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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 05.07.2005
Aktenzeichen: 32 Wx 56/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 189
ZPO § 929 Abs. 3 S. 2
ZPO § 936
Nach der Neufassung von § 189 ZPO durch das Gesetz zur Reform von Zustellungen im gerichtlichen Verfahren (ZustRG) vom 20.6.2001 (BGBl. I 1206) kann das Unterbleiben der Parteizustellung einer im Urteilswege ergangenen Einstweiligen Verfügung durch deren formgültige Amtszustellung auch dann geheilt werden, wenn der Vollziehungswille des Antragstellers dem Antragsgegner nicht auf andere Weise zur Kenntnis gebracht wird.
Tatbestand:

Die Beteiligte zu 1 ist Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Grundbesitzes. Durch Endurteil des Landgerichts Augsburg vom 14.11.2003 wurde die Eintragung einer Auflassungsvormerkung an dem verfahrensgegenständlichen Grundbesitz zugunsten der Beteiligten zu 2 angeordnet. Dieses Endurteil wurde am 18.11.2003 von Amts wegen zugestellt. Es wurde mit Beschluss vom 27.11.2003 dahingehend berichtigt, dass die Eintragung der Eigentumsvormerkung nur hinsichtlich einer noch zu vermessenden Teilfläche angeordnet werde. Dieser Änderungsbeschluss wurde am 1.12.2003 den Beteiligten zugestellt. Zustellungsempfänger waren jeweils die Prozessbevollmächtigten der Parteien. Auf Ersuchen des Landgerichts vom 14.11.2003 und weiterem Ersuchen vom 27.11.2003 wurde vom Grundbuchamt am 5.12.2003 eine Eigentumsvormerkung für die Beteiligten zu 2 in Gütergemeinschaft eingetragen.

Hiergegen wandte sich am 14.5.2004 die Beteiligte zu 1 mit einem Rechtsbehelf, der zunächst als Vollstreckungserinnerung bezeichnet war. Sie machte geltend, dass zwar die Vollziehung der einstweiligen Verfügung ohne vorherige Zustellung zulässig gewesen sei. Die Beteiligten zu 2 hätten es jedoch versäumt, innerhalb der Frist des § 929 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Zustellung im Parteibetrieb nachzuholen. Deswegen beantragte die Beteiligte zu 1 die Löschung der eingetragenen Eigentumsvormerkung.

Dem Rechtsbehelf wurde vom Grundbuchamt nicht abgeholfen. Das Landgericht behandelte ihn als Beschwerde nach § 71 GBO und wies ihn mit Beschluss vom 4.1.2005 zurück. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1, der kein Erfolg beschieden war.

Aus den Gründen: Die weitere Beschwerde ist nach § 78 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Zu Recht ist der Rechtsbehelf vom Grundbuchamt und dem Landgericht als Grundbuchbeschwerde behandelt worden. Soweit das Grundbuchamt als Vollstreckungsorgan tätig wird, tritt die Grundbuchbeschwerde an die Stelle der Erinnerung nach § 766 ZPO (BayObLGZ 1975, 398/401). In der Sache hat die weitere Beschwerde keinen Erfolg:

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Eigentumsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 2 sei unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen in zulässiger Weise eingetragen worden. Die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung hätten vorgelegen. Die Zustellung von Amts wegen genüge als Voraussetzung der Zwangsvollstreckung, da nach § 317 Abs. 1 ZPO Endurteile von Amts wegen zuzustellen seien. Es ergebe sich aus § 750 Abs. 1 Satz 2 ZPO, dass die Amtszustellung als Vollstreckungsvoraussetzung genüge.

2. Diese Rechtsauffassung des Landgerichts hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand:

Die Eigentumsvormerkung wurde aufgrund einer Einstweiligen Verfügung, welche im Urteilswege erging, eingetragen. Bei dieser Eintragung mussten sowohl die Voraussetzungen, welche die Grundbuchordnung an eine Eintragung stellt, als auch die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen durch das Endurteil, welches die Bewilligung nach § 19 GBO ersetzt, und das Eintragungsersuchen, welches gemäß § 38 GBO i.V.m. § 941 ZPO den Eintragungsantrag nach § 13 GBO ersetzt, vorgelegen hätten.

Die Ausfertigung der im Wege des Endurteils angeordneten Einstweiligen Verfügung bedurfte gemäß § 936 Abs. 1 i.V.m. § 929 Abs. 1 ZPO nicht der Vollstreckungsklausel. Eine vorgängige Zustellung der Urteilsverfügung - sei es im Amts- oder Parteibetrieb - war gemäß § 929 Abs. 3 ZPO auch nicht erforderlich.

Die Vollziehung der Eintragung war auch nicht durch § 929 Abs. 2 ZPO wegen des fruchtlosen Ablaufs der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO gehindert. Die Vollziehungsfrist wurde schon deswegen eingehalten, weil innerhalb eines Monats nach Verkündung der Urteilsverfügung - am 5.12.2003 - die Eigentumsvormerkung aufgrund der Einstweiligen Verfügung eingetragen wurde. Auf den Lauf dieser Vollziehungsfrist hatte der nachfolgende Berichtigungsbeschluss keinen Einfluss (OLG Düsseldorf ZIP 1981, 540; KG WRP 1983, 341).

Damit hat das Grundbuchamt jedenfalls bei der Eintragung der Eigentumsvormerkung nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen, so dass eine Amtslöschung gemäß § 53 GBO - ein Amtswiderspruch scheidet mangels Gutglaubenswirkung der Eigentumsvormerkung ohnehin aus - nicht in Betracht kommen kann. Schon aus diesem Grund erweist sich das ursprüngliche Begehren der Beschwerdeführerin als unbegründet.

3. An dem dargestellten Ergebnis ändert sich nichts, wenn man den ersten Antrag der Beschwerdeführerin dahingehend umdeutet, die eingetragene Eigentumsvormerkung solle wegen des Nachweises der Unrichtigkeit gelöscht werden. Eine Löschung bedarf wie jede andere Eintragung entweder der Bewilligung im Sinne des § 19 GBO durch den Berechtigten oder im Sinne des § 22 GBO des Nachweises der Unrichtigkeit. Die Bewilligung der Beteiligten zu 2 liegt nicht vor. Aber auch die Unrichtigkeit der Eintragung ist nicht im Sinne des § 22 GBO nachgewiesen: Dies könnte zwar grundsätzlich der Fall sein, wenn die Vollziehung der einstweiligen Verfügung wegen des fruchtlosen Ablaufs der Zustellungsfrist des § 929 Abs. 3 Satz 2 ZPO unstatthaft geworden wäre und damit die einstweilige Verfügung ihre Wirkung verloren hätte.

Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung wurde nicht nach § 929 Abs. 3 Satz 2 ZPO wirkungslos. Ob die Zustellung der Urteilsverfügung und des Berichtigungsbeschlusses im Wege der Parteizustellung (so die herrschende Meinung, vgl. Zöller/Vollkommer, Kommentar zur ZPO, 25. Aufl. Rn. 12 zu § 929 ZPO), oder im Wege der Amtszustellung zu erfolgen hat, muss der Senat nicht entscheiden. Es ist auch hier nicht grundsätzlich zu klären, ob die amtswegige Zustellung schon deswegen ausreichen würde, weil eine nachfolgende Parteizustellung lediglich auf eine bloße Förmelei hinausliefe (so Zöller aaO m.w.N.; OLGR Celle 1999, 363).

Jedenfalls sind nämlich etwaige Zustellungsmängel der Parteizustellung deswegen geheilt, weil gemäß § 189 ZPO die Zustellungsempfänger auf andere Weise - nämlich durch Amtszustellung - rechtzeitig Kenntnis vom Inhalt der Urteilsverfügung erlangt haben. Die Voraussetzungen des § 189 ZPO liegen deswegen vor, weil ausweislich des bei den Akten befindlichen Empfangsbekenntnisses der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1 am 18.11.2003 eine Ausfertigung der Urteilsverfügung erhalten hat. Bei einer Einstweiligen Verfügung auf Eintragung einer Vormerkung ins Grundbuch dient der Zweck der Zustellung i. S. v. § 929 Abs. 3 ZPO ausschließlich der Information des Schuldners und nicht Vollzugszwecken (OLGR Celle 2000, 232).

Für Überlegungen, wie sie zur früheren Fassung des § 187 ZPO angestellt wurden, ist aber kein Raum mehr: Die Heilung eines Vollziehungsmangels bei einer durch Urteil erlassenen Einstweiligen Verfügung setzte nach dem früheren Rechtszustand entsprechend dem Zweck der Vollziehung voraus, dass dem Zustellungsempfänger (in der Regel dem Prozessbevollmächtigten der jeweiligen Instanz) nicht nur sichere Kenntnis von dem Inhalt der einstweiligen Verfügung sowie von der Echtheit und Amtlichkeit der Entscheidung vermittelt wird, sondern dass er zuverlässig auch von dem Vollziehungswillen des Antragstellers bzw. Gläubigers unterrichtet wurde (vgl. OLGR Düsseldorf 1998, 372). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass gem. § 187 ZPO a. F. die Heilung nicht kraft Gesetzes eintrat, sondern das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hatte, ob die Zustellung mit dem Zeitpunkt des Zugangs als bewirkt anzusehen sei (vgl. Musielak, ZPO, 2.Auflage 2000, RN. 4 zu § 187 ZPO). Demgegenüber fingiert § 189 ZPO n. F. den Zustellungszeitpunkt mit demjenigen des tatsächlichen Zugangs. Das Gesetz selbst lässt also gar keinen Spielraum mehr für Überlegungen, die an den Zweck der Parteizustellung anknüpfen.

Der Heilung von Mängeln bei der Parteizustellung der Urteilsverfügung stünden im Übrigen schutzwürdige Belange der Beteiligten zu 1 schon nicht entgegen, weil für sie allein der Inhalt der zuzustellenden Entscheidung und nicht die Form der Zustellung maßgeblich waren. Hinzu kommt, dass der Regelungsinhalt der Einstweiligen Verfügung bereits mit der Urteilsverkündung wirksam wurde (OLG Hamburg WRP 1997, 53).

3. Die Entscheidung über die Erstattung der außergerichtlichen Auslagen folgt aus § 13a Abs. 1 S.2 FGG. Eine Entscheidung über die Gerichtskosten war nicht veranlasst, weil sich die Kostentragungspflicht direkt aus dem Gesetz ergibt.

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