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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 15.05.2003
Aktenzeichen: 29 U 1977/03
Rechtsgebiete: LugÜ, EuGVÜ, ZPO, GeschmMG


Vorschriften:

LugÜ Art. 16 Nr. 4
EuGVÜ Art. 16 Nr. 4
ZPO § 23
GeschmMG § 16
1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für eine Klage gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz auf Feststellung, dass ein internationales Geschmacksmuster nach dem Haager Abkommen über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster oder Modelle für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unwirksam ist, ist nach Art. 16 Nr. 4 LugÜ gegeben.

2. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für eine vor dem 01.03.2002 erhobene Klage gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in Österreich auf Feststellung, dass ein internationales Geschmacksmuster nach dem Haager Abkommen über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster oder Modelle für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unwirksam ist, ist nach Art. 16 Nr. 4 EuGVÜ gegeben.

3. § 16 Abs. 3 letzter Halbsatz GeschmMG ist auf internationale Geschmacksmuster nach dem Haager Abkommen über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster oder Modelle entsprechend anwendbar.


Aktenzeichen: 29 U 1977/03

Verkündet am 15.05.2003

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Wörle, den Richter am Bundespatentgericht Dr. Albrecht und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Kartzke aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.05.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerinnen wird das Urteil des Landgerichts München I vom 12.12.2002 - 4HK O 18615/01 - aufgehoben.

Die Klage ist bezüglich beider Beklagter zulässig.

2. Im Übrigen wird die Sache an das Landgericht München I zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens vorbehalten bleibt.

Gründe:

(gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)

I.

Die Klägerinnen haben beim Landgericht München I Klage gegen die Beklagten auf Feststellung erhoben, dass das internationale Geschmacksmuster mit der Registernummer DM/015 147 für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unwirksam ist.

Der Beklagte zu 1, der seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, ist bei der World Intellectual Property Organization (WIPO) als Inhaber des internationalen Geschmacksmusters Nr. DM/015 147 mit Priorität vom 08.06.1989 eingetragen (Anlage K 1). Mit Schreiben vom 15.03.1990 gab der Beklagte zu 1 folgende Treuhand-Erklärung (Anlage K 2) ab:

"Der Unterzeichnete

U. E., ...,

bestätigt hiermit, dass er die internationale Musteranmeldung Nr. DM/015147 auf Grund der prioritätsbegründenden österreichischen Musterhinterlegung vom 8. Juni 1989, Nr. 16093 als Treuhänder von Herrn G. K. [= Beklagter zu 2], ... vorgenommen hat.

Der Unterzeichnete, U. E., erklärt hiermit für sich und seine Erben, dass Herrn G. K. die alleinigen Eigentumsrechte an dem auf diese Anmeldung eingetragenen Muster zustehen.

Der Unterzeichnete wird daher die treuhändlerische Verwaltung des Musters ausschließlich nach den ihm von Herrn G. K. oder dessen Bevollmächtigen zukommenden Weisung durchführen. Er hat für die treuhänderische Tätigkeit Anspruch auf angemessene Entschädigung seines Zeitaufwandes und auf Ersatz aller Auslagen.

...

Ue., am 15. März 1990 ..."

Der hiesige Beklagte zu 2, der seinen Wohnsitz in Österreich hat, hat beim Landgericht N.-F. mit Schriftsatz vom 17.01.2001 Klage gegen die hiesigen Klägerinnen u.a. wegen Verletzung des internationalen Geschmacksmusters Nr. DM/015 147 erhoben (Anlage B 1; Aktenzeichen 4HK O 611/01), wobei er ausgeführt hat, er sei als Treugeber aktivlegitimiert; außerdem habe der hiesige Beklagte zu 1 ihn, den hiesigen Beklagten zu 2, ermächtigt, die Rechte aus dem internationalen Muster im eigenen Namen geltend zu machen. Der betreffende Prozess (im Folgenden: Verfahren in N.) ist derzeit in der Berufungsinstanz beim 3. Zivilsenat des Oberlandesgericht N. anhängig (Aktenzeichen 3 U 57/03), dort ist Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 03.06.2003 anberaumt.

Das Landgericht München I hat die Klage im vorliegenden Verfahren mit Urteil vom 12.12.2002 mit der Begründung abgewiesen, die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts sei nicht wirksam begründet worden. Nach Art. 16 Nr. 4 des Luganer Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16.09.1988 (LugÜ; abgedruckt bei Jayme/Hausmann, Internationales Privat- und Verfahrensrecht, 11. Aufl., S. 323) und Art. 16 Nr. 4 des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) bestehe eine ausschließliche Zuständigkeit eines Gerichts in der Schweiz. Auf dieses Urteil und die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerinnen. Sie machen geltend, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Klage gegen den Beklagten zu 1 ergebe sich aus Art. 16 Nr. 4 LugÜ. Für den Beklagten zu 2 ergebe sich die internationale Zuständigkeit aus Art. 16 Nr. 4 EuGVÜ. Als zwischenstaatliches Übereinkommen im Sinne der genannten Vorschriften sei das im Streitfall einschlägige Haager Abkommen über Muster oder Modelle gemeint. Für ein bei der WIPO hinterlegtes Geschmacksmuster, für das Deutschland als schutzgewährendes Land bezeichnet sei, seien daher für eine Streitigkeit über die Gültigkeit dieses Geschmacksmusters in Deutschland die deutschen Gerichte zuständig.

Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München I ergebe sich aus § 23 ZPO i.V.m. § 16 GeschmMG.

Die Klägerinnen beantragen:

1. Das Urteil des Landgerichts München I vom 12.12.2002, Az.: 4 HK O 18615/01, wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass das internationale Geschmacksmuster mit der Registernummer DM/015147 für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unwirksam ist.

3. Hilfsweise: Das Verfahren wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht München I zurückverwiesen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das angegriffene Urteil. Sie machen geltend, zur Frage der internationalen Zuständigkeit sei zunächst darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen sich erstinstanzlich nicht auf die Vorschriften des EuGVÜ bzw. des LugÜ gestützt hätten. Ratio des Art. 16. Nr. 4 EuGVÜ bzw. LugÜ sei die Rechtsnähe zum Erteilungsstaat; vorliegend gehe es aber nicht um Fragen des deutschen Erteilungsverfahrens. Für derartige Fälle gelte Art. 16 Nr. 4 EuGVÜ bzw. LugÜ nicht.

Was die örtliche Zuständigkeit angehe, so befinde sich ein bei der WIPO in Genf hinterlegtes internationales Geschmacksmuster nicht in München im Sinn von § 23 ZPO. § 16 Absatz 3 GeschmMG sei auf internationale Geschmacksmuster nicht anwendbar.

Ferner machen die Beklagten geltend, die Möglichkeiten für jemand, der sich vermeintlich zu Unrecht aus einem Geschmacksmuster in Anspruch genommen sieht, seien entweder eine negative Feststellungsklage oder eine Löschungsklage. Klage und Berufung seien aber auf die positive Feststellung gerichtet, dass das internationale Geschmacksmuster mit der Nr. DM/015 147 für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unwirksam sei. Wäre die Klage als negative Feststellungsklage auszulegen, so sei die Klage wegen fehlenden Feststellungsinteresses glatt unzulässig, denn die Anträge seien in der positiven Leistungsklage umgekehrten Rubrums, die zwischenzeitlich beim Oberlandesgericht N. anhängig sei, längst gestellt. Wäre die Klage nicht als negative Feststellungsklage auszulegen, sondern als Löschungsklage gemäß § 10c Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 GeschmMG, so sei sie in jedem Fall gegenüber dem Beklagten zu 2 abzuweisen, denn der Beklagte zu 2 sei nicht passivlegitimiert, weil er nicht eingetragener Inhaber des Streitgeschmacksmusters sei. Außerdem sei darauf hinzuweisen, dass das Gesetz eine Löschung von internationalen Geschmacksmustern nicht kenne. Offenbar aus diesem Grund wollten die Klägerinnen die Klage auf eine Unwirksamkeitsfeststellung richten; dies sei aber erst recht vom Gesetz nicht vorgesehen. Die Zulässigkeit der (positiven) Feststellungsklage scheitere im vorliegenden Fall auch daran, dass es nicht um ein Rechtsverhältnis im Sinn von § 256 Abs. 1 ZPO, sondern allenfalls um eine Vorfrage zur in N. streitigen Geschmacksmusterverletzung gehe. Überdies handele es sich um eine abstrakte Rechtsfrage, die der gerichtlichen Feststellung nicht zugänglich sei.

Ferner wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Termins vom 15.05.2003 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat hinsichtlich des Hilfsantrags auf Zurückverweisung an das Landgericht München I Erfolg. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die erhobene Feststellungsklage ist bezüglich beider Beklagter gegeben. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig.

1. Die Klägerinnen haben mit Schriftsatz vom 31.01.2002, S. 3 klargestellt, dass sie die Feststellung der Unwirksamkeit des internationalen Geschmacksmusters Nr. DM/ 015 147 für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nur im Verhältnis zwischen den Parteien, nicht mit Wirkung für und gegen alle, was nicht zulässig wäre, begehren.

2. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich im Streitfall für die Feststellungsklage gegen den Beklagten zu 1 aus Art. 16 Nr. 4 LugÜ.

a). Der Anwendungsbereich des Luganer Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16.09.1988 ist hinsichtlich des Beklagten zu 1 eröffnet. Bei dem vorliegenden Rechtsstreit handelt es sich um eine Zivil- und Handelssache im Sinne von Art. 1 Abs. 1 LugÜ. Der Beklagte zu 1 hat seinen Wohnsitz in der Schweiz (vgl. Art. 52 LugÜ). Das genannte Übereinkommen ist im Streitfall auch zeitlich anwendbar. Es geht in seinem Anwendungsbereich den nationalen Vorschriften der Zivilprozessordnung vor (vgl. Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., EuGVÜ, Vorb., Rdn. 2, 17) und ist jedenfalls bezüglich des hier einschlägigen 5. Abschnitts des II. Titels (Ausschließliche Zuständigkeiten) von Amts wegen unabhängig davon anzuwenden, ob sich die Klägerinnen in erster Instanz ausdrücklich auf Art. 16 Nr. 4 LugÜ berufen haben (vgl. BGH NJW 2003, 426, 427 zur Prüfung der internationalen Zuständigkeit in den Rechtsmittelinstanzen).

b) Art. 16 Nr. 4 LugÜ ist Art. 16 Nr. 4 EuGVÜ nachgebildet. Nach Art. 16 Nr. 4 LugÜ sind für Klagen, welche die Gültigkeit von Mustern, Modellen sowie ähnlicher Rechte zum Gegenstand haben, die einer Hinterlegung oder Registrierung bedürfen, ohne Rücksicht auf den Wohnsitz die Gerichte des Vertragsstaats ausschließlich zuständig, in dessen Hoheitsgebiet die Hinterlegung oder Registrierung beantragt oder vorgenommen worden ist oder aufgrund eines zwischenstaatlichen Übereinkommens als vorgenommen gilt. Die in Art. 16 Nr. 4 LugÜ angesprochene Fiktion ("aufgrund eines zwischenstaatlichen Übereinkommens als vorgenommen gilt") bezieht sich u.a. auf das im Streitfall einschlägige Haager Abkommen über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster oder Modelle (vgl. Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 6. Aufl., Art. 16, Rdn. 52; Schlosser, EuGVÜ, Art. 16 EuGVÜ, Rdn. 23). Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a des genannten Haager Abkommens (abgedruckt bei Nirk/Kurtze, Geschmacksmustergesetz, 2. Aufl., Anhang 15) hat jede Hinterlegung beim Internationalen Büro in jedem vom Hinterleger in seinem Gesuch bezeichneten vertragschließenden Staat die gleichen Wirkungen, wie wenn alle durch das nationale Gesetz für die Erlangung des Schutzes vorgeschriebenen Formalitäten vom Hinterleger erfüllt und alle zu diesem Zweck vorgesehenen Verwaltungshandlungen von der Behörde dieses Staates vorgenommen worden wären. Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b des genannten Haager Abkommens richtet sich der Schutz der beim Internationalen Büro registrierten Hinterlegungen vorbehaltlich der Bestimmungen des Art. 11 in jedem vertragschließenden Staat nach den Bestimmungen des nationalen Gesetzes, die in dem betreffenden Staat für Muster oder Modelle gelten, deren Schutz im Wege einer nationalen Hinterlegung beansprucht wird und für die alle Formalitäten erfüllt und alle Verwaltungshandlungen vorgenommen worden sind. Im Streitfall, in dem es um die Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit eines internationalen Geschmacksmusters (vgl. Anlage K 1) für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geht, sind deshalb die deutschen Gerichte für die Feststellungsklage gegen den Beklagten zu 1 nach Art. 16 Nr. 4 LugÜ international zuständig (vgl. Kropholler aaO; vgl. auch Furler, Das internationale Musterrecht, Art. 4, Rdn. 19 (S. 90)).

3. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich im Streitfall für die Feststellungsklage gegen den Beklagten zu 2 aus Art. 16 Nr. 4 EuGVÜ. a) Der Anwendungsbereich des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) in der Fassung des 4. Beitrittsübereinkommens vom 29.11.1996 (abgedruckt bei Jayme/Hausmann, Internationales Privat- und Verfahrensrecht, 10. Aufl., S. 279) ist hinsichtlich des Beklagten zu 2 eröffnet. Bei dem vorliegenden Rechtsstreit handelt es sich um eine Zivil- und Handelssache im Sinne von Art. 1 Abs. 1 EuGVÜ. Der Beklagte zu 2 hat seinen Wohnsitz in Österreich (vgl. Art. 52 EuGVÜ). Das genannte Übereinkommen ist im Streitfall auch zeitlich anwendbar; die Klageerhebung erfolgte vor dem 01.03.2002 (vgl. Art. 66 Abs. 1, Art. 68 Abs. 1, Art. 76 EuGVO). Es geht in seinem Anwendungsbereich den nationalen Vorschriften der Zivilprozessordnung vor (vgl. Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., EuGVÜ, Vorb., Rdn. 2) und ist jedenfalls bezüglich des hier einschlägigen 5. Abschnitts des II. Titels (Ausschließliche Zuständigkeiten) von Amts wegen unabhängig davon anzuwenden, ob sich die Klägerinnen in erster Instanz ausdrücklich auf Art. 16 Nr. 4 EuGVÜ berufen haben (vgl. BGH NJW 2003, 426, 427 zur Prüfung der internationalen Zuständigkeit in den Rechtsmittelinstanzen).

b) Im Übrigen wird auf die vorstehenden Ausführungen zu Art. 16 Nr. 4 LugÜ, die entsprechend gelten, Bezug genommen.

4. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München I ergibt sich bezüglich beider Beklagter aus § 23 ZPO i.V.m. § 16 GeschmMG; die von den Beklagten erhobenen diesbezüglichen Zuständigkeitsrügen greifen nicht durch (vgl. § 538 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Nach § 23 Satz 1 ZPO ist für Klagen gegen eine Person, die im Inland keinen Wohnsitz hat, das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich Vermögen derselben oder der mit der Klage in Anspruch genommene Gegenstand befindet. Nach § 16 Absatz 3 GeschmMG gilt der Ort, an dem ein nach § 16 Absatz 1 GeschmMG bestellter Vertreter seinen Geschäftsraum hat, im Sinne des § 23 ZPO als der Ort, an dem sich der Vermögensgegenstand befindet; fehlt ein solcher Geschäftsraum, so ist der Ort maßgebend, wo der Vertreter seinen Wohnsitz, und in Ermangelung eines solchen der Ort, wo das Patentamt seinen Sitz hat. Bezüglich beider Beklagter ist der Gerichtsstand des Streitobjekts (§ 23 Satz 1 Fall 2 ZPO) gegeben. In Anspruch genommen wird der Klagegegenstand im Sinne von § 23 Satz 1 ZPO auch durch eine negative Feststellungsklage wie im Streitfall (vgl. BGHZ 69, 37, 45; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 23, Rdn. 22). Es kann dahinstehen, ob München im Streitfall entsprechend § 16 Absatz 3 Halbsatz 1 GeschmMG als Ort im Sinne des § 23 ZPO gilt, an dem sich das internationale Geschmacksmuster Nr. DM/015 147 befindet. Jedenfalls gilt München wegen des dortigen Sitzes des Patentamts im Streitfall entsprechend § 16 Absatz 3 letzter Halbsatz GeschmMG als Ort im Sinne des § 23 ZPO, an dem sich das internationale Geschmacksmuster Nr. DM/015 147 befindet. § 16 Absatz 3 GeschmMG ist bei Geschmacksmusterklagen gegen Beklagte mit Wohnsitz im Ausland anwendbar (vgl. Eichmann/v. Falckenstein, Geschmacksmustergesetz, 2. Aufl., § 16, Rdn. 12, 10; Gerstenberg/Buddeberg, Geschmacksmustergesetz, 3. Aufl., § 16, Anm. 8). Die entsprechende Anwendung von § 16 Absatz 3 letzter Halbsatz GeschmMG auf internationale Geschmacksmuster ist im Hinblick auf die Gleichstellung von internationalen Geschmacksmustern mit nationalen Geschmacksmustern gemäß Art. 7 Abs. 1 des Haager Abkommens über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster oder Modelle sowie im Hinblick auf die ausschließliche internationale Zuständigkeit gemäß Art. 22 Nr. 4 EuGVO, Art. 16 Nr. 4 EuGVÜ und Art. 16 Nr. 4 LugÜ geboten; es wäre eine unzulässige Rechtsverweigerung (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG), wenn die deutschen Gerichte für bestimmte Klagen betreffend die Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit internationaler Geschmacksmuster in Deutschland zwar international, und das ausschließlich, zuständig wären (Art. 22 Nr. 4 EuGVO, Art. 16 Nr. 4 EuGVÜ, Art. 16 Nr. 4 LugÜ), jedoch ggf. mangels anderweitiger Zuständigkeitsanknüpfungspunkte (etwa § 33 ZPO) keine örtliche Zuständigkeit im Inland bestünde.

5. Die Feststellungsklage ist gegen beide Beklagte auch im Übrigen zulässig.

a) Sie ist auf die Feststellung des Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet (vgl. BGH NJW 1981, 2461 betreffend Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Gebrauchsmusters).

b) Das Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) für die von den Klägerinnen erhobene Feststellungsklage ist in Richtung gegen beide Beklagten gegeben.

aa) Der Rechtslage der Klägerinnen droht eine gegenwärtige Gefahr dadurch, dass der Beklagte zu 2 die Klägerinnen im noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren in N. u.a. wegen Verletzung des internationalen Geschmacksmusters Nr. DM/015 147 in Anspruch nimmt. Das Feststellungsurteil ist geeignet, ein für das Verfahren in N. vorgreifliches Rechtsverhältnis, soweit dort die Klage auf Geschmacksmusterverletzung gestützt ist, zu klären. Das Feststellungsinteresse ist auch für die Feststellungsklage gegen den Beklagten zu 1, der als Inhaber des streitgegenständlichen Geschmacksmusters bei der WIPO eingetragen ist, gegeben. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Beklagte zu 1 eigener Ansprüche gegen die Klägerinnen nicht berühmt hat, sondern lediglich beansprucht, Anmelder und Treuhänder zu sein (vgl. BGHZ 69, 37, 46); es genügt, dass der Beklagte zu 1 durch sein Tätigwerden dem Beklagten zu 2 zu einem für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angeblich wirksamen internationalen Geschmacksmuster verholfen hat (vgl. BGH aaO).

bb) Das Feststellungsinteresse kann nicht mit der Begründung verneint werden, den Klägerinnen stünden bessere Rechtsschutzmöglichkeiten (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 256, Rdn. 7a) zu oder hätten bessere Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung gestanden.

(1) Eine Klage auf Einwilligung in die Löschung nach § 10c Abs. 2 GeschmMG , die gegen den eingetragenen Inhaber, das ist hier der Beklagte zu 1, zu richten wäre, ist im Streitfall nicht möglich. Eine solche Klage, die nach der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Geschmacksmustergesetzes (abgedruckt bei Nirk/Kurtze aaO Anhang 1, S. 577, 599) die negative Feststellungsklage ersetzen soll, ist auf Geschmacksmuster nach dem Geschmacksmustergesetz, die in das Musterregister beim Patentamt eingetragen sind, zugeschnitten und bei internationalen Geschmacksmustern nach dem Haager Übereinkommen über Muster oder Modelle nicht möglich. Eine § 115 MarkenG (nachträgliche Schutzentziehung) vergleichbare Regelung bezüglich internationaler Geschmacksmuster sieht das Geschmacksmustergesetz nicht vor. Auch gegen die internationale Hinterlegung als solche gibt es keine Löschungsklage (vgl. Furler aaO Art. 4, Rdn. 19 (S. 90 f); Art. 7, Rdn. 7 (S.124)).

(2) Die von den Klägerinnen erhobene Feststellungsklage ist auch nicht im Hinblick auf eine bessere Rechtsschutzmöglichkeit in Gestalt einer weitergehenden negativen Feststellungsklage, gerichtet auf Nichtbestehen der von dem Beklagten zu 2 gegen die Klägerinnen im Verfahren in N. geltend gemachten Ansprüche, unzulässig. Für eine derartige weitergehende negative Feststellungsklage gegen den Beklagten zu 2 besteht wegen der betreffenden im Verfahren in N. rechtshängigen Leistungsklage kein Feststellungsinteresse (vgl. BGH GRUR 1994, 847, 848 - Parallelverfahren II; Zöller/Greger aaO § 256, Rdn. 7d). Die Möglichkeit einer entsprechenden weitergehenden negativen Feststellungsklage gegen den Beklagten zu 1, der am Verfahren in N. nicht beteiligt ist, steht dem Feststellungsinteresse für die im vorliegenden Verfahren gegen den Beklagten zu 1 erhobene Feststellungsklage nicht entgegen. Denn diese Beschränkung der hiesigen Feststellungsklage gegen den Beklagten zu 1 lässt keine weiteren Prozesse befürchten (vgl. Zöller/Greger aaO § 256, Rdn. 7b).

(3) Das Feststellungsinteresse für die Klage gegen den Beklagten zu 2 kann auch nicht mit der Begründung verneint werden, die Klägerinnen hätten im Verfahren in N. mit demselben Antrag eventuell Zwischenfeststellungswiderklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) gegen den Beklagten zu 2 erheben können oder könnten dies noch tun. Eine Pflicht, sich des Rechtsbehelfs des § 256 Abs. 2 ZPO zu bedienen, besteht nicht; eine selbständige Feststellungsklage wird durch die Möglichkeit der Inzidentklage nicht ausgeschlossen (vgl. Schumann in: Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., § 256 II, Rdn. 6; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 15. Aufl., § 98 III 3 e (S. 559)); RG JW 1930, 1059, 1060).

6. Im Übrigen macht der Senat von seinem Ermessen (§ 538 Abs. 2 ZPO) Gebrauch, den Rechtsstreit wegen der Begründetheit der Feststellungsklage an das Landgericht zurückzuverweisen. Insbesondere bedarf die Frage, ob im Streitfall die materiellrechtlichen Voraussetzungen des deutschen Geschmacksmustergesetzes für ein im Inland wirksames Geschmacksmusterrecht gegeben sind (vgl. zu den Rechtwirkungen der internationalen Hinterlegung BGH GRUR 1967, 533, 535 - Myoplastic), möglicherweise aufwändigerer Klärung. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Klägerinnen die Feststellung der Unwirksamkeit des internationalen Geschmacksmusters Nr. DM/015 147 für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nur im Verhältnis zwischen den Parteien, nicht mit Wirkung für und gegen alle, was nicht zulässig wäre, begehren; dies wird das Landgericht im weiteren Verfahren und ggf. bei der Urteilsabfassung zu berücksichtigen haben.

7. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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