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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 20.06.2006
Aktenzeichen: 31 Wx 36/06
Rechtsgebiete: AktG


Vorschriften:

AktG § 258
1. Wird ein Antrag auf Bestellung von Sonderprüfern vor Fristbeginn gestellt, mag er zu diesem Zeitpunkt unzulässig sein. Jedenfalls mit Fristbeginn wird ein solcher Antrag wirksam, soweit er vom Antragsteller weiterverfolgt wird.

2. Die Versicherung des depotführenden Instituts nach § 258 Abs. 2 Satz 4 AktG ist nur wirksam, wenn sie gegenüber dem zur Entscheidung berufenen Gericht abgegeben wird. Andernfalls würde keine Gleichwertigkeit mit der Hinterlegung von Aktien erreicht.

3. Für die Begründetheit eines Antrags auf Bestellung von Sonderprüfern reicht es aus, dass der Antragsteller einzelne konkrete Sachverhaltselemente vorträgt, die für einen verständigen und objektiv Beurteilenden den Schluss auf eine nicht unwesentliche Unterbewertung nahe legen. Es genügt sonach ein diesbezüglicher Anfangsverdacht.


Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin ist eine beim Registergericht K. eingetragene Aktiengesellschaft, deren Grundkapital zum 31.12.2004 3.738.821,74 EUR betrug und in 1.462.500 Stückaktien eingeteilt war. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 4.7.2005 beantragten die Antragsteller zu 1 bis 5 die Bestellung von Sonderprüfern zur Überprüfung des geänderten Jahresabschlusses der Antragsgegnerin für das Geschäftsjahr 2003 in Bezug auf die Posten "Immaterielle Vermögensgegenstände und Sachanlagen, insbesondere die Positionen Grundstücke und Quellrecht, Betriebsgebäude sowie Leergut und Pfandrückstellung". Als Grund für den Antrag wurde angegeben, dass Anhaltspunkte einer nicht unwesentlichen Unterbewertung bestehen. Mit Schriftsatz vom 18.7.2005 stellte auch der Antragsteller zu 6 einen entsprechenden Antrag. Die Antragsteller legten Bankbescheinigungen vor, dass sie Inhaber von Aktien der Antragsgegnerin sind, und zwar der Antragsteller zu 1 in Höhe von 119.000 Stück, die Antragstellerin zu 2 in Höhe von 45.692 Stück, der Antragsteller zu 3 in Höhe von 14.500 Stück, der Antragsteller zu 4 in Höhe von 20.500 Stück, der Antragsteller zu 5 in Höhe von 20.000 Stück und der Antragsteller zu 6 in Höhe von 4.400 Stück. Die für die Antragsteller zu 1 bis 5 ausgestellten Bescheinigungen enthielten jeweils den Zusatz, dass das Kreditinstitut die Aktien bis zur Mitteilung des Amtsgerichts K. über den Beschluss zu dem Sonderprüfungsantrag gesperrt hält. Darüber hinaus legten die Antragsteller zu 1 bis 5 je eine ergänzende Bescheinigung des die Aktien verwahrenden Kreditinstituts vom 13.10.2005 vor, wonach es sich gegenüber dem Amtsgericht K. verpflichtet, dieses über etwaige Veränderungen des hinterlegten und gesperrten Aktienbestandes betreffend die Aktien der Antragsgegnerin zu unterrichten. Mit Schriftsatz vom 7.11. 2005 legte auch der Antragsteller zu 6 die Bestätigung eines Kreditinstituts vor, in welchem sich dieses gegenüber dem Amtsgericht K verpflichtet, es über Veränderungen in dem verwahrten Aktienbestand zu unterrichten.

Bei der Antragsgegnerin ergab sich im Jahr 2004 eine größere Umbildung sowohl des Vorstands als auch des Aufsichtsrats. Die Antragsgegnerin lud am 6.5.2005 im elektronischen Bundesanzeiger ihre Aktionäre zur Hauptversammlung auf den 21.6.2005 ein. Die Einladung wurde im elektronischen Bundesanzeiger am 20.5.2005 wiederholt. Gegenstand der Tagesordnung war u.a. die Vorlage des festgestellten geänderten Jahresabschlusses zum 31.12.2003 sowie des geänderten Lageberichts für die Gesellschaft für das Geschäftsjahr 2003 nebst Bericht des Aufsichtsrats. Der ursprüngliche Jahresabschluss der Antragsgegnerin erhielt mit Prüfungsbericht vom 24.3.2004 einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk der Abschlussprüfer. Nachdem die gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin den Jahresabschluss zum 31.12.2003 geändert hatten, erfolgte eine Nachtragsprüfung. Der geänderte Abschluss der Gesellschaft erhielt am 6.5.2005 ebenfalls einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk. Bei den Änderungen handelte es sich im Wesentlichen um Folgendes: Das im Jahr 1997 erworbene Quellgrundstück, welches bis zum Jahr 2003 unter dem Gliederungsposten der Bilanz "Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte" mit 2.146 TEUR aufgeführt war, wurde im Jahr 2005 nachträglich aufgegliedert in die Vermögensgegenstände "Grundstück" (TEUR 61) und "Quellrecht" (TEUR 2.085) und letzterer immaterieller Vermögensgegenstand für das Geschäftsjahr 2003 um 787 TEUR auf 1.298 TEUR außerplanmäßig abgeschrieben. Des Weiteren erfolgte eine außerplanmäßige Abschreibung des so genannten "alten Fabrikgebäudes" um 833 TEUR auf 200 TEUR. Schließlich nahm die Gesellschaft eine Änderung des Jahresabschlusses für 2003 im Bereich Leergut und Pfandrückstellungen vor.

Die Hauptversammlung vom 21.6.2005 wurde von Aufsichtsrat und Vorstand abgebrochen, weil nach deren Auffassung die Anfechtung etwaiger gefasster Beschlüsse aus formalen Gründen drohte. Eine weitere Hauptversammlung der Antragsgegnerin fand am 30.8.2005 statt. Die Tagesordnung erhielt erneut den Punkt der Vorlage des festgestellten geänderten Jahresabschlusses zum 31.12.2003 und des geänderten Lageberichts der Gesellschaft.

Das Amtsgericht bestellte mit Beschluss vom 20.11.2005 einen Sonderprüfer. Gegenstand der Sonderprüfung sollte die Bewertung der Posten Immaterielle Vermögensgegenstände und Sachanlagen, insbesondere die Positionen Grundstücke und Quellrecht, Betriebsgebäude sowie Leergut und Pfandrückstellung im geänderten Jahresabschluss 2003 sein. Es sah einen Anlass für die Annahme, dass die genannten Positionen in dem festgestellten geänderten Jahresabschluss 2003 nicht unwesentlich unterbewertet sind. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 6.12.2005 hob das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluss auf und wies die Anträge auf Bestellung eines Sonderprüfers zurück. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller, die vom 20.3.2006 datiert.

II.

Die zulässige sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller hat in der Sache überwiegend Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des landgerichtlichen und zur Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Eine ordnungsgemäße Hinterlegung der Aktien der Antragsteller läge nicht vor. Bei stückelosen Aktien genüge eine Bescheinigung der Depot führenden Bank, die lediglich eine Sperrerklärung aufweise, nicht. Vielmehr müsse noch die Verpflichtung der Depotbank gegenüber dem Gericht hinzukommen, dieses über etwaige Veränderungen des Aktienbesitzes zu unterrichten. Die ursprünglichen Bestätigungen über die Verwahrung der Aktien beinhalteten eine solche Verpflichtung gegenüber dem Gericht nicht. Erst mit Schriftsatz vom 17.10.2005 sei bezüglich der Antragsteller zu 1 bis 5 und mit Schriftsatz vom 7.11.2005 bezüglich des Antragstellers zu 6 die Vorlage entsprechender Erklärungen erfolgt. Des Weiteren fehle es auch an dem Anknüpfungspunkt einer dem Antrag auf Bestellung von Sonderprüfern vorausgehenden Hauptversammlung. Unstreitig habe der Aufsichtsratsvorsitzende die Hauptversammlung vom 21.6.2005 während des Verlaufs abgebrochen und sie zur Informationsveranstaltung erklärt. In der neu einberufenen Hauptversammlung vom 30.8.2005 sei der Tagesordnungspunkt über die Vorlage des festgestellten geänderten Jahresabschlusses zum 31.12.2003 vollständig behandelt worden.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

a) Das Gericht bestellt auf Antrag Sonderprüfer, wenn Anlass für die Annahme besteht, dass in einem festgestellten Jahresabschluss bestimmte Posten nicht unwesentlich unterbewertet sind (§ 258 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG). Der Antrag muss innerhalb eines Monats nach der Hauptversammlung über den Jahresabschluss gestellt werden (§ 258 Abs. 2 Satz 1 AktG).

Entgegen der Auffassung des Landgerichts bestehen keine Einwände gegen die Wahrung der Antragsfrist. Es trifft zwar zu, dass binnen der gesetzlich vorgesehenen Monatsfrist des § 258 Abs. 2 Satz 1 AktG bei Stellung der Anträge vom 4. und 18.7.2005 keine Hauptversammlung über den geänderten Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2003 vorgelegen hatte. Denn die Hauptversammlung vom 21.6.2005 wurde vom Versammlungsleiter ohne formellen Beschluss über den Tagesordnungspunkt der Vorlage des geänderten Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2003 beendet. Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob eine Hauptversammlung, die einen solchen Tagesordnungspunkt enthält, für die Statthaftigkeit des Antrags ausgereicht hätte, wenn aus Gründen, die die Antragsteller nicht zu vertreten haben, über diesen Tagesordnungspunkt nicht abgestimmt wird. Jedenfalls fand dieser Tagesordnungspunkt Eingang in die Hauptversammlung vom 30.8.2005 und wurde dort auch abschließend behandelt. Zu diesem Zeitpunkt hat die Monatsfrist des § 258 Abs. 2 Satz 1 AktG zu laufen begonnen. Wird ein Antrag vor Fristbeginn gestellt, mag er unzulässig oder unbegründet gewesen sein. Jedenfalls mit Fristbeginn wird ein solcher Antrag wirksam, soweit er vom Antragsteller weiterverfolgt wird (vgl. BayObLGZ 2002, 56/64; OLG Stuttgart DB 1992, 1470). Die Forderung, den Antrag innerhalb der Frist neu zu stellen, wäre sinnlose Förmelei. Hier haben die Antragsteller nach der Hauptversammlung vom 30.8.2005, welche zweifellos die Antragsvoraussetzung einer Hauptversammlung über den Jahresabschluss begründete, ihre Anträge weiterverfolgt. Einwände in Bezug auf die Frist sind deshalb insoweit nicht zu erheben.

b) Die Antragsteller erreichten des Weiteren das zum Zeitpunkt der Antragstellung gesetzlich vorgeschriebene Quorum von 1/20 des Grundkapitals (§ 258 Abs. 2 Satz 3 AktG a.F.). Ob hier auf den durch das UMAG mit Wirkung vom 1.11.2005 herabgesetzten Schwellenwert (§ 258 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 142 Abs. 2 AktG) abzustellen wäre, bedarf keiner Entscheidung, denn die Antragsteller erfüllen die erforderlichen Voraussetzungen in jedem Fall.

c) Eine zulässige Antragstellung setzt schließlich voraus, dass die Antragsteller die antragsbegründenden Aktien bis zur Entscheidung über den Antrag hinterlegen. Nach § 258 Abs. 2 Satz 4 AktG in der ab 1.11.2005 geltenden Fassung reicht es ferner aus, eine Versicherung des Depot führenden Kreditinstituts vorzulegen, dass die Aktien vor der Entscheidung über den Antrag nicht veräußert werden. Entgegen der Auffassung des Landgerichts und der Antragsgegnerin haben die Antragsteller die Hinterlegungsanforderungen des § 258 Abs. 2 Satz 4 AktG erfüllt. In Verfahren auf Bestellung von Sonderprüfern muss die Zulässigkeitsvoraussetzung der Hinterlegung der Aktien für die Dauer des Verfahrens über die Entscheidung gewährleistet sein (vgl. BayObLG AG 2005, 244/245 zu § 142 AktG; MünchKomm AktG/Hüffer 2. Aufl. § 258 Rn. 46). Welche Anforderungen bei sammelverwahrten Aktien an eine Hinterlegung zu stellen sind, ist nicht abschließend geklärt. Nach § 258 Abs. 2 Satz 4 AktG i.d.F. des UMAG vom 22.9.2005 reicht ab Inkrafttreten dieses Gesetzes zum 1.11.2005 aus, dass die Antragsteller eine Versicherung des Depot führenden Kreditinstituts vorlegen, wonach die Aktien bis zur Entscheidung über den Antrag nicht veräußert werden. Für die Zeit davor bedurfte es einer Maßnahme, die bei stückelosen Aktien als gleichwertig zur körperlichen Hinterlegung angesehen werden konnte (BayObLG AG 2005, 244/245). Eine solche geeignete Maßnahme kann jedenfalls eine selbständige Verpflichtung des Depot führenden Kreditinstituts gegenüber dem Gericht oder der Gesellschaft sein, den daraus Berechtigten über jegliche Veränderung in Bezug auf den antragsbegründenden Aktienbestand zu unterrichten (vgl. BayObLG AG 2005, 244/246).

Die Neufassung von § 258 Abs. 2 Satz 4 AktG hat in Bezug auf die Anforderungen an eine Hinterlegung keine grundlegenden Änderungen gebracht. Denn die Bestimmung äußert sich nicht dazu, wem gegenüber die jetzt zulässige Versicherung durch das Depot führende Kreditinstitut abzugeben ist. Auch die Gesetzesbegründung ergibt hierzu keine Anhaltspunkte (vgl. BT-Drucks. 15/5092 S. 30 f.). Würde man eine Versicherung der Depotbank gegenüber ihrem Kunden ausreichen lassen, wäre nicht gewährleistet, dass das Gericht oder die Gesellschaft von einer Änderung des antragsbegründenden Aktienbestandes Kenntnis erhält (vgl. hierzu BayObLG AG 2005, 244/245). Nachdem § 258 Abs. 2 Satz 4 AktG die Gleichwertigkeit der Hinterlegung und der Versicherung des Depot führenden Kreditinstituts unterstellt, ist nach vorstehenden Erwägungen sachlich nur eine Versicherung gegenüber dem Gericht (oder der Gesellschaft) vertretbar.

Diesen Anforderungen werden die Antragsteller insgesamt gerecht. Zwar enthielten die ursprünglichen Bescheinigungen der Depot führenden Kreditinstitute keine selbständigen Verpflichtungen gegenüber Gericht oder Gesellschaft, über Veränderungen im antragsbegründenden Aktienbestand zu unterrichten oder diesen nicht zu veräußern. Solche Verpflichtungen wurden aber noch vor der Entscheidung des Amtsgerichts über den Antrag nachgereicht. Allein entscheidend ist hier jedoch, dass abweichend zu dem von der Antragsgegnerin und dem Beschwerdegericht in Bezug genommenen Beschluss des BayObLG vom 15.9.2004 (vgl. AG 2005, 244/246) es für den Senat aus den vorliegenden Bestätigungen und dem Verfahrensverlauf nicht den geringsten Anhaltspunkt gibt, dass die antragsbegründenden Aktien während der Dauer des Verfahrens ihren Verwahrungsort verändert haben könnten. Des Weiteren ist in dem hier zu entscheidenden Fall dem Zweck des Hinterlegungserfordernisses Rechnung getragen, nämlich zu verhindern, dass Aktien von Antragstellern kurzfristig aufgekauft werden, um eine Sonderprüfung zu veranlassen (vgl. Hüffer AktG 7. Aufl. § 142 Rn. 21 und 23). Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Antragsteller die erforderliche Mindestbesitzzeit der Aktien vor der Hauptversammlung nicht eingehalten hätten (§ 258 Abs. 2 Satz 4 AktG).

d) Materielle Voraussetzung für die Bestellung von Sonderprüfern nach § 258 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG ist schließlich, dass Anlass für die Annahme einer Unterbewertung bestimmter Posten des festgestellten Jahresabschlusses besteht. Für die Begründetheit des Antrags reicht es aus, dass der Antragsteller einzelne konkrete Sachverhaltselemente vorträgt, die für einen verständigen und objektiv Beurteilenden den Schluss auf eine nicht unwesentliche Unterbewertung nahe legen (MünchKommAktG/Hüffer § 258 Rn. 11). Denn für die gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern bedarf es nach dem Gesetzeswortlaut nicht der Feststellung der nicht unwesentlichen Unterbewertung, sondern es genügt ein diesbezüglicher Anfangsverdacht (MünchKomm AktG/Hüffer § 258 Rn. 56). Die Entscheidung des Gerichts über den Antrag bedeutet nämlich nicht die Vorwegnahme des Ergebnisses der Sonderprüfung (vgl. Hüffer § 258 Rn 19).

Diesen Anforderungen werden die gestellten Anträge auf Bestellung von Sonderprüfern in Bezug auf die Bilanzpositionen Grundstücke und Quellrecht sowie Betriebsgebäude gerecht.

aa) Es ist bei einer börsennotierten Aktiengesellschaft ein ungewöhnlicher Vorgang, dass der festgestellte und mit einem uneingeschränkten Prüfungsvermerk versehene Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2003 im Jahr 2005 in wesentlichen Punkten geändert wird. Auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragsgegnerin ist es nicht nachvollziehbar, weshalb das im Jahr 1997 erworbene Quellgrundstück, das zunächst in der Bilanz für das Geschäftsjahr 2003 von den Abschlussprüfern unbeanstandet unter den Gliederungspunkt Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte aufgeführt war, im Jahr 2005 nachträglich in die Vermögensgegenstände Grundstück und Quellrecht aufgegliedert werden musste.

Wenn der Vortrag der Antragsgegnerin zutreffen sollte, dass der Bilanzansatz für das Grundstück schon zum Zeitpunkt des Erwerbs von dem Antragsteller zu 1 zu hoch gewesen war und nur der optischen Erhöhung der Bilanzsumme der Gesellschaft zur Vorbereitung eines etwaigen Börsengangs gedient haben sollte, dann stellt sich die Frage, weshalb dieser in der Bilanz der Antragsgegnerin erhebliche Posten in der Vergangenheit seit Erwerb des Grundstücks offensichtlich die Billigung der Abschlussprüfer erhalten hat. Es stellt sich dann auch die weitere Frage, weshalb der neue Vorstand der Antragsgegnerin nur eine Korrektur für das Geschäftsjahr 2003 vorgenommen hat und nicht für die vorangegangenen Geschäftsjahre. Die hierfür gegebene Begründung der Antragsgegnerin, dass die Korrektur der Ausweisfehler wegen des fehlenden Interesses der Aktionäre als nicht notwendig erachtet worden ist, kann als Rechtsargument nicht ausreichen.

Begründung für die nachträgliche Neubewertung von Grundstück und Quelle für das Jahr 2003 war nach Darlegung der Antragsgegnerin eine technische Überprüfung der Quelle auf dem von der Gesellschaft erworbenen Grundstück. Das Ergebnis eines nicht unterschriebenen technischen Berichts war, dass sich der Brunnen der Antragsgegnerin im November 2003 in einem kritischen Zustand befunden hatte und es empfohlen wurde, kurzfristig einen Ersatzbrunnen neu zu bauen. Eine betriebswirtschaftliche Bewertung, die Einfluss auf den Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2003 hätte nehmen können, enthält der technische Bericht hingegen nicht. Eine Bewertung ergibt sich aus dem Gutachten eines Getränkebetriebssachverständigen vom März/April 2005, welches aber den Bewertungsstichtag 30.3.2005 nennt und mit Roherträgen aus dem Jahr 2004 rechnet. Ob dieses Gutachten bereits eine Änderung der Bilanzausweise für das Geschäftsjahr 2003 zwingend geboten hat, ist zweifelhaft.

Bei dieser Sachlage sieht der Senat den für die Bestellung von Sonderprüfern erforderlichen Anfangsverdacht für eine nicht unerhebliche Unterbewertung im Jahresabschluss 2003 als gegeben an. Der Sonderprüfer wird nach den vorgelegten Unterlagen zu entscheiden haben, ob zwingende Vorschriften der Rechnungslegung dazu führen, die Aufspaltung eines ursprünglich einheitlichen Bilanzpostens und die Änderung der Bewertung des Grundstücks und des Werts der Quelle bereits für das Geschäftsjahr 2003 vorzunehmen. Es besteht gerade nach der Stellungnahme der Antragsgegnerin der Eindruck, dass die Neubewertung für das Geschäftsjahr 2003 jedenfalls auch dadurch bedingt war, dass im April 2004 ein Wechsel im Vorstand des Unternehmens stattgefunden hat.

bb) Anlass für die Annahme einer nicht unwesentlichen Unterbewertung besteht auch in Bezug auf die außerplanmäßige Abschreibung des so genannten "alten Fabrikgebäudes" um 833 TEUR auf 200 TEUR. Die Erforderlichkeit dieser Änderung wird nach Darlegung der Antragsgegnerin durch das Gutachten eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken und Gebäuden vom 23.2.2005 begründet, welches zu einem Zeitwert des Gebäudes in Höhe von 155 TEUR gelangt. Diese Zeitwertermittlung gibt nach Darlegung des Sachverständigen den Wert zum 23.2.2005 wieder. Eine Bausubstanzbeurteilung wird ausdrücklich in dem Gutachten nicht abgegeben. Der ursprüngliche Bilanzwert für das Geschäftsjahr 2003 beruht auf der Fortschreibung einer sachverständigen Begutachtung des Gebäudewerts aus dem Jahr 1995. Es bleibt - offensichtlich auch für die Abschlussprüfer - die Frage offen, zu welchem Zeitpunkt der Wertverlust zwischen den beiden Gutachtenszeitpunkten eingetreten sein soll. Es bestehen erhebliche Zweifel, dass eine außerplanmäßige Abschreibung bereits für das Geschäftsjahr 2003 geboten war. Nach den Darlegungen der Antragsgegnerin begann der neue Vorstand im Sommer 2004 mit Planungen für Investitionen in eine Modernisierung der Produktionsanlagen. In diesem Zusammenhang hielt er es für erforderlich, die Statik des Gebäudes im Hinblick auf den zukünftigen Einsatz neuer Maschinen prüfen zu lassen. Dabei hat sich nach der Stellungnahme der Antragsgegnerin ergeben, dass die Standfestigkeit des Gebäudes für schwere Maschinen nicht gewährleistet war. Diese Stellungnahme lässt den Schluss zu, dass das Gebäude für die in Aussicht genommenen künftigen Aufgaben keinen substantiellen Wert mehr besessen hat, sagt aber nichts darüber aus, dass es unter den Produktionsbedingungen im Geschäftsjahr 2003 nurmehr den im Jahr 2005 gutachtlich festgestellten Restwert besitzt.

Nach alledem besteht der Anfangsverdacht der Unterbewertung des Gebäudes für das Geschäftsjahr 2003, da hier konkrete Anhaltspunkte für eine Rückbeziehung künftiger Nutzungsanforderungen an das Gebäude auf ein Geschäftsjahr bestehen, in dem es gestiegenen Anforderungen noch nicht gerecht werden musste. Dabei wird nicht außer Acht gelassen, dass auch das Ertragswertgutachten der Quelle vom März/April 2005 zu der Feststellung gelangt, dass das Betriebs- und Gebäudesystem der Antragsgegnerin - wie in anderen mittelständischen Mineralbrunnen auch - nicht mehr den heutigen Anforderungen entsprochen hat. Dieses Gutachten bewertet jedoch vor allem die Struktur des Brunnenbetriebes als nachteilig, insbesondere wegen seiner Lage mitten in einem Wohngebiet. Anhaltspunkte für die weitgehende Untauglichkeit des Gebäudesystems ergeben sich aus dieser Stellungnahme hingegen nicht.

cc) In Bezug auf die Bilanzpositionen "Grundstück/Quellrecht" und "Betriebsgebäude" bestehen Anhaltspunkte dafür, dass eine Unterbewertung im Geschäftsjahr 2003 vorliegt, die nicht unerheblich ist. Es ist im Schrifttum umstritten, welche Vergleichsgröße für die Beurteilung der nicht unwesentlichen Unterbewertung maßgeblich ist (vgl. MünchKomm AktG/Hüffer § 258 Rn. 20 m.w.N.). Für den hier zu entscheidenden Fall bedarf es keiner Festlegung, ob auf die Gesamtverhältnisse der Gesellschaft und insbesondere auf das ausgewiesene Jahresergebnis sowie auf das Grundkapital (vgl. Kölner Kommentar zum AktG/Claussen § 258 Rn 14 m.w.N; vermittelnd: AnwK-AktienR/Wilsing/Lamers § 258 Rn. 6) oder auf den Vergleich zwischen dem Bilanzposten und dem Ausmaß der Unterbewertung abzustellen ist (vgl. MünchKomm AktG/Hüffer § 258 Rn. 20; Krag/Hullermann DB 1980, 457/459).

Die Antragsgegnerin ist eine kleine Gesellschaft im Sinne des § 267 Abs. 1 HGB. Die außerplanmäßigen Abschreibungen im Geschäftsjahr 2003 betragen 1.626 TEUR. Unter Berücksichtigung des im Geschäftsjahr 2003 ausgewiesenen gezeichneten Kapitals in Höhe von 2.492 TEUR und erzielter Umsatzerlöse von 3.795 TEUR ist eine durch Sonderprüfer zu untersuchende außerplanmäßige Abschreibung von 1.626 TEUR bei Zugrundelegung der verschiedenen in der Literatur erörterten Schwellenwerte (vgl. MünchKommAktG/Hüffer § 258 Rn 22) in jedem Fall als nicht unwesentlich anzusehen.

dd) Hingegen besteht schon nach den Darlegungen der Antragsteller kein Anlass zu der Annahme, dass in Bezug auf die bilanzielle Behandlung des Leerguts für das Geschäftsjahr 2003 eine nicht unwesentliche Unterbewertung vorliegt. Das vorgetragene Argument, dass die Leergutbewertung des früheren Vorstands der Antragsgegnerin für das Jahr 2003 in der Weise erfolgt ist wie in den Geschäftsjahren zuvor und diese jeweils die Billigung der Abschlussprüfer gefunden hat, reicht für die Bejahung eines Anfangsverdachts für das Vorliegen einer Unterbewertung nicht aus. Die Darlegungen der Beteiligten ergeben, dass es sich bei der Bewertung von Leergut um ein äußerst komplexes Problem handelt. Der Bericht über die Nachtragsprüfung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2003 vom 6.5.2005 hält die Änderung der Bewertung im Bereich Leergut für erforderlich, um Doppelerfassungen in diesem Bereich zu korrigieren. Dieser Feststellung können die Antragsteller keine Tatsachen entgegenstellen, die Anlass für eine abweichende Beurteilung durch den Senat geben könnten.

3. Einer Entscheidung, wer die Gerichtskosten zu tragen hat, bedarf es nicht, da sich diese Verpflichtung unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 31 Abs. 1 Satz 1, § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 2 KostO.

Der Senat hält die Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren für angemessen und folgt ihr für die Festsetzung eines Geschäftswerts im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde. Nach dem Ergebnis des Verfahrens besteht kein Anlass, einem der Beteiligten die einem anderen Beteiligten entstandenen Kosten ganz oder teilweise aufzuerlegen (§ 13a Abs. 1 Satz 1 FGG).



Ende der Entscheidung

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