Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 13.03.2003
Aktenzeichen: 29 U 2509/02
Rechtsgebiete: BGB, HGB


Vorschriften:

BGB § 307 Abs. 1 Satz 1
HGB § 89b
Die von einer Versicherung in Formularverträgen mit Versicherungsvertretern verwendeten Klauseln

"Es besteht aber Einigkeit, dass es im Rahmen dieser Prüfung der Billigkeit entspricht, den Barwert einer vom Vertreter, seinen Hinterbliebenen oder vom Ausgleichsberechtigten geschiedenen Ehepartner zu beanspruchenden gesellschaftsfinanzierten VVW-Versorgung (Renten oder unverfallbare Rentenanwartschaften) immer als ausgleichsmindernden Umstand zu berücksichtigen. Aufrechterhaltene Versorgungsansprüche aus Angestelltenzeiten bleiben hierbei unberücksichtigt. Dies gilt für den gesamten Ausgleichsanspruch des Vertreters gegenüber Gesellschaften der ... Gruppe, auch wenn die ausgleichspflichtigen Verträge nicht in die Festsetzung der Bemessungsgrundlage der Versorgungszusage einbezogen werden.

In Höhe des Barwertes der aus Gesellschaftsmitteln finanzierten VVW-Versorgung, bei der aufrechterhaltene Versorgungsansprüche aus Angestelltenzeiten unberücksichtigt bleiben, entsteht aus Billigkeitsgründen kein Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b HGB, falls die Saldierung mit sonstigen ausgleichserhöhenden oder ausgleichsmindernden Umständen zu keinem anderen Ergebnis führt.

Gesellschaft und Vertreter sind sich weiter darüber einig, dass Vorstehendes ebenfalls gilt, wenn zwischen der Vertretungsvertragsbeendigung einerseits und dem Beginn der aus Mitteln der Gesellschaft finanzierten Rentenleistung des Vertreters andererseits ein eventuell langer Zeitraum liegt."

halten der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (früher § 9 Abs. 1 AGBG) nicht stand.


Aktenzeichen: 29 U 2509/02

Verkündet am 13.03.2003

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter Wörle und die Richter Jackson und Dr. Kartzke aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 21.03.2002 - 12 O 17589/01 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt,

es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- €, für den Fall der Uneinbringlichkeit des Ordnungsgeldes Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollstrecken an den Vorstandsmitgliedern der Beklagten, zu unterlassen,

folgende oder inhaltsgleiche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen im unternehmerischen Verkehr in Vertreterversorgungswerken/Vertreterversorgungsverträgen zu verwenden und/oder sich auf die folgenden Bestimmungen zu berufen:

a) "Es besteht aber Einigkeit, dass es im Rahmen dieser Prüfung der Billigkeit entspricht, den Barwert einer vom Vertreter, seinen Hinterbliebenen oder vom Ausgleichsberechtigten geschiedenen Ehepartner zu beanspruchenden gesellschaftsfinanzierten VVW-Versorgung (Renten oder unverfallbare Rentenanwartschaften) immer als ausgleichsmindernden Umstand zu berücksichtigen. Aufrechterhaltene Versorgungsansprüche aus Angestelltenzeiten bleiben hierbei unberücksichtigt. Dies gilt für den gesamten Ausgleichsanspruch des Vertreters gegenüber Gesellschaften der ... Gruppe, auch wenn die ausgleichspflichtigen Verträge nicht in die Festsetzung der Bemessungsgrundlage der Versorgungszusage einbezogen werden." (Nr. 8.2.2 VVW-Bestimmungen)

b) "In Höhe des Barwertes der aus Gesellschaftsmitteln finanzierten VVW-Versorgung, bei der aufrechterhaltene Versorgungsansprüche aus Angestelltenzeiten unberücksichtigt bleiben, entsteht aus Billigkeitsgründen kein Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b HGB, falls die Saldierung mit sonstigen ausgleichserhöhenden oder ausgleichsmindernden Umständen zu keinem anderen Ergebnis führt." (Nr. 8.2.3 VVW-Bestimmungen)

c) "Gesellschaft und Vertreter sind sich weiter darüber einig, dass Vorstehendes ebenfalls gilt, wenn zwischen der Vertretungsvertragsbeendigung einerseits und dem Beginn der aus Mitteln der Gesellschaft finanzierten Rentenleistung des Vertreters andererseits ein eventuell langer Zeitraum liegt." (Nr. 8.2.4 VVW-Bestimmungen).

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,-- € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger, der Verband Deutscher Versicherungskaufleute e.V., wendet sich im Wege der Verbandsklage gegen von der Beklagten, einer Versicherung, verwendete VVW(Vertreterversorgungswerk)-Bestimmungen (Bestimmungen für die freiwillige Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung der hauptberuflichen Vertreterinnen und Vertreter, die ausschließlich für die Gesellschaften der Gruppe der Beklagten tätig sind), in denen es um die ausgleichsmindernde Berücksichtigung des Barwertes der von der Beklagten finanzierten Versorgung bei der Ermittlung des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB geht.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 21.03.2002 in vollem Umfang stattgegeben. Es hat die Beklagte gemäß dem Tenor des vorliegenden Urteils verurteilt, der Beklagten aber darüber hinaus untersagt, sich auf inhaltsgleiche Bestimmungen zu berufen.

Auf dieses Urteil und die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie macht geltend, die Aktivlegitimation des Klägers sei fraglich. Die Auslegung der streitgegenständlichen Klauseln durch das Landgericht sei unzutreffend. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen setze voraus, dass das Vertragswerk im Ganzen berücksichtigt werde und die beanstandete Vertragsbestimmung in ihrem systematische Zusammenhang bewertet werde. Die Grundsätze der kundenfeindlichsten Auslegung kämen nur dann in Betracht, wenn die angegriffene Klausel objektiv mehrdeutig sei. An diese Auslegungsgrundsätze halte sich das Landgericht nicht.

Das Landgericht übersehe bei der Auslegung von Nr. 8.2.2, dass die Wiedergabe des gesetzlichen Grundsatzes in Nr. 8.2.1 völlig offen lasse, welche Umstände als ausgleichserhöhend und ausgleichsmindernd zu berücksichtigen seien. Im Gegensatz dazu enthalte Nr. 8.2.2 die antizipierte Einigung der Vertragsparteien, dass der Barwert als ausgleichserhöhender Umstand zu berücksichtigen sei, und zwar aufgrund übereinstimmender Erklärung. In dem Urteil vom 17.11.1983 (VersR 1984, 184, 186) habe der Bundesgerichtshof ausdrücklich festgestellt, ungeachtet des § 89b Abs. 4 HGB könne bei der Prüfung der Frage, ob und inwieweit ein Ausgleichsanspruch entstanden sei, aus Billigkeitsgründen auch auf solche Umstände abgestellt werden, deren Berücksichtigung die Vertragsparteien im Rahmen des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB vereinbart hätten. Es könne durchaus sein, dass im Rahmen dieser Saldierung der zunächst in voller Höhe als Abzugsposten angesetzte Barwert im Ergebnis doch nicht voll abgezogen werde, weil weitere Umstände zu Gunsten des Vertreters ausgleichserhöhend wirkten.

Bei seiner Auslegung der Nr. 8.2.3 behalte das Landgericht den gesetzlichen Grundsatz der Saldierung ausgleichsmindernder und ausgleichserhöhender Umstände nicht im Auge. Es sei in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass der Ausgleichsanspruch nicht entstehe, soweit Billigkeitsgründe zu einer Kürzung des nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 HGB ermittelten "Rohausgleichs" führten.

In Nr. 8.2.4 beziehe sich die Wendung, dass "Vorstehendes ebenfalls gilt" eindeutig auf die vorstehende Nr. 8.2.3. Selbst wenn man aber auch die Nr. 8.2.1 und 8.2.2 in die Bezugnahme einschließe, sei dies unschädlich, da deren Aussage eben nicht widersprüchlich sei. Richtig sei die Feststellung des Landgerichts, dass der Umstand einer langen Fälligkeitsdifferenz zwischen Ausscheiden und dem möglichen Genuss von Versorgungsleistungen gemäß Nr. 8.2.4 der vollen Anrechnung des Barwertes nicht entgegenstehen solle. Dies sei sachlich gerechtfertigt, weil bei erheblicher Fälligkeitsdifferenz der Abzugsposten "Barwert" bereits erheblich geringer sei als im Regelfall der Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Altersgrenze von 63 Jahren. Damit sei jedoch noch keineswegs das Endergebnis der Saldierung festgeschrieben, es bleibe dabei, dass bei der Billigkeitsprüfung gemäß § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB alle ausgleichsmindernden und ausgleichserhöhenden Uniständen einzubeziehen und zu berücksichtigen seien.

Da die einzelne Überlegungen des Landgerichts zur Auslegung der streitgegenständlichen Klauseln nicht überzeugten, stimme auch die im angefochtenen Urteil auf Seite 31/32 zusammengefasste Auslegung nicht.

Die Beklagte habe auch im vorliegenden Verfahren in erster Instanz ausführlich dargestellt, warum die streitgegenständlichen Klauseln nicht gegen § 89b Abs. 4 Satz 1 HGB verstießen, wobei das Urteil des BGH vom 17.11.1983 (VersR 1984, 184) im Mittelpunkt stehe.

Die angegriffenen Bestimmungen verstießen auch nicht gegen § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB. Es sei richtig, dass bei den nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB anzustellenden Billigkeitsüberlegungen alle relevanten Umstände zu berücksichtigen seien. Diese Prüfung müsse jedoch insofern nicht "ergebnisoffen" sei, als nach dem Zitat aus dem Urteil vom 17.11.1983 "aus Billigkeitsgründen auch auf solche Umstände abzustellen [sei], deren Berücksichtigung im Rahmen des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB die Vertragsparteien wie hier vereinbart" hätten. Nichts anderes sähen die streitgegenständlichen Klauseln vor.

Das Landgericht setze sich nicht mit dem zentralen Gesichtspunkt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auseinander, dass der Vertreter die Wahl habe, ob er eine Einmalzahlung oder eine Versorgungsrente haben wolle, und dass er nicht nach der Entscheidung für die vereinbarungsgemäß anzurechnende Rente hinterher beides verlangen könne.

Auch die Ausführungen des Landgerichts zum Transparenzgebot seien unzutreffend. Erneut beweise das Landgericht sein Unverständnis gegenüber dem Grundsatz der Saldierung. Es gebe begrifflich keine "normalen" und "abnormen" Saldoposten, sondern nur Saldoposten unterschiedlicher Höhe. Der Saldoposten "Barwert" werde in den VVW-Bestimmungen festgeschrieben, alle anderen nicht. Dies sei legitim.

Die Beklagte beantragt,

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 21.03.2002 - 12 O 17589/01 - aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil. Er ist der Auffassung, das Landgericht habe die Klagebefugnis zutreffend bejahrt. Die Auffassung der Beklagten, dass in einem Kontrollverfahren das Vertragswerk im Ganzen zu berücksichtigen sei, sei unzutreffend. Zu Unrecht wende sich die Beklagte gegen die Feststellung des Landgerichts, wonach es unklar sei, welchen zusätzlichen Regelungsgehalt die Bestimmung Nr. 8.2.2 aufweise. Erfolglos wende sich die Beklagte auch gegen die zutreffende Interpretation des Wortes "aber", wie es in Nr. 8.2.2 Satz 1 verwendet werde. Denn dass die Verwendung des Wortes "aber" im Gegensatz zur vorangehenden Regelung in Nr. 8.2.1 stehe, könne nicht ernsthaft bestritten werden.

Zu Recht stelle das Landgericht zu Nr. 8.2.3 fest, dass die eindeutigen Aussagen, dass aus Billigkeitsgründen kein Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB entstehe, nur so zu verstehen sei, dass der Barwert vorweg zu einer Kürzung bzw. zur Nichtentstehung des Anspruchs führe. Deshalb erkläre das Landgericht auch zutreffend, der offensichtliche Zweck dieser Klausel bestehe darin, das Nichtentstehen des Ausgleichsanspruchs entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Regelfall zu machen. Eine Billigkeitsprüfung nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB sei erst zulässig, wenn zuvor die Voraussetzungen nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 HGB festgestellt worden seien. Indessen führe die unmittelbare Bezugnahme in Nr. 8.2.3 auf die Norm des "§ 89b HGB" dazu, dass damit der gesamte Normenkomplex, nicht nur die Bestimmung des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB bezeichnet sei. Dies sei hinreichend intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Mit Recht beleuchte das Landgericht auch die in der Klausel liegende versteckte und damit unwirksame Verteilung der Darlegungs- und Beweislast.

Im Rahmen der anzuwendenden kundenfeindlichsten Auslegung sei es durchaus nicht klar, sondern intransparent, ob sich die Bezugnahme auf "Vorstehendes" in Nr. 8.2.4 ausschließlich auf Nr. 8.2.3 beziehe und nicht auf die gesamte Regelung von Nr. 8.2 sowie auch auf die von Nr. 8.1.

Es sei verfehlt, wenn die Beklagte meine, angeblich unter Berufung auf BGH VersR 1984, 807 darlegen zu können, der Versicherungsvertreter könne sich zwischen einem entsprechend gekürztem Ausgleichsanspruch einerseits und ungekürztem Ausgleichsanspruch andererseits entscheiden. Dem stehe - wenn nicht § 89b HGB - jedenfalls Art. 19 der Richtlinie des Rates vom 18.12.1996 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter entgegen. Unter der Prämisse von Art. 19 der genannten Richtlinie werde auch die Frage zu prüfen sein, ob die in Art. 17 Abs. 2a der Richtlinie geregelte Anspruchsvoraussetzung der Billigkeit dem Konzept des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB entspreche, wenn man - wie die Beklagte argumentiere - "immer" davon ausgehe, dass eine Alters- oder Hinterbliebenenversorgung auf den Ausgleichsanspruch anzurechnen sei. Aus dem eingangs dargestellten Auslegungsdilemma folge unmittelbar, dass die von der Beklagten verwendeten Klauseln intransparent und daher nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam seien.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Ferner wird auf das Protokoll des Termins vom 13.03.2003 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist ganz überwiegend nicht begründet. Die Klage ist zulässig und ganz überwiegend begründet.

1. Die Rechtskraft des im Vorprozess ergangenen Urteils des Landgerichts München I vom 10.08.2000 - 12 O 3779/00 = DB 2000, 2423, ergänzt durch das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 20.11.2002 - VIIIZR 146/01 = DB 2003, 142, steht der Klage im vorliegenden Verfahren nicht entgegen, obgleich die Beklagte im. "Vorprozess auch dazu verurteilt wurde, es zu unterlassen, inhaltsgleiche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wie die damals streitgegenständlichen zu verwenden (zur lediglich klarstellenden Bedeutung des Gebots gemäß § 9 Nr. 3 UKlaG, die Verwendung inhaltsgleicher Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu unterlassen vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 9 UKlaG, Rdn. 4). Von § 9 Nr. 3 UKlaG betroffen sind nur qualitativ und quantitativ inhaltsgleiche Klauseln (vgl. Staudinger/Schlosser, BGB, Dreizehnte Bearbeitung, 1998, § 17 AGBG, Rdn. 5; Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl., § 17, Rdn. 8). Die im Streitfall beanstandeten Klauseln sind unbeschadet partieller Übereinstimmungen nicht vollständig inhaltsgleich mit denjenigen, die Gegenstand des erwähnten Vorprozesses waren. Die Klausel Nr. 8.2.3 im Streitfall bleibt hinter der Klausel Nr. 8.3.1 im Vorprozess zurück. Die in der genannten Klausel Nr. 8.3.1 enthaltene Aussage, dass "aus Billigkeitsgründen kein Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB entsteht", wird in der Klausel Nr. 8.2.3 im Streitfall dahin relativiert, dass dies nur gilt, "falls die Saldierung mit sonstigen ausgleichserhöhenden oder ausgleichsmindernden Umständen zu keinem anderen Ergebnis führt". Entsprechendes gilt infolge der Bezugnahme der Klausel Nr. 8.2.4 im Streitfall auf die Klausel Nr. 8.2.3 für das Verhältnis von Klausel Nr. 8.2.4 im Streitfall zu Klausel Nr. 8.3.3 im Vorprozess. Auch Klausel Nr. 8.2.2 im Streitfall ist nicht vollständig inhaltsgleich mit der Klausel Nr. 8.3.1 im Vorprozess; die in der Klausel Nr. 8.2.2 Satz 1 im Streitfall vorgesehene Einigung bezieht sich darauf, dass es der Billigkeit entspricht, den Barwert der gesellschaftsfinanzierten VVW-Versorgung immer als ausgleichsmindernden Umstand zu berücksichtigen. Die in der Klausel Nr. 8.3.1 im Vorprozess vorgesehene Einigung bezieht sich darauf, dass in Höhe des Kapitalwerts einer gesellschaftsfinanzierten Versorgung aus Billigkeitsgründen kein Ausgleichsanspruch entsteht. Außerdem hat die Klausel Nr. 8.2.2 im Streitfall neben Satz 1 zwei weitere Sätze, die in der Klausel Nr. 8.3.1 im Vorprozess keine vollständige Entsprechung haben.

2. Der Kläger ist auch nach der am 01.01.2002 in Kraft getretenen Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UKlaG, die auf die zu diesem Zeitpunkt anhängigen Verfahren anzuwenden ist (§ 16 Abs. 1 UKlaG), weiterhin zur Geltendmachung eines Anspruchs auf Unterlassung der von ihm beanstandeten Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten aktivlegitimiert (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2002 - VIII ZR 146/01 = DB 2003, 142).

3. Zu Recht ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die in den Formularverträgen der Beklagten verwendeten Klauseln Nr. 8.2.2, Nr. 8.2.3 und Nr. 8.2.4 gegen die nicht abdingbare gesetzliche Regelung gemäß § 89b HGB verstoßen, weshalb diese Klauseln gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sind.

a) Auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UKlaG sind die §§ 305 ff BGB n.F. anzuwenden (, die mit den Bestimmungen des AGB-Gesetzes im Wesentlichen inhaltsgleich sind) (vgl. Art. 229 § 5 EGBGB).

b) Zutreffend - insoweit von der Berufung nicht beanstandet - hat das Landgericht angenommen, dass die streitgegenständlichen Klauseln von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB (früher § 1 Abs. 1 Satz 1 AGBG) sind (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2002 - VIII ZR 146/01 = DB 2003, 142, 143 f). Das von der Beklagten den Versicherungsvertretern im standardisierten Anschreiben (Anlage A 1) eingeräumte Wahlrecht ändert nichts daran, dass die streitgegenständlichen Klauseln nicht im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB (früher § 1 Abs. 2 AGBG) im Einzelnen ausgehandelt sind. Die Beklagte hat durch die Einräumung des Wahlrechts den gesetzesfremden Kerngehalt der streitgegenständlichen VVW-Bestimmungen nicht inhaltlich ernsthaft zur Disposition gestellt; den Versicherungsvertretern wird damit nicht Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen bei der Formulierung der VVW-Bestimmungen eingeräumt. Zutreffend hat das Landgericht auch angenommen, dass eine Inhaltskontrolle der streitgegenständlichen Klauseln nicht nach § 307 Abs. 3 BGB (früher § 8 AGBG) ausgeschlossen ist. Bei diesen Klauseln handelt es sich nicht um Preisabreden, da gerade nicht die Hauptleistung, also das Entgelt des Versicherungsvertreters für seine Tätigkeit, unmittelbar bestimmt wird; vielmehr liegen Nebenabreden vor; denn durch die fraglichen Klauseln werden zwei Entgeltregelungen, einerseits der gesetzliche Ausgleichsanspruch, andererseits der vertragliche Anspruch auf Versorgung, miteinander verknüpft, ohne dass die Höhe der Leistungen selbst unmittelbar bestimmt wird (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2002 - VIII ZR 146/01 = DB 2003, 142, 144).

c) Die Klausel Nr. 8.2.2 ist wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (früher § 9 Abs. 1 AGBG) unwirksam, weil sie mit zwingenden Gesetzesvorschriften (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 HGB) nicht vereinbar ist; von zwingendem Gesetzesrecht darf durch Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht abgewichen werden (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2002 - VIII ZR 146/01 = DB 2003, 142, 144). Die Klausel enthält eine gemäß § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 HGB unzulässige Einschränkung des Ausgleichsanspruchs zum Nachteil des Versicherungsvertreters.

aa) Nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB steht dem Vertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ein Ausgleichsanspruch - nachdem zuvor die Voraussetzungen der § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB geklärt worden sind - zu, "wenn und soweit ... die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspricht". Gemäß § 89b Abs. 4 Satz 1 HGB kann der Anspruch des Handelsvertreters nicht im voraus ausgeschlossen werden. Durch diese Regelung sind nicht nur Abreden verboten, die den Ausgleichsanspruch ganz ausschließen, sondern auch solche, durch die er im Ergebnis mehr oder weniger eingeschränkt wird (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2002 - VIII ZR 146/01= DB 2003, 142, 143). § 89b Abs. 1 und Abs. 4 HGB gelten für Versicherungsvertreter mit den in § 89b Abs. 5 HGB statuierten Maßgaben.

bb) Klausel Nr. 8.2.2 Satz 1 enthält nicht lediglich eine Vereinbarung darüber, dass der Barwert der gesellschaftsfinanzierten VVW-Versorgung als Umstand in die Billigkeitsprüfung gemäß § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB einbezogen werden soll. Allerdings können die Vertragsparteien nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine Vereinbarung treffen, welche Umstände im Rahmen der Billigkeitsprüfung - auch anspruchsmindernd - maßgeblich sein sollen und damit mittelbar Einfluss auf die Entstehung des Ausgleichsanspruchs nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2002 - VIII ZR 146/01 = DB 2002, 142, 143). Eine solche Vereinbarung liegt hier jedoch nicht vor; der Regelungsgehalt von Klausel Nr. 8.2.2 Satz 1 geht zum Nachteil des Versicherungsvertreters über eine solche Vereinbarung hinaus. Durch die Klausel Nr. 8.2.2 Satz 1 wird nicht nur zwischen den Vertragsparteien ein in die Billigkeitsprüfung einzubeziehender Umstand festgelegt, sondern darüber hinaus als Ergebnis der Billigkeitsprüfung festgeschrieben, dass der Barwert der gesellschaftsfinanzierten VVW-Versorgung immer in voller Höhe anzurechnen ist. Zutreffend hat das Landgericht (UA S. 24-29, 31) dieses Ergebnis bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 305c, Rdn. 19) daraus gefolgert, dass die Klausel Nr. 8.2.2 Satz 1, die mit der Konjunktion "aber" eingeleitet wird, aufgrund der Wendung, dass der Barwert der gesellschaftsfinanzierten VVW- Versorgung "immer" als "ausgleichsmindernde[r] Umstand zu berücksichtigen" ist, den Inhalt hat, dass der genannte Barwert immer in voller Höhe anzurechnen ist.

cc) Die Unwirksamkeit von Klausel Nr. 8.2.2 Satz 1 erstreckt sich auch auf die folgenden Sätze 2 und 3 dieser Klausel, die an die Klausel Nr. 8.2.2 Satz 1 anknüpfen und ohne diese ihren Sinn verlieren.

d) Die Klausel Nr. 8.2.3 ist ebenfalls wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (früher § 9 Abs. 1 AGBG) unwirksam. Sie enthält eine gemäß § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 HGB unzulässige Einschränkung des Ausgleichsanspruchs zum Nachteil des Versicherungsvertreters.

aa) Bei der Anrechnung einer aus den Mitteln des Unternehmers aufgebrachten Altersversorgung auf den so genannten Rohausgleich (vgl. BGH NJW 1999, 946, 948; BGH WM 1993, 392, 393) im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB kann sich ein Ausgleichsbetrag ergeben, der oberhalb der Höchstgrenze des § 89b Abs. 5 Satz 2 HGB liegt (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2002 - VIII ZR 146/01 = DB 2003, 142, 143; BGH, Urteil vom 20.11.2002 -VIII ZR 21 1/01 = DB 2003, 144, 145). In diesem Fall bleibt der auf den Höchstbetrag beschränkte Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters von der Anrechnung der Altersversorgung ganz oder teilweise unberührt, so dass Klauseln, durch welche die Entstehung des Ausgleichsanspruchs in diesem Umfang ausgeschlossen sein soll, eine zum Nachteil des Versicherungsvertreters abweichende Vereinbarung enthalten (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2002 - VIII ZR 146/01 = DB 2003, 142, 143).

bb) Klausel Nr. 8.2.3 sieht vor, dass in Höhe des Barwerts der aus Gesellschaftsmitteln finanzierten VVW-Versorgung aus Billigkeitsgründen kein Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB entsteht, falls die Saldierung mit sonstigen ausgleichserhöhenden oder ausgleichsmindernden Umständen zu keinem anderen Ergebnis führt. Zutreffend hat das Landgericht Klausel Nr. 8.2.3 entnommen (UA S. 29, 31 f), dass danach der Barwert der aus Gesellschaftsmitteln finanzierten VVW-Versorgung von dem ggf. auf den Höchstbetrag gemäß § 89b Abs. 5 Satz 2 HGB beschränkten Ausgleichsanspruch abzuziehen ist. Klausel Nr. 8.2.3 verstößt damit gegen die gesetzliche Regelung des § 89b HGB, bei der, wie vorstehend erörtert, die Konstellation eintreten kann, dass der auf den Höchstbetrag beschränkte Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters von der Anrechung der Versorgung ganz oder teilweise unberührt bleibt.

e) Auch Klausel Nr. 8.2.4 ist wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (früher § 9 Abs. 1 ABGB) unwirksam. Klausel Nr. 8.2.4 verweist durch die Wendung, "dass Vorstehendes ebenfalls gilt", jedenfalls auf Klausel Nr. 8.2.3; deren Unwirksamkeit erstreckt sich auch auf Klausel Nr. 8.2.4. Auch bei einer langen zeitlichen Differenz zwischen der Beendigung des Handelsvertretervertrags und der Fälligkeit des Versorgungsanspruchs (vgl. dazu BGH, Urteil vom 20.11.2002 - VIII ZR 146/01 = DB 2003, 142, 143) kann die Konstellation eintreten, dass der auf den Höchstbetrag beschränkte Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters von der Anrechnung der Versorgung ganz oder teilweise unberührt bleibt.

5. a) Nicht zu beanstanden ist es, dass das Landgericht der Beklagten untersagt hat, sich auf die streitgegenständlichen Bestimmungen zu berufen (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2002 - VIII ZR 146/01 = DB 2003, 142, 144). Der Einwand der Beklagten, unter Billigkeitsgesichtspunkten könne die Tatsache, dass eine Vereinbarung bezüglich der Berücksichtigung der Versorgung als ausgleichsmindernder Umstand erfolgt sei, sogar dann relevant sein, wenn die betreffende Vereinbarung AGB-rechtlich unwirksam sei, weshalb es ihr, der Beklagten, nicht verwehrt werden könne, sich auf eine derartige Vereinbarung zu berufen (Schriftsatz vom 25.02.2003, S. 5), greift nicht durch. Zutreffend ist allerdings, dass im Rahmen der im Einzelfall zu treffenden Billigkeitsentscheidung nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB auch der etwaige Umstand berücksichtigt werden kann, dass die Parteien die Kürzung des Ausgleichsanspruchs im Hinblick auf eine vom Unternehmer finanzierte Altersversorgung vereinbart haben, und zwar auch bei Unwirksamkeit einer solchen Vereinbarung wegen Verstoßes gegen das AGB-Gesetz (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2002 - VIII ZR 211/01 = DB 2003, 144, 145). Die Beklagte ist indes durch die Verurteilung im vorliegenden Verbandsklageverfahren nicht gehindert, im Einzelfall bei der vorzunehmenden allgemeinen Billigkeitsprüfung die gesellschaftsfinanzierte Versorgung und ein etwaiges Einverständnis der Vertragsparteien, was sie diesbezüglich für der Billigkeit entsprechend erachten, als im Rahmen des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB zu berücksichtigende Umstände geltend zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2002 -VIII ZR 146/01 = DB 2003, 142, 144; BGH, Urteil vom 20.11.2002 - VIII ZR 211/01 = DB 2003, 144, 145). Der Beklagten wird es mit der Verurteilung bezüglich der streitgegenständlichen Bestimmungen im vorliegenden Verbandsklageverfahren lediglich untersagt, diese Bestimmungen bei den im Tenor bezeichneten Rechtsgeschäften in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden und/oder sich bei der Abwicklung bereits geschlossener Verträge (vgl. BGHZ 127, 35, 37) auf die rechtliche Wirksamkeit dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu berufen.

b) Erfolg hat die Berufung indes, soweit sich die Beklagte dagegen wendet, dass ihr untersagt wurde, sich auf inhaltsgleiche wie die streitgegenständlichen Bestimmungen zu berufen. § 9 Nr. 3 UKlaG sieht lediglich das Gebot vor, die Verwendung inhaltsgleicher Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu unterlassen. Dafür, dass sich die Beklagte auf noch nicht verwendete inhaltsgleiche Bestimmungen berufen wird, besteht keine Erstbegehungsgefahr.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 ZPO.

7. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

8. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache unter Berücksichtigung der Urteile des Bundesgerichtshofs vom 20.11.2002 -VIIIZR 146/01 = DB 2003, 142 und vom 20.11.2002 - VIII ZR 211/01 = DB 2003, 144 keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen (vgl. dazu BGH NJW 2003, 65).

Ende der Entscheidung

Zurück