Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 11.09.2007
Aktenzeichen: 32 Wx 118/07
Rechtsgebiete: WEG, HeizkostenV


Vorschriften:

WEG § 21 Abs. 4
HeizkostenV § 2
HeizkostenV § 3
Bei einer Wohnungseigentumsanlage mit zwei Wohnungen, von denen eine von ihrem Eigentümer vermietet ist und die andere von dem Eigentümer bewohnt wird, besteht eine Pflicht zur Verbrauchserfassung nach den Vorschriften der HeizkostenV. § 2 dieser Verordnung findet insoweit keine Anwendung (im Anschluss an OLG Düsseldorf FGPrax 2004, 11 f.).
32 Wx 118/07

Beschluss

Der 32. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht und Vorsitzenden Richters am Bayerischen Obersten Landesgericht a.D. Joachimski, des Richters am Oberlandesgericht und Richters am Bayerischen Obersten Landesgericht a. D. Dr. Schmid und des Richters am Oberlandesgericht Wimmer

am 11. September 2007

in der Wohnungseigentumssache

wegen Forderung u.a.,

auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die sofortige Beschwerde wird der Beschluss des Landgerichts Regensburg vom 3. Juli 2007 insoweit aufgehoben, als die Verpflichtung zur verbrauchsabhängigen Erfassung der Heizkosten, inklusive der Ausstattung der Heizkörper mit Verbrauchsmesseinrichtungen und zur verbrauchsabhängigen Erfassung von Warmwasserkosten - nicht jedoch Kaltwasserkosten und Abwasserkosten - und die Feststellung der diesbezüglichen hälftigen Kostentragungspflicht abgelehnt wurde.

II. Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.

III. Im Rahmen der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde an das Landgericht Regensburg zurückverwiesen.

IV. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 4.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten sind Schwestern und halten je 1/2 Eigentumsanteile an der Wohnungseigentümergemeinschaft; die Antragstellerin ist Eigentümerin der Sondereigentumseinheit im Obergeschoß des Anwesens, sie nutzt die Wohnung selbst gelegentlich. Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin der Sondernutzungseinheit im Erdgeschoß; sie hat diese Einheit an eine Tante der Beteiligten vermietet.

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin auf die Hälfte der Kosten einer Reparaturmaßnahme an der Haustreppe in Anspruch und verlangt weiter, dass bestimmte Einrichtungen für eine verbrauchsabhängige Erfassung der Heizkosten und der Wasserkosten geschaffen werden, an denen sich die Beteiligten je hälftig zu beteiligen hätten. Ferner verlangt die Antragstellerin hilfsweise eine Ermächtigung zur Einberufung einer Eigentümerversammlung.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 21.3.2007 auf den Hilfsantrag der Antragstellerin diese ermächtigt, eine Eigentümerversammlung und Aufstellung der Mitteilung einer Tagesordnung einzuberufen, und die Anträge im Übrigen zurückgewiesen. Die gegen diesen Beschluss eingelegte sofortige Beschwerde wies das Landgericht am 3.7.2007 zurück. Mit ihrer gegen diesen am 6.7.2007 zugestellten Beschluss eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde vom 18.7.2007 verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter.

II.

Die zulässige sofortige weitere Beschwerde ist nur teilweise begründet.

1. Das Landgericht hat Folgendes ausgeführt:

a) Zu Recht habe das Amtsgericht keine Verpflichtung der Antragsgegnerin gesehen, sich anteilig an den Kosten der Reparaturmaßnahme im Treppenhaus zu beteiligen. Wenngleich diese Maßnahme sinnvoll und zweckmäßig gewesen sei, wäre eine Verpflichtung der Antragsgegnerin, sich an den Kosten zu beteiligen, nur dann anzunehmen, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft einen entsprechenden Mehrheitsbeschluss gefasst hätte, oder aber die Antragsgegnerin dieser Maßnahme zugestimmt hätte. Ein Beschluss sei unstreitig nicht gefasst worden; eine Beauftragung der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin habe ebenso wenig vorgelegen. In dem Umstand, dass die Antragsgegnerin zum Ausdruck gebracht habe, der Eingangsbereich sei unfallgefährdet und die Antragstellerin solle sich darum kümmern, liege noch kein Auftrag zu einer konkreten Reparaturmaßnahme. Auch durch ein vorweg erteiltes Einverständnis sei die durchgeführte Maßnahme nicht gedeckt gewesen. Zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens sei die Reparaturmaßnahme nicht notwendig gewesen.

b) Das Amtsgericht habe auch die Anträge der Antragstellerin hinsichtlich der Verbrauchserfassungseinrichtungen zu Recht zurückgewiesen. Eine Verpflichtung zur Ausstattung der Wohnungen mit Verbrauchserfassungsgeräten sei aus der HeizkV nicht abzuleiten, da die Ausnahmebestimmung des § 2 vorliege. Weil es sich lediglich um ein Zweifamilienhaus handle, sei der Eigentümer nicht an die HeizkV gebunden, da vorliegend eine der beiden Wohnungen von einem Gebäudeeigentümer selbst genutzt werde. Hierbei reiche die unregelmäßige Nutzung durch die Antragstellerin aus. Mangels Anwendbarkeit der HeizkV komme es auf die weiteren Ausnahmen des § 11 HeizkV nicht mehr an. Bezüglich der Wasserversorgung richte sich die Kostenverteilung nach dem Nachtrag zur Teilungserklärung vom 23.9.1997, nach dem die übrigen Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung, sowie die Betriebskosten (z.B. für Wasser, Abwasser, Strom, Heizung u.a.) einschließlich der Versicherungsprämien von den Wohnungseigentümern im Verhältnis der Miteigentumsanteile getragen werden sollten.

2. Soweit sich diese Ausführungen auf die Ablehnung der Verbrauchserfassung der Heizkosten und Warmwasser beziehen, halten sie der rechtlichen Nachprüfung nicht stand (§ 43 Abs. 1 WEG, § 27 Abs. 2 FGG, § 546 ZPO).

a) Grundsätzlich erfasst der im Weg eines Verpflichtungsantrags gerichtlich durchsetzbare Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung nach § 21 Abs. 4 WEG auch die Einhaltung der HeizkV bei der Abrechnung der Warmwasser- und Heizkosten in der Wohnungseigentumsgemeinschaft (OLG Frankfurt OLG-Report Frankfurt 2005, 13). Der Anspruch richtet sich auch gegen die Antragsgegnerin als einzige weitere Wohnungseigentümerin (Palandt/Bassenge WEG 66. Aufl. § 21 Rn. 10).

b) Zu Unrecht hat jedoch das Landgericht angenommen, dass § 2 HeizkV der Verpflichtung der Beklagten zur Zustimmung von Verbrauchserfassungsgeräten entgegenstehe. Nach dieser Vorschrift gehen die Vorschriften der Heizkostenverordnung rechtsgeschäftlichen Bestimmungen nicht vor bei Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen, von denen eine der Vermieter selbst bewohnt. Die Voraussetzungen dieser Ausnahmebestimmung sind hier jedoch nicht gegeben. Die Vorschrift geht ersichtlich von einem vom Vermieter bewohnten Zweifamilienhaus aus. Bei der Übertragung dieser Vorschrift auf das Wohnungseigentum kann daher nur der Fall betroffen sein, dass beide Wohnungen demselben Eigentümer gehören und dieser eine der Wohnungen vermietet hat. Soweit in der Rechtsliteratur (vgl. Pfeifer: Die neue Heizkostenverordnung Anm. 5b zu § 2) teilweise die Auffassung vertreten wird, die Bestimmung des § 2 der Heizkostenverordnung sei großzügig auszulegen, so dass sie auch auf die Fälle anzuwenden sei, in denen die Wohnungen eines Zweifamilienhauses verschiedenen Wohnungseigentümern gehören und von denen beide entweder von den Eigentümern selbst bewohnt werden oder eine oder beide Wohnungen vermietet sind, vermag dieser Ansicht der Senat mit dem Oberlandesgericht Düsseldorf (FG-Prax 2004, 11 f.) nicht zu folgen. Für eine großzügige Auslegung gegen den klaren Wortlaut der Bestimmung besteht noch kein Bedürfnis. Der Umstand, dass der Gesetzgeber von einem Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen spricht, von denen eine der Vermieter selbst bewohnt, zeigt, dass es auf das letztgenannte Kriterium entscheidend ankommt. Auch wenn die Bestimmung des § 2 HeizkV auf der Erwägung beruht, dass bei einem Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen, von denen eine der Vermieter selbst bewohnt Vermieter und Mieter gemeinsam bemüht sind, Heizkosten einzusparen, so dass sich eine verbrauchsabhängige Abrechnung erübrigt, kann diese Erwägung, die ersichtlich in erster Linie auf das typische Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung zutrifft, nicht ohne weiteres auf eine Eigentumswohnanlage mit zwei Wohnungen übertragen werden. Im Übrigen erscheint es auch nach der Systematik der §§ 2, 3 HeizkV zweifelhaft, ob die Ausnahme des § 2 auch auf Wohnungseigentum zutrifft, da § 3 für Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen keine eigene Ausnahmebestimmung enthält.

c) Die Ausnahme des § 11 Nr. 2b Heizkostenverordnung liegt ebenfalls nicht vor, da es nicht ausreicht, dass die Nutzung der Wohnung einer Personengruppe vorbehalten bleibt, mit deren regelmäßig keine üblichen Mietverträge abgeschlossen werden, sondern darüber hinaus ein mit einem Alters- und Pflegeheim, Studenten- und Lehrlingsheim vergleichbares Gebäude vorliegen muss. Dies ist jedoch bei einem Zweifamilienhaus in der verfahrensgegenständlichen Nutzung nicht gegeben.

d) Das Landgericht ist nach seiner Auffassung folgerichtig der Frage nicht nachgegangen, ob das Anbringen der Ausstattung zur Verbrauchserfassung, die Erfassung des Wärmeverbrauches oder die Verteilung der Kosten des Wärmeverbrauches nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 a Heizkostenverordnung). Hierauf hat sich aber die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 1.6.2007 vor dem Landgericht berufen. Das Landgericht wird daher dieser Frage noch nachzugehen haben. Zur Frage der unverhältnismäßig hohen Kosten wird auf die bereits zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf sowie auf die Kommentierung im MünchKomm/Schmid BGB 4. Aufl. Anh. nach § 556a BGB HeizkV § 11 Rn. 3, 4 hingewiesen.

e) Sollte sich ein Anspruch auf die verbrauchsabhängige Erfassung von Heizkosten ergeben, so folgt hieraus noch nicht, dass die beantragten Geräte der Firma Kalo/Kalorimeter anzuschaffen sind. Vielmehr wird mangels eines Beschlusses der Eigentümer danach zu entscheiden sein, welche Verbrauchserfassungsmaßnahmen im Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer billigem Ermessen entsprechen (§ 21 Abs. 4 WEG).

3. Im Übrigen halten die Ausführungen des Landgerichts der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 43 Abs. 1 WEG, § 27 Abs. 2 FGG, § 546 ZPO).

Auf die vom Landgericht zutreffend dargelegten Gründe wird Bezug genommen. Im Hinblick auf das Vorbringen der Rechtsbeschwerdeführerin ist ergänzend auszuführen:

a) Nach eigenem Vorbringen der Rechtsbeschwerdeführerin hat die Antragsgegnerin den von der Antragstellerin vorgelegten Angeboten nicht ausdrücklich zugestimmt. In der Nichtannahme des Kostenvoranschlages kann auch nicht eine Einräumung des Rechts gesehen werden, dass die Antragstellerin über die notwendige Instandsetzungsmaßnahme selbst entscheiden könne.

Dass die Reparaturmaßnahme keine Notmaßnahme im Sinne von § 21 Abs. 2 WEG war, hat das Landgericht in verfahrensrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt. Auch Rechtsfehler bei der Auslegung des Begriffes "Notmaßnahme" sind nicht ersichtlich.

b) Hinsichtlich der Kaltwasserkosten und der Abwasserkosten besteht aufgrund des Nachtrages zur Teilungserklärung eine Einigung. Ein Anspruch nach Treu und Glauben auf Zustimmung und Umsetzung zu der beantragten getrennten Verbrauchserfassung und Abrechnung besteht nicht. Zur Beurteilung der Frage, ob die jeweils geltende Regelung der Kostenverteilung grob unbillig ist, sind die gesamten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (BGHZ 160, 354 ff.). Im vorliegenden Fall beruht der Mindestverbrauch von Wasser darauf, dass sich die Antragstellerin entschlossen hat, die Wohnung nur in geringem Maße zu benutzen. Allein durch verändertes Nutzungsverhalten kann ein einzelner Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht dazu zwingen, den Verteilungsschlüssel für die Wasserkosten zu ändern. Die Verteilung der Wasserkosten nach Wohnungseigentumsanteilen ist grundsätzlich nicht unbillig.

III.

Eine Kostenentscheidung war wegen der Zurückverweisung nicht veranlasst; die Entscheidung über die Geschäftswertfestsetzung für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

Zurück