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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 13.05.2009
Aktenzeichen: 31 Wx 7/09
Rechtsgebiete: EGBGB, PStV, BVFG


Vorschriften:

EGBGB Art. 47
PStV § 9a a.F.
PStV § 46
BVFG § 94
Im Rahmen einer Eindeutschungserklärung nach Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB kann die Schreibweise eines ausländischen Namens den deutschen namensrechtlichen Gepflogenheiten angepasst werden, nicht jedoch ein ausländischer Name in seiner deutschen Übersetzung angenommen werden.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN BESCHLUSS

Aktenzeichen: 31 Wx 7/09

Der 31. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Rojahn und der Richterinnen am Oberlandesgericht Förth und Klotz

am 13. Mai 2009

in der Personenstandssache

E. K. geb. am xxx,

Beteiligte:

1. E. K.

2. Stadt xxx - Standesamtsaufsicht -

wegen Wirksamkeitsbescheinigung gemäß § 9a Nr. 2 PStV,

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 5. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Der Beteiligte zu 1 wurde 1973 in der Tschechischen Republik geboren; er führt den Familiennamen "K.". Seit 5.10.2005 besitzt er die deutsche Staatsangehörigkeit. Am 20.12.2007 gab der Beteiligte zu 1 gegenüber dem zuständigen deutschen Standesbeamten folgende Erklärung zur Namensführung ab: "Ich nehme die deutschsprachige Form meines Familiennamens an und führe künftig den Namen Sch.." Der Standesbeamte war im Zweifel, ob für diese Erklärung eine Wirksamkeitsbescheinigung gemäß § 9a Nr. 2 des Personenstands-Ausführungsgesetzes [PStV a.F.; seit 1.1.2009 ersetzt durch § 46 Personenstandsverordnung (PStV)] auszustellen sei; er legte den Vorgang daher am 6.2.2008 gemäß § 45 Abs. 2 PStG dem Amtsgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlageverfahren hat das Amtsgericht zunächst mit Beschluss vom 7.3.2008 entschieden, dass dem Beteiligten zu 1 die Führung des Familiennamens "Sch." nicht zu gestatten sei. Auf die gegen diese Entscheidung von der Standesamtsaufsicht (Beteiligte zu 2) eingelegte Beschwerde hin berichtigte das Amtsgericht den Tenor seiner Entscheidung vom 7.3.2008 dahingehend, dass für die Erklärung des Beteiligten zu 1 vom 20.12.2007 keine Wirksamkeitsbescheinigung gemäß § 9a Nr. 2 PStV [a.F.] auszustellen sei, im Übrigen half es der Beschwerde nicht ab. Mit Beschluss vom 5.12.2008 wies das Landgericht die Beschwerde der Standesamtsaufsicht zurück, hiergegen richtet sich deren weitere Beschwerde.

II. Die weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 53 Abs. 1 Satz 2, 51 Abs. 1 Satz 1 PStG; §§ 21 Abs. 2, 27 Abs. 1 Satz 1, 29 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 4 FGG); als Aufsichtsbehörde kann die Beteiligte zu 2 Rechtsmittel auch dann einlegen, wenn sie durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert ist (§ 53 Abs. 2 PStG). Die weitere Beschwerde ist jedoch unbegründet.

1. Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

Die Voraussetzungen für eine Bescheinigung über die Änderung des Familiennamens nach § 9a Ziffer 2 PStV [a.F.] lägen nicht vor; der Beteiligte zu 1 dürfe nicht den Familiennamen "Sch." führen, da dies nicht die deutschsprachige Fassung des Familiennamens "K.", sondern dessen Übersetzung sei. Nur § 94 Abs. 1 Nr. 5 BVFG gestatte das Führen eines ausländischen Familiennamens in der deutschen Übersetzung, der Beteiligte zu 1 sei jedoch nicht Vertriebener im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes, weswegen lediglich Art. 47 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB zur Anwendung gelange. Dieser gestatte zwar die Annahme einer "deutschsprachigen Form", hierdurch werde jedoch nicht die Möglichkeit eröffnet, den Familiennamen in der deutschen Übersetzung zu führen. Dies ergebe ein Vergleich des Wortlauts von Art. 47 EGBGB mit § 94 BVFG; letzterer gestatte Vertriebenen und Spätaussiedlern, ihren Familiennamen in der deutschsprachigen Form (Abs. 1 Nr. 3) oder in der deutschen Übersetzung (Abs. 1 Nr. 5) zu führen. Bei der Schaffung von Art. 47 EGBGB im Rahmen der Neuregelung des Personenstandsrechts habe sich der Gesetzgeber zwar an § 94 BVFG orientiert, dessen Regelungsinhalt jedoch nicht vollständig in die Fassung des Art. 47 EGBGB übernommen, sondern dort bewusst nur die Möglichkeit der Annahme einer deutschsprachigen Form des Namens vorgesehen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 FGG, § 546 ZPO).

Zu Recht sind die Vorinstanzen der Auffassung, dass dem Beteiligten zu 1 keine Wirksamkeitsbescheinigung nach § 9a Personenstandsgesetz-Ausführungsverordnung (PStV a.F.) bzw. nunmehr § 46 Personenstandsverordnung (PStV) zu erteilen ist. Die vom Beteiligten zu 1 am 20.12.2007 abgegebene Namenserklärung berechtigt ihn nicht zur Führung des Familiennamens "Sch.", da Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB die Annahme einer deutschsprachigen Form, nicht aber der deutschen Übersetzung eines ausländischen Familiennamens gestattet. Der Familienname des Beteiligten zu 1 hat sich daher nicht geändert.

a) Da das deutsche internationale Privatrecht hinsichtlich des Namens einer Person an die Staatsangehörigkeit anknüpft (Art. 10 Abs. 1 EGBGB), kam es durch die Einbürgerung des Beteiligten zu 1 zu einem Wechsel des Namensstatuts. Dieses bestimmt, wie ein Name gebildet wird. Hat der Familienname ausländische Wurzeln, so ist er, selbst wenn sich das Namensstatut durch Einbürgerung ändert, grundsätzlich in der dem ursprünglichen Namensstatut entsprechenden Form zu führen (vgl. Bamberger/Roth/Mäsch BGB 2. Aufl. Art. 47 EGBGB Rn. 13), einschließlich der darin ggfs. enthaltenen diakritischen Zeichen (vgl. dazu unten lit. c und Staudinger/Hepting BGB Bearbeitungsstand 2007 Art. 10 EGBGB Rn. 144).

Allerdings stellt sich in diesen Fällen die Frage, ob und ggfs. wie der ausländische Name den deutschen Gepflogenheiten der Namensführung angepasst werden kann oder muss (vgl. Hepting StAZ 2008, 161). Von dem Grundsatz, dass derjenige, der einen fremdländisch klingenden Namen trägt, zu diesem auch nach seiner Einbürgerung stehen muss, wurde zunächst nur für deutschstämmige Aussiedler durch Schaffung des § 94 BVFG eine Ausnahme gemacht, da der Gesetzgeber bei dieser Personengruppe von einem speziellen Bedürfnis, die Volkszugehörigkeit durch einen "deutschen" Familiennamen zu dokumentieren, ausging (vgl. Mäsch IPrax 2008, 17). § 94 BVFG, der in den seit 24.5.2007 bzw. 1.1.2009 geltenden Fassungen verschiedene Angleichungsmöglichkeiten, darunter jeweils auch die Übersetzung des Familiennamens ins Deutsche, vorsieht, ist vorliegend nicht anwendbar, da der Beteiligte zu 1 nicht Vertriebener im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes ist und damit dessen Anwendungsbereich nicht eröffnet ist. Der Beteiligte zu 1 hat seine Erklärung vom 20.12.2007 im Übrigen auch "nach Art. 47 Abs. 1 EGBGB" abgegeben.

b) Mit der Schaffung des am 24.5.2007 in Kraft getretenen Art. 47 EGBGB wollte der Gesetzgeber sonstige namensrechtliche Angleichungsfälle regeln, wobei die Regelungsbereiche des Art. 47 EGBGB und des spezielleren § 94 BVFG nebeneinander bestehen sollten (vgl. BT-Drucks. 16/1831, S. 78; Palandt/Thorn BGB 68. Aufl. Art. 10 Rn. 10 und Art. 47 EGBGB Rn. 3).

Durch eine sog. Eindeutschungserklärung nach Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB kann derjenige, der durch die Einbürgerung das deutsche Recht als Personalstatut erworben hat, seine Namensführung an die inländischen Verhältnisse anpassen. Die Möglichkeit zur Änderung der Namensführung durch Erklärung soll die Integration des Neubürgers erleichtern (vgl. Hepting StAZ 2008, 161). Zur Erreichung dieses gesetzgeberischen Ziels wäre das Führen des ursprünglich tschechischen Familiennamens "K." in der deutschen Übersetzung "Sch." zweifellos bestens geeignet. Auch ist der in Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB gewählte Begriff "deutschsprachige Form des Familiennamens" durchaus der Auslegung zugänglich, da nicht von vornherein klar auf der Hand liegt, was hiermit gemeint ist und ob hierunter auch die deutsche Übersetzung eines ausländischen Namens zu verstehen ist.

c) "Eingedeutscht" wird ein Name jedoch üblicherweise dadurch, dass auf Laute und auf diakritische Zeichen, die dem Deutschen unbekannt sind, verzichtet wird (vgl. hierzu die Beispiele bei Bamberger/Roth/Mäsch Art. 47 Rn. 17). Zu den diakritischen Zeichen gehören außer Akzenten und Häkchen auch Punkte über oder unter einem Buchstaben. Sie dienen in der Ausgangssprache der Aussprachebezeichnung. An eine phonetische Anpassung des Namens an den deutschen Sprachgebrauch ist im Rahmen des Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB daher ebenso zu denken wie an eine Verkürzung eines langen und schwer auszusprechenden Namens (insbes. auch durch Weglassung geschlechtsspezifischer Endungen) oder an die Weglassung dem deutschen Recht unbekannter Namenszusätze (vgl. hierzu die Beispiele bei Palandt/Thorn Art. 47 Rn. 6). Vorliegend käme etwa in Betracht, den Familiennamen in der Schreibweise "K." oder ggfs. sogar in der Schreibweise "K." zu führen (vgl. dazu auch Hepting StAZ 2008, 161/175); eine solche Angleichung ist jedoch nicht Gegenstand dieses Verfahrens, da der Beteiligte zu 1 seinen Familiennamen in "Sch." ändern möchte.

d) Bei der Auslegung des erst im Zuge der Personenstandsrechtsreform geschaffenen Art. 47 EGBGB ist - worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - zu berücksichtigen, dass es zum Zeitpunkt dieses Gesetzgebungsverfahrens bereits eine gesetzliche Angleichungsvorschrift mit vergleichbarem Regelungsgehalt gab, nämlich § 94 BVFG, die allerdings nur für Vertriebene und Spätaussiedler galt, und dass - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - Art. 47 EGBGB dem § 94 BVFG nachgebildet wurde (vgl. BT-Drucks. 16/1831, S. 71.; Staudinger/Hepting Art. 10 EGBGB Rn. 155 und 157). Während jedoch durch § 94 Abs. 1 Satz 1 BVFG in Nr. 3 die Möglichkeit der "Eindeutschung" und in der Neufassung des Bundesvertriebenengesetzes in Nr. 5 zusätzlich die Möglichkeit der "Übersetzung" des Namens eröffnet wurde, sieht der zeitgleich mit der Änderung des § 94 BVFG geschaffene Art. 47 EGBGB in Satz 1 Abs. 1 Nr. 5 nur die "Eindeutschung" des Namens vor. Eine dem § 94 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BVFG entsprechende Regelung fehlt dagegen (vgl. auch Mäsch IPrax 2008, 17). Da sich der Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren ausführlich mit dem Anwendungsbereich und dem Verhältnis der beiden Vorschriften zueinander beschäftigt hat (vgl. BT-Drucks. 16/1831, S. 78) und § 94 BVFG im Rahmen der Personenstandsrechtsreform zudem um die Möglichkeit der Übersetzung des Namens erweitert hat, ist davon auszugehen, dass er bewusst nicht sämtliche im Rahmen des § 94 BVFG in der seit 24.5.2007 (bis 31.12.2008 und nahezu unverändert seit 1.1.2009) geltenden Fassung gestatteten Angleichungsmöglichkeiten in den neu zu schaffenden Art. 47 EGBGB aufnehmen wollte. Daher verbietet es sich unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des Art. 47 EGBGB, im Wege der Auslegung unter den Begriff der "deutschsprachigen Fassung" auch die Übersetzung eines ausländischen Familiennamens in das Deutsche zu subsumieren (ebenso Hepting StAZ 2008, 161/174 und Mäsch IPrax 2008, 17). Es handelt sich ersichtlich nicht um ein bloßes Redaktionsversehen bzw. eine planwidrige Lücke, so dass auch eine Analogie zu § 94 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BVFG nicht in Betracht kommt.

e) Soweit Henrich (StAZ 2007, 197/203) im Rahmen des Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB auch eine Übersetzung des ausländischen Familiennamens zulassen möchte, ist dies im Übrigen auch deswegen abzulehnen, weil in der bisherigen Angleichungspraxis (mit Ausnahme von § 94 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BVFG) eine Übersetzung von Namen zu Angleichungszwecken gerade nicht zugelassen war. Da der Gesetzgeber in Art. 47 EGBGB - wenngleich dessen Regelungsbereich weit über den üblichen Rahmen einer Angleichung hinausgeht, worauf Hepting und Mäsch (jeweils aaO.) zutreffend hingewiesen haben - für die am häufigsten vorkommenden Fälle eine gesetzliche Grundlage für die bereits bestehende Angleichungspraxis schaffen wollte (vgl. BT-Drucks. 16/1831, S. 70/71 und S. 78/79; BT-Drucks. 16/3309, S. 12/13 sowie Senatsbeschluss vom 5.9.2008 NJW-RR 2008, 1680/1682), können die bisherigen Angleichungsgrundsätze des deutschen Namensrechts bei der Auslegung von Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB zweifelsohne herangezogen werden (vgl. auch § 45 Abs. 2 Satz 1 PStV, welcher diese hergebrachten Grundsätze ausdrücklich für anwendbar erklärt).

Soweit Palandt/Thorn Art. 47 EGBGB Rn. 6 a.E. davon spricht, dass nach Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB "nunmehr auch eine Übersetzung der Adelsprädikate" zulässig sein soll, ist dies nur im Zusammenhang mit der bisherigen Rechtsprechung zur Behandlung ausländischer Adelsprädikate zu verstehen (vgl. Palandt/Thorn Art. 10 Rn. 10 mit Rechtsprechungsnachweisen); daraus kann keinesfalls abgeleitet werden, dass durch Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB auch die Übersetzung des gesamten Familiennamens gestattet werden sollte.

Nach Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB kann somit die Schreibweise eines ausländischen Namens den deutschen namensrechtlichen Gepflogenheiten angepasst werden, eine Führung des Familiennamens in der deutschen Übersetzung ist jedoch ausgeschlossen.

Ende der Entscheidung

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