Kaufvertrages vom 20.6.2000 (URNr. 1144/00 K) und vom 7.7.2000 (URNr. 1286/2000 K) sowie deren Vollzug und Rückabwicklung - über die Kosten gemäß Ziffer 2 a) hinaus - anfallen.

3. Die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notars vom 20.6.2000 (URNr. 1144/00 K) und vom 7.7.2000 (URNr. 1286/2000 K) wird für unzulässig erklärt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt im Wesentlichen wie im ersten Rechtszug vor. Unter Bezugnahme auf die Vorgeschichte des notariellen Kaufvertragsangebots verweist sie insbesondere auf die wiederholten Beratungstermine sowie darauf, dass die Kläger auch über Nachteile und Risiken des Immobilienerwerbs unterrichtet wurden. Unterlagen seien wunschgemäß von der R GmbH an sie, die Beklagte, weitergeleitet worden. Das Exposé habe die R GmbH ohne ihr Wissen den Klägern zur Kenntnis gebracht. Die Beratung zur steuerlichen Seite und zu den erzielbaren Mietzinsen sei korrekt gewesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien und ihrer Beweisangebote wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze der Parteivertreter, auf die Sitzungsniederschriften und auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Die Einhaltung der Förmlichkeiten des Berufungsrechtszuges ist zur Sitzungsniederschrift des Senats vom 21.2.2002 festgestellt worden (Bl. 211/213 d. A.).

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung der Kläger ist überwiegend begründet.

I. Berufungsantrag 1

Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückgängigmachung des Kaufvertrags vom 20.6. (Angebot der Kläger)/7.7.2000 (Annahme der Beklagten) aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss (Berufungsantrag 1. Hilfsantrag c).

Dieser Kaufvertrag ist wirksam zustande gekommen und nicht wirksam nach dem HWTG widerrufen (vgl. Berufungsantrag 1. a und Hilfsantrag 1. b).

1. Der Kaufvertrag kann nicht mit Erfolg wegen arglistiger Täuschung angefochten werden. Der Sachverhalt ist für eine vom Geschäftsführer der Beklagten begangene arglistige Täuschung nicht ausreichend ergiebig. Soweit die Kläger vortragen lassen, sie seien "über die Möglichkeit zum Widerruf des Kaufangebots getäuscht worden" und hierzu insbesondere auf die angeblichen Äußerungen des Geschäftsführers verweisen, reicht dies für die substantiierte Darlegung einer Täuschungshandlung nicht aus. Der Hinweis darauf, es handle sich bei dem "Kaufangebot" noch um keinen Vertrag, war ebenso zutreffend wie der Hinweis, die Kläger könnten "entsprechend der vertraglich vorgesehenen Widerrufsmöglichkeit" vom Vertrag Abstand nehmen. Dass bei den Klägern als juristischen Laien möglicherweise falsche Vorstellungen über die Verbindlichkeit des "Kaufangebots" geweckt wurden und deshalb unter Umständen Aufklärungsbedarf auf Verkäuferseite bzw. im Rahmen des Notartermins bestand, reicht allein für den Tatbestand der arglistigen Täuschung nicht aus. Der Hinweis, es müsse erst die Finanzierung des Kaufs gesichert sein, bevor das Angebot von der Beklagten angenommen wird, bezog sich auch aus Laiensicht der Kläger in erster Linie darauf, dass die Beklagte die Kaufpreiszahlung sichergestellt wissen wollte.

Obwohl die Immobilie offensichtlich stark überteuert angeboten wurde, fehlt es schon nach eigenem Vortrag der Kläger an den Vorausssetzungen für ein sittenwidriges bzw. für ein Wuchergeschäft nach § 138 BGB.

Der Kaufvertrag ist ferner nicht nach dem HWTG unwirksam. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Vertrag über die Immobilie bereits in der Wohnung der Kläger angebahnt wurde bzw. dort eine anbieterorientierte Kontaktaufnahme erfolgte, die für den Kaufvertrag mitursächlich wurde. Denn nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 HWTG sind die Vorschriften dieses Gesetzes nicht anzuwenden, wenn die maßgebliche Willenserklärung - hier: das Kaufangebot - von einem Notar beurkundet wurde. Angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts, im Hinblick auf andernfalls zu erwartende Abgrenzungsschwierigkeiten sowie wegen der unterschiedlichen Ausgangs- bzw. Interessenlagen auch in solchen Fällen sieht der Senat keinen Anlass, bei Bauherren- und Erwerbermodellen von einer Anwendung der Vorschrift abzusehen, wie es eine Mindermeinung vorschlägt (vgl. Palandt-Putzo BGB 61. Aufl. § 1 HTWG RdNr. 26 unter Hinweis auf Stüsser NJW 1999, 1586).

Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen das AGBGB vor, der zur Ungültigkeit des Vertrages geführt haben könnte. Nach § 313 BGB ist die Verpflichtung zum Erwerb eines Grundstücks bzw. nach § 4 Abs. 3 WEG die Verpflichtung zum Erwerb von Wohnungseigentum formbedürftig. Die Rollenverteilung Kläger als Anbieter/Beklagte als Annehmende stellt keinen Verstoß gegen AGBG-Vorschriften dar, ist insbesondere schon wegen des eindeutigen Vertragswortlauts (Überschrift!) nicht überraschend (§ 3 AGBG) und auch nicht unangemessen benachteiligend (§ 9 AGBG). Die Ausformulierung des Angebots, insbesondere der Widerrufsregelung unter A. des "Kaufangebots" ist zwar für Laien schwer nachvollziehbar, aber nicht derart unverständlich, dass dies zur Unwirksamkeit der Klausel oder des Vertragsangebots führen könnte. Fast jeder von Juristen vorformulierten rechtserheblichen Erklärung haftet dieser "Makel" allein schon deshalb an, weil Alltags- und Rechtssprache sich teilweise erheblich unterscheiden.

Der Verbindlichkeit des Angebots der Kläger steht allerdings keine verbindliche Erklärung der Beklagten zur Annahme des Angebots gegenüber. Das ist offensichtlich darauf zurückzuführen, dass die Beklagte noch nicht Eigentümerin der Immobilie war, worauf sie unter B. I. 1. des Vertrags ausdrücklich hingewiesen hat. Angesichts der Komplexität des Immobilienobjekts mit 14 Wohnungen, im Rahmen dessen die Eigentumswohnung der Kläger verkauft werden sollte, wollte sich die Beklagte wohl erst den erforderlichen Käuferkreis sichern, um den ihrerseits durch Angebot vorbereiteten Grundstückskaufvertrag zustande zu bringen. Dass die Kläger über annähernd drei Monate an das Kaufangebot gebunden waren, während die Beklagte sich die Annahme vorbehielt, verstieß (noch) nicht gegen das AGBG. Soweit die einschlägigige EG-Richtlinie etwas Anderes bestimmt, richtet sie sich an den bundesdeutschen Gesetzgeber, hat aber vor der Umsetzung in innerstaatliches Recht keine unmittelbare Rechtswirkung für den Rechtsverkehr.

2. Die Kläger können den wirksam zustande gekommenen Kaufvertrag rückgängig machen.

Mit der Aufnahme von Verhandlungen wurde zwischen den Parteien ein gesetzliches Schuldverhältnis begründet. Letzteres hatte für die Beklagte als Verkäuferin einer Immobilie vorvertragliche Verhaltenspflichten, u.a. zur Aufklärung, Mitteilung, Obhut und Sorgfalt gegenüber den Klägern zur Folge (vgl. ständige BGH-Rechtsprechung, z. B. BGHZ 72, 101). Die bei Eintritt in Vertragsverhandlungen obliegende Treue- und Fürsorgepflicht gebot aus dem nach Treu und Glauben abzuleitenden Grundsatz gegenseitiger Redlichkeit und Rücksichtnahme auch, gegenüber dem Vertragspartner Zurückhaltung zu üben. Dazu gehörte es, ihm im vorvertraglichen Stadium in einem bestimmten Rahmen Hinweise zu geben und Belehrungen zu erteilen, sowie auch, ihm für die Vornahme eines verbindlichen Rechtsgeschäfts die nach Sachlage gebotene Überlegungszeit einzuräumen (vgl. BGH DB 1968, 2210; OLG Bamberg NJW-RR 1997, 694; LG Landau MDR 1974, 41).

In einem Fall wie dem Vorliegenden ging es nicht darum, einen gleichberechtigten und -befähigten Partner vor unvorhergesehenen Gefahren zu bewahren. Vielmehr sollte ein schwächerer Vertragsteil - wie hier die Kläger - vor der Bindung an einen unzureichend überlegten Vertrag geschützt werden. Die Kläger sollten eine ausschließlich fremdfinanzierte Immobilie von beträchtlichem Wert kaufen, somit ein Geschäft abschließen, das angesichts ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse für sie weitreichende Folgen haben konnte. Ein Geschäftspartner, wie die durch ihren in Immobilienangelegenheiten versierten Geschäftsführer vertretene Beklagte, durfte unter solchen Umständen nicht nur Verkäuferinteressen verfolgen, sondern musste jedenfalls in einem gewissen Rahmen auch auf die persönliche und wirtschaftliche Lage der Immobilienkäufer Rücksicht nehmen.

3. Gegen diese vorvertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme hat die Beklagte im vorliegenden Fall in ungewöhnlichem Maß verstoßen und die Kläger in anstößiger Weise überrumpelt (vgl. BGH ZIP 2002, 170; 1997, 446 f. = WPM 1997, 511 f.).

a) Nach Sachlage wurde den Klägern mit dem "Kaufangeboten wirtschaftlich erhebliches Geschäft regelrecht aufgedrängt, ohne ihnen zuvor ausreichend Zeit zur Überlegung und Abwägung gegeben zu haben (vgl. OLG Bamberg NJW-RR 1997, 694; Gottwald Jus 1982, 882). Schon wegen der ausschließlichen Fremdfinanzierung mussten sie auch vor Abgabe eines Kaufangebots Gelegenheit erhalten, zunächst ihre wirtschaftliche Lage und Finanzierungsmöglichkeiten, das Für und Wider des Immobilienerwerbs nach Nutzen und einzugehenden Verpflichtungen, aber auch Art und Werthaltigkeit der vorgeschlagenen Immobilie zu bedenken, abzuwägen und miteinander durchzusprechen.

Die Ereignischronologie, insbesondere das Verhalten der den Immobilienerwerb am 22.6.2000 vorbereitenden Personen auf Seiten der Beklagten bzw. der zeigt, dass mit den durch Umstellung von Versicherungen, Erwerb von Fondsanteilen, Beratung über Fremdfinanzierung, Abschluss einer "Vereinbarung" und den Notartermin mit "Kaufangebot" überforderten Klägern in einer Weise verfahren wurde, die als unredlich zu bezeichnen ist.

b) Die Beklagte hat gezielt die und ihre Mitarbeiter zur Vorbereitung des Immobilienkaufs eingeschaltet. Dabei kam es zu einer umfassenden Zu- bzw. Zusammenarbeit.

Der Immobilienkauf war, ohne dass die Kläger dies wussten, von langer Hand vorbereitet und wurde gemeinsam von der und der Beklagten umgesetzt. Vor allem die Mitarbeiter und der sowie der Geschäftsführer der Beklagten arbeiteten dabei Hand in Hand. So enthielt die vom Zeugen (Mitarbeiter der) vorbereitete "Investitions- und Finanzierungsberechnung" (Anlage K 2) bereits das an die Kläger verkaufte Objekt. Mitarbeiter der waren in der Lage, den Klägern noch vor Einschaltung des Geschäftsführers der Beklagten das Exposé der Immobilie vorzulegen und speziell für diese Immobilie eine Finanzierungsberechnung anzufertigen. Der Abschluss der "Vereinbarung" zum verbindlichen Kauf der Immobilie (Anlage B 3) sowie die Außenbesichtigung des Wohnungsobjekts erfolgten im Beisein von Mitarbeitern der (vgl. Aussagen der Zeugen und a.a.O.). Für die war laut "Vereinbarung" (Anlage B 3) eine Bearbeitungsgebühr von 3,48 % des Kaufpreises = 4.677,82 DM vorgesehen. Schließlich wurde noch vor dem 20.6.2000, somit während der Bearbeitungszeit durch Mitarbeiter der ein Termin zur Beurkundung des "Kaufangebots" vorbereitet (vgl. Aussage des Zeugen zur Sitzungsniederschrift des Landgerichts vom 2.4.2001 S. 7 = Bl. 98 d. A.). Unter solchen Umständen hat sich die Beklagte der bzw. ihrer Mitarbeitern als Erfüllungsgehilfen i. S. von § 278 BGB bei der Vorbereitung des Immobilienkaufvertrags bedient.

c) Es mag zutreffen, dass der Mitarbeiter der bereits am 7.6.2000 bei einer Besprechung mit den Klägern auf den möglichen Erwerb "einer" Immobilie hingewiesen hat. Einzelheiten sollten aber einem späteren Termin vorbehalten bleiben. Feststeht, dass den Klägern das später erworbene Objekt erstmals am 20.6.2000 durch das erwähnte Exposé vorgestellt wurde. Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang damit kam es - nach einer Finanzierungsberechnung - bereits zum Abschluss der "Vereinbarung" mit Kaufbestätigung.

Zu diesem Zeitpunkt konnten die Kläger noch davon ausgehen, dass sie allenfalls eine Aufwandsentschädigung zu zahlen hatten, wenn sie die Wohnung nicht kauften. Ferner waren noch die Einholung einer Bestätigung der finanzierenden Bank sowie der Notartermin "innerhalb von ca. 8 Wochen" vorgesehen. Als die Kläger anschließend an die Verhandlungen im Beisein des Geschäftsführers P und der -Mitarbeiter das Wohnanwesen nur von außen besichtigten, durften sie auch bei dieser Gelegenheit noch annehmen, vor dem Erwerb Gelegenheit für eine Innenbesichtigung zu erhalten (vgl. Aussage des Zeugen a.a.O. S. 4 = Bl. 95 d. A.).

Angesichts dieser Ausgangslage und Geschehnisse erscheint es glaubhaft und nachvollziehbar, dass die Kläger, wie sie vortragen lassen, völlig überrascht waren, von dem Geschäftsführer nach Außenbesichtigung zum Notar verbracht zu werden und dort ein umfangreiches "Kaufangebot" zur Unterschrift vorgelegt zu bekommen. Auch wenn der amtierende Notar die Urkunde den Beteiligten in der üblichen Weise vorgelesen und die eine oder andere Belehrung erteilt hat, waren die Kläger nach Überzeugung des Senats nicht in der Lage, das umfangreiche vorformulierte Vertragswerk auch nur annähernd zu überblicken. Dies gilt insbesondere für die Widerrufsklausel, deren Sinn und Zweck bzw. deren Konsequenzen sich auch Berufsjuristen nicht auf Anhieb erschließen. Selbst der am Notartermin teilnehmende Zeuge der vermochte nicht zu sagen, ob das Angebot der Kläger verbindlich oder unverbindlich war (vgl. a.a.O. S. 5 = Bl. 96 d. A.). Mag den Klägern bewusst gewesen sein, beim Notar werde durch ihre Unterschrift etwas Verbindliches bestätigt ("verbindlich" wäre z.B. auch ein jederzeit widerruflicher Vertrag), so vermochten sie doch die Tragweite ihres Handelns innerhalb der zur Verfügung stehenden kurzen Vorbereitungszeit nicht ausreichend zu überblicken.

Dass die Kläger das notarielle Kaufangebot aus den mitgeteilten Gründen in einer Art "Überrumpelungssituation" unterzeichneten, geht zu Lasten der Beklagten. Ihr Geschäftsführer legte es darauf an, die Immobilie innerhalb von wenig mehr als drei Stunden an den Mann zu bringen. Eine solche Handlungsweise war nach Auffassung des Senats mit redlichem Geschäftsgebahren nicht zu vereinbaren. Ihm war bekannt, dass die Beklagten sich auf ein für sie verbindliches Kaufangebot einließen, obwohl nach den vorhandenen Unterlagen die Finanzierung noch nicht feststand, jedenfalls vertraglich noch nicht abgesichert war. Dem Vertreter der Beklagten und den ihn bei der Beratung der Kläger unterstützenden Personen hätten bei der hier notwendigen Erörterung, wie die Käufer die erheblichen Mittel zur Zahlung des Kaufpreises aufbringen sollten, angesichts der Einkommensverhältnisse und fehlenden Eigenkapitals Zweifel kommen müssen, ob es genügte, mit ihnen einen Finanzierungsplan für die Immobilie ohne Berücksichtigung sonstiger Belastungen aufzustellen. Nur in der Gesamtschau, wie sie auch bei der Vorprüfung durch Kreditinstitute üblich ist, wäre den Klägern deutlich geworden, wie schnell sie - z.B. bei Einkommensschwankungen oder zusätzlichen Belastungen - durch den Immobilienkauf finanziell überfordert sein konnten (vgl. BGH NJW 1974, 851 f.). Bei einem gründlich überdachten und entsprechend vorbereiteten Grundstückserwerb wird sich der Käufer ausreichend über seine Leistungsfähigkeit unterrichten und erst dann zum Erwerb entschließen. Von einer solchen Prüfung wurden hier die Kläger in der geschilderten unredlichen Weise abgehalten.

Es mag zwar sein, dass im Hintergrund stehende Banken, mit denen die und/oder die Beklagte zusammenarbeitete(n), unter bestimmten Voraussetzungen derartige Immobilienkäufe voll finanzierten. Ob das aber auch im Fall der Kläger in Betracht kam, war keineswegs sicher. Das Risiko, für den streitgegenständlichen Kaufvertrag keine Fremdfinanzierung zu erhalten, lag dann in erster Linie bei ihnen.

Die Beklagte hat trotz eines diesbezüglichen Senatshinweises keine ausreichenden Unterlagen zur Prüfung der wirtschaftlichen Lage der Kläger als Voraussetzung für eine Fremdfinanzierung vorgelegt. Eine solche Prüfung wäre aber im Rahmen der von der erfolgten, der Beklagten zuzurechnenden Finanzierungsberatung unter den gegebenen Umständen notwendig gewesen. Der einzige konkrete Hinweis auf die wirtschaftliche Lage der Kläger befindet sich diesbezüglich - kleingedruckt - in der Anlage B 2 im Zusammenhang mit den Berechnungen zur Steuerersparnis. Dort wird von einem zu versteuernden Jahreseinkommen der Kläger von 53.000 DM nach der Splittingtabelle ausgegangen.

Welche Belastungen die Kläger im Einzelnen hatten, ist unbekannt. Sie wurden entweder überhaupt nicht geprüft oder aber im Rahmen der Finanzierungsberatung nicht bzw. nicht ausreichend berücksichtigt. Von dem genannten Einkommen musste eine vierköpfige Familie mit zwei Kindern leben. Der ohnehin bescheidene finanzielle Rahmen war durch den monatlichen Finanzierungsaufwand von 2.100 DM für ein Eigenheim weiter stark eingeschränkt.

Dass die Kläger notfalls die Beklagte bzw. die wegen fehlerhafter Finanzierungsberatung hätten in Anspruch nehmen können, stellte entgegen der vom Geschäftsführer der Beklagten angestellten Überlegung keinen Ausgleich für das von ihnen eingegangene erhebliche finanzielle Risiko dar. Das bedarf keiner näheren Ausführungen. Das eigene Risiko der Beklagten, bei abgelehnter Fremdfinanzierung den Kaufpreis nicht zu erhalten, ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidungserheblich.

Hinzu kommt, dass die Kläger bei Abgabe des notariellen "Kaufangebots" mangels Innenbesichtigung nicht wussten, dass die ihnen für einen Kaufpreis von 134.420DM (Quadratmeterpreis 3.250 DM!) angediente, 41,36 m2 große Wohnung Nr. 9 aus den 50er Jahren nicht einmal eine Küche, sondern nur eine Kochstelle im Bad (!) besaß - eine schon aus hygienischen Gründen fragwürdige Einrichtung. Die Textangabe "2 Zi/Kü/WC" auf der Grundrisszeichnung als Anlage zum notariellen Kaufangebot war falsch oder zumindest irreführend. Dieser Umstand spielt insbesondere deshalb eine Rolle, weil den Klägern durch das Drängen des Geschäftsführers der Beklagten weder Zeit noch Gelegenheit für die Prüfung blieb, ob die Immobilie den verlangten Preis auch nur annähernd wert war oder jedenfalls ihren Vorstellungen entsprach. Von der Qualität der Immobilie hingen deren Vermietbarkeit und damit die Finanzierungsgrundlagen für die Kläger ab.

II. Berufungsantrag 2. a)

Die Kläger können im Rahmen des Schadenersatzanspruchs wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen von der Beklagten auch Ersatz ihrer Aufwendungen in Höhe von 3.145,27 Euro verlangen (vgl. BGHZ 115, 220 f.; 126, 173).

Sie haben im Schriftsatz vom 15.1.2001 (S. 27 = Bl. 64 d. A.) dargelegt, wie sich die Klagesumme aus den vorgerichtlichen Kosten ihrer Prozessbevollmächtigten, der Notargebühr, den Kosten der Grundbucheintragung sowie der von ihnen bezahlten Grunderwerbssteuer zusammensetzt und Einzelpositionen durch die Anlagen K 11 - 13 belegt. Die Beklagte hat die Aufwendungen samt geltend gemachten Zinsen dann nicht mehr substantiiert bestritten.

Die Kläger können nur 4 % Prozesszinsen verlangen (§§ 288, 291 BGB a.F.) Dass sich die Beklagte mit der Erstattung von nach dem 1.5.2000 (Stichtag, § 288 BGB) angefallenen Auslagen in Verzug befand, ist nicht substantiiert vorgetragen.

III. Berufungsantrag 2 b)

Auch der Freistellungsanspruch der Kläger ist im Hinblick auf andernfalls anfallende weitere erstattungsfähige Aufwendungen begründet.

IV. Berufungsantrag 3

Die Vollstreckungsabwehrklage ist unzulässig (§§ 767, 794 Nr. 5 ZPO).

Die notariellen Urkunden betreffend Angebot und Annahme eines Immobilienkaufs enthalten keine Klausel, in der sich die Kläger der dinglichen und/oder persönlichen Zwangsvollstreckung unterworfen haben. Unter XIII. ist lediglich vorgesehen, Veräußerer und Erwerber könnten jeweils unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB entsprechende Erklärungen abgeben. Soweit der Bundesgerichtshof in der in NJW-RR 1999, 1080 abgedruckten Entscheidung beim Fehlen einer Unterwerfungserklärung ausnahmsweise ein Rechtsschutzbedürfnis angenommen hat, lag ein nicht einschlägiger Sonderfall vor.

Abgesehen davon, dass kein Vollstreckungstitel vorliegt, würde es auch an einer laufenden oder unmittelbar bevorstehenden konkreten Zwangsvollstreckungsmaßnahme der Beklagten fehlen.

B.

Bei der Kostenentscheidung werden das jeweilige Obsiegen und Unterliegen berücksichtigt (§ 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO. Im Hinblick darauf, dass sich die (unzulässige) Vollstreckungsabwehrklage nicht streitwerterhöhend auswirkt, erscheint das Unterliegen der Kläger in diesem Punkt mit dem angenommenen Bruchteil ausreichend bemessen.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit und der Vollstreckungsschutz richten sich nach § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Beschwer wird nach §§ 3, 546 Abs. 2 ZPO a. F. festgesetzt.

Für die Zulassung der Revision fehlt es an den gesetzlichen Voraussetzungen (§ 543 Abs. 2 ZPO n.F).

Ende der Entscheidung

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