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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 04.07.2006
Aktenzeichen: 25 U 4354/05
Rechtsgebiete: ZPO, BeamtVG


Vorschriften:

ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BeamtVG § 85 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 25 U 4354/05

Verkündet am 04.07.2006

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

erlässt der 25. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Billner und die Richter am Oberlandesgericht Bollmann und Dr. Brokamp aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 04.07.2006 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 12.7.2005 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 7.115,- festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten eine höhere Zusatzversorgung als ehemaliger Beschäftigter im öffentlichen Dienst.

Der am 17.2.1938 geborene Kläger war seit 1.11.1971 im öffentlichen Dienst tätig und bei der Beklagten pflichtversichert.

Zum 1.1.1999 wurde nach Vereinbarung der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes von der Beklagten mit § 100 Abs. 4 eine Abschlagsregelung für den Fall vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente in die Satzung eingefügt, die für den Geburtsjahrgang des Klägers bei einem Rentenbeginn vor Vollendung des 65. Lebensjahrs einen Abschlag von 0,2 % für jeden vollen Kalendermonat vorsieht. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Satzung der Beklagten in der Fassung vom 11.12.2000 verwiesen.

Der Kläger ist am 1.5.2001 in Rente gegangen.

Die monatliche Alterszusatzrente wurde für den Kläger von der Beklagten mit Schreiben vom 5.6.2001 auf DM 784,63 (entspricht € 401,17) festgesetzt und mit Schreiben vom 31.10.2001 wegen geringfügiger Erhöhung der anzurechnenden gesetzlichen Rente auf DM 782,36 (entspricht € 400,01) geändert. Beiden Festsetzungen lag im Hinblick auf die Berechnung der Gesamtversorgung der Höchstversorgungssatz von 91,75 % zu Grunde, der wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente gemäß § 100 Abs. 4 der Satzung um 4,4 % auf 87,71 % gekürzt wurde.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe ihr Satzungsrecht zutreffend angewendet. Die zum 1.1.1999 neu geschaffene Regelung des § 100 Abs. 4 der Satzung sei auch wirksam. Ein Verstoß gegen wesentliche Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung liege nicht vor.

Die Neuregelung schränke auch nicht wesentliche vertragsimmanente Rechte des Klägers so ein, dass der Versorgungszweck gefährdet wäre. Schließlich würde auch nicht in Grundrechte des Klägers eingegriffen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Begehren weiter und beantragt:

1. Das Urteil des Landgerichts München I vom 12.7.2005 Az: 25 O 3558/05 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger rückständige Versorgungsleistungen vom 1.5.2001 bis 31.12.2004 in Höhe von € 3.608,84 zuzüglich Zinsen mit 5 % über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Klage sowie laufend monatlich im voraus ab 1.1.2005 weitere Versorgungsleistungen von brutto € 83,48 zuzüglich Zinsen ab jeweiliger Fälligkeit mit 5 % über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 12.07.2005 zurückzuweisen.

Der Kläger ist im Wesentlichen der Auffassung, die rechtliche Bewertung durch das Landgericht lasse ein Eingehen auf die dem Kläger zugesagte Betriebsrente weitgehend vermissen. § 100 Abs. 4 der Satzung sei insoweit rechtswidrig, als dort eine eigenständige über das Ausmaß in der gesetzlichen Rentenversicherung deutlich hinausgehende Kürzung unter Eingriff in erdiente Anwartschaften der Arbeitnehmer verfügt wurde.

Die Beklagte tritt dem entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Der Senat hält die Auffassung des Landgerichts für zutreffend und nimmt Bezug auf die Gründe des Ersturteils.

Ergänzend ist zum Berufungsvorbringen Folgendes auszuführen:

1. Der Senat vermag der Auffassung des Klägers nicht zu folgen, das Landgericht lasse die Beachtung des Gesichtspunkts weitgehend vermissen, dass dem Kläger bereits bei Eintritt in den öffentlichen Dienst auf Grund eines allgemein verbindlichen Versorgungstarifvertrags eine Betriebsrente zugesagt worden sei, die auf einem Gesamtversorgungssystem beruhe.

a. Das Landgericht hat diesen Gesichtspunkt eingehend erörtert und zutreffend beurteilt.

Durch die Versorgungsrente der Beklagten soll dem Versicherten ein bestimmtes Gesamtversorgungsniveau gewährt werden, das sich an der Beamtenversorgung orientiert (Gesamtversorgung; vgl. z.B. BVerfG VersR 2000, 835 (836)). Die Erwägungen des Bundessozialgerichts in den Entscheidungen vom 23.8.2005 in den Entscheidungen vom 23.8.2005 (Az.: B 4 RA 28/03 R) und vom 16.5.2006 (Az.: B 4 RA 22/05 R und B 4 RA 5/05 R) betreffen daher entgegen der vom Kläger im Schriftsatz vom 28.6.2005 geäußerten Rechtsauffassung den hier zu entscheidenden Fall nicht.

b. Im Recht der Beamtenversorgung wurde für die Geburtsjahrgänge, zu denen der Kläger gehört, mit § 85 Abs. 5 BeamtVG eine Regelung getroffen, die bei vorzeitigem Ruhestand auf Antrag Versorgungsabschläge anordnet, die zudem noch deutlich höher sind als die in § 100 Abs. 4 der Satzung von der Beklagten vorgesehenen.

Dieser Versorgungsabschlag bei Beamten wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung als rechtmäßig, insbesondere als mit der Verfassung vereinbar angesehen (vgl. nur BVerwG NVwZ 2005, 1082). In dieser Entscheidung führt das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf BVerfGE 76, 256 (359) aus: Der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes, der im Bereich des Beamtenversorgungsrechts durch Art. 33 Abs. 5 GG seine besondere Ausprägung erfahren hat, garantiert nicht das Fortbestehen der Rechtslage, die der Betroffene beim Eintritt in das Beamtenverhältnis vorgefunden hat. Änderungen der bisherigen Rechtslage waren und sind nicht nur zu Gunsten, sondern auch zu Lasten der Beamten zulässig. Sie müssen auch damit rechnen, dass sich ihre Gesamtversorgung ändern kann (BVerwG NVwZ 2005, 1082 (1083)).

c. Diese Erwägungen gelten auch für das vorliegende Rechtsverhältnis, zumal der Kläger nach § 2 Abs. 3 der Satzung mit Satzungsänderungen rechnen musste, die auch für bestehende Mitgliedschaften und Einzelversicherungsverhältnisse und sogar für bereits bewilligte Versicherungsleistungen gelten. Dies gilt auch dann, wenn man als richtig unterstellt, dass der Kläger bei Geltung der Satzung neuer Fassung mit keiner Kürzung zu rechnen gehabt hätte.

d. Ob die Tarifvertragsparteien bei der Einführung von Kürzungssätzen subjektiv den Willen hatten, entsprechende Regelungen in der Beamtenversorgung nachzuvollziehen - was die Beklage meint und nahe liegt - oder auf Änderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung reagieren wollten - wie der Kläger vorträgt - kann letztlich dahingestellt bleiben. Entscheidend ist, dass - wie dargelegt - objektiv eine Angleichung an die Regelung im Beamtenversorgungsrecht zulässig war. Die deutlich geringere Kürzung in der gesetzlichen Rentenversicherung ist daher entgegen der Auffassung des Klägers nicht Maßstab und Obergrenze für die Abschläge bei der Versorgungsrente.

2. Soweit die klägerische Partei hilfsweise auch rügt, dass die Beklagte "die Satzung nicht richtig angewandt" habe, vermag der Senat dies bereits aus der Begründung des Klägers nicht zu entnehmen.

Aus ihr ergibt sich, dass die Satzung sehr wohl wort- und inhaltsgetreu angewandt wurde, dass der Kläger aber die Regelung selbst für widersprüchlich hält. Dies ist aber - wie unter II 1 a bis c gezeigt - nicht der Fall.

3. Soweit der Kläger rein vorsorglich ferner beanstandet, dass "die Berechnung durch Kürzung des Ruhegehaltssatzes nicht in der vorgesehenen Form vorgenommen" worden sei, ist dies einerseits unsubstantiiert und widerspricht andererseits dem bisherigen Vortrag: In der Klageschrift vom 14.2.2005 hatte der Kläger auf Seite 3 unten noch gefordert, dass die Festsetzung der Beklagten aus den genannten Gründen abzuändern und bei der Berechnung der zustehenden Versorgungsleistungen der ungekürzte Versorgungssatz von 91,75 % anzuwenden sei. Im Schriftsatz vom 19.5.2005 hatte der Kläger in Ziffer 2 damit argumentiert, dass er bereits zum Zeitpunkt der Satzungsänderung den Höchstnettoversorgungssatz von 91,75 % erreicht hatte.

Die Beklagte konnte den Höchstnettoversorgungssatz auch auf 91,75 % beschränken und von diesem Ausgangspunkt die Abschläge vornehmen, wie sich aus der vergleichbaren Regelung im Versorgungsrecht der Beamten ergibt (vgl. wiederum BVerwG NVwZ 2005, 1082).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO und die Streitwertfestsetzung auf §§ 6, 9 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fragen - wie gezeigt - geklärt sind. Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Ende der Entscheidung

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