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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 28.05.2009
Aktenzeichen: 31 Wx 43/09
Rechtsgebiete: PStG, DA, NamÜbK


Vorschriften:

PStG § 47
PStG § 48
DA § 49
NamÜbK § 2
NamÜbK § 3
1. Die in einem aktuellen griechischen Personalausweis oder Reisepass enthaltene Schreibweise des Namens in lateinischen Schriftzeichen ist buchstabengetreu in einen deutschen Personenstandseintrag zu übernehmen (§ 2 NamÜbK), für die Anwendung von § 3 NamÜbK ist kein Raum.

2. Auch die Berichtigung eines bereits berichtigten Namenseintrags kann in diesem Zusammenhang in Betracht kommen.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN BESCHLUSS

Aktenzeichen: 31 Wx 043/09

Der 31. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Rojahn sowie der Richterinnen am Oberlandesgericht Förth und Klotz

am 28. Mai 2009

in der Personenstandssache

Berichtigung des Heiratseintrags xxx des Standesamts xxx,

betreffend V. K., geb. am xxx,

Beteiligte:

1. V. K.

2. Landeshauptstadt xxx (Standesamtsaufsicht)

- Beschwerdeführerin -

wegen Berichtigung des Heiratseintrags,

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 12. Februar 2009 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Der Beteiligte zu 1 wurde 1958 in L./Griechenland geboren und besitzt die deutsche und die griechische Staatsangehörigkeit. Er trägt einen griechischen Vornamen, dessen zutreffende Transliteration Gegenstand dieses Berichtigungsverfahrens ist. 1986 heiratete er in M. eine deutsche Staatsangehörige. Im Heiratsbuch der Stadt M. (Beschwerdeführerin) wurde der Vorname des Beteiligten zu 1 zunächst mit "Basileios" eingetragen. Die technische Universität M. verlieh dem Beteiligten zu 1 im Jahre 1989 den akademischen Grad eines Diplom-Informatikers Univ. unter dem Namen "Vasilios K.". In den von den griechischen Behörden ausgestellten Personaldokumenten des Beteiligten zu 1 wurde dessen Vorname - mit einer Ausnahme - jeweils in lateinischen Schriftzeichen mit "Vasilios" ausgewiesen.

Der Beteiligte zu 1 beantragte erstmals im Jahr 2004 die Berichtigung des Heiratseintrags; sein Vorname sei in der Schreibweise "Vasilios", hilfsweise "Vasileios" einzutragen. Mit Beschluss vom 10.8.2004 ordnete das Amtsgericht die Berichtigung des Vornamens in "Vasileios" an, im Übrigen wies es den Berichtigungsantrag zurück. Am 15.2.2008 beantragte der Beteiligte zu 1 erneut die Berichtigung des Heiratseintrags, die zutreffende Übertragung seines Vornamens sei "Vasilios", dies belege die in seinem aktuellen griechischen Personalausweis von den griechischen Behörden gewählte Übertragung seines Vornamens in lateinischen Schriftzeichen. Mit Beschluss vom 22.8.2008 wies das Amtsgericht diesen Berichtigungsantrag zurück. Auf die vom Beteiligten zu 1 hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hob das Landgericht mit Beschluss vom 12.2.2009 den Beschluss des Amtsgerichts auf und ordnete die Berichtigung des Vornamens des Beteiligten zu 1 im Heiratsbuch in "Vasilios" an. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Standesamtsaufsicht.

II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 53 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 51 Abs. 1 Satz 1 PStG; §§ 21 Abs. 2, 27 Abs. 1 Satz 1, 29 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 4 FGG), jedoch unbegründet.

1. Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

Die vom Amtsgericht mit Beschluss vom 10.8.2004 angeordnete Berichtigung des Vornamens stehe einer erneuten Berichtigung nicht entgegen, die Korrektur der bereits erfolgten Berichtigung sei möglich, da Eintragungen in Personenstandsbüchern nur deklaratorische Bedeutung zukomme. Die Eintragung des Vornamens als "Vasileios" sei auch unrichtig, da die zutreffende Transliteration "Vasilios" sei, was durch Vorlage des aktuellen griechischen Personalausweises des Beteiligten zu 1 ausreichend nachgewiesen sei. Grundsätzlich müsse im Berichtigungsverfahren zwar die Unrichtigkeit bereits zum Zeitpunkt der Eintragung bestanden haben, im Falle der Übertragung eines Namens in die lateinische Schrift sei es jedoch ausreichend, wenn die maßgebliche ausländische Urkunde erst nach Abschluss der Eintragung ausgestellt und vorgelegt werde. Der Umstand, dass der Vorname des Beteiligten zu 1 in ein und demselben früheren griechischen Ausweis einmal mit "Vasileios" und einmal mit "Vasilios" transliteriert worden sei, spreche nicht gegen die Richtigkeit der vom Beteiligten zu 1 nun angestrebten Schreibweise.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 FGG, § 546 ZPO).

a) Das Namensstatut des Beteiligten zu 1 ist nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB aus der Sicht des deutschen internationalen Privatrechts das deutsche Recht. In welcher Weise sein griechischer Vorname in deutsche Personenstandsbücher einzutragen bzw. ein dort bereits eingetragener Name ggfs. zu berichtigen ist, ist unabhängig vom Namensstatut nach deutschem Recht zu beurteilen, da es sich insoweit nicht um Fragen der Namensbildung, sondern um verfahrensrechtliche Fragen handelt. Das die Führung des deutschen Personenstandsregisters regelnde Recht ist als Verfahrensrecht nach dem lex-fori-Grundsatz das deutsche Recht (vgl. nur MünchKommBGB/Mäsch 4. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 19).

b) Gegenstand eines Berichtigungsverfahrens nach § 47 PStG kann auch die Schreibweise von Namen sein (vgl. BayObLG StAZ 1995, 170), echte Namensänderungen fallen dagegen nicht unter § 47 PStG. Bei Namen, die nicht aus lateinischen Schriftzeichen bestehen, gehört zur richtigen Schreibweise auch deren zutreffende Transliteration bzw. Transskription, da die Personenstandsbücher in deutscher Sprache geführt werden (§ 2 PStV), wobei lateinische Schriftzeichen zu verwenden sind (§ 15 Abs. 3 S. 1 PStV, § 49 Abs. 1 Satz 1 der Dienstanweisung für Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden (DA)). Bei der Transliteration ist jedem Schriftzeichen der Ausgangssprache ein lateinisches Schriftzeichen so zuzuordnen (vgl. § 49 Abs. 2 Satz 1 DA), dass eine verlässliche Rückübertragung des Namens aus der lateinischen in die Originalschrift möglich ist. Im Gegensatz hierzu steht die Transskription eines Namens; hierbei handelt es sich um eine auf phonetischen Aspekten basierende Übertragung, die sich an der - aktuell korrekten - Aussprache des ausländischen Namens orientiert, vielfach aber keine eindeutige Rückübertragung erlaubt (vgl. § 49 Abs. 2 Satz 4 DA; Staudinger/Hepting BGB Bearbeitungsstand 2007 Art. 10 EGBGB Rn. 53).

c) Es kann vorliegend dahinstehen, ob die griechische Lautkombination "Epsilon-Iota" im Vornamen des Beteiligten zu 1 nach den allgemeinen Transliterationsregeln (vgl. § 49 Abs. 2 Satz 2 und 4 DA) zutreffend mit "i" oder mit "ei" zu übertragen wäre, da sich die verfahrensgegenständliche Übertragung nach dem Übereinkommen über die Angabe von Familiennamen und Vornamen in den Personenstandsbüchern vom 13. September 1973 (NamÜbK) richtet, welches geltendes deutsches Recht ist und auch im Verhältnis zu Griechenland gilt. Dessen Zweck ist es ausweislich seiner Präambel, die einheitliche Angabe von Namen in den Personenstandsregistern der beigetretenen Staaten zu gewährleisten (vgl. auch BT-Drucks. 7/5203, S. 9). Als staatsvertragliche Regelung geht das Übereinkommen etwaigen sonstigen Regelungen des deutschen Namensrechts vor (vgl. Staudinger/Hepting Art. 10 EGBGB Rn. 56). Phonetisch richtig - und daher nach den Maßgaben der EuGH-Entscheidung vom 30.3.1993 (StAZ 1993, 256 - "Christos Konstantinidis"; vgl. hierzu Hepting/Gaaz PStR Bearbeitungsstand Juli 2008 II-159 ff.) im Verhältnis zu Griechenland (vgl. Böhmer in IPrax 1994, 80 zur Anwendbarkeit dieser Grundsätze im Verhältnis zu Nicht-EU-Ländern) ohnehin zu verwenden - dürfte die Übertragung der verfahrensgegenständlichen Lautkombination mit "i" sein. Denn durch den Zusammenfall vieler altgriechischer Vokalphoneme kann der Laut "i" im Neugriechischen durch die Buchstaben Iota, Ita oder Ypsilon, daneben aber auch durch die Buchstabenkombinationen "Epsilon-Iota" oder "Omikron-Iota" ausgedrückt werden, wobei weder das Epsilon, noch das Omikron, sondern unabhängig von der Schreibweise lediglich ein "i" zu hören ist. Der verfahrensgegenständlichen Buchstabenkombination "Epsilon-Iota" kommt daher im Griechischen nicht der Lautwert "ei", sondern "i" zu.

aa) Art. 3 Abs. 1 NamÜbK ordnet für die Fälle, in denen einzutragende Namen in den der Eintragung zugrunde zu liegenden Urkunden in anderen als den in der deutschen Sprache verwendeten Schriftzeichen wiedergegeben sind, deren Transliteration an, wobei vorhandene ISO-Normen anzuwenden sind (Art. 3 Abs. 3 NamÜbK und die entsprechende Regelung in § 49 Abs. 2 Satz 1 und 2 DA). Für die griechische Schrift galt insoweit zum Zeitpunkt des Heiratseintrags die - von der griechischen Übertragungsnorm ELOT 743 abweichende - ISO-Norm-Empfehlung R 843, der die Schreibweise des Vornamens ("Basileios") im ursprünglichen Heiratseintrag entspricht (vgl. zur historischen Entwicklung der Übertragungspraxis OLG Köln StAZ 1993, 214; Staudinger/Hepting Art. 10 EGBGB Rn. 55 - 57; Böhmer IPrax 1994, 80/81).

bb) Art. 3 Abs. 3 NamÜbK war und ist jedoch vorliegend nicht anwendbar, da die in Art. 2 Abs. 2 NamÜbK getroffene Regelung vorgeht. Hiernach ist in den Fällen, in denen bei Eintragung ausländische Urkunden vorliegen, die den Namen eines Beteiligten auch in lateinischen Schriftzeichen wiedergeben, die dort gewählte Transliteration buchstabengetreu vom deutschen Standesbeamten zu übernehmen. Ein ausländischer amtlicher Ausweis ist eine solche "andere" Urkunde i.S.v. Art. 2 Abs. 1 NamÜbK (BGH FamRZ 1994, 225; OLG Stuttgart StAZ 2005, 77; vgl. aber zur Unterscheidung zwischen Schreibweise und Wortlaut eines Namens OLG Hamm StAZ 2005, 262 und Staudinger/Hepting Art. 10 EGBGB Rn. 59).

d) Eine Anweisung zur Berichtigung nach § 48 i.V.m. § 47 PStG setzt grundsätzlich das Vorliegen einer von Anfang an bestehenden Unrichtigkeit voraus (vgl. OLG Hamm StAZ 1988, 40). Ein berichtigungsfähiger unrichtiger Namenseintrag liegt jedoch nach inzwischen gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung auch dann vor, wenn die gewählte Transliteration zum Zeitpunkt der Eintragung dem damaligen Erkenntnisstand entsprach, der aktuelle amtliche ausländische Ausweis aber eine andere lateinische Schreibweise des Namens enthält (vgl. OLG Köln StAZ 2006, 107; OLG Hamm StAZ 2006, 166 und StAZ 2002, 124; OLG Stuttgart StAZ 2005, 77; KG Berlin StAZ 2000, 216). Da es dem ausländischen Staat nicht verwehrt werden kann, die lateinische Schreibweise der Namen seiner Staatsangehörigen zu ändern, ist die im aktuellen ausländischen amtlichen Ausweis gewählte Transliteration infolge der Bindungswirkung des Art. 2 Abs. 1 NamÜbK vom deutschen Standesbeamten als die richtige Schreibweise anzusehen (vgl. auch § 49 Abs. 2 Satz 3 DA); damit sind aber hiervon abweichende frühere Einträge unrichtig i.S.v. § 47 PStG und zu berichtigen (vgl. auch Staudinger/Hepting Art. 10 EGBGB Rn. 58), soweit ein entsprechender Antrag gestellt wird (BGH NJW 1991, 1417; OLG Stuttgart StAZ 2005, 77).

e) Es kann für den hier zu entscheidenden Fall dahinstehen, ob immer wieder eine Berichtigung gem. § 47 PStG vorzunehmen ist, wenn die lateinische Schreibweise eines Namens im aktuellen ausländischen Ausweis von derjenigen eines früheren abweicht (so wohl KG Berlin StAZ 2000, 216), was in der Praxis ohnehin nicht sehr häufig vorkommen wird; denn alle früheren griechischen Ausweise des Beteiligten zu 1, mit Ausnahme des Passes, der der Änderung aus dem Jahre 2004 zugrunde lag, wiesen jeweils ausschließlich die Transliteration "Vasilios" auf. Zutreffend hat das Landgericht hierdurch den Nachweis als erbracht erachtet, dass zum Zeitpunkt des erneuten Berichtigungsantrags vom 15.2.2008 die im ursprünglichen Heiratseintrag gewählte Übertragung des Vornamens mit "Basileios" ebenso wie die im Jahre 2004 vorgenommene Berichtigung in "Vasileios" als unrichtig zu werten sind. Hinzu kommt, dass auch in dem der Berichtigung von 2004 zugrunde liegenden griechischen Reisepass der Vorname des Beteiligten zu 1 nicht durchgängig, sondern lediglich in der maschinenlesbaren unteren Zeile des Passes, mit "Vasileios" transliteriert wurde. Die Schreibweise in der Zone für das automatische Lesen ist jedoch schon deswegen keinesfalls verbindlich, weil dort die Übertragung aus der griechischen in die lateinische Schrift automatisiert mit Hilfe eines Computerprogramms vorgenommen wird, welches offensichtlich nicht den selben Übertragungsregeln folgt wie sie von den griechischen Passbeamten angewendet werden, denn selbst in dem 2004 gültigen Pass war der Vorname des Beteiligten zu 1 - außer in der maschinell erstellten Zeile - mit "Vasilios" und nicht mit "Vasileios" transliteriert worden (vgl. auch OLG Stuttgart StAZ 2005, 77).

Die Einwendungen der weiteren Beschwerde greifen demgegenüber nicht durch. Es ist zwar richtig, dass nach der griechischen Transliterationsnorm ELOT 743 der Vorname des Beteiligten zu 1 mit "Vasileios" in lateinische Schriftzeichen zu übertragen wäre. Hierauf kommt es jedoch nicht an, da der aktuelle griechische Ausweis des Beteiligten zu 1 - wie auch alle früheren, mit der oben erörterten Ausnahme - die Transliteration "Vasilios" enthält; die griechischen Behörden haben damit selbst zu erkennen gegeben, dass sie nicht durchgängig nach ELOT 743 übertragen. Selbst wenn die von ELOT 743 abweichende phonetische Transliteration im aktuellen Ausweis auf einen entsprechenden Wunsch des Beteiligten zu 1 zurückgehen sollte, steht das dem hier gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Ob etwas anderes zu gelten hat, wenn der Namensträger mehrfach zwischen den ihm vom neueren griechischen Recht eröffneten Möglichkeiten wechselt, bedarf hier keiner Entscheidung.

3. Die einzig als Kostenschuldnerin in Betracht kommende Standesamtsaufsicht ist von der Zahlung der Gerichtsgebühren befreit (§ 51 Abs. 1 Satz 2 PStG n. F.). Einer Festsetzung des Geschäftswerts bedarf es nicht.

Ende der Entscheidung

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