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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 30.10.2003
Aktenzeichen: 29 U 2691/03
Rechtsgebiete: EGBGB, UWG, EG


Vorschriften:

EGBGB Art. 40
EGBGB Art. 41
UWG § 1
EG Art. 28
Zum Begriff des Herstellers beim ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz im Falle grenzüberschreitender arbeitsteiliger Entwicklung und Fertigung einer Modeneuheit.
Aktenzeichen: 29 U 2691/03

Verkündet am 30.10.2003

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Wörle, den Richter am Bundespatentgericht Dr. Albrecht und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Kartzke aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 27.02.2003 - 17HK O 17653/01 abgeändert und wie folgt neu gefasst.

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über die in Deutschland ansässigen gewerblichen Abnehmer und Auftraggeber der nachstehend eingeblendeten Stricktops

[folgt Abbildung des Stricktops]

zu erteilen sowie über die Menge dieser im Zeitraum 01.05.2000 bis 31.12.2001 nach Deutschland ausgelieferten Stricktops, und zwar unter Auflistung der Einkaufspreise bzw. Gestehungskosten sowie der Abgabepreise an die gewerblichen Abnehmer.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin all jene Schäden zu ersetzen, die der Klägerin durch die in vorstehender Nr. 1 beschriebenen Handlungen der Beklagten entstanden sind und noch entstehen werden.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG mit Sitz in Deutschland, die Mode für junge Damen herstellt, macht gegen die Beklagte, ein Unternehmen mit Sitz in Italien, in der Berufungsinstanz Ansprüche auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Stricktops geltend. Die Klägerin ließ durch die Beklagte im ersten Halbjahr 2000 ein goldfarben beschichtetes ärmelloses und rückenfreies Stricktop fertigen. Ein ähnliches Stricktop lieferte die Beklagte anschließend für die aktuelle Modesaison 2001 an zwei weitere in Deutschland ansässige Firmen, nämlich die Firma C. GmbH und I. GmbH, die dieses Stricktop im Versandhandel anboten.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 27.02.2003 mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin stehe weder ein Auskunfts- noch ein Schadensersatzanspruch nach § 1, § 18 UWG zu; eventuelle Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung schieden ebenfalls aus, da im Rahmen dieser deutsch-italienischen Vertragsbeziehungen ausschließlich das CISG auf den Werklieferungsvertrag anzuwenden sei, das keine der positiven Vertragsverletzung entsprechenden Ansprüche vorsehe. Die Ansprüche aus § 1, § 18 UWG bestünden nicht, da die Klägerin nicht habe nachweisen können, dass das Modell von ihrer Designerin D. entwickelt worden und die Beklagte lediglich Lohnfertigerin gewesen sei. Auf dieses Urteil und die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie macht geltend, der hier streitgegenständliche Sachverhalt sei dadurch gekennzeichnet, dass der Beklagten durch die Klägerin sehr konkret vorgegeben worden sei, was die Beklagte für die Klägerin herzustellen gehabt habe, nämlich die konkrete Ausgestaltung und Farbe der streitgegenständlichen Tops. Die Beklagte sei im Streitfall bloße Lohnherstellerin oder - mit anderen Worten - eine verlängerte Werkbank gewesen. Die Tatsache, dass die Beklagte zur Herstellung des streitgegenständlichen Bekleidungsstücks auch teilweise eigenes Know how oder eigene Vorschläge mit eingebracht habe, ändere an der grundsätzlichen Wertung nichts, die dahingehe, dass die Klägerin und ihre Designerin, Frau D., die Schöpferinnen des streitgegenständlichen Bekleidungsstücks seien; sie hätten sozusagen den kreativen Part gehabt, während der Beklagten und deren Mitarbeitern lediglich die handwerksmäßige Umsetzung oblegen habe.

Die Vorgaben, aus denen sich die ästhetische Anmutung und Ausstrahlung des streitgegenständlichen Bekleidungsstücks ergäben, hätten ausschließlich bei der Klägerin als Auftraggeberin gelegen. Sie habe aus ihrem Fundus eine Vorlage, nämlich das türkisfarbene Top zur Verfügung gestellt; sie habe angegeben, wie die Oberflächengestaltung aussehen solle; sie habe Muster und Skizzen übersandt. Mit anderen Worten: Die Gesamtgestaltung des streitgegenständlichen Modells sei ein Entwurf der Klägerin. Die durch die Klägerin der Beklagten übergebenen Unterlagen seien dieser lediglich zu dem Zweck anvertraut worden, dass die Beklagte dieses Modell als Lohnfertigerin herstellen sollte. In der unbefugten Verwertungen dieser Zeichnungen und Modelle liege Vorlagenfreibeuterei im Sinne des § 18 UWG. Dies habe das Landgericht verkannt und somit § 1 UWG und § 18 UWG rechtsfehlerhaft angewandt.

Darüber hinaus habe das Landgericht übersehen, dass § 1 UWG ein offener Tatbestand sei, bei dessen Anwendung alle Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen seien, d.h. auch mögliche Verletzungen vertraglicher Verpflichtungen. Die Beklagte habe vertragliche Sorgfaltspflichten, nämlich vertragliche Nebenpflichten, Rücksichtnahmepflichten und Unterlassungspflichten verletzt, indem sie das streitgegenständliche Top, das sie als Lohnfertiger für die Klägerin herzustellen gehabt habe, in nahezu identischer Form für Dritte hergestellt habe, die es in Deutschland feilgehalten und vertrieben hätten. Anspruchsgrundlage für derartige Ansprüche bleibe § 1 UWG.

Die Klägerin beantragt:

I. Das Urteil des Landgerichts München I vom 27.02.2003 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über die gewerblichen Abnehmer und Auftraggeber der nachstehend eingeblendeten Stricktops

[es folgt eine mit der im Urteilsausspruch unter Nr. I. 1. wiedergegebenen Abbildung übereinstimmende Abbildung]

zu erteilen sowie über die Menge dieser im Zeitraum vom 01.05.2000 bis 31.12.2001 ausgelieferten Sticktops, und zwar unter Auflistung der Einkaufspreise bzw. Gestehungskosten sowie der Abgabepreise an die gewerblichen Abnehmer.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin all jene Schäden zu ersetzen, die der Klägerin durch die in vorstehender Ziffer II. beschriebenen Handlungen der Beklagten im Zeitraum 01.05.2000 bis 31.12.2001 entstanden sind und noch entstehen werden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte macht geltend, im Berufungsverfahren sei weiterhin streitig, wie das Ergebnis der Beweisaufnahme zum Gegenstand und Inhalt des Auftrags der Klägerin an die Beklagte zu werten sei. Die Klägerin erkenne unter Nr. III der Berufungsbegründung, dass die Beklagte durch eine anderslautende Vereinbarung daran hätte gehindert werden können, das streitgegenständlichen Produkt auch anderweitig anzubieten und für Dritte herzustellen. Es wäre ein simpler Akt des Selbstschutzes gewesen, der Beklagten bei Auftragserteilung die Bestätigung abzuverlangen, dass aufgrund der erheblichen Vorgaben durch die Klägerin als Auftraggeberin die Beklagte als Auftragnehmerin auftragsbezogen exklusiv für die Klägerin tätig zu werden habe und die Verwertung des Produktionsergebnisses allein der Auftraggeberin zustünde.

Unstreitig habe es eine solche Vereinbarung zu Lasten der Beklagten nicht gegeben. Die Klägerin habe also den nun so in den Vordergrund gerückten Schutz ihrer wirtschaftlichen Interessen nicht gewollt oder sträflich vernachlässigt. Im Zweifel könne daher eine eventuelle Schutzwirkung aus UWG zugunsten der Klägerin nicht

Vorrang haben vor der vertraglich nicht eingeschränkten und damit zweifelsohne gegebenen unternehmerischen und wirtschaftlichen Handlungsfreiheit der Beklagten.

Die Urteil des Landgerichts München I zum Aktenzeichen 1HK O 5572/01 und des Senats zum Aktenzeichen 29 U 4471/01 habe zur streitigen Sach- und Rechtslage keinen entscheidungserheblichen Bezug. Im vorliegenden Verfahren gehe es um den konkreten Gegenstand und Inhalt des Auftrags der Klägerin an die Beklagte im Mai 2000.

Die Klägerin nehme Schutz aus § 1 UWG in Anspruch, weil die Gesamtgestaltung des streitgegenständlichen Modells ein Entwurf der Klägerin sei; dies treffe nicht zu. Ein Vergleich des von der Zeugin D. an die Beklagte gelieferten weißen Stoffstreifens mit bronze-/goldfarbenem Pulverauftrag mit dem von der Beklagten hergestellten Produkt ergebe eindrucksvoll, dass die Beklagte eben nicht nach der Vorgabe der Klägerin gearbeitet habe. Die Beklagte habe sich vielmehr in eigener Initiative entwicklungsfreudig gezeigt; sie habe nicht in nur "handwerksmäßiger" Umsetzung das streitgegenständliche Produkt geschaffen.

Es treffe nicht zu, dass die Klägerin der Beklagten Unterlagen anvertraut und die Beklagte insoweit einen Vertrauensbruch begangen habe. Das von der Beklagten hergestellte Stricktop mit Blattgold-Effekt sei nicht jenes Modell, das sie für die Klägerin herzustellen gehabt habe. An die nicht von der Klägerin vorgegebene und daher als schöpferische Eigeninitiative der Beklagten zu wertende Entwicklungstätigkeit sei nochmals erinnert.

Bei Vornahme der erheblichen Entwicklungsarbeiten sei die Beklagte ein nicht unerhebliches unternehmerisches Risiko eingegangen. Es habe keinerlei Sicherheit oder Zusage bestanden, ob das von der Beklagten vorzubereitende Modell von der Klägerin überhaupt übernommen und ein entsprechender Produktionsauftrag gegeben würde. Erst als das von der Beklagten geschaffene Modell serien- und produktionsreif gewesen sei, habe die Klägerin den Produktionsauftrag erteilt. Von einem "Abkauf" des hergestellten Prototyps könne nicht die Rede sein. Eine Vertragsgestaltung, die diese Rechtssicht stützen würde, gebe es nicht. Die Rechnungsstellung über Lit 120.000 (oder 2 x Lit 120.000,-- ) habe lediglich steuerrechtliche Bedeutung gehabt. In Anbetracht der konkreten Umstände des hier zur Entscheidung stehenden Falles sei die Klägerin daher frei gewesen, mangels anderslautender Vereinbarungen wirtschaftlichen Vorteil aus ihren eigenen Leistungen zu ziehen.

Eine Unterlassungsanordnung (durch Zeitablauf erledigt) mit Schadensersatzansprüchen wäre für die Beklagte als Entwicklungsträger eine verzerrende wettbewerbswidrige Behinderung. Gerade wegen der eindeutigen Schwerpunktsetzung auf Seiten der Beklagten mit Sitz in Italien würde sich eine antragsgemäße Verurteilung der Beklagten aufgrund deutschen unvereinheitlichten Rechts in schweren Konflikt setzen mit Rechtsvorschriften außerhalb Deutschlands, die eventuelle Tatbestände des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes differenziert anwendeten. Es werde daher beantragt, wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zuzulassen und wegen überschneidender Interessen eines deutschen und eines italienischen Unternehmens angeregt, die Rechtssache des Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vorzulegen.

Der Senat hat mit Verfügung vom 04.09.2003 Hinweise erteilt; auf diese Verfügung wird Bezug genommen. Ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Termins vom 30.10.2003 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist überwiegend begründet.

1. Die Beschränkung des Klageantrags, die die Klägerin im Termin vom 30.10.2003 vorgenommen hat, ist zulässig (§ 525 Satz 1, § 264 Nr. 2 ZPO). Die Beklagte ist dem nicht entgegengetreten.

2. Die Schadensersatzfeststellungsklage ist zulässig. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist im Streitfall jedenfalls deshalb gegeben, weil sich die Beklagte rügelos eingelassen hat (Art. 18 EuGVÜ). Das Feststellungsinteresse ist gegeben (§ 256 Abs. 1 ZPO; vgl. BGH WRP 2003, 1238, 1239 - Feststellungsinteresse III).

3. Die Schadensersatzfeststellungsklage ist überwiegend begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein der Höhe nach noch nicht bezifferbarer Schadensersatzanspruch gemäß § 1 UWG nach den Grundsätzen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes bei Nachahmung einer Modeneuheit mit wettbewerblicher Eigenart entsprechend Nr. I. 2 i.V.m. Nr. I. 1 des Urteilsausspruchs des vorliegenden Urteils zu.

a) Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass im Streitfall das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gemäß Art. 40, Art. 41 EGBGB anwendbar ist. Anknüpfungsrelevant ist, von hier nicht einschlägigen Fallkonstellationen abgesehen, beim unlauteren Wettbewerb und insbesondere beim ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz der Ort, wo die wettbewerblichen Interessen der Konkurrenten aufeinander treffen (vgl. Heldrich in Palandt, BGB, 62. Aufl., Art. 40 EGBGB, Rdn. 11; Spickhoff in Bamberger/Roth, BGB, Band 3, Art. 40 EGBGB, Rdn. 44); diese Interessenkollision erfolgte im Streitfall in Deutschland. Nach den Feststellungen des Landgerichts, an die der Senat gebunden ist (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), hat die Beklagte die Konkurrenzstricktops an die in Deutschland ansässigen Firmen C. GmbH und I. GmbH geliefert; in Deutschland sind auch die Stricktops der Klägerin vermarktet worden. Auf das Bestimmungsrecht nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB, das wirksam nur in den zeitlichen Grenzen des Art. 40 Abs. 1 Satz 3 EGBGB ausgeübt werden kann, kommt es im Streitfall nicht an.

b) Die Klägerin ist als Herstellerin des Stricktops, das von der Beklagten im Auftrag der Klägerin nach den Maßgaben der Designerin D., die im Dialog mit den Mitarbeitern der Beklagten stand, entwickelt und gefertigt wurde, für die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 1 UWG in Verbindung mit den Grundsätzen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes aktivlegitimiert. Wer Hersteller beim ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz im Falle der Entwicklung und/oder Fertigung in arbeitsteiliger Form an verschiedenen Orten unter Mitwirkung unterschiedlicher selbständiger Unternehmen ist, ist unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu entscheiden (vgl. Spätgens, Festschrift für Willi Erdmann, 2002, S. 727, 735 ff). Für die Herstellereigenschaft ist die Fertigung in einer Betriebsstätte desjenigen, der auf dem Markt auf ein Nachahmungsprodukt des von ihm vertriebenen "Originals" stößt, nicht erforderlich (vgl. Spätgens aaO S. 737). Als Hersteller ist bei arbeitsteiliger Entwicklung und/oder Fertigung nicht jeder anzusehen, der einen kreativen Beitrag zum Entstehen des Kleidungsstückes geleistet hat, sondern derjenige, der Herr des Produktionsvorgangs und vor allem Herr der Entscheidung über die Marktzuführung des betreffenden Erzeugnisses ist (vgl. Spätgens aaO S. 737). Das ist im Streitfall unbeschadet der von der Beklagten erbrachten Entwicklungs- und Fertigungsleistungen die Klägerin. Die Beklagte hat die Muster für die betreffenden Stricktops im Auftrag der Klägerin entwickelt und gefertigt und der Klägerin ausweislich der vorgelegten Rechnungen auch in Rechnung gestellt; die Entscheidung darüber, welche Musterfassung akzeptabel war, nach welcher die Stricktops zu fertigen und ob und wann die Stricktops dem Markt zuzuführen waren, lag in allen Phasen bei der Klägerin. Abweichende ausdrückliche Vereinbarungen zwischen den Parteien dahingehend, dass die Beklagte frei gewesen wäre, das für die Klägerin entwickelte und gefertigte Stricktop anderweitig unverändert oder nahezu unverändert zu vermarkten, sind nicht geltend gemacht und auch sonst nicht ersichtlich. Dass die Parteien keine ausdrückliche Exklusivitätsabrede zugunsten der Klägerin geschlossen haben, ändert an der vorstehenden Beurteilung im Hinblick darauf nichts, dass der Entwicklungs- und Fertigungsauftrag der Klägerin erkennbar eine am Markt zu platzierende Modeneuheit mit saisonalem Aktualitätswert betraf.

c) Dem von der Klägerin hergestellten Stricktop (vgl. Documento 9) kommt, wie die Beklagte grundsätzlich nicht in Abrede stellt, wettbewerbliche Eigenart nach den Grundsätzen des Schutzes von Modeneuheiten zu (vgl. BGH GRUR 1984, 453, 454 - Hemdblusenkleid, BGH GRUR 1973, 478, 480 - Modeneuheit), wobei der Schutz bis 31.12.2001 befristet war. Insoweit wird auf die Ausführungen des Senats in dem den Parteien bekannten (vgl. Anlage K 4) Urteil vom 23.05.2002 - 29 U 4471/01 unter Nr. I. 1 und I. 4 der Entscheidungsgründe (S. 12-13 und S.14- 15) Bezug genommen.

d) Die von der Beklagten an die Firmen C. GmbH und I. GmbH gelieferten Stricktops wurden nach dem Vorbild des von der Klägerin hergestellten Stricktops nachgeahmt; sie unterscheiden sich von dem von der Klägerin hergestellten Stricktop nur in für den Gesamteindruck unwesentlichen Merkmalen. Insoweit wird auf die Ausführungen im Urteil des Senats vom 23.05.2002 - 29 U 4471/01 (Anlage K 4) unter Nr. I. 2 der Entscheidungsgründe (S. 13) Bezug genommen.

e) Die Beklagte hat auch schuldhaft gehandelt. Dafür genügt leichte Fahrlässigkeit, die gegeben ist, wenn der Verletzer mit der nicht fernliegenden Möglichkeit einer Rechtsverletzung rechnen muss (vgl. Köhler in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1 Rdn. 567). Mindestens das war hier aus den oben unter II. 3. b) erörterten Gesichtspunkten der Fall.

f) Die Einschränkungen im Urteilsausspruch in Bezug auf Deutschland beruhen darauf, dass der der Klägerin zustehende Schadensersatzanspruch nach § 1 UWG infolge der Anknüpfung an den Ort der wettbewerblichen Interessenkollision (Deutschland) nur den auf dem betreffenden - deutschen - Markt erlittenen Schaden erfasst (vgl. OLG Düsseldorf IPRspr. 1998, Nr. 123, S. 225 f). Soweit der Klageantrag darüber hinaus geht, war die Klage abzuweisen; auch ein vertraglicher Anspruch, der den weitergehenden Klageantrag ohne Beschränkung auf Deutschland rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich.

g) Die europarechtlichen Bestimmungen über den freien Warenverkehr (Art. 28 ff EG) stehen einer Anwendung der Grundsätze des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes im Streitfall nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteil vom 02.03.1982 - Rs 6/81 = WRP 1982, 455, 456 - Industrie Diensten Groep/Beele) hindern die genannten Bestimmungen über den freien Warenverkehr die Anwendbarkeit nationaler Regelungen eines Mitgliedstaates, die das Inverkehrbringen sklavisch nachgeahmter Erzeugnisse, die aus einem anderen Mitgliedstaat stammen, verbieten, nicht; derartige Regelungen sind durch zwingende Erfordernisse des Verbraucherschutzes und der Lauterkeit des Handelsverkehrs gerechtfertigt (vgl. EuGH aaO). Entsprechendes gilt hier bezüglich der deutschen Regeln des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes bei Nachahmung einer Modeneuheit mit wettbewerblicher Eigenart. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, wie sie die Beklagte mit Schriftsatz vom 28.10.2003 angeregt hat, ist im Hinblick auf das genannte Urteil vom 02.03.1982 nicht veranlasst.

4. Die Auskunftsklage ist zulässig und überwiegend begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte der unter Nr. I. 2 des Urteilsausspruchs ausgeurteilte Auskunftsanspruch nach § 242 BGB i.V.m. § 1 UWG zu.

a) In Fällen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes ist ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB i.V.m. § 1 UWG zu bejahen, wenn es um die Zuerkennung eines Schadensersatzanspruchs oder um die Beseitigung eines Schadens oder eines Störungszustands geht. In den Fällen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes besteht regelmäßig die Verpflichtung des Verletzers, über den Umfang der Verletzungshandlung Auskunft zu erteilen (vgl. BGH GRUR 1994, 630, 632 - Cartier-Armreif). Ferner kann vom Verletzer unter Umständen auch die Nennung der Namen Dritter zur Ermittlung des Absatzweges verlangt werden (vgl. BGH aaO 633). Der Inhalt des zuzubilligenden Auskunftsanspruchs hat unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu erfolgen (vgl. BGH aaO 633).

b) Nach diesen Grundsätzen steht der Klägerin gegen die Beklagte der in Nr. I. 2. des Urteilsausspruchs des vorliegenden Urteils ausgeurteilte Auskunftsanspruch hinsichtlich der in Deutschland ansässigen gewerblichen Abnehmer und Auftraggeber und hinsichtlich der im Zeitraum 01.05.2000 bis 31.12.2001 ausgelieferten Stricktops zu.

5. Die Entscheidung bezüglich der Kosten des Verfahrens beruht auf § 91 Abs. 1, § 91a, § 269 Abs. 3 Satz 2, § 92 Abs. 2 ZPO. Soweit die Parteien die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben (Unterlassungsklage), wäre die Beklagte ohne die Erledigung durch den Zeitablauf am 31.12.2001, der nach Einreichung und vor Zustellung der Klage eingetreten ist (vgl. BGHZ 21, 298, 300 f), voraussichtlich unterlegen; insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen unter II. 3. b) Bezug genommen. Die Beklagte hat insoweit auch Veranlassung zur Klage gegeben, da sie auf das Abmahnungsschreiben der Klägerin vom 10.08.2001 (Anlage K 3) hin keine Unterlassungserklärung binnen angemessener Zeit abgegeben hat.

6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO, § 713 ZPO.

7. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen (vgl. dazu BGH NJW 2003, 65).

Ende der Entscheidung

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