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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 10.06.2009
Aktenzeichen: 31 Wx 6/09
Rechtsgebiete: PStG, ZPO, EGBGB


Vorschriften:

PStG § 47
PStG § 21
ZPO § 632
EGBGB Art. 11
EGBGB Art. 13
Ein Urteil, das das Nichtbestehen einer Ehe feststellt, wirkt nur zwischen den Parteien.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN BESCHLUSS

Aktenzeichen: 31 Wx 006/09

Der 31. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Rojahn sowie der Richterin am Oberlandesgericht Förth und des Richters am Oberlandesgericht Wimmer

am 10. Juni 2009

in der Personenstandssache

Geburtseintrag Nr. xxx des Standesamts K.

betreffend A. H, geb. am xxx

wegen Berichtigung

beschlossen:

Tenor:

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Landgerichts Bayreuth vom 16. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

II. Der Antrag der Beteiligten zu 1 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird zurückgewiesen.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe:

I. Gegenstand des Verfahrens ist die von der Beteiligten zu 1 beantragte Berichtigung des Geburtseintrags für ihre am 25.3.2007 geborene Tochter.

Im Geburtenbuch ist als Vater des Kindes der ghanaische Staatsangehörige F. A. eingetragen mit dem Zusatz, die Angaben über den Vater seien der vorliegenden Heiratsurkunde entnommen; die Richtigkeit der Angaben sowie die Identität des Vaters seien nicht nachgewiesen. Die Beteiligte zu 1, die deutsche Staatsangehörige ist, hatte F. A. während eines einwöchigen Aufenthaltes in Ghana am 17.2.2006 in Accra vor dem zuständigen Beamten geheiratet. Die Einreise des F. A. nach Deutschland scheiterte, weil die über die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Accra durchgeführte Urkundenüberprüfung dessen Identität nicht bestätigte.

Mit notarieller Urkunde vom 19.4.2007 erkannte der ghanaische Staatsangehörige U. I. die Vaterschaft für die Tochter der Beteiligten zu 1 an; die Beteiligte zu 1 erklärte ihre Zustimmung. Auf Antrag der Beteiligten zu 1 vom 4.9.2007 stellte das Amtsgericht - Familiengericht - mit Endurteil vom 19.12.2007 fest, dass die am 17.2.2006 vor dem Standesamt in Accra, Ghana, geschlossene Ehe der Parteien nicht bestehe. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beklagte F. A. habe unter falschem Namen die Ehe geschlossen. Damit bestehe die Ehe nach ghanaischem Recht nicht, gleiches müsse entsprechend Art. 13 EGBGB auch für das deutsche Recht gelten. Die Entscheidung ist seit 1.3.2008 rechtskräftig. Mit Schreiben vom 12.3.2008 beantragte die Beteiligte zu 1 unter Hinweis auf die Entscheidung des Familiengerichts, den Geburtseintrag zu ändern. Das Amtsgericht wies den Antrag zurück, die Beschwerde der Beteiligten zu 1 blieb ohne Erfolg. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt sie ihren Antrag weiter.

II. Die weitere Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht die Berichtigung des Geburtseintrags (§§ 47, 21 PStG a.F.) abgelehnt, denn dieser ist nicht unrichtig.

1. Das Landgericht hat unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Amtsgerichts im Wesentlichen ausgeführt:

Im Geburtenbuch sei als Vater des Kindes richtigerweise F. A. eingetragen, weil die Mutter des Kindes im Zeitpunkt der Geburt mit ihm verheiratet gewesen sei (§ 1592 Ziffer 1 BGB). Das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 19.12.2007 entfalte Rechtskraft nur zwischen den Parteien. Selbst wenn der Ehemann bei der Eheschließung einen falschen Namen verwendet habe, führe dies entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht zur Nichtigkeit der geschlossenen Ehe. Nach der einschlägigen Vorschrift des ghanaischen Rechts sei eine Eheschließung unwirksam, wenn beide Partner wissentlich und willentlich in ihre Vornahme unter einem falschen Namen eingewilligt hätten. Das sei nicht der Fall, da die Antragstellerin nach ihrer eigenen Einlassung die Verwendung eines falschen Namens durch den Ehemann nicht bekannt gewesen sei. Eine erweiternde Auslegung des Sec. 74 Abs. 2 Marriages Act komme wegen der Regelung in Abs. 3 nicht in Betracht, die laute: "Wurde eine andere Bestimmung dieses Teils als diese Section nicht beachtet, so gilt nach erfolgter Eheschließung die Ehe deswegen nicht als unwirksam." Es widerspreche auch keinesfalls dem ordre public, die Rechtsfolge der Unwirksamkeit der Eheschließung auf solche Fälle zu beschränken, in denen beide Partner den Nichtigkeitsgrund kannten, denn das Vertrauen des anderen Partners in die Gültigkeit der Ehe rechtfertige das Erfordernis eines gesonderten Aufhebungsverfahrens, das auch ghanaische Recht in Section 13 ff. des Matrimonial Causes Act vorsehe.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

a) Die Vorinstanzen sind zu Recht davon ausgegangen, dass das rechtskräftige Endurteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - vom 19.12.2007 nur zwischen den Parteien Bindungswirkung entfaltet, denn § 632 ZPO sieht im Gegensatz zu § 638 S. 2 ZPO a.F. keine Rechtskrafterstreckung vor (MünchKommZPO/Bernreuther 5. Aufl. § 632 Rn. 13; Musielak/Borth ZPO 6. Aufl. § 632 Rn. 5; Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 29. Aufl. § 632 Rn. 1; Zöller/Philippi ZPO 27. Aufl. § 632 Rn. 10; Habscheid FamRZ 1999, 480/482). Ein Feststellungsurteil ist kein Gestaltungsurteil und ändert die materielle Rechtslage nicht. Es kann deshalb nicht angenommen werden, dass die ersatzlose Streichung des § 638 S. 2 ZPO a.F. ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers darstellt (so Palandt/Brudermüller BGB 68. Aufl. Einf. vor § 1313 Rn. 7). Auch die Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zur Neuordnung des Eheschließungsrechts (EheSchlRG; BT-Drucks. 13/1498 S. 26) stützt diese Auffassung nicht, denn die Aussage, der neue § 632 ZPO fasse "die sich bislang aus § 638 i.V. mit den §§ 633 bis 635 ZPO ergebenden Regelungen ohne sachliche Änderungen zusammen", bezieht sich nur auf § 638 S. 1 ZPO a.F., der die Verweisung auf §§ 633 bis 635 ZPO a.F. enthält.

Der Standesbeamte war deshalb an die Entscheidung des Familiengerichts nicht gebunden und hat zu Recht die Frage geprüft, ob die Beteiligte zu 1 zum Zeitpunkt der Geburt ihres Kindes verheiratet war.

b) Über die Form der Eheschließung entscheidet das ghanaische Recht (Art. 11 Abs. 1 EGBGB). Die Einhaltung der Förmlichkeiten der Sec. 68 f. Marriages Act (Eheschließung vor dem Registrar) steht außer Frage. Ob die Verwendung eines falschen Namens durch einen der Verlobten als Formfrage oder als materielle Voraussetzung der Eheschließung zu qualifizieren ist, kann hier dahinstehen, denn in jedem Fall ist die Ehe wirksam geschlossen.

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist nach ghanaischem Recht (Sec. 74 Abs. 2 Marriages Act) die Eheschließung dann unwirksam, wenn beide Partner wissen, dass einer von ihnen einen falschen Namen verwendet. Das war nach dem von der Beteiligten zu 1 vorgetragenen Sachverhalt nicht der Fall. Zu Recht hat das Landgericht auch hervorgehoben, dass es keineswegs dem ordre public widerspricht, wenn die Folge der Unwirksamkeit nur dann eintritt, wenn beide Eheschließenden von der falschen Namensführung wissen.

Qualifiziert man die Angaben zum Namen der Verlobten und die Folgen falscher Angaben als materielle Voraussetzung der Eheschließung, bleibt das Ergebnis dasselbe. Die sachlichen Voraussetzungen einer Eheschließung sowie die rechtlichen Folgen ihres Fehlens richten sich nach der von Art. 13 Abs. 1 EGBGB berufenen Rechtsordnung, also nach dem Heimatrecht jedes Verlobten im Zeitpunkt der Eheschließung (BGH FamRZ 1993, 300/302; Palandt/Thorn Art. 13 EGBGB Rn. 4). Für die Beteiligte zu 1 ist das das deutsche Recht. Nur schwerwiegende formelle oder materiellrechtliche Mängel können dazu führen, dass die Eheschließung ohne jede familienrechtliche Wirkung bleibt und keine aufhebbare Ehe, sondern eine Nichtehe vorliegt (vgl. Palandt/Brudermüller vor § 1313 Rn. 5 f.). Die Tatsache, dass einer der Verlobten bei der Eheschließung einen falschen Namen verwendet, stellt keinen derart schwerwiegenden Mangel dar. Vielmehr ist die Verwendung eines falschen Namens für die Wirksamkeit der Eheschließung unschädlich, denn Eheschließungserklärungen beziehen sich nicht auf den Namen, sondern auf die andere anwesende Person (Staudinger/Strätz BGB Bearbeitungsstand 2007 § 1311 Rn. 8; MünchKommBGB/Müller-Gindullis BGB 4. Aufl. § 1311 Rn. 4). Eine Aufhebung dieser Ehe kommt nur unter den Voraussetzungen des § 1314 BGB in Betracht.

3. Die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe beruht auf § 14 FGG i. V. m. § 114 ZPO, die Festsetzung des Geschäftswerts auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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