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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 04.07.2002
Aktenzeichen: 29 U 5522/01
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG § 4 Nr. 1
MarkenG § 41
1. Ist bei einer abstrakten Farbmarke eine farbgetreue Wiedergabe der angemeldeten Farbe in der Markenurkunde und in der zu veröffentlichenden Eintragung aufgrund von unzureichenden technischen Gegebenheiten nicht möglich, kann bei der Bestimmung des Gegenstands der Marke und ihres Schutzbereichs nicht auf diese unzutreffende Wiedergabe abgestellt werden (im Anschluss an BPatG GRUR 2002, 163, 164-BIC-Kugelschreiber).

2. Ist eine abstrakte Farbmarke aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragen worden (§ 8 Abs. 3 MarkenG), ist das an Farben generell bestehende Freihaltebedürfnis nicht geeignet, den Schutzbereich der Farbmarke auf den Identitätsbereich (Verwendung desselben Farbtons) zu beschränken. Vielmehr ist - wie bei sonstigen Markenformen auch (vgl. BGH GRUR 2002, 173, 174 - Marlboro-Dach, mwN) - regelmäßig von normaler Kennzeichnungskraft auszugehen.


Aktenzeichen: 29 U 5522/01

Verkündet am 4.7.2002

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

HINWEIS: Die im Tenor und im Tatbestand wiedergegebenen Farben entsprechen aufgrund reproduktionstechnisch bedingten Abweichungen nicht den im Original-Urteil wiedergebenen Farbmustern.

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25.4.2002

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 8.11.2001 abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen am Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland Abformmassen anzubieten und/oder anbieten zu lassen oder in den Verkehr zu bringen, die nach der vor ihrer Verwendung erforderlichen Abmischung folgende Farbtöne aufweisen

(Anlage K 4 "Flexitime Mono Phase")

(Anlage K 5 "Flexitime Heavy Tray")

(Anlage K 6 "Flexitime Easy Putty")

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang der Handlungen gemäß Nr. 1 seit dem 1.7.2000, und zwar unter Angabe der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Liefermengen, Lieferzeiten und -preise und unter Angabe der einzelnen Angebote (Angebotsmengen und -zeiten), der Werbung (einzelne Werbeträger, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet) sowie des erzielten Gewinns.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß Nr. 1 entstanden ist und noch entstehen wird.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien sind Wettbewerber beim Vertrieb von Dentalprodukten. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung einer Farbmarke für Abformmassen für Zahnärzte und Zahntechniker auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.

Die Klägerin vertreibt seit dem Jahre 1967 unter der Bezeichnung IMPREGUM eine dentale Abformmasse. Diese besteht aus einer blauen Basispaste und einer rote Paste, die vor der Anwendung gemischt werden, wodurch die Abformmasse den Farbton lila erhält. Nach den Angaben der Klägerin wurde sowohl auf der Verpackung als auch in der Werbung seit jeher diese lila Farbe verwendet (vgl. Werbeprospekte als Anlage K 9). Die Klägerin hat nach ihren Angaben mit diesem Produkt in den letzten Jahren in der Bundesrepublik Deutschland folgende Umsätze erzielt:

1997: mehr als 29 Mio DM

1998: mehr als 21 Mio DM

1999: 25,5 Mio DM

2000 (einschließlich einer Produktvariante): 32,5 Mio DM

Den inländischen Marktanteil von IMPREGUM beziffert die Klägerin für die Jahre 1996 bis 2000 auf 24, 8, 26, 35, 24, 9, 26,8 bzw. 28,7 %. Mit IMPREGUM arbeiteten mehr als 40 % der in Deutschland niedergelassenen Zahnärzte und Kieferorthopäden. Nicht nur das Produkt IMPREGUM, sondern auch die Farbe lila werde im Bereich der dentalen Präzisionsabformmaterialien sei jeher der Klägerin zugeordnet, wie auch bei Umfragen in den Jahren 1996 und 2000/2001 festgestellt worden sei.

Die Klägerin ist Inhaberin der Farbmarke Nr. 395 41 406, eingetragen für Abformmassen für zahnärztliche und zahntechnische Zwecke, die am 11.10.1995 angemeldet wurde. Als Gegenstand wird in dem Anmeldeformular (Kopie in Anlage K 8) unter (7) bzw. (14) aufgeführt:

Sonstige Markenform -> Farbmarke

Farbige Eintragung mit folgenden Farben: lila

Anlagen

1 Farbbeispiel der Farbmarke

3 weitere Farbbeispiele werden nachgereicht

3 Pantone 2622 aufgerastert im C, M, S, geeignet zur farblichen Drucklegung für die Veröffentlichung im Markenblatt

Am 26.10.1995 reichte die Klägerin Silikon-Farbmuster nach sowie auf Anforderung am 21.12.1995 vier farbige Wiedergaben der angemeldeten Marke in Papierform. Mit Beschluss vom 10.5.1996 des Deutschen Patentamts (Originalbeschluss in Anlage zum Protokoll vom 27.9.2001), der auch eine farbliche Wiedergabe der angemeldeten Marke wie folgt enthält,

(Farbmuster gemäß Anlage K 3)

wurde die Anmeldung als nicht eingereicht behandelt und zurückgewiesen. Mit Beschluss des Bundespatentgerichts vom 2.8.1999 - 30 W (pat) 287/96 (Anlage K 1 = BPatGE 42, 51 - Farbmarke violett) wurde der Beschluss im Umfang des Hilfsantrags aufgehoben. Die Klagemarke wurde am 31.5.2000 wegen nachgewiesener Verkehrsdurchsetzung für den Tag der Anmeldung eingetragen. Wegen der veröffentlichten farblichen Wiedergabe der Marke wird auf die Markenurkunde (Anlage K 2) Bezug genommen, die nicht der angemeldeten Farbgestaltung, wie aus dem Beschluss vom 10.5.1996 sowie dem Muster gemäß der Anlage K 3 ersichtlich, entspricht. Die abweichende Farbgestaltung der Markenurkunde beruht nach der Auskunft des Deutschen Patent- und Markenamtes auf drucktechnischen Unzulänglichkeiten. Bei der Drucklegung für die Wiedergabe im Rahmen der Veröffentlichung im Markenblatt kann nur eine Auswahl aus zwei lila-Farbtönen getroffen werden (Schriftsatz vom 17.9.2001, S. 7 = Bl. 38).

Die Beklagte vertreibt dentale Abformmassen in verschiedenen Ausführungen und Farbgestaltungen, darunter ab Mitte 2000 die streitgegenständlichen Produkte unter den Bezeichnungen "Flexitime Mono Phase" (Farbmuster gemäß Anlage K 4), "Flexitime Heavy Tray" (Farbmuster gemäß Anlage K 5) und "Flexitime Easy Putty" (Farbmuster gemäß Anlage K 6). Auch diese Abdruckmassen erhalten die angegriffenen Farben erst aufgrund der zur Herstellung der gebrauchsfähigen Paste erforderlichen Mischung zweier Ausgangskomponenten (vgl. hierzu den Originalprospekt der Beklagten in Anlagenheft K I, der die Verkaufseinheiten sowie Mischvorrichtungen zeigt). Diese gebrauchsfertigen Abdruckmassen weisen nach Auffassung der Klägerin jeweils einen ihre Farbmarke verletzenden lila Farbton entsprechend dem mit der Anmeldung eingereichten Farbmuster (Anlage K 3) auf, das für die Bestimmung des Gegenstands der Anmeldung und der Marke allein maßgeblich sei. Der Klagemarke komme eine außerordentlich hohe Bekanntheit zu, wie sich aus dem jahrzehntelangen Vertrieb von IMPREGUM ergebe. Im Hinblick hierauf und die bestehende Warenidentität sei der danach zu fordernde deutliche Abstand bei den angegriffenen Produkten nicht vorhanden. Die von der Beklagten verwendeten Farbtöne seien zwar nicht identisch, lägen jedoch deutlich im Ähnlichkeitsbereich. Da sie für die Klagemarke auch den Schutz als bekannte Marke in Anspruch nehmen könne, sei die Klage auch aus dem Gesichtspunkt des § 1 UWG bzw. in entsprechender Anwendung von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG begründet. Mit der Benutzung des nahezu identischen Farbtons für identische Produkte nutze die Beklagte die Wertschätzung und Unterscheidungskraft der bekannten Klagemarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise aus. Es bestehe keine Notwendigkeit für Abformmassen gerade einen lila oder violetten Farbton zu verwenden, wie die Farbgestaltung anderer Hersteller zeige (siehe die Farbmuster gemäß der Anlage K 11 sowie die im Termin vom 27.9.2001 übergebenen Muster, Anlage zu Bl. 42/45).

Die Klägerin hat beantragt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland Abformmassen für zahnärztliche und zahntechnische Zwecke in den aus den nachfolgenden Darstellungen ersichtlichen Farbtönen herzustellen und/oder herstellen zu lassen oder derartige Abformmassen in dieser Einfärbung anzubieten und/oder anbieten zu lassen oder in Verkehr zu bringen und/oder in Verkehr bringen zu lassen.

(Es folgen die im Tenor wiedergegebenen Farbmuster.)

II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang der Handlungen gemäß Ziffer I und zwar unter Angabe der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Liefermengen, Lieferzeiten und -preise, der Gestehungskosten unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren sowie des erzielten Gewinns und unter Angabe der einzelnen Angebote und der Werbung, der Nennung der Angebotsmengen, -zeiten, -preise und Namen und Anschriften der Angebotsempfänger, der einzelnen Werbeträger, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß Ziffer I entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, der Farbe lila komme gerade für Abformmassen eine technische Funktion zu. So besage auch die maßgebliche technische Vorschrift (DIN EN ISO 4823 Nr. 6.1), dass bei der Mischung von verschiedenen Komponenten Kontrastfarben zu verwenden seien. Die Farbe lila diene daher nicht zur Kennzeichnung des Produkts Impregum. Die Beklagte bestreitet, dass die Klägerin seit 1967 bei der Verpackung und Werbung stets die Farbe lila (Farbpantone 2622) verwendet habe und die Ergebnisse der von der Klägerin herangezogenen Umfragen. Aus der Wiedergabe der Fragestellungen im Beschluss des Bundespatentgerichts könne nicht der Schluss gezogen werden, dass das maßgebliche Publikum der Farbe von Abdruckmassen eine kennzeichnende Funktion zuweise. Da es auf dem Markt nur einige wenige dominierende Hersteller gebe, könne unterstellt werden, dass die Hersteller sowie deren Produkte namentlich bekannt seien.

Die Farbtöne der Abformmassen Flexitime Heavy Tray und Flexitime Mono Phase sowie Flexitime Easy Putty könnten nicht als lila bezeichnet werden. Bei Heavy Tray handele es sich eher um einen hellen Grauton mit einem leichten Blaustich (Farbpantone 270). Auch Flexitime Easy Putty unterscheide sich deutlich. Es setze sich aus zwei Pasten, einer hellgrauen und einer rötlichvioletten, zusammen. Die Mischfarbe ergebe einen hellgrauen Ton (Farbpantone 270). Das Abformmaterial Flexitime Mono Phase habe einen violetten Farbton (Farbpantone 240), der dem mit der Anlage K 2 und K 3 vorgelegten Farbmustern zwar näher komme, sich jedoch immer noch farblich von der Farbpantone 2622 unterscheide.

Die Beklagte bestreitet, dass das als Anlage K 3 vorgelegte Farbmuster der Farbpantone 2622 entspreche. Bei der Farbpantone 2622 handele es sich um einen dunkelvioletten Farbton, der dem mit der Anlage K 2 vorgelegten Farbmuster nahekomme, jedoch weniger Rotanteile und mehr Blauanteile enthalte.

Der Gegenstand der Anmeldung werde durch den Inhalt der zu veröffentlichenden Eintragung bestimmt, nämlich durch die Eintragungsurkunde gemäß der Anlage K 3. Allein dieser Farbton sei für die Beurteilung des Gegenstands der Marke maßgeblich.

Die Beklagte macht geltend, sie sei auf die von ihr gewählten Farbtöne für die Abformmassen aus technischen Gründen angewiesen, denn es komme vor allem darauf an, dass durch das Präzisionsabformmaterial die topographischen Konturen möglichst exakt abgebildet würden und "gelesen" werden könnten. Das Abdruckmaterial müsse sich insbesondere farblich von den Zähnen oder dem Zahnfleisch deutlich unterscheiden; ebenso von den mit Gips hergestellten Negativformen, die in der Regel weiß oder pastellfarben seien. Auch sei zu berücksichtigen, dass ein farblicher Kontrast zu anderen Abformmassen - vorliegend der grünen Abformmasse Correct Flow der Beklagten - bestehen müsse. In Bezug auf das Erfordernis der guten "Lesbarkeit" seien auch Farbtöne mit geringer Farbintensität nicht gut geeignet. Es treffe daher nicht zu, dass die Hersteller beliebig zwischen allen denkbaren Farben und Farbtönen auswählen könnten. Auch bestehe bei der Beklagten, da sie Abformmassen mit verschiedenen Eigenschaften und für verschiedene Anwendungsgebiete anbiete, das Bedürfnis, diese Abdruckmassen (zwecks Unterscheidbarkeit und im Falle der Kombination) farblich zu unterscheiden. Aufgrund der bereits vorhandenen Farbtöne und der vorhandenen Abneigung gegen die Verwendung von roten Farbtönen seien für die streitgegenständlichen Abdruckmassen lediglich Blautöne oder Farbtöne mit Blauanteilen übrig geblieben. Die Verwendung von Blautönen sei jedoch nicht in Betracht gekommen, da zahlreiche Abdruckmassen aus der Xantopren- und Provil-Serie in blau gehalten seien. Dagegen spreche auch die Kombination mit Abdruckmassen aus der Provil-Serie.

Auch sieben andere Unternehmen würden "lila"-Abformmaterialien in Verkehr bringen (Schriftsatz vom 25.10.2001, S. 4 = Bl. 56).

Entgegen der Auffassung der Klägerin komme deren Marke lediglich eine sehr geringe Kennzeichnungskraft zu. Bei einer konturlosen Farbmarke könne Verwechslungsgefahr nur dann bejaht werden, wenn ein sehr hohes Maß an Zeichenähnlichkeit vorliege. Gegenteiliges folge auch nicht aus der von der Klägerin behaupteten hohen Bekanntheit. Denn die Verkehrsdurchsetzung sei nur geeignet, das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG zu überwinden. Bei interessengerechter Berücksichtigung des Freihaltebedürfnisses der Mitbewerber könne einer konturlosen Farbmarke ein Schutzumfang, der den Identitätsbereich mehr als unwesentlich überschreite, nicht zugesprochen werden. Für die praktische Anwendung bedeute dies, dass der Schutzumfang auf die identische Farbe beschränkt sei. Auch auf wettbewerbsrechtliche Gesichtspunkte könne die Klage nicht gestützt werden, da keine Ähnlichkeit oder Verwechslungsgefahr bestehe und somit keine Anlehnung an den guten Ruf der Klägerin stattfinde. Im übrigen würden die Farben der Abformmaterialien auch erst nach deren Anwendung sichtbar, sodass es an einem Einfluss auf die Kaufentscheidung fehle.

Die von der Klägerin angegriffene Einfärbung der Abformmassen werde nicht als Marke benutzt, denn eine etwaige Markenverletzung geschehe durch den Zahnarzt, und zwar nach dem Erwerb der noch nicht gemischten Komponenten. Damit werde offensichtlich, dass die Einfärbung nicht zur Unterscheidung nach der betrieblichen Herkunft diene, sodass § 23 MarkenG eingreife, da für ein sittenwidriges Handeln nichts vorgetragen sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und hierzu im Wesentlichen ausgeführt: Der Schutzbereich der Klagemarke beschränke sich auf den Identitätsbereich, da die Kennzeichnungskraft bei konturlosen Farbmarken grundsätzlich als gering einzustufen sei. Dass die Klagemarke wegen Verkehrsdurchsetzung eingetragen worden sei, führe zu keiner anderen Beurteilung. Da eine identische Verwendung der Klagemarke durch die Beklagte nicht vorliege, fehle es an der Verwechslungsgefahr (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Auf § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG könne sich die Klägerin nicht berufen, da die angegriffenen Farben für identische Waren verwendet würden. Auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche stünden der Klägerin nicht zu. Ein wettbewerblicher Schutz wegen irreführender Verwendung einer betrieblichen (qualifizierten) Herkunfsangabe greife nicht durch, denn hierfür sei Voraussetzung, dass die betriebliche Herkunftsangabe kennzeichenrechtlichen Schutz genieße. Ausserhalb des Identitätsbereich komme der Klagemarke jedoch kein Schutz zu. Auch ein Anspruch aus § 1 UWG greife nicht, da die Klägerin nicht schlüssig dargelegt habe, dass die Beklagte sich an die von der Klägerin geschaffene Farbgebung ausschließlich deshalb angehängt habe, um den guten Ruf des Unternehmens der Klägerin für sich zu nutzen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen zur Bekanntheit ihres Produkts IMPREGUM und dessen typischer lila-Farbgebung, mit der besondere Güte- und Qualitätsvorstellungen verbunden würden. Es bestehe keine Notwendigkeit dafür, dass dentales Abformmaterial die Farbe lila aufweise. Damit sei gegenüber den meisten anderen Farben keinerlei Vorteil verbunden. Dies werde auch durch die Farbpalette der am Markt angebotenen Materialien belegt. Soweit sich die Beklagte auf die Verwendung von Lila-Abformmaterial durch andere Hersteller berufe, sei damit auch keine Schwächung der Klagemarke verbunden. Der überwiegende Teil der von der Beklagten genannten Hersteller habe den Vertrieb erst in jüngster Zeit aufgenommen. Die genannten Materialien spielten überwiegend auf dem Markt keine Rolle. Ungeachtet dessen gehe die Klägerin gegen andere Verletzer unter markenrechtlichen Gesichtspunkten vor, seit sie hierzu nach der Eintragung der Klagemarke in der Lage sei (Berufungsbegründung S. 10 f = Bl. 120 f).

Dem Landgericht könne nicht gefolgt werden, wenn es der Klagemarke nur eine geringe Kennzeichnungskraft zubillige. Darin liege ein Widerspruch zu anerkannten Erfahrungssätzen, wonach bei einem Zeichen, das sich im Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis durchgesetzt habe, regelmäßig von einer mindestens normalen Kennzeichnungskraft auszugehen sei. Die Auffassung des Landgerichts, dieser Grundsatz könne bei konturlosen Farbmarken nicht zur Anwendung kommen, sei unzutreffend. Da abstrakte Farbmarken eintragbar seien, sei es dogmatisch nicht zu rechtfertigen, einen Schutz nur für identische Benutzungsformen zuzubilligen und bei der Beurteilung des Schutzumfangs den Grad einer durch intensive Benutzung und hohe Bekanntheit gesteigerten Kennzeichnungskraft in jedem Fall außer Betracht zu lassen. Soweit nicht durchgesetzten abstrakten Farbmarken nur ein eng begrenzter Schutzbereich zugebilligt werde, sei diese Beurteilung auf die Klagemarke nicht zu übertragen. Unter Berücksichtigung der bestehenden Warenidentität sowie einer gesteigerten oder zumindest normalen Kennzeichnungskraft der Klagemarke reichten die Unterschiede in den Farbnuancen zur Verneinung einer Verwechslungsgefahr nicht aus. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Verkehr in der Praxis keinen direkten Vergleich anstellen könne und auf das Erinnerungsbild angewiesen sei, das er von der älteren Marke besitze. Einem Abnehmer von durchschnittlicher Aufmerksamkeit und Sorgfalt werde es nicht möglich sein, allein anhand der Farbgebung der streitgegenständlichen Produkte auszuschließen, dass es sich hierbei um ein Produkt der Klägerin handele.

Unabhängig vom Bestehen einer Verwechslungsgefahr, könne sich die Klägerin auch auf § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG stützen, auch wenn es vorliegend um die Verwendung im Warenidentitätsbereich gehe. Anderenfalls müsse jedenfalls die Wertung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG auch im Rahmen des § 1 UWG Berücksichtigung finden. Aufgrund des Bekanntheitsgrads von deutlich über 50 % sei von einer bekannten Marke auszugehen, zumal mit der Klagemarke auch Güte- und Qualitätsvorstellungen verbunden seien. Es genüge, wenn auf Seiten der angesprochenen Verkehrskreise durch die Ähnlichkeit des Farbtons der streitgegenständlichen Abformmaterialien Assoziationen mit der Klagemarke hervorgerufen und hierdurch der mit der Klagemarke einhergehende Aufmerksamkeitseffekt seitens der Beklagten für eigene Zwecke ausgenutzt werde. Aus dem Vorbringen der Beklagten ergebe sich nicht, dass die Benutzung der angegriffenen Farbgestaltung durch konkrete Erfordernisse gerechtfertigt sei. Dass die Beklagte die angegriffenen Produkte unter ihrer Firmenbezeichnung vertreibe, sei ohne Bedeutung, da der Schutz einer bekannten Marke eine Herkunftstäuschung nicht voraussetze.

Die Klägerin beantragt - nach entsprechendem Hinweis des Senats - nunmehr,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach den Anträgen erster Instanz zu erkennen mit der Maßgabe, dass der Beklagten verboten wird, Abformmassen anzubieten und/oder anbieten zu lassen oder in den Verkehr zu bringen, die nach der vor ihrer Verwendung erforderlichen Abmischung die nachfolgend dargestellten Farbtöne aufweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte widersetzt sich der Neufassung des Antrages. Bei der Antragstellung habe die Klägerin bisher nicht berücksichtigt, dass die angegriffenen Farbtöne von der Beklagten nicht hergestellt würden, sondern erst Ergebnis der Mischung in der Zahnarztpraxis seien. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens erster Instanz. Allein der aus der Eintragungsurkunde gemäß der Anlage K 3 ersichtliche Mischton sei für die Beurteilung des Gegenstandes der Marke maßgeblich. Denn es gehe nicht lediglich um das Verhältnis zwischen dem Anmelder und der Erteilungsbehörde, sondern um die Festlegung des Markenschutzes mit Wirkung gegenüber Dritten. Aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit werde der Gegenstand des entstandenen Schutzrechts allein durch die veröffentlichte Eintragung festgelegt.

Die Beklagte bestreitet, dass die Einfärbung der Abdruckmasse Impregum mit lila von den beteiligten Verkehrskreisen als Herkunftshinweis verstanden werde. Auf die nicht vorgelegte Umfrage aus dem Jahre 1996 könne sich die Klägerin nicht stützen; ebensowenig sei die Umfrage gemäß der Anlage K 10 geeignet, den Nachweis einer bekannten Marke zu führen. Wie durch die Drittbenutzungen belegt, genieße die Klägerin für die Farbe lila am Markt keine Monopolstellung. Der Klagemarke komme allenfalls schwache Kennzeichnungskraft zu. In der Einfärbung der angegriffenen Dentalabdruckmasse, die vom Zahnarzt erst nach Erwerb der beiden Ausgangskomponenten hergestellt werde, liege keine markenmäßige Benutzung. Für die Beurteilung der von der Klägerin behaupteten Verwechslungsgefahr sei auf die vom H in der Entscheidung "Aral Blau Weiss" zutreffend hervorgehobene Interessenlage abzustellen. Eine Farbmarke könne nur eine bestimmte Farbe und nicht ein gesamtes "Farbspektrum" erfassen. Stelle man - unzutreffenderweise - auf die Herstellung der Einfärbung durch den Zahnarzt ab, so müsse auf die konkret in Verkehr gebrachte Form der Produkte gemäß den Anlagen K 4 bis K 6 abgestellt werden, auf der die Wortmarke "Flexitime" der Beklagen verwendet werde. Das so zusammengesetzte Zeichen werde aber - selbst bei unterstellter Ähnlichkeit der Farben - vom Schutzbereich der Klagemarke nicht mehr erfasst. Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Schutzes gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG bzw. gemäß §§ 1, 3 UWG lägen nicht vor.

Die Beklagte hat am 4.4.2002 einen Löschungsantrag gegen die Klagemarke gestellt (Anlage B 16 zu Bl. 167).

Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 25.4.2002 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist überwiegend begründet.

I. Die Änderung des Klageantrags im Termin vor dem Senat ist zulässig, denn die darin liegende Klageänderung war, da einem Hinweis des Senats gemäß § 139 ZPO folgend, als sachdienlich zuzulassen (§ 523 ZPO a.F., § 263 ZPO), da die Neuformulierung des Antrags - wie auch die Beklagte nicht verkennt (Schriftsatz vom 10.5.2002, S. 3 unten = Bl. 186) - die angegriffenen Verhaltensweisen zutreffend erfasst.

II. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu.

1. Die Klagemarke steht in Kraft mit der Folge, dass für das Verletzungsverfahren von deren Schutz-Fähigkeit auszugehen ist (BGH WRP 2002, 705, 707 mwN - IMS), auch wenn es sich um eine aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Marke handelt (BGH GRUR 1966, 495, 497 - UNIPLAST; GRUR 1979, 853, 854 - lila). Dies gilt unabhängig davon, ob gegen die Eintragung der Marke Bedenken im Hinblick auf die Eintragungshindernisse des § 8 Abs. 2 MarkenG oder in Bezug auf die abstrakte Markenfähigkeit im Sinne von § 3 MarkenG geltend gemacht werden, da auch letztere Grundvoraussetzung im Eintragungsverfahren zu prüfen ist (BGH GRUR 2000, 888, 889 - MAG-LITE; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 41 Rein. 10). Der allein auf die Tatsache, dass die von der Klägerin im Eintragungsverfahren vorgelegten Umfragegutachten weder in den Amtsakten des Deutschen Patent- und Markenamtes noch in den Gerichtsakten des Bundespatentgerichts mehr auffindbar sind (siehe die Begründung des als Anlage B 16 zu Bl. 167 vorgelegten Löschungsantrags unter Bezugnahme auf die Auskünfte des BPatG und des DPMA gemäß Anlagen B 14 und B 15 zu Bl 147/165), gestützte Löschungsantrag gab keine Veranlassung für eine Aussetzung des Verletzungsverfahrens (§ 148 ZPO). Ein Aussetzungsantrag von Seiten der Beklagten wurde zudem nicht gestellt.

2. Gegenstand der Klagemarke

a. Gegenstand der Klagemarke - Farbmarke - ist die konturlose Farbe entsprechend dem Farbmuster der Anlage K 3, das sowohl das Deutsche Patent- und Markenamt im Beschluss vom 10.5.1996 (Anlage zu Bl. 42/45) als auch das Bundespatentgericht als Gegenstand der Anmeldung zugrundegelegt haben. Die hiervon abweichende farbliche Wiedergabe in der Markenurkunde bzw. in der (nicht vorgelegten) Veröffentlichung im Markenblatt, die allein auf technischen Unzulänglichkeiten im Bereich des Deutschen Patent- und Markenamtes beruht, sind nicht maßgeblich (vgl. Senat, Urt. v. 7.2.2002 - 29 U 4743/01, S, 8 f (nicht rechtskräftig) im Anschluss an BPatG GRUR 2002, 163, 164 - BIC-Kugelschreiber). Gegenstand der Beurteilung im Eintragungsverfahren ist die Wiedergabe der Marke in der Anmeldung (§ 32 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Hierzu bedarf es bei der Anmeldung einer Farbmarke als "sonstiger Markenform" gemäß § 32 Abs. 3 MarkenG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2, § 8 Abs. 2 MarkenVO der Beifügung von vier übereinstimmenden zweidimensionalen graphischen Wiedergaben sowie der zusätzlichen (allerdings nach der Praxis des DPMA verzichtbaren, vgl. Ströbele, in Althammer/Ströbele/Klaka, MarkenG, 6. Aufl., § 32 Rdn. 32) Bezeichnung der Farbe(n) in der Anmeldung, wobei im Hinblick auf die Schwierigkeit der Beschreibung von Farben, insbesondere von Farbtönen durch Worte entscheidend auf die grafische Wiedergabe der Marke abzustellen ist. Dies folgt auch aus der Rechtsprechung des BGH zur grafischen Darstellbarkeit von konturlosen Farben im Sinne von § 8 Abs. 1 MarkenG (GRUR 1999, 730 f - Farbmarke magenta/grau; GRUR 2001, 1154, 1155 - Farbmarke violettfarben; Erdmann, GRUR 2001, 609, 611; vgl. zum Meinungsstand die weiteren Nachweise bei BPatG WRP 2002, 718, 729 f unter III.H - abstrakte Farbmarke), wonach diese Voraussetzungen durch die Einreichung eines Farbmusters oder der Beschreibung mittels Bezugnahme auf ein Farbklassifikationssystem (RAL- oder Pantone-Nummer) erfüllt werden können (vgl. Ströbele, GRUR 1999, 1041, 1046, der darauf hinweist, dass eingereichte Farbmuster aufgrund normaler Licht- und Feuchtigkeitseinwirkungen bereits Veränderungen unterliegen, sodass nur durch die Bezugnahme auf ein gängiges Farbdarstellungssystem eine hinreichend sichere "Fixierung" erreicht werden kann). Dementsprechend ist auch das BPatG im Beschluss vom 2.8.1999 (Anlage K 1, S. 4) davon ausgegangen, dass durch die Benennung der gängigen Farbskala Pantone die Anmeldung hinreichend konkretisiert wurde und durch die Einreichung von Farbmustern in Papierform alle notwendigen Anmeldeerfordernisse erfüllt waren.

b. Ist der Gegenstand der Anmeldung einer Farbmarke durch die Vorlage eines Farbmusters bzw. durch die Bezugnahme auf ein Farbklassifikationssystem hinreichend bestimmt, kann im weiteren Erteilungsverfahren von diesem Anmeldegegenstand nicht abgewichen werden. Allein diese angemeldete Gestaltung ist Prüfungsgegenstand und muss Gegenstand der Eintragung werden (§ 4 Nr. 1, § 41 Satz 1 MarkenG), sofern keine Eintragungshindernisse vorliegen (BPatG aaO - BIC-Kugelschreiber). Durch die Eintragung entsteht das Markenrecht konstitutiv mit dem Inhalt der Anmeldung. Dieser Beurteilung kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass die vorgeschriebene Veröffentlichung der Eintragung (§ 41 Satz 2 MarkenG) auch im Interesse der Öffentlichkeit erfolgt, um dieser die Information über das Bestehen und den Inhalt (Schutzumfang) von Marken zu ermöglichen (vgl. BGH aaO - Farbmarke magenta/grau und Farbmarke violettfarben; GRUR 2002, 427, 428 - Farbmarke gelb/grün). Denn aufgrund der mit den neuen Markenformen verbundenen allgemein bekannten Problemen bei der Darstellbarkeit (vgl. z.B. Sieckmann, WRP 2002, 491 mwN) und bei der Reproduktion ist es - wie vom Bundespatentgericht (aaO - BIC-Kugelschreiber) ausgeführt (vgl. auch Ströbele aaO § 3 Rdn. 12; ders., GRUR 1999, 1041, 1046, wonach bei Reproduktionsvorgängen die detailgetreue Wiedergabe von Farben nicht gewährleistet ist), auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht gerechtfertigt, auf die veröffentlichte Farbwiedergabe abzustellen. Denn unabhängig davon, dass es sich bei der unzutreffenden Wiedergabe der angemeldeten Farbmarke aufgrund der technischen Unzulänglichkeiten um keine offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne des § 45 MarkenG (vgl. Ströbele aaO § 45 Rdn. 2; Fezer, § 45 Rdn. 6) handelt, sodass eine Korrektur der nicht farbgetreuen Eintragung auf diesem Wege nicht stattfinden könnte, war eine farbgetreue Veröffentlichung nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Klägerin bisher überhaupt nicht möglich. Aufgrund dieser besonderen Gegebenheiten kann die Veröffentlichtung nicht zur Bestimmung des Gegenstands der Marke herangezogen werden.

3. Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, dass die angegriffenen Farben von ihr nicht kennzeichenmäßig verwendet würden, da sie erst nach der Mischung der beiden Ausgangskomponenten in der Praxis des Zahnarztes entstehen.

a. Zutreffend ist allerdings, dass Ansprüche gemäß § 14 MarkenG nur gegeben sein können, wenn die angegriffenen Farbgestaltungen "markenmäßig" verwendet werden, d.h. vom angesprochenen Verkehr nicht lediglich als schmückendes Beiwerk oder als Zierrat bzw., wie von der Beklagten geltend gemacht, rein technisch bedingt verstanden werden (vgl. BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTA-CHE/TISSERAND; GRUR 2001, 158, 160-Drei-Streifen-Kennzeichnung; GRUR2002, 171, 173-Marlboro-Dach; EuGH GRUR Int. 1999, 438, 440 - BMW; vgl. auch WRP 2002, 665 - Hölterhoff). Dabei ist es - wie bereits im Termin erörtert - ohne Bedeutung, ob die Verpackungen der Produkte der Beklagten bzw. deren Werbeunterlagen (siehe den zu den Akten gereichten Originalprospekt) ebenfalls die angegriffenen Farbgestaltungen aufweisen, da der Antrag der Klägerin ausschließlich auf die Einfärbung der Zahnabdruckmassen abstellt.

Bezüglich der Einfärbung bei Zahnabdruckmassen ist das BPatG (Anlage K 1, S. 6 f, 9 f unter 5.) davon ausgegangen, dass ihr sowohl im Hinblick auf den erforderlichen Kontrast zu der Farbe der Zähne und des Zahnfleisches als auch in Bezug auf das gewünschte Mischungsverhältnis auch technische Funktion zukommt, auch wenn die Wahl einer bestimmten Farbe als nicht erforderlich im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG angesehen wurde. Demgegenüber ist aber zu berücksichtigen, dass sich die Parteien mit ihren Produkten an Verkehrskreise, nämlich Zahnärzte, Zahntechniker und medizinisches Hilfspersonal, wenden, die aufgrund der vom BPatG als erwiesen erachteten Verkehrsdurchsetzung in der von der Klägerin vorgenommenen Einfärbung einen betrieblichen Herkunftshinweis sehen (vgl. BGH GRUR 2002, 538, 539 f - grün eingefärbte Prozessorengehäuse, zur Frage der Unterscheidungskraft). Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die streitgegenständlichen Einfärbungen der Abdrucksmassen 4er Beklagten vom angesprochenen Verkehr nur als dekorative Gestaltung bzw. als technisch bedingt und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden. Diese Funktion der Farben wird auch durch die von der Beklagten in anderem Zusammenhang in den Vordergrund gerückte Verwendung verschiedener Farben zur Unterscheidung ihrer Produkte belegt, da ein markenmäßiger Gebrauch auch dann vorliegen kann, wenn die Marke zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen als solchen eines bestimmten Unternehmens benutzt wird (EuGH aaO - BMW).

b. Eine warenidentifizierende Wirkung der Farbgestaltung bei Zahnabdruckmassen kann auch nicht mit der Überlegung in Abrede gestellt werden, dass der angesprochene Verkehr die Farbe erst zur Kenntnis nimmt, nachdem er das Produkt in Form der zu mischenden andersfarbigen Ausgangskomponenten bereits erworben hat, da eine Marke ihre Identifizierungsfunktion nicht allein beim Warenerwerb durch den Kunden ausübt, sondern in jedem Stadium des Warenabsatzes und Ge- und Verbrauchs, also beginnend mit dem Angebot mittels jeder möglichen Werbemaßnahme, einschließlich solcher mit bildlichen Darstellungen der Ware, bis zum Absatz und darüber hinaus auch noch in der Hand des Kunden beim Gebrauch der entsprechend gekennzeichneten Ware (BGH aaO S. 540 - grün eingefärbte Prozessorengehäuse). Soweit die Beklagte die Identifizierungsfunktion bei zum Verbrauch bestimmten Zahnabdruckmassen anders beurteilt wissen will (Schriftsatz vom 10.5.2002, S. 5 = Bl. 188), kann dem nicht gefolgt werden. Die von der Beklagten vorgenommene "Verallgemeinerung" der Entscheidung "Vienetta" (GRUR 2001, 443, 445), in der eine betriebliche Herkunftstäuschung (§ 1 UWG) bei Speiseeis u.a. aufgrund der unterschiedlich gestalteten Verpackung verneint wurde, ist nicht gerechtfertigt (siehe hierzu unter 4.c.aa).

c. Dass die angegriffenen Farben erst beim Mischen der beiden Ausgangskomponenten durch den Zahnarzt/Zahntechniker bzw. durch das damit betraute medizinische Hilfspersonal entstehen und damit erst die Kennzeichnung erkennbar wird, steht nicht der Annahme entgegen, dass der angesprochene Verkehr die aus dem Mischungsprozess hervorgehende Farbgestaltung als Herkunftskennzeichen versteht und dies der Beklagten als Benutzung einer Kennzeichnung zuzurechnen ist. Denn die angegriffenen Farben entstehen nicht zufällig, sondern die Auswahl der beiden Ausgangskomponenten erfolgt von Seiten der Beklagten gezielt, um dem entsprechend den jeweiligen Gebrauchsanweisungen herzustellenden, für den Abdruckvorgang nutzbaren "Endprodukt" die (auch bereits auf der Verpackung angebene) Farbe zu verleihen. Soweit die Beklagte diesen Vorgang unter Hinweis auf die Entscheidung "ambiente.de" (GRUR 2001, 1038, 1039) nach den Grundsätzen der mittelbaren Markenverletzung gewertet wissen will (so im Termin vor dem Senat und im Schriftsatz vom 105.2002, S. 3 f = Bl. 186 f), kann damit nach den obigen Ausführungen nicht in Frage gestellt werden, dass das Entstehen der nach der Gebrauchsanleitung zu erzielenden Farbe der Beklagten selbst als Anbringung der Kennzeichnung im Sinne von § 14 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG zuzurechnen ist. Denn auch wenn die unmittelbare Zuordnung der Kennzeichnung zu dem Produkt (Adruckmasse) noch nicht sichtbar ist, ist - anders als in den Fällen des § 14 Abs. 4 MarkenG (vgl. Starck, Festschrift Piper, S. 627, 628) - bereits eine körperliche Zuordnung zu einer Ware vorhanden, auch wenn der nach der Gebrauchsanweisung der Beklagten durchzuführende Mischvorgang von Seiten des Zahnarztes bzw. seines Hilfspersonals hinzutreten muss. Aber auch bei Rückgriff auf die Rechtsfigur der mittelbaren Markenverletzung, die - in Anlehnung an § 10 PatG 1981 - (Starck aaO S. 627) in § 14 Abs. 4 MarkenG keine abschließende Regelung gefunden hat (BGH aaO - ambiente.de; Ingerl/Rohnke, § 14 Rdn. 136), lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen vor, da von Seiten der Beklagten die Ausgangskomponenten zur bestimmungsgemäßen Mischung an im geschäftlichen Verkehr Handelnde geliefert werden (vgl. Starck aaO S. 636 f). Der Ausgangspunkt der Beklagten - anknüpfend an die auch in patentrechtlicher Hinsicht überholte Rechtsprechung zu § 6 PatG a.F. (vgl. BGH GRUR 2001,228, 231 - Luftheizgerät) -, wonach Anknüpfungspunkt für ein gerichtliches Verbot nur die von ihr verwendeten Verpackungen (Anlagen K 4 und K 5) sein können, trifft nicht zu (zur Prüfung der Verwechslungsgefahr vgl. unter 4.c).

4. Zwischen der Klagemarke und den angegriffenen Einfärbungen der Abdruckmassen der Beklagten besteht Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH und des BGH ist die Frage der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Säbel/Puma; GRUR 1999, 922, 923 - Canon; BGH aaO S. 173 - Marlboro-Dach, mwN). Dazu gehören insbesondere die zueinander in Wechselbeziehung stehenden drei Beurteilungselemente der Identität oder Ähnlichkeit der in Frage stehenden Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie der Kennzeichnungskraft der Klagemarke. Dabei kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der und/oder eine besondere Bekanntheit der prioritätsälteren Kennzeichnung ausgeglichen werden und umgekehrt (BGH aaO - Marlboro-Dach, mwN). Diese Grundsätze gelten auch bei der Bestimmung des Schutzumfangs einer konturlosen Farbmarke (BGH WRP 2002, 450, 451 - Farbmarke gelb/grün; OLG Bremen WRP 2002, 460, 462 - lila Verpackung). Hierbei ist bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit von dem jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Kennzeichnungen auszugehen, wie er sich einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstellt (BGH aaO - Farbmarke gelb/grün).

a. Zwischen den für die Klagemarken eingetragenen Waren und den unter den angegriffenen Kennzeichnungen vertriebenen Waren besteht Identität.

b. Hinsichtlich der Kennzeichnungskraft der aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Klagemarke ist von normaler Kennzeichnungskraft auszugehen. Die Kennzeichnungskraft einer konturlosen Farbmarke generell als nur gering anzusehen mit der Folge der Zuerkennung eines nur geringen Schutzumfangs bzw. der Beschränkung auf die Verwendung einer identischen Farbe (vgl. hierzu BGH aaO - Farbmarke gelb/grün; GRUR 2001, 1154, 1155 - Farbmarke violettfarben; Erdmann, GRUR 2001, 609, 612; Dierksen, Die abstrakte Farbmarke, S. 264 ff) ist nicht zu rechtfertigen (so auch OLG Bremen aaO - lila Verpackung).

aa. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH, dass bei Marken, die aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragen wurden, regelmäßig jedenfalls - mindestens - von normaler Kennzeichnungskraft auszugehen ist (BGH aaO S. 174 - Marlboro-Dach, betreffend ein Bildzeichen; BGHZ 113, 115, 118 = GRUR 1991, 609, 610 - SL; GRUR 1997, 311, 312 f - Yellow Phone; WRP 1993, 694, 696 - apetito; weitere Nachweise bei Ingerl/Rohnke, § 14 Rdn. 221; Schweyer, in v. Schnitz, Markenrecht, § 14 Rdn. 134 und v. Schultz aaO, § 8 Rdn. 149). Dieser Regelsatz beruht auf der Tatsache, dass Verkehrsdurchsetzung einen beträchtlichen Bekanntheitsgrad einer Bezeichnung gerade in ihrer Funktion als Herkunftshinweis voraussetzt, bei hoher Bekanntheit in dieser Eigenschaft aber naturgemäß nicht mehr als schwach, jedenfalls aber nicht als an der untersten Grenze liegend angesehen werden kann. Dies gilt in besonderem Maße, wenn - wie auch in vorliegendem Fall (siehe die Ausführungen des BPatG, Anlage K 1, S. 9 ff) - die Verkehrsdurchsetzung trotz eines bestehenden Freihaltebedürfnisses entstanden ist (BGH aaO - SL).

bb. Ist das an Farben bestehende generelle Freihaltebedürfnis, das im Eintragungsverfahren gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu berücksichtigen ist (BGH aaO - S. 539 - grün eingefärbte Prozessorengehäuse; vgl. auch HABM GRUR Int. 2001, 69, 70 Rdn. 14 - Aral Blau Weiss; GRUR 2002, 449 Rdn. 12 - Farbmarke orange/hellgrau), aufgrund Verkehrsdurchsetzung überwunden, kann das Freihaltebedürfnis der Mitbewerber der Klägerin auch im vorliegenden Verletzungsverfahren kein durchgreifendes Argument mehr sein, um den Schutzbereich der Klagemarke - wie vom Landgericht vorgenommen - auf den Identitätsbereich zu beschränken, um einem "ausufernden" (BPatG aaO S. 727 - abstrakte Farbmarke) bzw. als "abenteuerlich" bezeichneten Schutzbereich zu begegnen. Vielmehr kann der "großzügigen" Eintragungspraxis - auch in Bezug auf die durch das MarkenG neu eingeführten Markenformen werden vom BGH in ständiger Rechtsprechung keine strengeren Anforderungen an die Unterscheidungskraft gestellt - durch eine sachgerechte Handhabung des Begriffs der Verwechslungsgefahr (vgl. BGH GRUR 1999, 238, 240 - Tour de culture, mwN) auch bei konturlosen Farbmarken Rechnung getragen werden (BGH aaO - Farbmarke violettfarben; OLG Bremen aaO S. 461 f; Erdmann aaO; Sack, WRP 2002, 1022, 1031; Ströbele, GRUR 1999, 1041, 1047 f). Es besteht daher keine Veranlassung, bei kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Farbmarken von der Rechtsprechung abzuweichen, wonach bei Verkehrsdurchsetzung das Freihaltebedürfnis nicht mehr zu berücksichtigen ist (BGH GRUR 1982, 420, 422 - BBC/DDC; GRUR 1979, 853, 854 - lila; GRUR 1979, 470, 472 - RBB/RBT; weitere Nachweise bei Ingerl/Rohnke, § 14 Rdn. 221; vgl. auch EuGH GRUR 1999, 723, 727 Rdn. 47 und 48 - Chiemsee, zu den Anforderungen an die Unterscheidungskraft).

cc. Aus der Verwendung von lila-Farbtönen bei Abformmaterialien durch andere Unternehmen ergibt sich keine (nachträgliche) Schwächung der Unterscheidungskraft der Klagemarke. Eine solche Schwächung stellt nach der Rechtsprechung des BGH einen Ausnahmetatbestand dar. Sie setzt voraus, dass die Drittkennzeichen im Bereich der gleichen oder eng benachbarten Branchen, Waren oder Dienstleistungen und in einem Umfang tatsächlich in Erscheinung treten, der geeignet erscheint, die erforderliche Gewöhnung des Verkehrs an die Existenz weiterer Kennzeichen im Ähnlichkeitsbereich zu bewirken (BGH WRP 2002, 705, 708 - IMS, mwN; Fezer, § 14 Rdn, 308 c; Schweyer, § 14 Rdn. 132). Eine derartige Benutzung von im Ähnlichkeitsbereich liegenden Farbtönen kann nicht festgestellt werden. Dem Vorbringen der Klägerin, wonach die von der Beklagten vorgetragenen Benutzungen überwiegend erst in jüngster Zeit aufgenommen worden seien und den Produkten dieser Unternehmen auf dem Markt keine Bedeutung zukomme, ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Nach dem Vorbringen der Klägerin betrug der Umsatz der Fa. D. im Jahre 2000 ca. 20.000,- DM, was im Hinblick auf die Umsätze der Branche mit Zahnabdruckmassen - die sich sicher im oberen zweistelligen Millionenbereich (DM) pro Jahr bewegen dürften - als minimal anzusehen ist. Dies gilt auch hinsichtlich des Umsatzes der Fa. Z. mit unter 100.000,- DM pro Jahr. Umsätze der Fa. X., die erst vor kurzem auf dem deutschen Markt tätig ist, mit dem fraglichen Produkt sind nach den Vortrag der Klägerin nicht feststellbar. Auf Abmahnung der Klägerin, die gegen weitere Anbieter vorgeht, hat die Fa. C. eine Unterlassungserklärung abgegeben. Da sich dem Vortrag der Beklagten keine Angaben zu der Dauer und dem Umfang dieser und weiterer Drittbenutzungen entnehmen lassen, kann nicht festgestellt werden, dass der Verkehr aufgrund der Marktpräsenz weiterer violettfarbener Abdruckmaterialien daran gewöhnt ist, auf Farbunterschiede zu achten. Auch sonst sind keine Umstände dargetan, aus denen geschlossen werden könnte, dass die Herkunftshinweisfunktion der Klagemarke nachträglich geringer als vom BPatG angenommen eingestuft werden müsste oder gar ganz in Wegfall gekommen wäre. Auch wenn die von der Klägerin vorgetragenen Umsätze für 1997 bis 2000 bestritten sind, behauptet auch die Beklagte nicht, dass die Umsätze der Klägerin, die mit der Klagemarken gekennzeichneten Produkten erzielt werden, in dem fraglichen Zeitraum zurückgegangen wären.

c. Kommt der Klagemarke eine normale Kennzeichnungskraft zu, kann bei gegebener Warenidentität der Schutzbereich nicht auf die Verwendung von mit der Klagemarke identischen Farbtönen beschränkt werden. Soweit bei Farbmarken eine Beschränkung des Schutzbereiches auf den konkret eingetragenen Farbton erörtert wird (BGH aaO - violettfarben; aaO - Farbmarke gelb/grün), liegt dem die Annahme einer lediglich geringen Unterscheidungskraft zugrunde, während bei normaler oder gesteigerter Kennzeichnungskraft der Schutzbereich anders zu bestimmen ist (so auch OLG Bremen aaO - lila Verpackung; Schweyer, in v. Schultz, Markenrecht, § 14 Rdn. 94; vgl. auch Ströbele, GRUR 1999, 1041, 1049 re. Sp. unten, 1050), auch wenn sich im Hinblick auf die geringe Differenzierungsfähigkeit des Verkehrs bei der Wahrnehmung von Farbunterschieden (HABM aaO S. 70 Rdn. 14 - Aral blau weiß und aaO S. 449 Rdn. 12 - Farbmarke orange/hellgrau; Sack, WRP 2001, 1022, 1030 mwN) Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Ähnlichkeitsbereichs ergeben (vgl. Völker, WRP 2002, 639, 646).

aa. Wie bereits oben unter 3.c erörtert, kann für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit nicht darauf abgestellt werden, dass die Behältnisse der drei gegenständlichen Produkte die Wortmarke "Flexitime" bzw. den Hinweis auf die Firma der Beklagter aufweisen. Denn die angegriffenen Farben werden nicht nur zusammen mit diesen Wortzeichen in der Werbung und auf den Behältnissen, wie aus dem Originalprospekt der Beklagten ersichtlich, verwendet, vielmehr nimmt der angesprochene Verkehr die Farben der Abdruckmassen als eigenständige Kennzeichnungsmittel zur Kenntnis (vgl. hierzu BGH aaO S. 174 re. Sp., 175 - Marlboro-Dach, mwN; Schweyer aaO § 14 Rdn. 93); insbesondere tritt ihm die Farbe nach dem Mischvorgang "isoliert" ohne die Wort-Kennzeichnungen gegenüber. Hierin liegt gerade die Besonderheit bei der Verwendung der durch die Farben gekennzeichneten "unverpackten" Produkte, der bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr Rechnung zu tragen ist. Dabei kann der Beklagten auch nicht gefolgt werden, wenn sie unter Hinweis auf die Entscheidung "Vienetta" die Auffassung vertritt, auf diesen, "unverpackten" Zustand ihres fertigen Produkts beim Abdruckvorgang sowie im Zeitraum der danach folgenden Weiterbearbeitung könne nicht abgestellt werden. In dieser Entscheidung (GRUR 2001, 443, 445 re. Sp. oben) wurde der äußeren Gestaltung des unverpackten Speiseeises unter Berücksichtigung aller Umstände des dortigen Sachverhalts (so auch nachfolgend BGH GRUR 2002, 275, 277 re. Sp. unter b. - Noppenbahnen) keine maßgebliche Bedeutung beigemessen:

"Davon abgesehen, dass das Eis in dem so präsentierten Zustand ohnehin nur sehr begrenzt haltbar ist, treten mit der Portionierung die an den Schnittflächen augenfälligen substanzmäßigen sowie die auf Grund des Blätterteigeffekts auch in geschmacklicher Hinsicht bestehenden - unstreitigen - Unterschiede gegenüber der allenfalls für eine Herkunftstäuschung sprechenden Wellenform des Eises deutlich in den Vordergrund. Dementsprechend liegt auch die Annahme fern, dass sich eine bei der Präsentation des ausgepackten Produkts auf Grund der Wellenstruktur ergebende Ähnlichkeit des Eises "Cafe au Lait" mit dem Eis "Vienetta" auf eine in der Zukunft zu treffende weitere Kaufentscheidung auswirken wird. Von einer Herkunftstäuschung nicht unbeachtlicher Teile des Verkehrs kann insoweit nicht gesprochen werden."

Demgegenüber stellt sich die Verarbeitungs- und Gebrauchssituation bei den Zahnabdrucksmassen so dar, dass die Wort-Kennzeichnungen auf den Behältnissen zum Teil schon nach der Einbringung in die Mischapparaturen nicht mehr oder nicht mehr ohne weiteres erkennbar sind - etwa bei der Benutzung von Schlauchfolienbeuteln. In den meisten Fällen wird die Herstellung der Abdruckmasse - Mischvorgang - von Hilfspersonal vorgenommen. D.h. vielfach wird der Zahntechniker/Zahnarzt bei der Anfertigung von Abdrücken und deren anschließender Weiterbearbeitung nur mit der Farbe der Abdruckmasse als Herkunftshinweis des von ihm gerade verwendeten Produkts befasst, die als Identifizierungsmerkmal bei weiteren Bestell-/Kaufvorgängen von Bedeutung sein kann.

bb. Bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit ist auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen abzustellen, der bei Farben von dem Farbwahrnehmungsvermögen des maßgeblichen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der betreffenden Warenart bestimmt wird. Da auch den angesprochenen Zahnärzten, Zahntechnikern und dem medizinischen Hilfspersonal die für die Klägerin geschützte Farbe und die von den Beklagten verwendeten Einfärbungen der Zahnabdruckmassen regelmäßig nicht nebeneinander begegnen, ist darauf abzustellen, ob sie der Gefahr unterliegen, dass sie die Klagemarke, so, wie sie sie im Gedächtnis behalten haben, in den angegriffenen Farbgestaltungen wiederzuerkennen glauben (EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 Rdn. 26 - Lloyd; BGH aaO S. 160 - Drei-Streifenkennzeichnung, mwN).

Ist - wie vorstehend ausgeführt (4.c) - eine Beschränkung des Schutzbereiches der Klagemarke auf die Verwendung eines identischen Farbtones unter Berücksichtigung der gegebenen Warenidentität und der Annahme von (mindestens) durchschnittlicher Kennzeichnungskraft nicht zu rechtfertigen, kann es bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit nach den vorstehenden Grundsätzen auch nicht entscheidend darauf ankommen, wie die sich gegenüberstehenden Farbtöne in ein bestimmtes Farbklassifizierungssystem einzuordnen sind, denn der angesprochene Verkehr nimmt weder die Erfassung der Klagemarke noch der angegriffenen Farbtöne nach derartigen Ordnungskriterien vor. Maßgeblich kann nur sein, ob die angegriffenen Kennzeichnungen einen für ihn hinreichend deutlich wahrnehmbaren Abstand halten, um eine Differenzierung zwischen dem mit der Klagemarke gekennzeichneten Produkt der Klägerin und den angegriffenen Produkten zu ermöglichen. Ein derart hinreichender Abstand im Gesamteindruck ist zu verneinen. Die vorhandenen Abweichungen können von den Mitgliedern des Senats bei Gegenüberstellung der Klagemarke und der jeweiligen angegriffenen Farbgestaltung wahrgenommen werden. Eine Unterscheidung aus dem Gedächtnis ist dagegen nicht möglich. Dass die angesprochenen Verkehrskreise über ein ausgeprägteres Farbwahrnehmungs- und Unterscheidungsvermögen als die Mitglieder des Senats besitzen, kann nicht angenommen werden. Dies wird auch von der Beklagten nicht geltend gemacht.

(1) Die angegriffene Abdruckmasse "Flexitime Easy Putty" (Anlage K 6) weist gegenüber der Klagemarke (Anlage K 3) zwar weniger rote Farbanteile auf. Dass diese bei Gegenüberstellung der beiden Farbmuster feststellbaren Unterschiede bei einer Betrachtung der angegriffenen Farbgestaltung anhand des Erinnerungsbildes von der Klagemarke wahrgenommen werden, erscheint dagegen im Hinblick auf die nur geringfügig vorhandenen Abweichungen weitgehend ausgeschlossen.

(2) Diese Beurteilung gilt auch hinsichtlich der angegriffenen Abdruckmasse "Flexitime Heavy Tray" (Anlage K 6), die ebenfalls bei Gegenüberstellung mit der Klagemarke feststellbare Unterschiede - mehr Anteil an Grautönen - aufweist. Eine hinreichend deutliche Unterscheidbarkeit aus der Erinnerung ist aber auch hier nicht gewährleistet, was auch dadurch belegt wird, dass die Farbgestaltungen von "Flexitime Heavy Tray" und "Flexitime Easy-Putty" ebenfalls nur bei genauer Betrachtung und Gegenüberstellung unterschieden werden können.

(3) Das dritte angegriffene Produkt "Flexitime Mono Phase" (Anlage K 4) ist in seiner Farbgebung ebenfalls nicht hinreichend von der Klagemarke unterscheidbar, da die vorhandenen Unterschiede - mehr Anteil an Rottönen - bei einer Gegenüberstellung zwar zu Tage treten; eine Realisierung diese Farbabweichung bei Zugrundelegung eines Erinnerungsbildes der Klagemarke ist aber nicht gewährleistet.

d. Dem Unterlassungsanspruch der Klägerin steht auch § 23 Nr. 2 MarkenG nicht entgegen.

Dabei ist zu Gunsten der Beklagten davon auszugehen, dass der Anwendbarkeit dieser Bestimmung nicht bereits entgegensteht, dass die Beklagte die Bezeichnung auch markenmäßig benutzt, nämlich um ihre Produkte von anderen Waren zu unterscheiden und um die Herkunft der Waren zu kennzeichnen (vgl. die Darstellung des Meinungsstandes hierzu bei BGH WRP 2002, 547, 549 - GER-RI/KERRY Spring), da eine beschreibende Verwendung im Sinne dieser Bestimmung nicht vorliegt. Hierfür wäre es erforderlich, dass die angegriffenen Farbgestaltungen als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften der Abdruckmassen, wie insbesondere ihre Art, ihre Beschaffenheit oder ihre Verwendung benutzt würden. Dies kann nicht festgestellt werden. Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass den angegriffenen Farbgestaltungen (noch den sonstigen von den Parteien oder den Mitbewerbern verwendeten Einfärbungen der Abdruckmassen) in Bezug auf die Art, Beschaffenheit oder die Verwendung eine hersteller- und markenübergreifende Bedeutung zukommen würde (vgl. BGH aaO S. 175 - li. Sp. - Marlboro-Dach).

Unabhängig davon, ob dieser Gesichtspunkt nach den obigen Ausführen überhaupt Bedeutung gewinnen könnte, ergibt sich aus dem Vorbringen der Beklagten auch nicht, dass sie bei der Ausweitung ihrer Produktpalette darauf angewiesen war, die angegriffenen Farbtöne zur Unterscheidung ihrer Produkte zu wählen, wie die Klägerin unter Hinweis auf die umfangreiche bei Zahnabdruckmassen verwendete Farbpalette (siehe die vorgelegten Farbmuster) mit Recht geltend macht.

III. Schadensersatzanspruch

1. Die Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig, da die Klägerin ohne Kenntnis des Umfangs der Verletzungshandlungen ihren Anspruch nicht geltend machen kann (vgl. BGH GRUR 2001, 1177 - Feststellungsinteresse II).

2. Der Anspruch ist gemäß § 14 Abs. 6, Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auch begründet, da den für die Beklagten handelnden Personen (§ 14 Abs. 7 MarkenG) bzw. ihrem gesetzlichen Vertreter (§ 31 BGB) jedenfalls Fahrlässigkeit zur Last zu legen ist (vgl. zu den strengen Prüfungspflichten Ingerl/Rohnke, Vor §§ 14-19 Rdn. 60/62). Dies gilt auch für den Zeitraum vor der Abmahnung der Klägerin vom 20.10.2000 (Anlage K 7), da sich die Beklagte aus den oben unter II. genannten Gründen nicht berechtigterweise darauf verlassen durfte, dass die Veröffentlichung der Markenurkunde die Farbgestaltung verlässlich wiedergibt. Dass sie die angegriffenen Farbgestaltungen im Vertrauen auf die abweichende Farbwiedergabe in der Veröffentlichung gewählt hat, wird von ihr selbst nicht geltend gemacht, zumal ihr die von der Klägerin tatsächlich benutzte Farbe (Anlage K 3) zweifelsfrei bekannt war. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem vorprozessualen Schriftwechsel (siehe Anlagen B 3 -B 6).

IV. Auskunftsanspruch

Im tenorierten Umfang steht der Klägerin ein Auskunftsanspruch zu (§ 19 Abs. 1, 2, 5 MarkenG, § 242 BGB).

1. Gemäß § 19 Abs. 1 MarkenG hat der Markeninhaber einen Auskunftsanspruch hinsichtlich der Herkunft und des Vertriebswegs der widerrechtlich gekennzeichneten Gegenstände. Nach Abs. 2 sind Namen und Anschriften des Herstellers, des Lieferanten und anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder des Auftraggebers bekanntzugeben. Darüberhinaus besteht eine Auskunftspflicht hinsichtlich der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Gegenstände. Die von § 19 MarkenG nicht erfasste Auskunft über Verletzerumsätze, Werbung etc. ergibt sich aus dem gewohnheitsrechtlich aus § 242 BGB hergeleiteten allgemeinen Auskunftsanspruch (BGH GRUR 1995, 50, 53 - Indorektal/Indohexal, mwN; vgl. weiter BGH GRUR 2002, 238, 241 f - Nachbauauskunft-Pflicht). Da die Auskunft dem Markeninhaber ermöglichen muss, seine Schadensersatzansprüche nach allen Berechnungsalternativen zu berechnen, sind insbesondere Angaben zu machen, die die Intensität der Benutzung belegen. Hierzu gehören in der Regel die Verletzerumsätze und Angaben zu Art und Umfang der getätigten Werung, nicht jedoch Lieferpreise oder interne Aufschlüsselungen der Verletzerumsätze (BGH aaO S. 55 - Indorektayindohexal; GRUR 1991, 153, 155 - Pizza & Pasta; GRUR 1980,227,233 - Monumenta Germaniae Historica; Ingerl/Rohnke, Vor §§ 14 - 19 Rdn. 84 f mwN).

2. Nach diesen Grundsätzen kann die Klägerin - wie im Termin erörtert - keine Auskunft über die "Gestehungskosten unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren", die Lieferpreise, die Angebotspreise sowie über die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger verlangen.

Grundsätzlich kann der Markeninhaber vom Verletzer auch den Verletzergewinn herausverlangen. Dieser beschränkt sich jedoch lediglich auf den Betriebsgewinn, der gerade auf die Kennzeichenbenutzung zurückgeht (BGH aaO S. 55 - Indorektal/Indohexal; GRUR 1973, 375, 378 - Miss Petite; GRUR 1961, 354, 355 - Vitasulfat), sodass diese Art der Schadensberechnung in der Regel nur in Fällen der typischen Produktpiraterie gewählt werden wird, bei denen die Produkte erfahrungsgemäß nur wegen der widerrechtlich angebrachten Kennzeichnung gekauft werden (vgl. Rohnke, in Mes, Münchner Prozessformularbuch, Bd. 4, S. 297). Eine derartige Fallgestaltung steht vorliegend nicht in Rede. Aber auch wenn somit lediglich der auf die Kennzeichenverletzung entfallende Schadensanteil lediglich im Wege der Schätzung ermittelt werden kann, können hierfür Umsatzangaben keine taugliche Schätzungsgrundlage sein, da sie keinen Aufschluss darüber geben, ob überhaupt bzw. in welcher Höhe ein Gewinn erzielt wurde (vgl. BGH GRUR 1993, 55, 59 - Tchibo/Rolex II, wo hinsichtlich der Schätzensschätzung auf eine gewisse Quote des Verletztergewinns abgestellt wird; ebenso Ingerl/Rohnke, Vor §§ 14 - 19 Rdn. 65). Folglich könnte ein Auskunftsanspruch hinsichtlich der geforderten Angabe zum Gewinn nur dann verneint werden, wenn eine solche Auskunftsverpflichtung im Hinblick auf diese "Schwäche" der Berechnungsart als unverhältnismäßige Belastung der Beklagten angesehen werden müsste (vgl. BVerfG NJW 1999,2880; BGH GRUR 1991, 921, 924 - Sahnesiphon; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 38 Rdn. 9; Köhler, GRUR 1996, 82, 88), wovon auch unter Berücksichtigung der Konkurrenzsituation nicht ausgegangen werden kann. Dies wird auch von der Beklagten nicht geltend gemacht.

3. Nach dem Vorbringen der Beklagten hat sie den Vertrieb der streitgegenständlichen Produkte ab Mitte 2000 aufgenommen, sodass der Klägerin ab dem 1.7.2000 ein Auskunftsanspruch zuzusprechen war (vgl. BGH aaO S. 54 - Indorektal/Indohexal).

V. Da Ansprüche der Klägerin wegen Markenrechtsverletzung nach § 14 Abs. 5, 6, 2 Nr. 2 MarkenG auf Grund gegebener Verwechslungsgefahr bestehen, bedarf es keiner weiteren Prüfung, ob die geltend gemachten Ansprüche auf § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG oder § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt einer unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder des Rufes der Klagemarke gestützt werden können (vgl. BGH GRUR 2002, 167, 171 - Bit/Bud; aaO S. 175 re. Sp. - Marlboro-Dach).

VI. Nebenentscheidungen

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 ZPO. Eines Ausspruchs durch das Gericht, dass eine Sicherheitsleistung von Seiten der Klägerin auch durch Bankbürgschaft erbracht werden kann, bedurfte es nach der Änderung von § 108 ZPO zum 1.1.2002 nicht mehr; dies ergibt sich nunmehr bereits aus dem Gesetz (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 108 Rdn. 5).

2. Gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO war die Revision zuzulassen, da der Rechtssache im Hinblick auf mehrere zu beurteilende Rechtsfragen (Gegenstand der Klagemarke; Bestimmung der Unterscheidungskraft und Bemessung des Schutzumfangs bei einer abstrakten Farbmarke) grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Ende der Entscheidung

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