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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 15.05.2006
Aktenzeichen: 31 Wx 27/06
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 29a
Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist eine außerordentliche Beschwerde, mit der die Verletzung anderer Verfahrensgrundsätze als die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt wird, jedenfalls dann nicht statthaft, wenn ein Fall greifbarer Gesetzwidrigkeit erkennbar nicht vorliegt.
Gründe:

I.

Der Antragsteller war seit der Gründung der Antragsgegnerin bis zu seiner Abberufung im Jahr 2001 Geschäftsführer der Antragsgegnerin. Mit Beschluss vom 16.2.2006 hat das Landgericht München I den Antrag des Antragstellers, festzustellen, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, dem Antragsteller persönlich und/oder durch einen Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer und/oder Steuerberater u. a. Einsicht in ihre Bücher und Schriften zu gestatten, in dem Umfang stattgegeben, dass es festgestellt hat, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, dem Antragsteller durch einen Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer und/oder Steuerberater Einsicht in ihre Bücher und Schriften zu gestatten. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen und ferner die sofortige Beschwerde nicht zugelassen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde, mit der er sein Begehren auf persönliche Einsichtnahme in die Bücher der Antragsgegnerin weiter verfolgt und die er zugleich damit begründet, dass die angegriffene Entscheidung greifbar gesetzwidrig und für ihn eine Überraschungsentscheidung gewesen sei.

II.

Das Rechtsmittel ist weder als sofortige Beschwerde noch als außerordentliche Beschwerde statthaft.

1. Bei gerichtlichen Entscheidungen über das Auskunft- und Einsichtsrecht findet die sofortige Beschwerde nur statt, wenn sie das Landgericht in der Entscheidung für zulässig erklärt hat (§ 51b Satz 1 GmbHG, § 132 Abs.3 Satz 2 AktG). Das Landgericht München I hat unter Ziffer 5 des angegriffenen Beschlusses die sofortige Beschwerde ausdrücklich nicht zugelassen.

Diese Nichtzulassung ist bindend; die Entscheidung über die Zulassung unterliegt nicht der Nachprüfung durch das höhere Gericht (BayObLGZ 2002, 369/371).

2. Als außerordentliche Beschwerde ist das eingelegte Rechtsmittel weder wegen Verletzung rechtlichen Gehörs noch wegen Verletzung sonstiger Verfahrensvorschriften zulässig.

a) Gemäß § 29a FGG, der für das Auskunfts- und Einsichtsverfahren im vorliegenden Fall zur Anwendung kommt (§ 51 b Abs.1 GmbHG i.V.m. § 132 Abs.3 Satz 1, § 99 AktG) ist das Verfahren auf Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten in derselben Instanz fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder eine andere Abänderungsmöglichkeit nicht mehr gegeben ist und das Gericht den Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 29 a Abs.1 FGG). Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber - entsprechend § 321a ZPO - eine Möglichkeit der Selbstkorrektur der entscheidenden Instanz geschaffen. Soweit der Antragsteller die Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, wäre hierfür gegebenenfalls der Rechtsbehelf nach § 29 a FGG eröffnet gewesen. Eine außerordentliche Beschwerde wegen Verletzung rechtlichen Gehörs ist daher insoweit nicht statthaft (vgl. OLG Zweibrücken, FamRZ 2006, 555).

b) Ob die Vorschrift des § 29a FGG über ihren Wortlaut hinaus nicht nur bei Gehörsverletzungen Anwendung findet, sondern auch bei Verletzungen anderer Verfahrensgrundrechte im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, und ob eine solche Rüge mittels Gegenvorstellung in derselben Instanz oder durch außerordentliche weitere Beschwerde in nächst höherer Instanz geltend zu machen ist, kann dahinstehen. Die umstrittene Frage braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden (offen gelassen: BGH vom 19.7.2004, Beck RS 2004 Nr.07643; OLG Zweibrücken FamRZ 2006, 555; Keidel/Kahl FGG 15. Aufl. § 19 Rn. 39, dafür Bumiller/Winkler FGG 8.Aufl. § 29a FGG Rn.1, § 19 Rn.15; dagegen für § 133a FGO; BFH NJW 2006, 861 Leitsatz 1; KG FGPrax 2005, 66). Denn die vom Antragsteller weiter geltend gemachten Verfahrensverstöße würden die Zulassung des Rechtsbehelfs der außerordentlichen Beschwerde jedenfalls im vorliegenden Fall nicht rechtfertigen.

aa) Nur unter bestimmten engen Voraussetzungen könnte die Zulassung einer außerordentlichen Beschwerde überhaupt in Betracht kommen, nämlich in den Fällen, in denen die angefochtene Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt, inhaltlich dem Gesetz fremd ist, wozu die Nichtbeachtung wesentlicher Verfahrensvorschriften alleine nicht ausreicht. Vielmehr hat sich der Rechtsbehelf der außerordentlichen Beschwerde auf wirkliche Ausnahmefälle krassen Unrechts zu beschränken (so BayObLGZ MittBayNot 2000, 136; KG FGPrax 2005, 66; OLG München OLG Report 2005, 896/897).

bb) Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall erkennbar nicht vor.

Weder nach dem Vortrag des Beschwerdeführers noch aus den Akten sind Gesichtspunkte erkennbar, die dafür sprechen könnten, dass die Entscheidung des Landgerichts jeder rechtlichen Grundlage entbehren würde.

Auf hinreichend bestimmten Antrag eines Gesellschafters hin, der die Art der begehrten Information ausreichend zu bezeichnen hat, ist die Feststellung zu treffen, dass die begehrte Einsicht zu gewähren ist (§§ 51a, 51b GmbHG; vgl. Baumbach/ Hueck/Zöllner GmbHG 18. Aufl. § 51b Rn. 4, 8; Roth/Altmeppen GmbHG 5. Aufl. § 51b Rn. 5). Eine höchstpersönliche Ausübung des Informationsrechts durch den Gesellschafter ist nicht geboten (vgl. BGHZ 25, 123).

Diesen Anforderungen ist das Landgericht in dem angegriffenen Beschluss gerecht geworden, denn es hat dem hinreichend bestimmten Antrag, in dem die Einsichtnahme durch den Beschwerdeführer und/oder einen Rechtsanwalt etc. beantragt wurde, nach seinem eindeutigen Wortlaut im gestellten Umfang teilweise entsprochen.

Der Beschwerdeführer rügt vor allem die unzureichende bzw. fehlerhafte Auslegung seines Antrags. Hierauf kann die Statthaftigkeit der außerordentlichen Beschwerde nicht gestützt werden; denn weder fehlerhafte Rechtsanwendung noch Nichtbeachtung wesentlicher Verfahrensvorschriften würden die Statthaftigkeit einer außerordentlichen Beschwerde begründen können (vgl. Keidel/Kahl aaO).

Über die Frage, ob der Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 10.3.2006 als Anhörungsrüge oder als Gegenvorstellung ausgelegt werden kann, hat das Landgericht in eigener Zuständigkeit zu entscheiden. Für die hilfsweise beantragte Rückverweisung besteht daher kein Raum.

3. Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Verfahren der sofortigen Beschwerde beruht auf § 51b Satz 1 GmbHG, § 131 Abs.5 Satz 6 AktG. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen des Landgerichts im angegriffenen Beschluss an.



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