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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 16.01.2007
Aktenzeichen: 32 Wx 163/06
Rechtsgebiete: GBO


Vorschriften:

GBO § 18 Abs. 2 S. 1
GBO § 53
1. Das Grundbuch ist nicht mehr unrichtig, wenn das Grundbuchamt zwar entgegen § 18 Abs.2 S.1 GBO die Eintragung eines Schutzvermerks unterlassen, mittlerweile aber nach Zurückweisung der Beschwerde gegen die Zwischenverfügung seinerseits den Eintragungsantrag endgültig zurückgewiesen und dies dem Antragsteller mitgeteilt hat.

2. Ob die Beschwerde im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen wurde, ist dabei ohne Bedeutung.


Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 2 war ursprünglich Alleineigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundbesitzes. Er brachte mit notariellem Vertrag vom 12.5.1999 diesen Grundbesitz in das Gesellschaftsvermögen der aus ihm und dem Beteiligten zu 1 bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein. Der eine Auflassung und die Eintragungsbewilligungen enthaltende Vertrag vom 12.5.1999 wurde vom Urkundsnotar am 17.7.2003 mit Vollzugsantrag vorgelegt. Das Grundbuch beanstandete mit Zwischenverfügung vom 16.9.2003 die Eintragungsanträge und verlangte Übernahmeerklärungen des Erwerbers und Löschungsbewilligungen eingetragener Berechtigter. Gegen diese Zwischenverfügung legte der Beteiligte zu 1 am 15.10.2003 Beschwerde ein, die am 30.12.2003 vom Landgericht zurückgewiesen wurde. Die Akten wurden wieder dem Grundbuchamt zugeleitet. Dieses wies mit Beschluss vom 8.1.2004 die Eintragungsanträge endgültig zurück.

Zu notariellem Kaufvertrag vom 21.8.2003 hatte mittlerweile der Beteiligte zu 2 den verfahrensgegenständlichen Grundbesitz an die Beteiligte zu 3 verkauft. In diesem Kaufvertrag bewilligte er die Eintragung einer Auflassungsvormerkung und erteilte der Erwerberin Vollmacht zur Belastung des verfahrensgegenständlichen Grundbesitzes mit Grundpfandrechten. Die Beteiligte zu 3 bewilligte und beantragte die Eintragung einer Grundschuld über 450.000 EUR zugunsten der Beteiligten zu 4. Beide Erklärungen wurden dem Grundbuchamt am 11. September 2003 vorgelegt. Nach Zurückweisung des Eintragungsantrages des Beteiligten zu 1 vom 8.1.2004 trug das Grundbuchamt am 9.1.2004 die Auflassungsvormerkung und die Grundschuld zugunsten der Beteiligten zu 3 und 4 ein. Der Zurückweisungsbeschluss vom 8.1.2004 wurde dem bevollmächtigten Notar am 13.1.2004 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 27.1.2004, bei Gericht eingegangen am 28.1.2004, legte der Beteiligte zu 1 gegen den Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 30.12.2003 weitere Beschwerde ein. Auf diese hin hob das Bayerische Oberste Landesgericht mit Beschluss vom 9.3.2004 die Beschlüsse des Landgerichts und die Zwischenverfügung des Grundbuchamts auf. Am 27.4.2004 wurden die Beteiligten zu 1 und 2 als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Abteilung 1 des Grundbuchs eingetragen.

Mit Schriftsatz vom 27.6.2006 beantragte der Beteiligte zu 1 beim Grundbuchamt die Löschung der beiden Eintragungen vom 9.1.2004. Mit Zwischenverfügung vom 17.7.2006 setzte das Amtsgericht Frist zur Behebung von Eintragungshindernissen, nämlich der Vorlage von Bewilligungen der Beteiligten zu 3 und 4. Die Beschwerde gegen diese Zwischenverfügung wies das Landgericht mit Beschluss vom 8.9.2006 zurück. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. Er ist der Ansicht, ein Amtswiderspruch sei deswegen einzutragen, weil das Grundbuchamt von Anfang an keinen Schutzvermerk nach § 18 Abs.2 GBO eingetragen habe. Dieser hätte zwar nach der Zurückweisung des Antrags gelöscht werden müssen, wäre aber bei Einlegung der Beschwerde gegen die Zurückweisung wieder aufgelebt.

II.

Die gemäß § 78 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige weitere Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt.

Es komme weder die Eintragung eines Amtswiderspruches noch eine amtswegige Löschung gemäß § 53 GBO in Betracht. Das Grundbuchamt habe nämlich bei der Eintragung keine gesetzlichen Vorschriften verletzt. Mit der Zurückweisung des Antrags sei dieser erledigt gewesen. Die Eintragung eines Schutzvermerks nach § 18 Abs. 2 GBO sei deshalb ab diesem Zeitpunkt nicht mehr erforderlich gewesen. Auch eine Löschung im Wege der Grundbuchberichtigung gemäß § 22 GBO käme nur dann in Betracht, wenn eine Bewilligung des Betroffenen im Sinne des § 19 GBO vorliege. Die Unrichtigkeit des Grundbuchs sei im Übrigen nicht nachgewiesen.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand:

a) Es ist zwar zutreffend, dass das Grundbuchamt gemäß § 18 Abs. 2 GBO eine Vormerkung zugunsten der Beteiligten zu 1 und 2 als Gesellschafter bürgerlichen Rechts hätte eintragen müssen, da nach dem ersten Antrag vom 17.7.2003 am 11.9.2003 ein weiterer Antrag eingegangen war, der dasselbe Grundbuch betraf. § 18 Abs. 2 Satz 1 GBO ist an sich zwingendes Recht. In der Literatur ist jedoch anerkannt, dass das Grundbuchamt zunächst von der Vermerksbuchung - natürlich in einem solchen Fall aber auch vom Vollzug des jüngeren Antrags - absehen kann, wenn mit großer Sicherheit der Zwischenverfügung sehr zeitnah abgeholfen werden kann (vgl. hierzu Bauer/von Oefele, Grundbuchrecht, 2. Aufl., Rn. 25 zu § 18 GBO. Dies kann dahinstehen, weil die Frage der Verletzung einer gesetzlichen Pflicht im Sinne des § 53 GBO sich vorliegend schon deswegen nicht stellen muss, weil es an der Grundbuchunrichtigkeit fehlt.

b)Gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO ist ein Widerspruch in das Grundbuch einzutragen, wenn

- das Grundbuch durch eine Eintragung unrichtig geworden ist und noch unrichtig ist (KEHE, Grundbuchrecht, 5.Auflage, RN 8 zu § 53 GBO),

- das Grundbuchamt die Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen hat,

- und sich an die Eintragung gutgläubiger Erwerb anschließen kann.

Dabei muss die Gesetzesverletzung feststehen, während die Unrichtigkeit des Grundbuchs zumindest glaubhaft sein muss (vgl. hierzu Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 13. Aufl., Rn. 394).

c) Die bezeichnete weitere Voraussetzung eines Amtswiderspruchs, nämlich, dass das Grundbuch weiterhin unrichtig ist, liegt zweifelsfrei nicht vor. Die gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 einzutragenden Schutzvermerke sind jedenfalls dann zu löschen, wenn die Wirkung der Zwischenverfügung durch einen endgültigen Zurückweisungsbeschluss beendet wird. Abzustellen ist dabei allerdings - im Gegensatz zur Annahme des Landgerichts - auf den Zeitpunkt der Bekanntmachung an die Beteiligten. Der Zurückweisungsbeschluss wurde am 13.1.2004 dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1 und 2 zugestellt. An sich hätte der Schutzvermerk erst zu diesem Zeitpunkt gelöscht werden dürfen.

d) Auf diese zeitliche Überschneidung kommt es jedoch deswegen nicht an, weil jedenfalls ab 14.1.2004 der Schutzvermerk seine rangsichernde Wirkung im Verhältnis zu den am 11.9.2003 gestellten Eintragungsanträgen und zu den aufgrund dieser Anträge vorgenommenen Eintragungen verloren hätte.

Hätte das Grundbuchamt, wie es an sich seine Pflicht gewesen wäre, einen Schutzvermerk gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 GBO eingetragen, so wäre dieser bei Zurückweisung des Eintragungsantrags spätestens mit Ablauf des 13.1.2004 hinfällig geworden, unabhängig davon, ob er gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 GBO gelöscht wurde oder nicht (Meikel-Böttcher, Grundbuchrecht, 8. Aufl., Rn. 157 zu § 18 GBO m.w.N.). Seit 14.1.2004 ist daher das Grundbuch nicht mehr unrichtig. Ein "Wiederaufleben" des Schutzvermerks, wie es der Rechtsbeschwerdeführer für sich in Anspruch nimmt, gibt es nicht.

Hier ist auch darauf hinzuweisen, dass bei einer sofortigen Zurückweisung die Eintragung eines Schutzvermerks gar nicht möglich gewesen wäre. Die direkte oder entsprechende Anwendung des § 18 Abs.2 GBO in den Fällen der Zurückweisung des Antrags kommt nicht in Betracht: § 18 Abs.2 GBO bezieht sich nur auf die Fälle des Abs.1. Eine entsprechende Anwendung scheidet schon deswegen aus, weil es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt, die nur dem vorläufigen Charakter der Zwischenverfügung Rechnung trägt.

e) Es spielt in diesem Zusammenhang auch keine Rolle, dass der Eintragungsantrag der Beteiligten zu 3 und 4 beim Grundbuchamt vor Erlass des endgültigen Zurückweisungsbeschlusses eingegangen war. Mit Erlass des Zurückweisungsbeschlusses verlor die Zwischenverfügung, welche von dem Beteiligten zu 1 angefochten wurde, ihre Wirkung und damit auch die Kraft, diesem Eintragungsantrag den Rang zu wahren. Hätte das Grundbuchamt diesen Eintragungsantrag sofort endgültig zurückgewiesen statt eine Zwischenverfügung zu erlassen, so hätte es unmittelbar darauf hin den Eintragungsantrag der Beteiligten zu 3 und 4 behandeln müssen. Im Zuge dessen wäre dieselbe Situation entstanden, wie sie jetzt gegeben ist.

f) Dass die Zurückweisung im Endergebnis zu Unrecht erfolgte, wirkt sich nicht aus. Es kommt allein darauf an, ob die Zurückweisung den Antrag im Sinne des § 17 GBO erledigte. An der Tatsache der Erledigung ändert sich auch dadurch nichts, dass der Beteiligte zu 1 gegen die Zurückweisung des Eintragungsantrags alsbald Beschwerde einlegte und diese Erfolg hatte (vgl. BayObLG Rpfleger 1983, 101 m.w.N. und BGHZ 45, 186/191).

Die nunmehr entstandene Situation ist letztendlich Folge der gesetzlichen Rechtsmittelkonstruktion im Grundbuchrecht: Da eine Beschwerde unbefristet zulässig ist, gibt es weder eine formelle noch eine materielle Rechtskraft einer Entscheidung. Das hat zur Folge, dass das Grundbuchamt nach Zurückweisung eines Antrags sofort die später beantragten Eintragungen vornehmen kann (und muss), obwohl sich dadurch Rangänderungen ergeben können, die der ursprünglichen materiellrechtlichen Situation widersprechen.

3. Die Kostenfolge ergibt sich direkt aus dem Gesetz. Ein Ausspruch über die Kostenerstattung gemäß § 13 a FGG war nicht veranlasst, weil die Beteiligten zu 3 und 4 erst im Verfahren der weiteren Beschwerde gehört wurden. Die Festsetzung des Gegenstandswerts blieb im Rechtsbeschwerdeverfahren unbeanstandet; der Senat sieht auch keinen Anlass, sie von Amts wegen zu ändern.

Ende der Entscheidung

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