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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 03.02.2009
Aktenzeichen: 31 Wx 98/08
Rechtsgebiete: AktG


Vorschriften:

AktG § 258
Die für den Antrag eines Aktionärs auf Bestellung von Sonderprüfern wegen unzulässiger Unterbewertung erforderliche Glaubhaftmachung der Mindestbesitzzeit kann auch, aber nicht nur, durch eine eidesstattliche Versicherung vor einem Notar erfolgen.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN BESCHLUSS

Aktenzeichen: 31 Wx 98/08

Der 31. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Rojahn sowie der Richterinnen am Oberlandesgericht Förth und Klotz

am 3. Februar 2009

in der Handelssache

wegen Bestellung von Sonderprüfern nach § 258 AktG

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 24. Juli 2008 aufgehoben.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 8. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

III. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die im Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

IV. Der Geschäftswert wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I. Gegenstand des Verfahrens ist die Bestellung von Sonderprüfern wegen unzulässiger Unterbewertung (§ 258 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG).

Der Antragsteller war bis 19.5.2003 alleiniger Vorstand der Gesellschaft. Das Grundkapital der Gesellschaft von 327.700 € ist in 327.700 nennbetragslose, auf den Namen lautende Stückaktien eingeteilt, die derzeit von fünf Aktionären gehalten werden.

Die Aktien sind nicht verbrieft; ihre Übertragung bedarf nach § 6 Abs. 4 der Satzung der schriftlichen Zustimmung der Gesellschaft.

Der Antragsteller war seit der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft im Jahr 2000 mit 75.000 Aktien an der Gesellschaft beteiligt, seit dem 23.5.2006 mit insgesamt 81.666 Aktien. Mit Schreiben vom 23.5.2003 diente er die von ihm damals gehaltenen 75.000 Aktien den beiden zum Ankauf verpflichteten Mitaktionären an, wobei er den Kaufpreis mit rund 9,8 Mio. € bezifferte. Nach Erstellung eines Schiedsgutachtens, das zum maßgeblichen Stichtag 19.5.2003 zu einem Wert von 17,96 € je Aktie gelangt war, erhoben die ankaufsverpflichteten Mitaktionäre mit Schriftsatz vom 28.7.2006 Klage auf Übertragung der insgesamt 81.666 Aktien des Antragstellers, Zug um Zug gegen Zahlung von insgesamt 1,466 Mio. € in drei Raten. Der Antragsteller verlangte widerklagend Zahlung von insgesamt 5,559 Mio. € gegen Übertragung von insgesamt 75.000 Aktien; die weiteren 6.666 Aktien aus einem Zukauf seien weder von der Putausübung noch vom Schiedsgutachten erfasst. Das Verfahren ist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen; das Landgericht hat Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf 24.4.2009 bestimmt.

Bei der ordentlichen Hauptversammlung am 29.8.2007 wurde der vom Aufsichtsrat gebilligte Jahresabschluss vom 31.12.2006 zur Einsichtnahme durch Aktionäre ausgelegt.

Er weist unter "sonstige Rückstellungen" einen Betrag von 1.673.000,04 € aus; der Vorjahreswert betrug 549.910 €. Der Jahresüberschuss beträgt 562.800,23 €, die Bilanzsumme rund 4,297 Mio. €. Die Jahresabschlüsse der Gesellschaft werden nicht geprüft.

Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 28.9.2007 beantragte der Antragsteller unter Vorlage einer privatschriftlichen eidesstattlichen Versicherung die Bestellung eines Sonderprüfers zur Überprüfung der Position "sonstige Rückstellungen".

Nach Auskunft des Vorstands seien in dieser Position Drohverluste für künftig ausfallende Untermieten in Höhe von rund 1,2 Mio. € enthalten sowie interne Aufwendungen für Schiedsgutachterverfahren in Höhe von rund 150.000 €. Diese Ansätze seien nicht gerechtfertigt. Für die Untermietausfälle dürften keine Rückstellungen gebildet werden, denn der Nutzungswert der angemieteten Räume werde durch die Beendigung des Untermietverhältnisses nicht berührt. Jedenfalls sei aber die Höhe nicht gerechtfertigt, denn es bestünden keine Anhaltspunkte, dass die nicht von der Gesellschaft selbst genutzten Räume nicht erneut wenigstens zu einem geringeren Mietzins bis zum Ablauf des Hauptmietverhältnisses im Jahr 2011 untervermietet werden könnten.

Die Rückstellung für Renovierungskosten könne ebenfalls nicht für die volle Höhe gebildet werden. Das Schiedsverfahren über den Wert der vom Antragsteller gehaltenen Aktien sei mit Auslieferung des Gutachtens seit dem 27.6.2006 beendet. Am gerichtlichen Verfahren sei die Gesellschaft nicht beteiligt.

Die Gesellschaft trat dem Antrag entgegen. Dem Antragsteller fehle das Rechtsschutzbedürfnis, da er zur Übertragung seiner Aktien verpflichtet und Stichtag für die Wertfeststellung der 19.5.2003 sei. Der Antrag habe wie zahlreiche weitere vom Antragsteller eingeleitete Verfahren keinen anderen Sinn als denjenigen, der Gesellschaft Schaden zuzufügen, den Lästigkeitswert des Antragstellers zu erhöhen und die Ablauforganisation der Gesellschaft zu stören. Im Übrigen seien die Rückstellungen korrekt gebildet. Die Aufwendungen für die nun leerstehenden, von der Gesellschaft nicht benötigten Räume stellten eine Verbindlichkeitenrückstellung dar, deren Höhe sich aus der Mietfläche, der Nettomiete und der Dauer des Mietverhältnisses bis 30.4.2011 errechne mit 790.400 €, verzinst mit einer durchschnittlichen Mietsteigerung um 2,5 % p.a. mit gerundet 880.000 €. Hinzu kämen sonstige Raumkosten mit pauschal 100.000 € sowie die Kosten der mietvertraglich geschuldeten Renovierung mit rund 180.000 € und des Rückbaus der Alarm- und Schlüsselanlage mit 40.000 €. Der Vorstand der Gesellschaft nehme an dem gerichtlichen Verfahren teil, er habe für die Verhandlungstage detaillierte Aufstellungen zu den im Rahmen der Bewertung aufgeworfenen Fragen vorzubereiten gehabt. Die Rückstellung für interne Aufwendungen sei auf der Grundlage eines Tagessatzes vom 2.140 €, zehn Verhandlungstagen und jeweils fünf Manntagen Vorbereitung und 2 Manntagen Nachbereitung berechnet worden.

Der Aufsichtsrat teilte mit Schreiben vom 30.1.2008 mit, er halte die fraglichen Rückstellungen für zwingend geboten.

Das Amtsgericht bestellte mit Beschluss vom 8.2.2008 die R. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Sonderprüfer zur Überprüfung der "sonstigen Rückstellungen" in der Bilanz der Gesellschaft zum 31.12.2006. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hob das Landgericht diese Entscheidung auf mit der Begründung, die vorgelegte eidesstattliche Versicherung genüge nicht den Anforderungen des § 258 Abs. 2 Satz 5 AktG, wonach eine vor einem Notar abgegebene eidesstattliche Versicherung erforderlich sei. Der Antrag sei deshalb unzulässig. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist begründet. Es führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und Zurückweisung der Erstbeschwerde.

1. Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) angenommen, die Glaubhaftmachung der Mindestbesitzzeit könne nur durch Vorlage einer vor einem Notar abgegebenen eidesstattlichen Versicherung erfolgen.

a) Nach § 258 Abs. 2 Satz 4 AktG müssen Antragsteller glaubhaft machen, dass sie seit mindestens drei Monaten vor dem Tag der Hauptversammlung Inhaber der Aktien sind. Damit soll vermieden werden, dass kurzfristig Aktien aufgekauft werden, um eine Sonderprüfung wegen Unterbewertung zu veranlassen (vgl. Hüffer AktG 8. Aufl. § 258 Rn. 17). Glaubhaftmachung ist eine Art der Beweisführung, durch die dem Gericht nicht die volle Überzeugung, sondern lediglich die erhebliche Wahrscheinlichkeit eines zu beweisenden Sachverhalts vermittelt werden muss (Keidel/Schmidt FGG 15. Aufl. § 15 Rn. 69). Die Mittel der Glaubhaftmachung sind vom Gericht der Tatsacheninstanz zu würdigen. Das Rechtsbeschwerdegericht kann diese Tatsachenwürdigung nur daraufhin überprüfen, ob das Beschwerdegericht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und nicht gegen gesetzliche Beweisregeln, die Denkgesetze oder feststehende Erfahrungssätze verstoßen hat, ferner ob die Anforderungen an die Glaubhaftmachung zu hoch oder zu niedrig angesetzt wurden (BayObLGZ 1992, 162/165).

Solche Fehler liegen hier vor. Das Landgericht ist rechtsirrig davon ausgegangen, dass der Antragsteller in jedem Fall eine eidesstattliche Versicherung vor einem Notar abgeben müsse, wonach er Inhaber der Aktien mindestens seit drei Monaten vor der Hauptversammlung sei. Es hat dabei weder beachtet, dass auch andere Mittel der Glaubhaftmachung in Betracht kommen, noch berücksichtigt, dass die Gesellschaft, der die wenigen Inhaber der nicht verbrieften vinkulierten Namensaktien bekannt sind, die Tatsache des jahrelangen Aktienbesitzes des Antragstellers nicht in Zweifel gezogen, sondern zugestanden hat.

b) Nach § 258 Abs. 2 Satz 5 AktG "genügt" zur Glaubhaftmachung eine eidesstattliche Versicherung vor einem Notar. Als weitere Mittel der Glaubhaftmachung kommen nach allgemeiner Meinung etwa Bankdepotauszüge oder eine eidesstattliche Versicherung gegenüber dem Gericht in Betracht (vgl. Hüffer § 258 Rn. 17 a.E.; KKAktG/Claussen Bearbeitungsstand 2008 § 258 Rn. 26 a.E. m.w.N.; Schmidt/Lutter/Kleindiek AktG § 258 Rn. 15; Heidel/Wilsing Aktien- und Kapitalmarktrecht 2. Aufl. § 258 Rn. 14; Bürgers/Körber AktG § 258 Rn. 20). Bei Namensaktien kann die Gesellschaft wegen § 67 Abs. 2 AktG veranlasst werden, sich über den Inhalt des Aktienregisters zu äußern (MünchKommAktG/Hüffer 2. Aufl. § 258 Rn. 46). Die Auffassung des Landgerichts, § 258 Abs. 2 Satz 5 AktG schließe als Spezialvorschrift zu § 15 Abs. 2 FGG alle anderen Mittel der Glaubhaftmachung aus, findet im Wortlaut der Vorschrift keine Stütze. Die Formulierung, dass eine eidesstattliche Versicherung vor einem Notar "genügt", beinhaltet gerade keine Beschränkung auf diese Art der Glaubhaftmachung, sondern eröffnet lediglich die Möglichkeit, diese neben anderen zulässigen Möglichkeiten zu nutzen, auch wenn damit die praktische Bedeutung des § 258 Abs. 2 Satz 5 AktG gering bleibt.

c) Eine privatschriftliche eidesstattliche Versicherung (vgl. Bassenge/Roth FGG/RPflG 11. Aufl. § 15 FGG Rn. 44; Keidel/Schmidt § 15 Rn. 73) ist deshalb auch im Rahmen des § 258 AktG ein zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den Aktien der Antragsgegnerin um nicht verbriefte, vinkulierte Namensaktien handelt. In einem solchen Fall bedarf es regelmäßig keiner weiteren Glaubhaftmachung, wenn von Seiten der Gesellschaft, die das Aktienregister führt, keine Einwände gegen die Einhaltung der Mindestbesitzzeit durch den Antragsteller erhoben werden. So liegt der Fall hier. Der Hinweis der Antragsgegnerin auf § 4 des "Shareholders Agreement" vom 14.9.2000 geht fehl, denn dieser ändert nichts an dem in der Satzung festgeschriebenen Erfordernis der Zustimmung der Gesellschaft zur Übertragung der Aktien. Vielmehr wird in Abs. 1 in Ergänzung zu der in der Satzung bestimmten Zustimmungspflicht auch die Befugnis zum Verkauf, zur Belastung und wirtschaftlich vergleichbaren Rechtsgeschäften von der Zustimmung der übrigen Gesellschafter abhängig gemacht und hierzu in Abs. 2 bestimmt, dass "die Zustimmung gemäß Abs. 1" nicht erforderlich ist bei der Veräußerung der Aktien an Ehefrau, Lebenspartnerin, Kinder oder Eltern.

2. Auch die weiteren formellen Voraussetzungen liegen vor.

a) Antragsfrist (§ 258 Abs. 2 Satz 1) und Quorum (§ 258 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 142 Abs. 2 Satz 1 AktG) sind eingehalten. Einer Hinterlegung der Aktien bis zur Entscheidung über den Antrag (§ 258 Abs. 2 Satz 4 AktG) bedarf es hier nicht, denn zur Übertragung der auf den Namen lautenden, nicht verbrieften Aktien bedarf es der Zustimmung der Gesellschaft. Angesichts des überschaubaren Aktionärskreises ist damit sichergestellt, dass diese von einer Änderung des antragsbegründenden Aktienbestandes Kenntnis erhält und die entfallene Antragsberechtigung rügen kann (vgl. OLG München AG 2008, 33/34 zu § 142 AktG). Die Antragsberechtigung muss bis zur gerichtlichen Entscheidung vorliegen, Aktienbesitz während der Sonderprüfung ist hingegen nicht erforderlich (Hüffer § 258 Rn. 17; Bürgers/Körber § 258 Rn. 19).

b) Dem Antragsteller fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Auch wenn er die Veräußerung seiner Anteile an Mitaktionäre betreibt und hierzu verpflichtet sein sollte, stehen ihm, solange er Inhaber der Aktien ist, die Rechte als Aktionär zu. Dem steht nicht entgegen, dass die Bewertung seiner Anteile zum Stichtag 19.5.2003 erfolgt. Denn daraus folgt nur, dass sich die Geschäftsentwicklung in den Folgejahren nicht mehr auf den von den Käufern zu entrichtenden Preis für die Aktien auswirkt.

Im Übrigen bezweckt § 258 AktG vor allem, unzulässige Unterbewertungen aufzudecken und damit Bewertungsvorschriften durchzusetzen (Hüffer § 258 Rn. 1; KKAktG/Claussen § 258 Rn. 3). Es liegen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Antragsteller sein Antragsrecht rechtsmissbräuchlich ausübt, indem er es illoyal und grob eigennützig für die Durchsetzung ausschließlich sachfremder Zwecke missbraucht. Der Umstand, dass zwischen dem Antragsteller und der Gesellschaft sowie Mitaktionären eine Vielzahl von Streitigkeiten bestehen, reicht dafür nicht aus.

3. Materielle Voraussetzung für die Bestellung von Sonderprüfern nach § 258 Abs. 1 Satz 1 AktG ist schließlich, dass Anlass für die Annahme einer Unterbewertung bestimmter Posten des festgestellten Jahresabschlusses besteht.

a) Das ist der Fall, wenn konkrete Sachverhaltselemente vorliegen, die für einen verständigen und objektiv Beurteilenden den Schluss auf eine nicht unwesentliche Unterbewertung nahe legen (MünchKommAktG/Hüffer § 258 Rn. 11). Denn für die gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern bedarf es nach dem Gesetzeswortlaut nicht der Feststellung der nicht unwesentlichen Unterbewertung, sondern es genügt ein diesbezüglicher Anfangsverdacht (OLG München NZG 2006, 628/630; MünchKommAktG/Hüffer § 258 Rn. 56; a.A. Jänig NZG 2008, 257/259 - hinreichender Verdacht erforderlich).

Der Antragsteller hat in seinem Antrag konkrete Sachverhalte zu benennen, die geeignet sind, eine nicht unwesentliche Unterbewertung zu belegen. Ist das der Fall, muss sich das Gericht unter Berücksichtigung des Vorbringens der Gesellschaft sowie des Vorstands, des Aufsichtsrats und - soweit vorhanden - des Abschlussprüfers (§ 258 Abs. 3 Satz 1 AktG) eine Überzeugung davon bilden, ob der Antrag auf Bestellung von Sonderprüfern berechtigt ist, also ein Anfangsverdacht einer nicht unwesentlichen Unterbewertung vorliegt. Die Entscheidung des Gerichts über den Antrag bedeutet nämlich nicht die Vorwegnahme des Ergebnisses der Sonderprüfung (Hüffer § 258 Rn. 19; Bürgers/Körber § 258 Rn. 21). Ermittlungen (§ 12 FGG) sind deshalb nur insoweit vorzunehmen, als sie zur Frage des Anfangsverdachts erforderlich sind, und nicht etwa darauf zu erstrecken, ob tatsächlich eine nicht unwesentliche Unterbewertung vorliegt, denn das ist Gegenstand der Sonderprüfung.

b) Nach diesen Maßstäben hat das Amtsgericht im Ergebnis zu Recht Sonderprüfer bestellt, weil nach dem schlüssigen Vortrag des Antragstellers auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Gesellschaft und des Aufsichtsrats Anlass für die Annahme besteht, dass im festgestellten Jahresabschluss zum 31.12.2006 ein bestimmter Posten nicht unwesentlich unterbewertet ist (§ 258 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 256 Abs. 5 Satz 3 AktG). Zu Unrecht rügt die Antragsgegnerin die unterlassene Anhörung des Abschlussprüfers. § 258 Abs. 3 Satz 1 AktG fordert die Anhörung des Abschlussprüfers, der den verfahrensgegenständlichen Jahresabschluss geprüft hat. Nachdem der Abschluss der Antragsgegnerin nicht geprüft wurde, ist auch kein Abschlussprüfer vorhanden, der nach § 258 Abs. 3 Satz 1 AktG zu hören wäre. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin war es nicht geboten, den Abschlussprüfer ihrer prüfungspflichtigen Tochtergesellschaft anzuhören.

Der Antragsteller hat in seinem Antrag konkrete Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass der Posten "sonstige Rückstellungen" mit einem höheren Betrag als zulässig angesetzt ist. Nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB sind Rückstellungen nur in Höhe des Betrages anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist. Unterbewertet sind Rückstellungen außer in den Fällen, in denen sie mit einem höheren Betrag als zulässig passiviert werden, auch dann, wenn ihrem Ansatz insgesamt ein Passivierungsverbot entgegensteht (vgl. BGH AG 1992, 59/60).

Die wegen der Beendigung des Untermietverhältnisses gebildeten Rückstellungen mögen grundsätzlich nach den handelsrechtlichen Bewertungsregeln (§ 249 Abs. 1 HGB) als Rückstellung zulässig sein, sei es für drohende Verluste (vgl. BFH, Urteil vom 17.5.2000, Juris Rz. 6 f. - auf die abweichende steuerliche Behandlung kommt es hier nicht an) oder für ungewisse Verbindlichkeiten, wie die Antragsgegnerin meint. Es bleibt jedoch auch unter Berücksichtigung der von der Antragsgegnerin vorgetragenen Erläuterungen zweifelhaft, ob bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung im Jahresabschluss 2006 eine Rückstellung in Höhe des gesamten, bis zum Ende des Hauptmietverhältnisses im April 2011 anfallenden Mietzinses für die bislang untervermieteten Flächen von 565 m² angezeigt erschien, der unter Berücksichtigung von Mietsteigerungen insgesamt rund 880.000 € beträgt, zuzüglich pauschal geschätzter sonstiger Kosten in Höhe von 100.000 €.

Auch die Rückstellung für die am Ende des Mietverhältnisses im Jahr 2011 durchzuführende Renovierung der gesamten Mieträume und Beseitigung der Alarm- und Schlüsselanlage mit 220.000 € erscheint überprüfungsbedürftig. Für die Verpflichtung aus einem Mietvertrag, bestimmte Einrichtungen oder Anlagen zu entfernen (vgl. § 546 Abs. 1 BGB), sind grundsätzlich die zu erwartenden Ausgaben von Vertragsbeginn an über die Laufzeit des Vertrages verteilt in einer Rückstellung anzusammeln (Beck'scher Bilanzkommentar/Hoyos/Ring 6. Aufl. § 249 Rn. 100 "Entfernungsverpflichtung").

Nach den Erläuterungen der Antragsgegnerin wurden im Jahresabschluss 2006 die gesamten voraussichtlichen Renovierungskosten in Höhe von 180.000 € sowie die gesamten Kosten des Rückbaus der Alarm- und Schlüsselanlage von 40.000 € als Rückstellung angesetzt. Angesichts der zehnjährigen Dauer des Mietverhältnisses von 2001 bis 2011 ist diese Vorgehensweise nicht ohne weiteres nachvollziehbar.

Zweifelhaft erscheint auch die Rückstellung für interne Aufwendungen in Höhe von 150.000 € im Hinblick auf den Rechtsstreit zwischen dem Antragsteller und zwei Mitaktionären, denn die Gesellschaft ist an diesem Verfahren nicht als Partei beteiligt.

c) Die möglicherweise vorliegende Unterbewertung ist nicht unwesentlich, unabhängig davon, ob als Vergleichsgröße die Gesamtverhältnisse des Unternehmens, insbesondere Jahresergebnis und Grundkapital, oder die jeweiligen Bilanzposten heranzuziehen sind (vgl. MünchKommAktG/Hüffer § 258 Rn. 20 f.). Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine kleine Aktiengesellschaft im Sinne des § 267 Abs. 1 HGB. Der Jahresüberschuss zum 31.12.2006 beträgt rund 560.000 €, die Bilanzsumme rund 4,3 Mio. €, der Posten "sonstige Rückstellungen" rund 1,67 Mio. €, die Rückstellungen insgesamt belaufen sich auf rund 1,7 Mio. €. Überprüfungsbedürftig sind Rückstellungen in Höhe von 1,35 Mio. €.

4. Eine Aussetzung des entscheidungsreifen Verfahrens im Hinblick auf den Rechtsstreit betreffend die Übertragung der Anteile des Antragstellers auf Mitaktionäre kommt nicht in Betracht. Wie oben (vgl. II. 2. a) ausgeführt, ist die Anteilsinhaberschaft des Antragstellers bis zur gerichtlichen Entscheidung, nicht aber während der Sonderprüfung erforderlich. Wann, in welchem Umfang und zu welchen Bedingungen der Antragsteller seine Anteile an der Gesellschaft übertragen wird, ist deshalb nicht entscheidungserheblich.

5. Gerichtskosten für die erfolgreiche sofortige weitere Beschwerde fallen nicht an (§ 131 Abs. 1 Satz 2 KostO); im Übrigen ergibt sich aus dem Gesetz, wer diese zu tragen hat. Die Anordnung der Kostenerstattung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG. Für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde bleibt es bei dem im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 13a Abs. 1 Satz 1 FGG). Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 KostO. Unter Berücksichtigung des Umfangs der Sonderprüfung und der Verhältnisse der Gesellschaft hält der Senat 50.000 € für angemessen.

Ende der Entscheidung

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