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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 24.06.2008
Aktenzeichen: 31 AR 74/08
Rechtsgebiete: WEG, ZPO


Vorschriften:

WEG § 43
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3
1. Bestimmung eines sachlich gemeinsam zuständigen Gerichts für Klage gegen Wohnungseigentümer und dessen Mieter.

2. Die "Abteilung für Wohnungseigentumssachen" beim Amtsgericht ist kein gesetzlich bestimmter besonderer Spruchkörper. Eine Bestimmung durch das übergeordnete Gericht, dass für eine Klage innerhalb des Amtsgerichts die Abteilung für Wohnungseigentumssachen zuständig ist, findet deshalb nicht statt.


Gründe:

I.

Die Antragstellerin, Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft in Passau, nimmt die Antragsgegnerin zu 1 als Wohnungseigentümerin und die Antragsgegnerin zu 2 als Mieterin wegen Störungen und Belästigungen auf Unterlassung in Anspruch. Den Streitwert hat sie vorläufig mit 10.000 EUR angegeben. Sie hat die Bestimmung des Amtsgerichts Passau - Abteilung für Wohnungseigentumssachen - als gemeinsam zuständiges Gericht beantragt.

II.

Die Voraussetzungen der Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor, soweit es um die Bestimmung eines gemeinsam sachlich zuständigen Gerichts geht. Ein Ausspruch dahin, dass die Abteilung für Wohnungseigentumssachen zuständig ist, erfolgt nicht.

a) Die Antragsgegner sollen als Streitgenossen (§§ 59, 60 ZPO) verklagt werden. Das ist trotz des Umstands, dass es sich nur bei dem gegen die Wohnungseigentümerin gerichteten Unterlassungsanspruch um eine Wohnungseigentumssache handelt (§ 43 Nr. 1 WEG), möglich. Die zum 1.7.2007 in Kraft getretene WEG-Reform hat die neu eingehenden Wohnungseigentumssachen der Zivilprozessordnung unterworfen. Die für WEG-Sachen geltenden besonderen Verfahrensregelungen (§§ 44 ff. WEG) ändern nichts an der nunmehr gebotenen Qualifizierung der WEG-Sachen als streitige ZPO-Verfahren. Für die WEG-Verfahren hat das Gesetz - im Unterschied etwa zu den Familiensachen (vgl. § 23b GVG) - keine besonderen Spruchkörper ("Abteilungen") angeordnet.

Demgemäß ist kein durchgreifendes gesetzliches Hindernis ersichtlich, eine WEG-Sache mit einer sonstigen streitigen Zivilsache zu verbinden (§ 147 ZPO), den Wohnungseigentümer und dessen Mieter als Streitgenossen zu verklagen (§ 59, 60 ZPO) und gegebenenfalls für derartige Klagen nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ein örtlich und sachlich gemeinsam zuständiges Gericht zu bestimmen (vgl. Senatsbeschluss vom 20.2.2008, OLG-Report 2008, 345). Allerdings wäre im Falle isolierter Klagen für die allgemeine Streitklage unter Umständen ein anderes Landgericht als Berufungsgericht zuständig als für die WEG-Klage, für die das Gesetz nach Maßgabe des § 72 Abs. 2 Satz 1 GVG eine Zuständigkeitskonzentration bestimmt. Das stellt aber ebenfalls kein Hindernis dar. Dass sich durch die Bestimmung eines sachlich gemeinsam zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO für eine der Klagen die Eingangszuständigkeit und als deren Folge auch der Rechtmittelzug ändert, ist der Bestimmung immanent. Ebenso ist etwa anerkannt, dass im Ausland und im Inland ansässige Beklagte gemeinsam als Streitgenossen verklagt werden können, ungeachtet der in § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b GVG abweichend geregelten Berufungszuständigkeit des Oberlandesgerichts für den im Ausland ansässigen Beklagten (zur Berufungszuständigkeit in Fällen solcher Streitgenossenschaft vgl. BGH vom 13.5.2003 = NJW 2003, 2686). § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b GVG ist für die vorliegende WEG-Sache nicht anwendbar (§ 72 Abs. 2 Satz 2 GVG) und hier nur als Beispiel dafür gebracht, dass der Rechtsordnung die Verbindung von Klagen, für die isoliert gesehen unterschiedliche Rechtsmittelzuständigkeiten bestehen, nicht fremd ist.

b) Das Amtsgericht ist für beide Klagen örtlich zuständig (§ 43 Nr. 1 WEG; §§ 12, 13 ZPO). Für die WEG-Sache ist das Amtsgericht auch sachlich ausschließlich zuständig (§ 23 Nr. 2 Buchst. c GVG). Dagegen gehört die Klage gegen die Mieterin zur Zuständigkeit des Landgerichts, wenn der Streitwert 5.000 EUR übersteigt (§ 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1 GVG). Das kann hier nicht ausgeschlossen werden. Zwar hält die Antragsgegnerin zu 1 den von der Antragstellerin angegebenen Streitwert von 10.000 EUR für "völlig überzogen", doch sind die Störungen, deren Unterlassung verlangt wird, nach dem insoweit maßgeblichen Klagevorbringen recht massiv. Im Zweifelsfall kann der Senat die beantragte Bestimmung vornehmen.

2. Der Senat bestimmt das Amtsgericht Passau als zuständig, das für eine der beiden beabsichtigten Klagen ohnehin örtlich wie sachlich ausschließlich zuständig ist.

3. Dem weitergehenden Begehren, innerhalb des Amtsgerichts die Abteilung für Wohnungseigentumssachen als zuständig zu bestimmen, kann nicht entsprochen werden. Die Abteilung für Wohnungseigentumssachen ist kein gesetzlich bestimmter besonderer Spruchkörper. Es ist allein Sache des Präsidiums des Amtsgerichts, wie es die Richtergeschäftsaufgaben hinsichtlich der WEG-Sachen und der sonstigen streitigen Zivilsachen verteilt und ob es überhaupt eine spezielle Sachgebietszuständigkeit für WEG-Sachen vorsieht (was bei größeren Amtsgerichten im Hinblick auf die erforderlichen Spezialkenntnisse sicherlich sinnvoll, aber nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, vgl. Niedenführ NJW 2008, 1768/1769). Demgemäß kann der Senat dem Amtsgericht auch nicht vorgeben, wem die Bearbeitung einer Klage obliegt, die in Richtung gegen einen Streitgenossen eine WEG-Sache und in Richtung gegen einen anderen Streitgenossen eine sonstige streitige Zivilsache ist. Über einen etwa entstehenden gerichtsinternen Zuständigkeitsstreit hätte nicht das übergeordnete Gericht analog § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu entscheiden, sondern das Präsidium des Amtsgerichts.



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